OGH 6Ob1563/91

OGH6Ob1563/9123.1.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Redl, Dr. Kellner und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** Gesellschaft mbH, D 6500 Mainz, *****, vertreten durch Dr. Ernst Gruber, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. L***** Handelsgesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Dietbert Helbig-Neupaur, Rechtsanwalt in Wien, und 2. I***** Bau- und Grundstücksverwertungsgesellschaft mbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Leonhard Romig, Rechtsanwalt in Wien, wegen 3,2 Mio S samt Nebenforderungen, infolge ao. Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 25.Februar 1991, AZ 14 R 172/90 (ON 66), den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Eine Handels-Gesellschaft mbH, die nunmehrige erste Beklagte, erteilte einer Bau-Gesellschaft mbH den Auftrag zur Errichtung einer aus Stahlblech-Fertigteilen zu montierenden Lagerhalle.

Dazu wurde weder behauptet, noch bestehen nach den Beweisergebnissen Anhaltspunkte dafür, daß die Werkvertragsregelungen die Auftraggeberin ungewöhnlich begünstigt hätten. (Nach den Zahlungsvereinbarungen laut

Beil./1 - Stellungnahme der Klägerin hiezu AS 151 - sollte der mit 13,2 Mio S ausgewiesene Werklohn im Teilbetrag von 3,7 Mio S (also zu mehr als einem Viertel) sogleich bei Auftragserteilung, in einem weiteren Teilbetrag von 3 Mio S auf die nach Fertigstellung der Fundamente und Hallenanlieferung legbare

1. Teilrechnung sowie ein Teilbetrag von 3,5 Mio S auf die nach Fertigstellung der Hallenmontage legbare 2.Teilrechnung gezahlt werden; dabei war die Hallenfertigstellung innerhalb von dreieinhalb Monaten, nämlich bis Ende Dezember 1985 bzw 15.1.1986, vereinbart.)

Die Baugesellschaft bezog als "Vertragsunternehmung" des deutschen Herstellers von diesem unter Zugrundelegung seiner AGB-Regelungen die (Marken-)Fertigteile. Danach behielt sich die Erzeugerin, die nunmehrige Klägerin, gegenüber der Baugesellschaft das Eigentum an ihren Waren bis zur vollständigen Tilgung sämtlicher Verbindlichkeiten der Baugesellschaft vor und vereinbarte "für den Fall der Weiterveräußerung" ihrer Vorbehaltsware zur Sicherung aller ihrer Forderungen vorweg die Abtretung aller Ansprüche der Baugesellschaft gegen deren Vertragspartner. Die Weiterveräußerungsermächtigung sollte ua bei Zahlungsverzug oder Zahlungseinstellung der Baugesellschaft enden.

Die Erzeugerin versendete die - für die konkrete Halle abgepaßten - Fertigteile mit einem 3 Mio S übersteigenden Fakturenwert in mehreren Teillieferungen zwischen Mitte September 1985 und Ende Januar 1986 an die inländische Baustelle der ihr bekanntgegebenen Bauherrschaft.

Die Baugesellschaft geriet noch vor Versendung der letzten Teillieferungen mit den Rechnungsbeträgen früherer Teillieferungen in Verzug.

Die Baugesellschaft übergab die Halle - spätestens im März 1986 ohne Vorbehalte - der Bestellerin.

Nach Behebung gerügter Mängel leistete die Bestellerin (Rest-)Zahlung an eine inländische Kreditunternehmung als Zessionarin der Baugesellschaft.

Über das Vermögen der Baugesellschaft wurde in der Folge der Anschlußkonkurs eröffnet. Die Erzeugerin der Fertigteile meldete im Konkurs ihrer Vertragsunternehmerin ihre Kaufpreisforderung als Konkursforderung an.

