OGH 6Ob183/23i

OGH6Ob183/23i23.10.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon‑Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer, Dr. Faber, Mag. Pertmayr und Dr. Weber als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache der im Firmenbuch zu FN * eingetragenen L* GMBH, *, wegen Enthebung des Notgeschäftsführers, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Gesellschafters DDr. J* W*, vertreten durch DDr. Josef Wieser Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 22. August 2023, GZ 6 R 252/23g‑48, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0060OB00183.23I.1023.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

 

Begründung:

[1] Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts, das dem Antrag des für die Gesellschaft im November 2020 bestellten Notgeschäftsführers auf Enthebung stattgegeben hatte. Die Vorinstanzen gingen davon aus, dass der Notgeschäftsführer aufgrund seines seit Februar 2023 bestehenden Gesundheitszustands die Funktion des Notgeschäftsführers nicht (mehr) ohne gesundheitliche Schäden neben seiner sonstigen beruflichen Tätigkeit als Geschäftsführer einer Steuerberatungs‑GmbH ausüben könne.

Rechtliche Beurteilung

[2] Der dagegen gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs des Gesellschafters zeigt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf.

[3] 1. Behauptete Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens, die vom Rekursgericht als solche verneint wurden, können auch im Außerstreitverfahren in dritter Instanz grundsätzlich nicht neuerlich geltend gemacht werden (RS0030748).

[4] 2. Das Rekursgericht hat die Beweiswürdigung des Erstgerichts bestätigt. Auch im Außerstreitverfahren ist der Oberste Gerichtshof nur Rechts- und nicht Tatsacheninstanz (RS0006737; RS0007236), weshalb Fragen der Beweiswürdigung nicht überprüft werden können (3 Ob 211/19d [ErwGr 1.1.]).

[5] 3.1. Nach der Rechtsprechung verliert der gerichtlich bestellte Notgeschäftsführer seine Funktion vor Beendigung der Vertretungsnotlage nicht durch seine (Verzichts‑)Erklärung gegenüber dem Gericht, sondern erst durch gerichtlichen Enthebungsbeschluss. Dazu bedarf es einer nachträglichen Änderung des Sachverhalts; eine Willensänderung des Notgeschäftsführers allein, ohne dass es dafür einen triftigen Grund gäbe, reicht nicht aus (6 Ob 190/19p [ErwGr 2.]; vgl RS0059971).

[6] 3.2. Der Revisionsrekurs wendet sich nicht gegen die Auffassung des Rekursgerichts, wonach eine nach Bestellung zum Notgeschäftsführer eintretende Beeinträchtigung des Gesundheitszustands, die dazu führt, dass er diese Funktion nicht (mehr) ohne gesundheitliche Schäden neben seiner sonstigen beruflichen Tätigkeit ausüben kann, einen ausreichenden Enthebungsgrund darstellt. Schon im erstinstanzlichen Verfahren ist der Gesellschafter dem aus diesem Grund gestellten Enthebungsantrag des Notgeschäftsführers ausdrücklich nicht entgegengetreten. Insoweit zeigt der Revisionsrekurs daher keine erhebliche Rechtsfrage auf.

[7] 3.3. Eine bereits bei Bestellung zum Notgeschäftsführer vorhersehbare Verschlechterung dessen Gesundheitszustands steht nicht fest, sodass der Revisionsrekurs mit seinen diesbezüglichen Ausführungen nicht vom Sachverhalt ausgeht. Darauf muss daher nicht weiter eingegangen werden.

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