Rechtssatz
1. Mit der Blockade einer Zufahrtsstraße zu einem Bauplatz durch Demonstranten, wodurch die Bautätigkeit an einem öffentlichen Bauvorhaben verhindert wird, ist ein Eingiff in das Eigentumsrecht des Liegenschaftseigentümers verbunden, wenn die Blockade auf die dauerhafte Entziehung der Benützung der Bauliegenschaft ausgerichtet war.
2. Eine solche Blockade ist nicht friedlich im Sinne des Art 11 MRK und kann nicht mit dem Grundrecht der Versammungsfreiheit gerechtfertigt werden.
3. Bei Vorliegen einer formell rechtskräftigen wasserrechtlichen Genehmigung können sich die Demonstranten mangels rechtswidriger Bauführung nicht auf eine Notwehrsituation und das Recht auf Selbsthilfe berufen.
4. Die Solidarhaftung des einzelnen Demonstranten nach den §§ 1301 f ABGB hängt von seinem Tatbeitrag ab, der auch in der intellektuellen Förderung des unmittelbaren Täters bestehen kann.
5. Zur Kausalität einer solchen Förderung sind die Regeln über den Anscheinsbeweis anwendbar.
6. Die vom Bauherrn dem Unternehmer gemäß § 1168 Abs 1 ABGB zu ersetzenden Stehzeiten sind ein Vermögensschaden, den die Demonstranten nur dann zu ersetzen haben, wenn feststeht, daß das Bauvorhaben fertiggestellt wird. Der Vermögensnachteil ist nach dem Zeitpunkt der Schadensfeststellung (Schluß der Verhandlung erster Instanz) zu ermitteln.
7. Unsicherheiten darüber, ob das Bauwerk fertiggestellt werden wird, führen zur Abweisung des auf die Bezahlung der Stehzeiten gerichteten Leistungsbegehrens, aber zur Stattgebung eines Feststellungsbegehrens über die Haftung der Demonstranten für künftig mögliche Schäden.
Dokumentnummer
JJR_19990325_OGH0002_0060OB00201_98X0000_001
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