Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Der Vater ist zu einem monatlichen Unterhaltsbeitrag von EUR 510,-- ab 1. 8. 2003 für seine am 7. 8. 1997 geborene Tochter und von EUR 528,-- ab 1. 1. 2005 für seinen am 1. 1. 1999 geborenen Sohn verpflichtet. Weitere Unterhaltspflichten bestehen nicht. Er erzielte im Jahr 2003 ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von EUR 4.708,67.
Am 22. 7. 2005 beantragte der Vater, die ab 1. 10. 2005 monatlichen Unterhaltsbeiträge für jedes Kind auf EUR 454,-- herabzusetzen. Auf diesen Betrag würden sich die Unterhaltsansprüche der Kinder nach Anrechnung der Familienbeihilfe reduzieren.
Das Erstgericht wies den Antrag ab.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, zumal das Rekursgericht von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Berücksichtigung der Transferzahlungen bei überdurchschnittlichem Einkommen abgewichen sei.
Der Revisionsrekurs des Vaters ist entgegen dem, den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts (§ 71 Abs 1 AußStrG) nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs hat der Geldunterhaltspflichtige auch dann Anspruch darauf, durch entsprechende Berücksichtigung der Transferzahlungen steuerlich entlastet zu werden, wenn die Prozentkomponente auf Grund des Unterhaltsstopps bei überdurchschnittlichem Einkommen nicht voll ausgeschöpft wird (7 Ob 193/02m; RIS-Justiz RS0117017). Dass das Rekursgericht von dieser Rechtsprechung abgewichen ist, begründet keine im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG erhebliche Rechtsfrage, führt doch im vorliegenden Fall auch die Anwendung dieser ständigen Rechtsprechung nicht zu einer Unterhaltsherabsetzung. Mit Erkenntnis vom 19. 6. 2002, G 7/02 ua, hat der Verfassungsgerichtshof in § 12a FLaG die Wortfolge „und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass die aufgehobene Wortfolge nicht mehr anzuwenden ist und frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten. Der Verfassungsgerichtshof hat seine schon im Erkenntnis vom 27. 6. 2001, B 1285/00, vertretene Auffassung bekräftigt, dass nicht nur die Absetzbeträge (Unterhaltsabsetzbetrag und Kinderabsatzbetrag), sondern auch die Familienbeihilfe der steuerlichen Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen zu dienen habe. Nach den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs muss der Geldunterhaltspflichtige für die Hälfte des von ihm gezahlten Unterhaltes steuerlich entlastet werden. Dabei ist nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs für Unterhaltsperioden vor dem 1. 1. 2005 - also vor dem Inkrafttreten der Einkommenssteuerreform 2005 (BGBl I 2004/57) der jeweilige Grenzsteuersatz maßgebend, der jedoch jeweils um etwa 20 % abzusenken ist (1 Ob 79/02b uva), weil das Einkommen typischerweise auch steuerlich begünstigte oder steuerfreie Einkünfte umfasst und die steuerliche Entlastung die Leistungsfähigkeit des Geldunterhaltspflichtigen erhöht. Bei einem Grenzsteuersatz von 50 % gelangt man damit zu einem Steuersatz von 40 %. Der abgesenkte Steuersatz ist mit dem halben Unterhaltsbetrag - wie er sich nach rein zivilrechtlichen Kriterien ergibt - zu multiplizieren; um den sich daraus ergebenden Betrag ist der Geldunterhaltspflichtige steuerlich zu entlasten. Bei der Berechnung der notwendigen steuerlichen Entlastung ist nach bisheriger Rechtsprechung darauf Bedacht zu nehmen, ob der zu entlastende Unterhaltsbetrag zur Gänze im höchsten Einkommensteil Deckung findet oder ob für einen (ins Gewicht fallenden) Teilbetrag der nächst niedrigere Grenzsteuersatz maßgebend ist (zB 4 Ob 225/02w). Die Entlastung wird einerseits durch den beim Geldunterhaltspflichtigen berücksichtigten Unterhaltsabsetzbetrag bewirkt, andererseits sind dazu, soweit der Unterhaltsabsetzbetrag nicht ausreicht, die dem das Kind betreuenden Elternteil zufließenden Transferleistungen (Kinderabsetzbetrag und Familienbeihilfe) heranzuziehen, in dem der Unterhaltsbeitrag entsprechend gekürzt wird.
Im vorliegenden Fall muss nicht dazu Stellung genommen werden, inwieweit auf Grund der steuerlichen Änderungen, die im Rahmen der Steuerreform 2005 in Kraft getreten sind, die vom Obersten Gerichtshof entwickelten Anrechnungsgrundsätze zu überprüfen sind. Dazu führt der Revisionsrekurswerber auch nichts aus. Aus § 33 Abs 1 EStG idF BGBl I 2004/57 ergibt sich, dass für den Einkommensteil über EUR 51.000,-- der Grenzsteuersatz 50 % beträgt. Bei der Familienbeihilfe, Kinder- und Unterhaltsabsetzbetrag sind keine Änderungen eingetreten.
Bei einem unstrittigen Nettoeinkommen des Vaters im festgestellten Ausmaß übersteigt das Jahresbruttoeinkommen jedenfalls EUR 51.000,--, sodass der Grenzsteuersatz von 50 % heranzuziehen ist, wobei zu Gunsten des Vaters unterstellt sei, dass die gesamte Unterhaltsleistung zur Gänze im höchsten Einkommensteil Deckung findet und der Grenzsteuersatz für die Ermittlung der Steuerentlastung nicht gesenkt wird. Nach der Prozentkomponente ergebe sich ein monatlicher Unterhalt von rund EUR 800,-- je Kind. Der Regelbedarf eines mehr als 6 Jahre alten Kindes betrug ab 1. 7. 2005 EUR 270,--. Der monatliche Unterhalt soll aber nach den Grundsätzen des sogenannten „Luxusunterhaltes" das 2,5-fache des Regelbedarfes nicht übersteigen. Der Unterhaltsbeitrag ohne steuerliche Entlastung machte hier also rechnerisch EUR 675,-- je Kind, für beide Kinder zusammen also EUR 1.350,-- aus. Die Multiplikation der Hälfte der monatlichen Unterhaltsbeiträge für beide Kinder mit dem (unverminderten) Grenzsteuersatz von 50 % ergibt EUR 337,50. Davon wäre für die beiden Kinder ein durchschnittlicher monatlicher Unterhaltsabsetzbetrag von EUR 31,85 abzuziehen (§ 33 Abs 4 Z 3 lit b EStG), den der Vater bezieht oder zumindest beziehen könnte. Dies ergäbe eine - für den Vater maximal erzielbare - steuerliche Entlastung von EUR 305,65 monatlich, sodass er für seine beiden Kinder EUR 1.044,35 monatlichen Geldunterhalt leisten müsste. Dieser Betrag liegt über der Summe der Unterhaltsbeiträge, die der Vater auf Grund der Unterhaltstitel zu leisten hat. Daraus folgt, dass die Unterhaltsherabsetzung jedenfalls zu Unrecht begehrt wird.
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