Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagenden Parteien haben den beklagten Parteien die mit 9.328,80 S (darin 1.554,80 S USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zur ungeteilten Hand zu ersetzen.
Text
Begründung
Der damals noch nicht 15-jährige Sohn der Kläger verichtete auf dem Grundstück eines Nachbarn diverse Hilfstätigkeiten anläßlich einer Hausrenovierung. So half er beim Streichen eines Heizungsrohres, fuhr einmal mit der Scheibtruhe und trug ab und zu kleine Ziegelstücke. Bei der Entfernung der Betondecke am Dachboden half er insoweit mit, als er ab und zu einen Kübel am Seilzug hinunterließ oder wieder hinaufzog; er half auch Gerümpel auf dem Dachboden in einem Handwagerl zu verstauen. Während der Weihnachtsferien half er am Abend beim Schotterschaufeln. Er half auch mit, eine Fichte, die umgeschnitten werden sollte, mit einem Seil zu sichern.
Die Kläger begehren von den Beklagten Unterlassung der Verbreitung der Behauptung, sie ließen ihr Kind Kinderarbeit verrichten. Ferner begehren sie Widerruf der Behauptung gegenüber dem Schuldirektor, ihr Sohn werde von ihnen zur Kinderarbeit angehalten. Eventualiter wird dieses Widerrufsbegehren gegenüber jenem Nachbarn erhoben, auf dessen Grundstück der Sohn der Kläger mitgeholfen hatte. Die Kläger brachten dazu vor, die unrichtigen Behauptungen der Beklagten enthielten den Vorwurf der wirtschaftlichen Ausbeutung von Kindern und gefährdeten Erwerb und Fortkommen der Kläger, sie seien überdies ehrenrührig.
Die Beklagten beantragten Klageabweisung; sie hätten nie behauptet, daß die Kläger ihren Sohn zu Kinderarbeit verdingten oder dieser für seine Eltern zu arbeiten habe. Tätigkeiten eines unter 15-jährigen auf einer Baustelle seien allerdings nach den Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetz verboten.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus fest, die Erstbeklagte habe aus Anlaß von Streitigkeiten unter Nachbarn zu jenem Nachbarn, auf dessen Grundstück der Minderjährige Arbeiten verrichtet hatte, geäußert, sie müßte in der Schule melden, daß der Sohn der Kläger bei ihm arbeite, schließlich sei er noch ein Kind. Dabei habe sie das Wort "Kinderarbeit" verwendet. Sie habe allerdings nicht gesagt, daß die Kläger ihren Sohn zur Arbeit verdingten, also zur Arbeit schickten. Aus Anlaß eines Gespräches mit dem Schuldirektor habe die Erstbeklagte geäußert, der Minderjährige arbeite ja den ganzen Winter auf der Baustelle. Es stehe nicht fest, daß dabei das Wort "Kinderarbeit" gefallen sei. Die Beklagten hätten dem Direktor gegenüber weder geäußert, daß die Kläger ihren Sohn zur Arbeit schickten oder ihn zur Kinderarbeit verdingten, noch auch daß er für seine Arbeit Geld bekomme.
Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, die Kläger hätten nicht bewiesen, daß die Beklagten die ihnen vorgeworfene Aussage getätigt hatten. Im übrigen wäre eine derartige Behauptung auch richtig - und damit nicht rechtswidrig -, weil die vom Sohn der Kläger verrichteten Tätigkeiten tatsächlich unter den Begriff "Kinderarbeit" im Sinn des Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetzes fallen.
Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung des Klagebegehrens. Für den Begriff "Kinderarbeit" komme es nicht darauf an, ob die Eltern einen Minderjährigen dazu anhalten, oder dieser auf freiwilliger Basis und - wie hier - aus Hilfsbereitschaft oder Interesse Hilfstätigkeiten verrichte. Eine das Klagebegehren begründende wahrheitswidrige Tatsachenbehauptung liege nicht vor. Die Verbreitung wahrer Tatsachen falle jedoch nicht unter § 1330 Abs 2 ABGB. Daß die Beklagten die Kläger mit ihrer Behauptung, ihr Sohn verrichte Kinderarbeit, kränken oder schädigen hätten wollen, lasse sich aus dem festgestellten Sachverhalt nicht ableiten und sei von den Klägern in dieser Form auch nicht behauptet worden.
