OGH 6Ob226/71

OGH6Ob226/716.10.1971

SZ 44/157

Normen

ABGB §426
ABGB §428
ABGB §426
ABGB §428

 

Spruch:

Die Erklärung muß den Übertragungswillen außer Zweifel setzen und die Übernahme des Besitzes und der Verwahrungspflicht umfassen

OGH 6. 10. 1971, 6 Ob 226/71 (OLG Linz 4 R 106/71; KG Steyr 2 Cg 380/70)

Text

Der Kläger kaufte vom Masseverwalter im Konkurs Sp einen Tankwagenanhänger. In der Folge übersah der Masseverwalter, daß der Anhänger bereits verkauft war, und verkaufte ihn in die Beklagte, der er auch übergeben wurde.

Der Kläger begehrt nunmehr mit der Behauptung durch Übergabe bereits Eigentum erworben zu haben, die Herausgabe des Anhängers.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte im wesentlichen noch folgenden Sachverhalt fest:

Dem Kläger wurde der Anhänger gemeinsam mit weiteren in dem Schätzungsgutachten H verzeichneten Gegenständen vom Masseverwalter vor dem 19. 6. 1969 uno actu verkauft und "übergeben". Am 19. Juni 1969 bestätigte ihm der Masseverwalter, daß er auf Grund käuflichen Erwerbes der zur Masse gehörenden, im Schätzungsgutachten genannten, auf der Baustelle Pulkau befindlichen Fahrnisse, die der Kläger im Beisein des JInsp D an Ort und Stelle von ihm übernommen habe, berechtigt sei, über diese Fahrnisse frei zu verfügen und sie speziell jederzeit wegzuführen. Eine "persönliche" Übergabe seitens des Masseverwalters an den Kläger erfolgte nicht. Ob diesem die Papiere des Anhängers übergeben wurden ist ungewiß.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, die Übergabe an den Kläger sei mit der Bestätigung vom 19. 6. 1969 erfolgt, weil eine körperliche Übergabe wegen der Größe und Unbeweglichkeit des Anhängers nicht möglich gewesen sei. Es sei aber der Erwerb der Beklagten von einem Masseverwalter einem Erwerb in einer öffentlichen Versteigerung gleichzuhalten, sodaß mangels Nachweises der Schlechtgläubigkeit der Beklagten der Kläger gegen sie nicht durchdringen könne.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers keine Folge. Die dem Kläger vom Masseverwalter ausgestellte Bestätigung genüge nicht dem Erfordernis der wirklichen Übergabe. Auch könne der Verkauf durch den Masseverwalter nicht einem Erwerb in einer öffentlichen Versteigerung gleichgestellt werden. Selbst wenn dies aber anzunehmen wäre, fehle es an der erforderlichen Übergabe an den Kläger. Sei daher der Anhänger im Zeitpunkt der Veräußerung an die Beklagte noch Eigentum der Masse gewesen, so gebühre er im Hinblick auf die an die Beklagte erfolgte Übergabe dieser.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

In rechtlicher Beziehung leitet der Kläger seinen Herausgabeanspruch aus seinem behaupteten Eigentumsrecht an dem Anhänger ab. Es obliegt ihm daher der Beweis dieses Eigentums. Was die in diesem Zusammenhang von beiden Instanzen verschieden beantwortete Frage betrifft, ob der Erwerb des Klägers ebenso wie der der Beklagten vom Masseverwalter einem solchen in einer öffentlichen Versteigerung gleichzuhalten sei, kommt ihr keine entscheidende Bedeutung zu. Es sind daher auch die in dieser Richtung mit der weiteren Mängelrüge in Wahrheit geltend gemachten Feststellungsmangel nicht gegeben. Denn selbst wenn mit dem Erstgericht angenommen wird, daß die Vorschriften über den Erwerb in einer öffentlichen Versteigerung auch auf den freihändigen Verkauf im Konkurs auszudehnen sind, so wird doch auch in diesem Falle das Eigentum (nur) durch Übergabe erworben (Klang[2] II 224, Neumann - Lichtblau[4] I 453, SZ 9/30). Eine solche hat aber das Berufungsgericht mit Recht nicht angenommen. Dazu hätte es gem § 426 ABGB einer körperlichen Übergabe bedurft. Sie muß wohl nicht eine Ortsveränderung zur Folge haben, sondern sie besteht darin, daß dem Erwerber die ausschließliche Verfügungsgewalt eingeräumt und dem Veräußerer entzogen wird (SZ 27/18, 28/72). Daß ein Kraftwagen körperlich übergeben werden kann, ist in Lehre (Neumann - Lichtblau aaO 452) und Rechtsprechung (SZ 27/18, HS 4268 ua) anerkannt. Es ist daher nicht einzusehen, warum nicht auch ein Kraftwagenanhänger, wie er hier Gegenstand des Verfahrens ist, körperlich übergeben werden könnte (SZ 27/18). Die Einräumung der ausschließlichen Verfügungsmacht an den Kläger wäre daher durchaus möglich und auch tunlich gewesen, wie nicht zuletzt die tatsächlich erfolgte Übergabe an die Beklagte zeigt. Eine solche körperliche Übergabe an den Kläger erfolgte jedoch nicht. Ist eine körperliche Übergabe möglich, kann Eigentum durch Zeichen aber nicht übertragen werden, ganz abgesehen davon, daß die Anbringung solcher Zeichen an dem Anhänger nicht festgestellt und auch gar nicht behauptet wurde.

Auch der Ausstellung der Bestätigung des Masseverwalters vom 19. 6. 1969 kommt keine Bedeutung zu. Es kann darin auch eine Übergabe durch Erklärung nicht erblickt werden. Gem § 428 ABGB wäre dazu eine Erklärung erforderlich, die den Übertragungswillen außer Zweifel stellt (SZ 22/175, SZ 31/161, EvBl 1965/359). Sie muß sowohl die Übertragung des Besitzes als auch die Übernahme der Verwahrungspflicht umfassen (Ehrenzweig I/2, 76). Die Erklärung des Masseverwalters, daß der Kläger auf Grund des käuflichen Erwerbes der Fahrnisse berechtigt sei, darüber frei zu verfügen und sie jederzeit abzuholen, läßt aber jedenfalls eine solche Übernahme der Verwahrung durch den Masseverwalter nicht erkennen. Unerheblich ist, daß der Kläger den Anhänger gemeinsam mit einer großen Anzahl weiterer Fahrnisse, die in ein Verzeichnis aufgenommen waren, kaufte, da dadurch allein noch nicht eine Gesamtsache geschaffen werden konnte (Neumann - Lichtblau aaO 454, JBl 1954, 574), auf die andere Grundsätze anzuwenden wären. Allein schon mangels des vom Kläger behaupteten Eigentumsrechtes an dem Anhänger muß sein Herausgabebegehren erfolglos bleiben.

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