OGH 6Ob1569/91

OGH6Ob1569/9116.5.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. *****, EDV-Organisator, und 2. *****, EDV-Organisator, ***** vertreten durch *****, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei ***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch *****, Rechtsanwalt in Wien, wegen 135.691,51 S samt Nebenforderungen, welchem Rechtsstreit auf der Seite der Kläger *****, Fachberater, ***** vertreten durch *****, Rechtsanwälte in Wien, als Nebenintervenient beigetreten ist, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 1. Juni 1990, AZ 3 R 55/90 (ON 39), den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Begründung

Eine Wiener GesmbH, die sich ua mit der Erstellung von Computerprogrammen befaßt, schloß mit zwei Wiener EDV-Organisatoren, die sich zum gemeinsamen Betrieb eines Unternehmens, das sich ebenfalls ua mit der Erstellung von Computerprogrammen befaßt, zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes zusammengeschlossen hatten, im Herbst 1987 einen der Textierung nach als Werkvertrag erscheinenden "Projektvertrag", für den subsidiär die in einem Rahmenvertrag vom selben Tag niedergelegten Regelungen über eine auf Dauer angelegte werkvertragliche Zusammenarbeit gelten sollten.

Nach dem sachlichen Gehalt des Einzelvertrages sollte ein namentlich genannter Programmierer innerhalb des mit 1.Oktober 1987 bis 15.November 1987 bei Verlängerungsmöglichkeit vorgesehenen Zeitraumes bei einem namentlich nicht genannten Kunden eines Computer-Herstellers in Karlsruhe Leistungen erbringen, die mit "Programmierung" unter einem näher bezeichneten System des Computer-Herstellers umschrieben und im zeitlichen Ausmaß mit 245 Mann-Stunden umrissen wurden. Einer besonderen Vertragsklausel zufolge sollten die "sich im Verlaufe des Projektes ergebenden Änderungen bzw Ergänzungen Gegenstand dieses Vertrages" sein.

Tatsächlich wurde der im Vertrag genannte Programmierer von dem im Vertrag nicht näher bezeichneten Karlsruher Kunden des Computer-Herstellers zur Entwicklung hauseigen projektierten Programme in Eingliederung in ein Team von vier betriebsangehörigen Programmierern eingesetzt und dabei dem betriebsangehörigen Projektleiter unterstellt.

Nach dem wahren Inhalt des zwischen den Streitteilen geschlossenen Vertrages schuldete die GesbR der GmbH entgegen dem Wortlaut des sich auf den Rahmenvertrag beziehenden Einzelvertrages keine eigenverantwortliche Werkherstellung (selbständig nach Auftraggeber-Zielvorgaben zu erstellendes Programm), sondern (nur) die Zurverfügungstellung einer näher spezifizierten Arbeitskraft (Programmierer mit Spezialkenntnissen für ein bestimmtes Computer-System) in der Person eines namentlich genannten Programmierers. Danach ist aber der zwischen den Streitteilen geschlossene Vertrag als Arbeitskräfteüberlassungsvertrag zu qualifizieren. Ein solcher im Wirtschaftsleben schon seit Jahrzehnten bekannter Vertrag wird zwar vom Gesetzgeber - nicht zuletzt durch das inzwischen 1988 erlassene AÜG - als Vertragstyp vorausgesetzt, fand aber bisher noch keine zivilrechtliche gesetzliche Ausnormung.

Bei einem solchen Vertrag besteht die Vertragspflicht des - im Sinn des AÜG so genannten - Überlassers in der Zurverfügungstellung arbeitsbereiter Kräfte zum Einsatz durch einen Beschäftiger für dessen eigene betriebliche Aufgaben. Der Überlasser hat dabei seinem Vertragspartner nur für die durchschnittliche - oder speziell bedungene - berufliche und fachliche Eignung sowie für die Arbeitsbereitschaft der zur Verfügung gestellten Arbeitskraft einzustehen (Arb 10.351). Er haftet nicht für die von der zur Verfügung gestellten Arbeitskraft seitens des Beschäftigers geforderten Arbeitsleistungen, also auch nicht für einen bestimmten Arbeitserfolg. Schadenersatzrechtlich haftet der Überlasser seinem Vertragspartner nur für eigenes Verschulden, insbes Auswahlverschulden, aber nicht etwa gemäß § 1313a ABGB für fehlerhafte Leistung der Arbeitskraft (SZ 56/129).

Der im Überlassungsvertrag genannte Programmierer war für den Arbeitseinsatz fachlich qualifiziert und nicht für die Gesellschafter der GesbR erkennbar unverläßlich. Er ist aber nach vierwöchiger Tätigkeit tagelang ohne Nachricht nicht beim Beschäftiger zur Arbeitsleistung erschienen.

Die Wiener GmbH setzte der GesbR unter Androhung des Rücktrittes vom Vertrag eine Frist zur Bewirkung des Wiederantritts des zur Verfügung gestellten Programmierers zur Arbeit beim Beschäftiger (in inhaltlicher Übereinstimmung mit den vom Beschäftiger seinerseits abgegebenen diesbezüglichen Erklärungen). Ein Gesellschafter der GesbR machte den Programmierer am letzten Tag der gesetzten Frist beim Beschäftiger zur Arbeitsleistung stellig. Der Beschäftiger lehnte aber nunmehr jede weitere Beschäftigung der Arbeitskraft ab und erteilte ihr Hausverbot.

Für diese Zurückweisung der weiteren Arbeitsleistung bestand nach der erfolgten Fristsetzung und der darin enthaltenen Erklärung, ungeachtet der als Vertragsverletzungen gewerteten Vorkommnisse die weiteren Vertragsleistungen entgegenzunehmen, falls der Programmierer innerhalb der gesetzten Frist seine Arbeit wieder aufnehme, kein gerechtfertigter Grund, weil bei der Fristsetzung die nunmehr ins Spiel gebrachten Sicherheitsrisken bereits in vollem Umfang bekannt waren und andere neue Gründe für eine Ablehnung der weiteren Beschäftigung nicht vorlagen.

Aus dieser Erwägung besteht der Anspruch auf das

vereinbarte - von den Klägern um einen Ersparnisbetrag gekürzte - Entgelt zu Recht, die aufrechnungsweise eingewendeten Schadenersatzforderungen aber bestehen mangels Eigenverschuldens der Kläger und mangels eigener Verpflichtung zur Arbeitsleistung (daher keine Haftung nach § 1313a ABGB) nicht zu Recht.

Die - aus werkvertraglichen Erwägungen - erfolgte Klagsstattgebung trifft unter Zugrundelegung des Vertragstyps Arbeitskräfteüberlassungsvertrag im Ergebnis zu.

Die in der außerordentlichen Revision ausgeführten Rechtsfragen sind nicht entscheidungsrelevant.

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