European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0060OB00230.15I.0530.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzung des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Die Beklagte zeigt keine die Zulässigkeit des Revisionsrekurses begründende Rechtsfrage (§ 528 Abs 1 ZPO) auf:
Das Rekursgericht sah die verfügten Unterlassungsgebote unter anderem in § 16 ABGB begründet.
Nach Ansicht der Rechtsmittelwerberin ist das Rekursgericht damit von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen, weil nach dem festgestellten Sachverhalt die ihr zur Verfügung gestellten Informationen „Anwaltsmaterial der Kläger“ beinhalten, sohin Angelegenheiten des Berufs- und Geschäftslebens, was nicht zum Privat- und Familienleben (Art 8 EMRK) zähle.
Die pauschale Behauptung der Abweichung ist unzutreffend:
Das Recht auf Wahrung der Geheimsphäre ist in § 16 ABGB grundgelegt (4 Ob 91/78 SZ 51/146; RIS-Justiz RS0009003; Aicher in Rummel/Lukas , ABGB 4 § 16 Rz 36 mwN). Es schützt sowohl gegen das Eindringen in die Privatsphäre der Person als auch gegen die Verbreitung rechtmäßig erlangter Information aus der und über die Geheimsphäre (8 Ob 108/05y SZ 2005/185; Aicher aaO). Schutzgegenstand ist die Privatheit der Person und ihrer nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Äußerungen. Das gilt auch für das Berufs- und Geschäftsleben, ohne dass Berufs- und Geschäftsgeheimnisse über § 16 ABGB geschützt sind ( Aicher ). Schon die Leitentscheidung 4 Ob 91/78 betraf eine Angelegenheit des Berufslebens. Das Recht auf Wahrung der Geheimsphäre wird aus Grundwertungen der Rechtsordnung erschlossen, die nicht nur in Art 8 EMRK (Privatsphäre), sondern unter anderem auch in den Normen über die Verschwiegenheitspflicht von Amtspersonen, Notaren, Rechtsanwälten zum Ausdruck kommen (4 Ob 91/78; Aicher aaO). Eine von der Beklagten behauptete Abweichung von einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs wird im Ergebnis nicht schlüssig dargestellt.
Vermag die Beklagte aber zum Anspruchsgrund nach § 16 ABGB keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen, so ist weder die Frage, ob auch aus dem DSG eine Verpflichtung der Beklagten, die anwaltliche Verschwiegenheitsverpflichtung der Kläger im Sinn des § 9 Abs 2 RAO zu wahren, ableitbar ist, noch die Frage, ob das Erstgericht die erlassene einstweilige Verfügung auch auf § 1330 (Abs 2) ABGB stützte, präjudiziell.
Ob ein Unterlassungsbegehren zu weit gefasst wurde, ist grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage (RIS‑Justiz RS0037671 [T5]). Die Beurteilung des Rekursgerichts, dass die Unterlassungsgebote ausreichend bestimmt und nicht zu weit gefasst wurden, ist nach den Umständen des zu entscheidenden Falls jedenfalls vertretbar.
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