Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 erster Satz ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Der Kläger, Geschäftsführer eines Fertigputz-Unternehmens, ist Angeklagter in einem laufenden gerichtlichen Finanzstrafverfahren. Über Antrag seines Verteidigers wurde zu Beginn der am 27. Mai 2009 durchgeführten Hauptverhandlung die Öffentlichkeit ausgeschlossen.
Der Beklagte übermittelte nach der genannten Hauptverhandlung eine Medieninformation an das Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Ö***** G***** mit dem wesentlichen Inhalt,
- der Kläger sei erneut in Konflikt mit dem Gesetz geraten,
- es sei ein Finanzstrafverfahren wegen Verdachts der Steuerhinterziehung eröffnet worden,
- in der Hauptverhandlung sei die Öffentlichkeit ausgeschlossen worden,
- da die Verhandlung vertagt worden sei, um ein Gutachten einzuholen, werde es Monate bis zum nächsten Termin dauern,
- die Beschäftigten seien verunsichert und würden im Fall einer Verurteilung des Firmenchefs um die Existenz des Unternehmens fürchten,
- es sei unklar, um welche Summe es im Finanzstrafverfahren gehe, der Beklagte vermute aber, dass es sich um Steuerhinterziehung in Millionenhöhe handeln könnte,
- der Kläger sei fast Stammgast am Landesgericht; er habe eine Betriebsratswahl angefochten und den Prozess in allen drei Instanzen verloren.
Die Mitteilung des Beklagten wurde vom Pressedienst des Ö***** G***** per E-Mail an einen Zeitungsverlag weitergegeben und am 6. Juni 2009 in gekürzter Form in der Printausgabe einer überregionalen Tageszeitung veröffentlicht.
Der Kläger begehrt zur Sicherung seines gleichlautenden Klagebegehrens die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit der dem Beklagten untersagt werden solle, Mitteilungen über den Inhalt von Hauptverhandlungen eines bestimmten Finanzstrafverfahrens, soweit dort die Öffentlichkeit ausgeschlossen wurde, in einem Druckwerk, im Rundfunk oder sonst auf eine Weise zu veröffentlichen, dass die Mitteilung einer breiten Öffentlichkeit zugänglich wird, insbesondere Mitteilungen eines derartigen Inhalts gegenüber der Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Ö*****G***** zu tätigen.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag nach Anhörung des Beklagten ab.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige, und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs mangels zu beurteilender erheblicher Rechtsfragen für nicht zulässig.
Die Mitteilung des Beklagten enthalte hauptsächlich Vermutungen und Befürchtungen, die sich zwar auf die Tatsache des gegen den Kläger anhängigen Strafverfahrens und dessen mögliche wirtschaftliche Folgen, aber nicht auf den Inhalt der unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführten Hauptverhandlung bezögen. Letzteres treffe höchstens auf die Aussage zu, die Hauptverhandlung sei zwecks Einholung eines Gutachtens vertagt worden. Eine solche bloße Mitteilung über den Verhandlungsverlauf verletze aber nicht das Rechtsgut, zu dessen Sicherung der Ausschluss der Öffentlichkeit im Strafverfahren vorgesehen sei, nämlich den persönlichen Lebens- und Geheimnisbereich des Klägers.
Der gegen diesen Beschluss erhobene außerordentliche Revisionsrekurs des Klägers ist unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
Der Sicherungsanspruch des Klägers ist, wie auch das ihm zu Grunde liegende Klagebegehren, nicht auf eine Unterlassung konkreter, möglicherweise ehrverletzender oder kreditschädigender Behauptungen des Beklagten gerichtet, sondern ausschließlich auf die Unterlassung von Mitteilungen über den Inhalt der nichtöffentlich geführten Hauptverhandlung. Ansprüche nach § 1330 ABGB sind daher nicht Gegenstand des Verfahrens.
Auch der Frage, ob die Auslegung des § 301 StGB durch das Rekursgericht von einer einschlägigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung abweicht, kommt keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Ob dem Kläger ein Anspruch gegen den Beklagten auf Unterlassung eines bestimmten Verhaltens zusteht, ist nicht davon abhängig, ob dieses Verhalten (auch) unter den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung zu subsumieren wäre.
Auf die Einhaltung von Verfahrensvorschriften, hier jener des § 230a StPO, besteht für sich allein kein gegen jedermann durchsetzbarer Individualanspruch, ein solcher setzt vielmehr die Verletzung von konkreten Persönlichkeitsrechten voraus. Der Kläger hat sich dazu auf § 16 ABGB und insbesondere auf die Achtung seiner Privat- und Geheimsphäre berufen.
Voraussetzung für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 381 Z 2 EO ist zunächst die Bescheinigung des rechtlichen Bestands des Anspruchs und der den Sicherungsantrag begründenden Tatsachen, aus denen sich die im Gesetz bezeichnete Gefährdung ergibt (RIS-Justiz RS0031458). Ob die Bescheinigung im Einzelfall gelungen ist, stellt keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung dar (RIS-Justiz RS0013475).
In die Beurteilung, ob eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten des Klägers durch die Pressemitteilung des Beklagten bescheinigt ist, können nur diejenigen Äußerungen des Beklagten einbezogen werden, die tatsächlich im Rahmen des Verfahrensgegenstands liegen, also konkrete Inhalte des unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführten Teils der Hauptverhandlung preisgeben (oder zumindest bei objektiver Betrachtung den Anschein erwecken, als handle es sich um solche Inhalte). Als bloße Vermutungen des Verfassers erkennbare Mitteilungen müssen im gegebenen Zusammenhang ebenso außer Betracht bleiben wie Tatsachen, die schon vor Ausschluss der Öffentlichkeit bekannt waren (Anklageerhebung, Art des Delikts) oder die mit dem Strafverfahren offenkundig überhaupt nichts zu tun haben (verlorener Arbeitsgerichtsprozess). Von allen in der Klage zitierten Äußerungen des Beklagten betrafen letztlich nur zwei, nämlich a) dass ein Gutachten eingeholt werde und b) deswegen auf unbestimmte Zeit vertagt werden musste, einen Inhalt der unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführten Hauptverhandlung.
Wenn das Rekursgericht eine Verletzung von schutzwürdigen Persönlichkeitsrechten des Klägers allein durch diese Äußerungen, deren Inhalt keinerlei Schluss auf Umfang oder Berechtigung des gegen den Kläger erhobenen Strafvorwurfs erlaubt, nicht für bescheinigt erachtet hat, liegt darin nach den Umständen des Einzelfalls noch keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende krasse Fehlbeurteilung.
Mangelt es aber schon an der erforderlichen Bescheinigung des rechtlichen Bestands des Anspruchs, ist die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO abhängig.
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