Gestützt auf ihr vorbehaltenes Eigentum an den von der Bauführerin in Erfüllung des Bauauftrages montierten Fertigteilen begehrte die Erzeugerin von der Bauherrin den Warenwert.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Revisionswerberin bekämpfte Annahme eines Gutglaubenserwerbers nach § 366 Abs 1 HGB wird nicht schlüssig als Ergebnis einer unrichtigen Lösung oder irrigen Übergehung einer nach § 502 Abs 1 ZPO qualifizierten Frage des Gutglaubensschutzes nach § 366 HGB an Vorbehaltswaren im Rahmen eines branchenüblichen Verkehrsgeschäftes dargestellt:

Die Beklagte mußte zwar mit einem vorbehaltenen Eigentum des Herstellers an den Fertigteilen rechnen, durfte aber andererseits ohne weitere Nachforschungen eine vom Hersteller seinem Vertragsunternehmer eingeräumte aufrechte Befugnis zur Weiterveräußerung im Rahmen eines üblichen Verkehrsgeschäftes annehmen. Sie hat daher gem § 366 HGB Eigentum an den zum Hallenbau verwendeten Fertigteilen erworben.

Ausschlaggebend ist - iS des ua auch in SZ 60/120 zum Ausdruck gebrachten Grundgedankens - , daß die Baugesellschaft als Vorbehaltskäufer die Vorbehaltsware in einem für sie üblichen Verkehrsgeschäft weiterveräußerte und die Beklagte mangels besonderer Verdachtsmomente auf eine vom Lieferanten als Vorbehaltseigentümer erteilte aufrechte Veräußerungsbefugnis vertrauen durfte. Für den Autokauf beim Händler wurde die Barzahlung als gewöhnlicher Geschäftsfall, für den allein die Veräußerungsermächtigung unterstellt werden dürfe, angenommen. Für den Bauvertrag reicht eine die Materialkosten deckende Teilzahlung auf den Werklohn zur angemessenen Sicherung der Lieferantenforderungen sicherlich hin.

Für den Bauführer (dessen Veräußerungsbefugnis Gegenstand des aus Verkehrsinteressen zu schützenden Vertrauens ist) sind die Fertigteile, aus denen er für den Besteller ein Anlagegut (Lagerhalle) herzustellen hat, kein Anlagegut, sondern typisches Umlaufvermögen, das im ordentlichen Wirtschaftsablauf, an dem auch der Erzeuger interessiert ist, gerade zur Weiterveräußerung bestimmt ist.

Eine (General-)Zession von Kundenforderungen an eine (Haus-)Bank muß für sich allein keinen Verdacht auf Zahlungsschwierigkeiten eines Bauunternehmers bei seinen Kunden erwecken. Sonstige die Beklagte zur Vorsicht mahnende Verdachtsmomente wurden nicht festgestellt. (Die im Rechtsmittelverfahren aufgrund einer Anrede in einem vorgelegten Korrespondenzstück herausgestrichene Freundschaft zwischen dem Rechtsfreund der Beklagten und dem Geschäftsführer der Baugesellschaft war kein Gegenstand des erstinstanzlichen Parteienvorbringens.)

Soweit in den Revisionsausführungen eine außergewöhnliche Vorleistung der Baugesellschaft gegenüber der Beklagten und ein dieser vertraglich eingeräumtes ungewöhnlich langes Zahlungsziel zugrundegelegt wird, findet das im festgestellten Sachverhalt, aber auch in einem konkreten erstinstanzlichen Sachvorbringen oder in Beweisergebnissen keine Deckung.

Nicht nur ein Privater, sondern auch eine Handelsgesellschaft durften als Besteller nach den konkreten Umständen des Falles auch ohne Urkundeneinsicht von einer aufrechten Veräußerungsermächtigung ausgehen.

Daß die Klägerin eine sie begünstigende Bankgarantie nicht fristgerecht abrief, ist für den strittigen Eigentumsvorbehalt unerheblich. Daß eine Bank für die Baugesellschaft eine solche Garantenhaftung übernahm, stellte lediglich ein Indiz gegen die von der Revisionswerberin behauptete Erkennbarkeit von Zahlungsschwierigkeiten der Baugesellschaft für die Beklagte dar.

Der genaue Übergabstermin zwischen Anfang Januar und Anfang März 1986, die Höhe der Forderungen der Klägerin gegen die Bauführerin sowie die weiteren in der Revision zu Punkt I, II/5 und III behandelten Themen sind für das Revisionszulässigkeitskriterium nach § 502 Abs 1 ZPO völlig unerheblich.

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