European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0060OB00213.18V.1220.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Eine Schiedsgerichtsvereinbarung begründet nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zwar nicht die Unzulässigkeit des Rechtswegs, sondern die (heilbare) sachliche Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts (RIS-Justiz https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0039867&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0039844&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0045292&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False ); der Rechtsmittelausschluss des § 45 JN ist jedoch im Verhältnis zwischen ordentlichen Gerichten und Schiedsgerichten nicht anzuwenden (RIS-Justiz https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0046345&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False ).
2. Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 7 Ob 64/06x (noch zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Schiedsrechts-Änderungsgesetzes 2006 und des Handelsrechts-Änderungsgesetzes 2005; vgl auch RIS‑Justiz RS0019346) unter ausführlicher Darstellung des Meinungsstandes in Rechtsprechung und Literatur ausgeführt, gemäß § 577 Abs 3 ZPO müsse der Schiedsvertrag (unter anderem) „schriftlich errichtet“ werden. Die Schiedsklausel bedürfe daher zu ihrer Wirksamkeit der Schriftlichkeit, wozu im Sinn der „Unterschriftlichkeit“ auch die Unterfertigung der schriftlichen Schiedsvertragsabrede durch die Vertragsparteien oder ihre Bevollmächtigten gehöre. Die Schiedsvereinbarung müsse in der von den Parteien unterfertigten Urkunde oder jedenfalls in einer dieser Urkunde angeschlossenen Urkunde enthalten sein. Das Schiedsrechts-Änderungsgesetz 2006 übernahm die Regelung des § 577 Abs 3 ZPO aF in § 583 Abs 1 ZPO, wobei diese Bestimmung nunmehr ausdrücklich verlangt, dass die Schiedsvereinbarung (unter anderem) „in einem von den Parteien unterzeichneten Schriftstück enthalten“ sein muss oder in Schreiben, Telefaxen, E-Mails oder anderen Formen der Nachrichtenübermittlung, die einen Nachweis der Vereinbarung – schriftlicher Nachrichtenübermittlung (vgl ErläutRV 1158 BlgNR XXII. GP 9) – sicherstellen (6 Ob 195/17w).
2.1. Dass der von beiden Parteien unterfertigte Schlussbrief vom 4./5. 2. 2014, der in Punkt „22. SCHIEDSVEREINBARUNG“ jene Schiedsklausel enthält, auf die sich die Beklagte beruft, diesem Schriftlichkeitsgebot entspricht, ist im Revisionsrekursverfahren zu Recht nicht (mehr) strittig.
2.2. Die Klägerin meint allerdings, nach den Feststellungen der Vorinstanzen sei die Zuschlagserteilung der Beklagten noch innerhalb der Zuschlagsfrist im Vergabeverfahren nach dem Bundes-Vergabegesetz 2006 und vor Unterfertigung des Schlussbriefs erfolgt; die Ausschreibungsunterlagen der Beklagten (Beilage ./B) hätten allerdings nicht die Schiedsklausel, sondern eine konkrete Gerichtsstandsvereinbarung vorgesehen. Die Schiedsklausel sei damit nicht rechtswirksam.
Richtig ist, dass nach § 133 BVergG 2006 während der Zuschlagsfrist das Vertragsverhältnis zu dem Zeitpunkt zustande kommt, zu dem der Bieter die schriftliche Verständigung von der Annahme seines Angebots erhält. Allerdings lässt sich im vorliegenden Verfahren – unabhängig von der Frage, ob eine Schiedsvereinbarung nicht auch noch nach Zustandekommen des Vertragsverhältnisses getroffen werden könnte – weder dem Vorbringen der Parteien noch den Feststellungen der Vorinstanzen noch den von den Parteien vorgelegten Beilagen eine schriftliche Verständigung der Klägerin von der Annahme des Angebots durch die Beklagte entnehmen. Im Übrigen ist nach § 134 BVergG 2006 der Zuschlag ohnehin durch Auftragsschreiben, Bestellschein oder Schlussbrief zu erteilen, wobei sich die Klägerin weder auf das Zugehen eines Auftragsschreibens noch auf jenes eines Bestellscheins beruft, sodass im vorliegenden Verfahren das Zustandekommen des Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien mit einer von der Schiedsklausel abweichenden Vereinbarung vor Unterfertigung des Schlussbriefs nicht erwiesen ist.
2.3. Die Klägerin sieht einen Verstoß der Beklagten insbesondere gegen § 90 BVergG 2006, der dieser eine einseitige Abänderung der Ausschreibungsbedingungen nach erteiltem Zuschlag verboten habe. Allerdings verbietet § 90 BVergG 2006 Änderungen der Ausschreibungsunterlagen nicht schlechthin, sondern ordnet in Absatz 2 bloß eine Verständigung der Bieter über die Änderung an, wobei ein Unterlassen der Mitteilungspflicht eine Obliegenheitsverletzung darstellt und ein Mitverschulden des Unternehmers in einem Schadenersatzprozess begründen kann (Lehner in Schwartz, BVergG 2006 [Stand 1. 6. 2013, rdb.at] § 90 Rz 4). Auf die Gültigkeit des (dennoch) unterfertigten Schlussbriefs durch die Parteien hätte dies somit keine Auswirkungen (vgl im Übrigen ohnehin 2.2.).
3. Die Beurteilung der Ungewöhnlichkeit einer Vertragsbestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist stets von der Kasuistik des Einzelfalls geprägt, sodass sie grundsätzlich keine Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO darstellt (RIS-Justiz RS0122393); das Rekursgericht hat auf das äußere Erscheinungsbild der Schiedsklausel im Schlussbrief verwiesen und zutreffend auf den Fettdruck ihrer Überschrift hingewiesen. Die Auffassung der Klägerin, es handle sich dennoch um eine Bestimmung ungewöhnlichen Inhalts, weil sie von der Beklagten nicht darauf hingewiesen worden sei, dass der Schlussbrief insoweit von den Ausschreibungsunterlagen abweiche, mag zwar den Irrtum des Prokuristen der Klägerin erklären; aufgrund des äußeren Erscheinungsbilds der Schiedsklausel hätte ihm diese aber auffallen können/müssen.
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