Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 15 FBG iVm § 71 Abs 3 AußStrG).
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Das Firmenbuchgericht hat den Geschäftsführer der Gesellschaft zunächst mit Beschluss vom 7. 8. 2010 aufgefordert, die fehlenden Jahresabschlüsse der Jahre 2005 bis 2008 binnen drei Wochen bei Gericht einzureichen. Mit Beschluss vom 15. 10. 2010 forderte das Firmenbuchgericht den Geschäftsführer der Gesellschaft auf, diese Jahresabschlüsse binnen vier Wochen vorzulegen; es drohte unter Hinweis auf § 40 Abs 1 FBG die amtswegige Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit an, sollte dieser Aufforderung binnen der gesetzten Frist nicht nachgekommen werden. Diese erfolglos gebliebenen Aufforderungen stellte das Firmenbuchgericht jeweils der Gesellschaft zu.
2.1. Die Aufforderung nach § 18 FBG entspricht jener nach dem nahezu (Unterschiede bestehen nur in der Frage der Verpflichtung des Gerichts zur Aufforderung zur Äußerung) inhaltsgleichen § 17 AußStrG (G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG [2005] § 18 Rz 2, 50; Zib in Zib/Dellinger, UGB I/1 [2010] § 18 FBG Rz 3; Burgstaller/Pilgerstorfer in Jabornegg/Artmann, UGB² [2010] § 18 FBG Rz 3). Der zu dieser Bestimmung ergangenen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist daher auch zu § 18 FBG zu folgen (G. Kodek aaO § 18 FBG Rz 50; Burgstaller/Pilgerstorfer aaO § 18 FBG Rz 45); dies gilt insbesondere auch für die „Rechtsfolgenseite“ (G. Kodek/G. Nowotny, Das neue Außerstreitgesetz und das Verfahren vor dem Firmenbuchgericht, NZ 2004, 257).
2.2. Nach der zu § 17 AußStrG bereits bestehenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs kann eine im Verfahren erster Instanz versäumte Äußerung selbst bei behaupteter entschuldbarer Fehlleistung nicht im Rekurs nachgeholt werden; allenfalls käme nur ein - hier nicht vorliegender - Antrag auf Wiedereinsetzung nach § 21 AußStrG iVm §§ 146 ff ZPO in Betracht (9 Ob 36/06v; 3 Ob 43/07f). Es gehe nach den ErläutRV (RV 224 BlgNr 22. GP, 49) - wie schon bisher in den Fällen des § 185 Abs 3 AußStrG 1854 (etwa 6 Ob 176/00a) - weiterhin nicht an, dass eine Partei, nachdem sie sich im Verfahren erster Instanz nicht geäußert hatte, ohne dass dies wegen eines Wiedereinsetzungsgrundes restituiert wurde, nunmehr ihr Vorbringen im Rekurs nachtragen könnte (9 Ob 36/06v; ebenso Fucik/Kloiber, AußStrG [2005] § 49 Rz 7). In der Entscheidung 3 Ob 43/07f lehnte der Oberste Gerichtshof die gegenteilige Auffassung Rechbergers (in Rechberger, AußStrG [2006] § 17 Rz 6) und Klickas (in Rechberger, AußStrG [2006] § 49 Rz 1), Neuerungen seien unter den Voraussetzungen des § 49 Abs 2 AußStrG auch bei vorangegangener Nichtäußerung zulässig, ab.
2.3. Auch im Fall einer Nichtäußerung trotz Aufforderung nach § 18 FBG kann im Rekurs nicht die (allenfalls sogar schuldlos) versäumte Äußerung nachgeholt, wohl aber eine unrichtige rechtliche Beurteilung des Erstgerichts geltend gemacht werden (Burgstaller/Pilgerstorfer aaO § 18 FBG Rz 45). G. Kodek/G. Nowotny (NZ 2004, 257), G. Kodek (aaO § 18 FBG Rz 51), G. Nowotny (in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG [2005] § 40 Rz 63) und Zib (aaO § 40 FBG Rz 29) bejahen für diesen Fall der Nichtäußerung die Anwendbarkeit des § 49 Abs 2 AußStrG. Es wäre jedoch unbillig, dass bei inhaltsgleichen Normen (etwa) ein unvertretener Unterhaltsschuldner bei Nichtäußerung trotz Aufforderung nach § 17 AußStrG strenger behandelt werden sollte als eine zwar auch unvertretene, jedoch „im Wirtschaftsleben erfahrene Person“ (vgl G. Kodek aaO § 18 FBG Rz 51) bei Nichtäußerung trotz Aufforderung nach § 18 FBG. Auch eine unterschiedliche Behandlung einer Aufforderung nach § 18 FBG in einem Amtslöschungsverfahren und einer solchen in einem sonstigen Firmenbuchverfahren ist nicht gerechtfertigt. Das von Burgstaller/Pilgerstorfer (aaO § 40 FBG Rz 51) gebrauchte Argument, im Amtslöschungsverfahren enthebe die Nichtäußerung des Betroffenen das Gericht im Allgemeinen nicht von der Verpflichtung zur amtswegigen Überprüfung der tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen, gilt jedenfalls nicht für ein Verfahren nach § 40 Abs 1 Satz 3 FBG, in dem keine amtswegigen Erhebungen über das Vermögen zu erfolgen haben (G. Nowotny aaO § 40 FBG Rz 13 mwN).
