European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0060OB01514.840.0426.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung
Die Klägerin begehrte die Verurteilung der drei Beklagten – deren Haftung als handelnde namens einer noch nicht eingetragenen Gesellschaft mbH für eine Gerätekaufpreisschuld die Klägerin in Anspruch nahm – zur Zahlung eines Betrags von 22.448,62 S samt Nebenforderungen zur ungeteilten Hand. Als Anschrift des dritten Beklagten bezeichnete die Klägerin in der Klage ein Haus in der L.‑Gasse. Nachdem unter dieser Anschrift zwei Zustellversuche fehlgeschlagen waren, wurde die Postsendung mit der Klagsgleichschrift samt Ladung zur ersten Tagsatzung postamtlich hinterlegt. In der am 27. Oktober 1982 abgehaltenen ersten Tagsatzung fällte das Prozessgericht gegen den dritten Beklagten ein dem Klagebegehren stattgebendes Versäumungsurteil. Die Ausfertigung dieser Entscheidung wurde dem dritten Beklagten nach einem vergeblichen Zustellversuch an der in der Klage angegebenen Abgabestelle am 12. November 1982 postamtlich hinterlegt. Die hinterlegte Sendung wurde nicht behoben und an das Prozessgericht mit einem entsprechenden Vermerk zurückgesendet.
Am 9. Februar 1983 vermerkte das Prozessgericht zu dem gegen den dritten Beklagten gefällten Versäumungsurteil dessen Vollstreckbarkeit.
Nach einem mit 23. März 1983 datierten Vermerk wurde die Ausfertigung des „VU an BV des 3. Beklagten ausgefolgt“. Die Person, die für den dritten Beklagten die Ausfertigung des Versäumungsurteils bei Gericht übernommen, und auf welche Art sich diese Person als Vertreter des dritten Beklagten bei der Ausfolgung ausgewiesen hatte, wurde nicht aktenkundig gemacht.
Am 3. 8. 1983 überreichte der dritte Beklagte einen Antrag auf Aufhebung der Bestätigung der Vollstreckbarkeit. Diesen Antrag begründete er damit, dass er schon lange vor der Klagszustellung aus der in der Klage bezeichneten Wohnung in eine andere übersiedelt gewesen sei. Seinem schriftlichen Antrag schloss der dritte Beklagte eine mit 18. März 1983 datierte Prozessvollmachtsurkunde an.
Mit dem Beschluss vom 27. September 1983 hob das Prozessgericht die am 9. Februar 1983 erteilte Bestätigung der Vollstreckbarkeit aus dem im Antrag genannten Grunde als gesetzwidrig auf, ohne dabei die am 23. März 1983 festgehaltene Ausfolgung zu erwähnen. Nach eingetretener Rechtskraft dieses Beschlusses und neuerlicher Zustellung des am 27. Oktober 1982 gefällten Versäumungsurteils an den Vertreter des dritten Beklagten überreichte dieser einen anwaltlich verfassten Widerspruch, worauf das Prozessgericht eine Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung anberaumte.
Die Klägerin stellte nunmehr am 15. November 1983 einen Antrag auf Erteilung der Vollstreckbarkeitsbestätigung und wies dabei auf die aktenkundig gemachte Ausfolgung vom 23. März 1983 hin (ON 10).
Das Prozessgericht wies diesen Antrag mit der Begründung ab, dass die Widerspruchsfrist erst mit dem Ablauf der Rekursfrist gegen den Beschluss vom 27. September 1983 auf Aufhebung Bestätigung der Vollstreckbarkeit zu laufen begonnen hätte und der Widerspruch gegen das Versäumungsurteil daher rechtzeitig erfolgt sei.
Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung ab und bestätigte die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des gegen den dritten Beklagten gefällten Versäumungsurteils. Es erachtete die Ausfolgung der Urteilsausfertigung vom 23. März 1983 an den im Sinne der Prozessvollmacht vom 18. März 1983 zur Empfangnahme berechtigten Prozessvertreter als wirksame Zustellung, durch die die Fristen für alle Rechtsbehelfe gegen das Versäumungsurteil in Gang gesetzt worden seien und führte aus: Diese Fristen seien ungenützt verstrichen. Das Versäumungsurteil sei daher nach dem 9. Februar 1983, an dem das Prozessgericht erstmals die Vollstreckbarkeit bestätigt gehabt habe, rechtskräftig und vollstreckbar geworden. Dieser Umstand sei einerseits einer Aufhebung der nach der damaligen Rechtslage zu Unrecht erteilten Vollstreckbarkeitsbestätigung vom 9. Februar 1983 nicht entgegengestanden, hindere aber andererseits auch nicht die Bestätigung der Vollstreckbarkeit aufgrund eines Sachverhalts, der sich erst nach dem 9. Februar 1983, wenn auch vor der Beschlussfassung vom 27. September 1983 erfüllt habe.
Mit dem Ergänzungsbeschluss vom 8. März 1984 sprach das Rekursgericht aus, dass gegen seinen abändernden Beschluss der Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Der dritte Beklagte erhebt gegen die rekursgerichtliche Entscheidung einen außerordentlichen Revisionsrekurs.
Dieses Rechtsmittel ist unzulässig.
Gegen die Bestätigung der Vollstreckbarkeit ist nur der im § 7 Abs 3 EO vorgesehene Rechtsbehelf zulässig. Ein Rekurs ist ausgeschlossen.
