European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2008:0060OB00177.08K.1001.000
Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagte hat die Kosten seines Rekurses selbst zu tragen.
Begründung
Das Erstgericht wies mit Urteil die auf titellose Benützung einer der Klägerin gehörenden Wohnung durch den Beklagten gestützte Räumungsklage mit der Begründung ab, der Beklagte leite sein Benützungsrecht von der Mieterin ab.
Das Berufungsgericht wies mit Beschluss die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung des Beklagten, der die Auffassung vertritt, selbst Mieter der Wohnung zu sein, zurück und gab der Berufung der Klägerin nicht Folge; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands zwar 4.000 EUR, nicht jedoch auch 20.000 EUR übersteigt und dass die Revision nicht zulässig ist. Die Zurückweisung der Berufung des Beklagten begründete das Berufungsgericht damit, dass es dem Beklagten an einem Rechtsschutzbedürfnis mangle; das Räumungsbegehren sei ohnehin abgewiesen, ein Interesse an der Anfechtung der Entscheidungsgründe bestehe nicht.
Der Beklagte erhebt gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichts einerseits Rekurs, mit dem er die Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses anstrebt, und andererseits eine „außerordentliche" Revision, mit der er die Abweisung des Räumungsbegehrens begehrt, „da zwischen den Streitteilen ein aufrechtes Mietverhältnis über die Wohnung ... besteht".
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig, er ist jedoch nicht berechtigt.
1. Nach § 519 Abs 1 Z 1 ZPO ist ein Rekurs an den Obersten Gerichtshof gegen einen im Berufungsverfahren ergangenen Beschluss unter anderem zulässig, soweit das Berufungsgericht - wie im vorliegenden Verfahren - die Berufung ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen hat.
2. Nach § 521 Abs 1 ZPO würde die Rekursfrist im vorliegenden Verfahren 14 Tage betragen; § 521a Abs 1 Z 2 oder 3 ZPO kommt nämlich nicht zur Anwendung. Damit wäre der Rekurs des Beklagten, der erst vier Wochen nach Zustellung der zweitinstanzlichen Entscheidung erhoben wurde, verspätet, worauf auch das Berufungsgericht hingewiesen hat (siehe dessen Beschluss vom 25. 6. 2008).
Allerdings ist auf den Grundsatz Bedacht zu nehmen, dass dann, wenn eine Ausfertigung mehrere Entscheidungen enthält, für die verschieden lange Rechtsmittelfristen gelten, immer - gleichgültig, welcher ihrer Teile angefochten wird - die längere Rechtsmittelfrist zum Tragen kommt (vgl die Nachweise bei E. Kodek in Rechberger, ZPO³ [2006] § 521 Rz 1). Die in der selben Ausfertigung des Berufungsgerichts enthaltene Entscheidung der Sache ist nämlich mittels Abänderungsantrags nach § 508 Abs 1 ZPO samt Revision anzufechten; dafür sieht das Gesetz in § 508 Abs 2 ZPO eine vierwöchige Frist vor.
Der Rekurs des Beklagten ist somit rechtzeitig.
3.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS‑Justiz RS0043947) kann allein aus den Entscheidungsgründen eine Beschwer einer Partei nicht abgeleitet werden; ein dennoch erhobenes Rechtsmittel ist zurückzuweisen. Eine Ausnahme hievon bilden lediglich Zwischenurteile, Entscheidungen über Zwischenfeststellungsanträge, Aufhebungsbeschlüsse des Berufungsgerichts und Rechtsgestaltungsklagen nach § 105 ArbVG; dies sind jene Fälle, in denen eine prozessuale Beschwer angenommen wird (5 Ob 163/03m mwN).
Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Der Beklagte wehrt sich nämlich (lediglich) gegen die von den Vorinstanzen vertretene Auffassung, er sei zwar nicht Mieter der Wohnung, leite sein Benützungsrecht jedoch von der tatsächlichen Mieterin ab, weshalb er nicht titellos benütze und ein Räumungsbegehren gegen ihn daher scheitern müsse (vgl dazu RIS‑Justiz RS0010408).
3.2. Mit seinem Rechtsstandpunkt, er sei Mieter der Wohnung, ist der Beklagte für den Fall, dass die Klägerin das Bestandverhältnis mit jener Person beenden sollte, die das Berufungsgericht als tatsächliche Mieterin ansah, einerseits auf die Möglichkeit einer Nebenintervention in einem Aufkündigungs- bzw Räumungsklageverfahren (5 Ob 163/66; Iby in Fasching/Konecny, ZPO² [2005] § 568 Rz 16) oder allenfalls einer Antragstellung nach § 2 Abs 3 MRG, andererseits aber auch auf die Möglichkeit einer Exszindierungsklage nach § 37 EO (Iby aaO Rz 15) zu verweisen. Durch diese Rechtsbehelfe ist ausreichend sichergestellt, dass der Beklagte in die Lage versetzt wird, seinen Rechtsstandpunkt in einem gerichtlichen Verfahren darzulegen und (allenfalls) seine Räumung zu verhindern.
4. Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)