2.4. Damit hat das Rekursgericht zutreffend jegliches Vorbringen der Gesellschaft in ihrem Rekurs zu einem angeblich vorhandenen Vermögen unbeachtet gelassen; die Gesellschaft hatte dort (erstmals) versucht darzulegen, dass sie tatsächlich nicht vermögenslos sei.
Im Übrigen wäre für die Gesellschaft auch bei Anwendung des § 49 Abs 2 AußStrG nichts gewonnen: Sie hätte nämlich in diesem Fall in ihrem Rekurs die Zulässigkeit der Neuerungen zu behaupten und schlüssig darzulegen gehabt, dass es sich bei der Unterlassung einer Äußerung im Verfahren erster Instanz um eine entschuldbare Fehlleistung handelte (RIS-Justiz RS0120290); mit dieser Frage setzte sich die Gesellschaft aber weder im Rekurs noch im außerordentlichen Revisionsrekurs auseinander.
3. § 49 Abs 3 AußStrG lässt im Rekursverfahren die Bedachtnahme auf nova producta zu, wenn diese nicht ohne wesentlichen Nachteil zum Gegenstand eines neuen Antrags gemacht werden können. Letztere Voraussetzung wäre zwar im Fall einer Amtslöschung nach § 40 Abs 1 Satz 3 FBG gegeben, kann doch die Gesellschaft keinen ihre Auflösung beseitigenden Fortsetzungsbeschluss fassen (6 Ob 330/98t; 6 Ob 216/05s; G. Nowotny aaO § 40 FBG Rz 47; Burgstaller/Pilgerstorfer aaO § 40 FBG Rz 23) und damit die Wiedereintragung im Firmenbuch erreichen (zur Nachtragsliquidation, die hier jedoch nicht verfahrensgegenständlich ist, vgl § 40 Abs 4 FBG). Allerdings würde eine Anwendung des § 49 Abs 3 AußStrG im Amtslöschungsverfahren dessen Zweck dann geradezu ad absurdum führen (G. Nowotny aaO § 40 FBG Rz 97), wenn sich die Gesellschaft darauf beruft, sie habe nach Beschlussfassung erster Instanz gemäß § 40 Abs 1 Satz 3 FBG die fehlenden Jahresabschlüsse nachgereicht, aus denen nunmehr Vermögen ersichtlich sei (idS auch OLG Innsbruck NZ 2006, G 33 [Andrae]; im Ergebnis auch Burgstaller/Pilgerstorfer aaO § 40 FBG Rz 52). Dass die Gesellschaft im vorliegenden Fall zwischenzeitig alle Jahresabschlüsse nachgereicht haben mag, ist somit im Zusammenhang mit der erfolgten amtswegigen Löschung unbeachtlich.
4. Die Gesellschaft macht im außerordentlichen Revisionsrekurs - insoweit zulässig, weil es sich dabei um eine Rechtsrüge handelt - geltend, die Vorinstanzen hätten zu Unrecht die Äußerung des Finanzamts vom 17. 9. 2010 unbeachtet gelassen. Tatsächlich hat dieses „Bedenken gegen die Löschung“ geäußert, „da einige [Abgaben] Verfahren noch nicht abgeschlossen“ seien. Allerdings löst eine negative Stellungnahme der nach § 40 Abs 2 FBG zur Äußerung aufgeforderten „Steuerbehörde“ allenfalls eine Pflicht des Gerichts zur amtswegigen Prüfung der Vermögenslosigkeit der Gesellschaft aus, wenn konkrete Umstände dargetan werden, die die Vermutung der Vermögenslosigkeit nach § 40 Abs 1 Satz 3 FBG widerlegen könnten; eine Sperrfunktion kommt den in § 40 Abs 2 FBG genannten Institutionen hingegen nicht zu (vgl OLG Graz NZ 2008, G 57). Derartige konkrete Umstände machte das Finanzamt im vorliegenden Verfahren nicht geltend; vielmehr wird lediglich auf anhängige Abgabenverfahren verwiesen, ohne dass konkret dargetan worden wäre, die Gesellschaft hätte Vermögen, etwa weil sie (Steuer-)Rückzahlungen zu erwarten hätte. Der Entscheidung OLG Graz NZ 2008, G 57 lag hingegen eine Äußerung der Wirtschaftskammer zugrunde, dass die Gesellschaft nach wie vor Geschäftstätigkeit entfalte; in einem solchen Fall muss das Firmenbuchgericht amtswegige Nachforschungen zur Frage der Vermögenslosigkeit durchführen (s auch Burgstaller/Pilgerstorfer aaO § 40 FBG Rz 12).
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