Das Berufungsgericht sprach zunächst aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 52.000 S, jedoch nicht 260.000 S übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Auf Antrag der Kläger änderte das Berufungsgericht den Zulassungsauspruch ab und ließ die ordentliche Revision aus der Erwägung zu, seine Entscheidung könnte in Widerspruch zu EvBl 1991/61 stehen, wonach die Verbreitung einer wahren Tatsache dann eine Ehrenbeleidigung sein könne, wenn der Mitteilende den Betroffenen offensichtlich kränken oder schädigen wolle.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen den dem Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes ist die ordentliche Revision der Kläger nicht zulässig:
Die Kläger streben mit ihrem Begehren die Unterlassung einer Äußerung an, die die Beklagten so nicht abgegeben haben. Sinn und Bedeutungsinhalt einer Äußerung richten sich nach dem Gesamtzusammenhang und dem damit vermittelten Gesamteindruck nach dem Verständnis des unbefangenen Durchschnittsempfängers (MR 1995, 97; MR 1995, 137 je mwN; 6 Ob 2060/96a; 6 Ob 245/97s; 6 Ob 130/99g). Die Äußerung ist so auszulegen, wie sie von den angespochenen Verkehrskreisen - hier Nachbar und Schulleiter - bei ungezwungener Auslegung verstanden wird, wobei die Ermittlung des Bedeutungsinhaltes einer Äußerung im allgemeinen eine Rechtsfrage ist, die von den näheren Umständen des Einzelfalles, insbesondere der konkreten Formulierung und dem Zusammenhang, in dem sie fiel abhängt (6 Ob 2060/96a mwN; 6 Ob 245/97s; MR 1998, 269 - Schweine-KZ; 6 Ob 130/99g).
Die Erstklägerin hat wohl dem Nachbarn eine Mitteilung an die Schule in Aussicht gestellt, weil der Sohn der Kläger bei ihm arbeite und noch Kind sei; sie hat dem Schulleiter gegenüber dann auch gesprächsweise erwähnt, daß der Sohn der Kläger den ganzen Winter auf der Baustelle arbeite, damit jedoch nicht zum Ausdruck gebracht, daß die Kläger zu diesem Tun irgendeine Veranlassung gegeben, geschweige denn ihren Sohn zu Kinderarbeit angehalten oder ihn gar wirtschaftlich ausgebeutet hätten. Umstände, aufgrund derer die Angesprochenen diesen Bedeutungsinhalt aus dem Gesamtzusammenhang hätten erkennen können, sind nicht zu Tage getreten. Die Auffassung der Vorinstanzen, wonach die Behauptung, ein Kind arbeite (bzw verrichte Kinderarbeit) nicht ohne weiteres mit der Behauptung gleichgesetzt werden könne, es werde von seinen Eltern zu Kinderarbeit veranlaßt (und dadurch wirtschaftlich ausgebeutet), ist nicht zu beanstanden, zumal sich die Äußerung der Beklagten aus ihrem Inhalt und Gesamtzusammenhang gar nicht gegen die Kläger selbst richtete. Das von den Klägern angestrebte Unterlassungsbegehren findet daher in den Behauptungen der Beklagten keine Deckung.
Der vom Berufungsgericht als erheblich bezeichneten Frage, inwieweit richtige Tatsachenbehauptungen dann gegen § 1330 Abs 1 ABGB verstoßen, wenn sie den so Angegriffenen kränken oder schädigen, kommt daher im vorliegenden Fall keine Bedeutung zu.
Diese Erwägungen führen zur Zurückweisung der außerordentlichen Revision.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 und 50 ZPO. Die Beklagten haben auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, sodaß ihre Revisionsbeantwortung der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung diente.
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