Rechtliche Beurteilung
Die beiden Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts werten die Vollstreckbarkeitsbestätigung schon nach dem Wortlaut des § 3 Abs 2 VVG nur als eine „in Form einer Bestätigung ergehende Rechts‑ und Tatsachenauskunft“. Sie sprechen einem solchen Behördenakt den Bescheidcharakter ab und damit die Tauglichkeit zur Anfechtung mittels Beschwerde (VwSlgNF Nr 1098 (A); VfSlg Nr 5.725).
Der in der Exekutionsordnung vorausgesetzten Bestätigung der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit gerichtlicher Entscheidungen kann dagegen die Beschlusseigenschaft nicht abgesprochen werden. Die Regierungsvorlage zur 6. Gerichtsentlastungsnovelle (298 BlgNR III. GP, 21) spricht davon, dass „an sich dem Verpflichteten der Rekurs gegen den in der Vollstreckbarkeitsbestätigung liegenden richterlichen Beschluss zustünde“, sowie von dem „Umstand, dass ein Gericht in die Lage kommt, seinen eigenen Beschluss – ein solcher liegt vor, nicht eine irrige Beurkundung – aufzuheben“.
§ 490 ZPO gebietet in dieser Hinsicht aber folgende Überlegung: Im Regelfall tritt die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit einer gerichtlichen Entscheidung in deren vollem Umfang ein. In diesen Fällen obliegt es dem Erstgericht, die Bestätigung dieses Umstands zu erteilen. In dem Sonderfall, in dem zufolge Teilanfechtung die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit eines erstinstanzlichen Urteils nur teilweise eintritt, beruft § 490 ZPO das Berufungsgericht dazu, über Antrag auszusprechen, „inwieweit das Urteil der unteren Instanz als nicht angefochten zur Exekution geeignet ist“. Diesen berufungsgerichtlichen Ausspruch qualifiziert das Gesetz ausdrücklich als Beschluss und unterwirft ihn der Anfechtung durch einen aufgeschobenen Rekurs.
Dass der Vollstreckbarkeitsbestätigung gerichtlicher Entscheidungen die Eigenschaft eines Beschlusses abginge, ist daher kein taugliches Argument für die Ansicht, eine solche Bestätigung könne mit ordentlichem Rechtsmittel nicht angefochten werden. In dem hier zur Entscheidung vorliegenden Fall, in dem die Bestätigung vom Rekursgericht in Abänderung eines erstinstanzlichen Beschlusses ausgesprochen wurde, könnte der Beschlusscharakter der Rechtsmittelentscheidung umsoweniger verneint werden.
Dennoch vertraten bereits bald nach dem Inkrafttreten der 6. Gerichtsentlastungsvovelle Heller‑Trenkwalder in „Die österreichische Exekutionsordnung in ihrer praktischen Anwendung“, 3. Auflage, auf Seite 18 in Anm 1 zu Nr 7, die Ansicht: „Abgesehen von dem Falle des § 7 Abs 6 EO sind nunmehr Rekurs und Klage ausgeschlossen.“ Auch Heller‑Berger‑Stix , Komm z EO 4 , 206 folgern aus der Begründung der Regierungsvorlage zur 6. Gerichtsentlastungsnovelle, es handle sich danach um einen mit Rekurs nicht anfechtbaren Beschluss.
Tatsächlich ist der oben zitierten Regierungsvorlage zur 6. Gerichtsentlastungsnovelle die Ansicht entnehmbar, die neu eingeführte verfahrensrechtliche Einrichtung der beschlussmäßigen Aufhebung der Bestätigung der Vollstreckbarkeit derart auszugestalten, dass sie jede Anfechtung der Bestätigung durch Rekurs ausschließe.
Dass das Gericht eine von ihm erteilte Bestätigung die es nachträglich aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen als unrichtig erachtet, auch ohne Antrag, also von Amts wegen selbst wieder aufheben kann, mit anderen Worten an seinen eigenen Ausspruch nicht gebunden ist, wäre für sich allein kein zureichendes Argument für den Ausschluss eines ordentlichen Rechtsmittels: Das Gericht ist etwa auch an einen Beweisbeschluss nicht gebunden, dennoch unterwirft § 277 Abs 4 ZPO Beweisbeschlüsse einem sogenannten aufgeschobenen Rechtsmittel.
Die Erwägung aber, dass neben dem unbefristeten, formlosen, instanzbewahrenden Antrag auf Abänderung kein verfahrensrechtliches Bedürfnis nach einer Anfechtung mittels eines befristeten, formgebundenen aufsteigenden Rechtsmittels erkennbar bleibt, rechtfertigt es, die Regelung nach § 7 Abs 3 EO als Ausschluss jedes ordentlichen Rechtsmittels auszulegen.
Ist aber gegen eine vom Gericht erster Instanz erteilte Bestätigung aus den dargelegten Überlegungen ein ordentliches Rechtsmittel unzulässig, kann für eine – ausnahmsweise – vom Rekursgericht erteilte Bestätigung derselben Art nichts anderes gelten. Andererseits ist auch einer vom Rechtsmittelgericht erteilten Vollstreckbarkeitsbestätigung keine weiterreichende Bindungswirkung zuzubilligen, als einer vom Prozessgericht erteilten Bestätigung zukäme.
Gegen die von einem Gericht erteilte Bestätigung der Vollstreckbarkeit einer Entscheidung ist unter Ausschluss jedes ordentlichen Rechtsmittels nur ein Antrag nach § 7 Abs 3 EO zulässig, das gilt uneingeschränkt auch für den Fall, dass die Bestätigung im Wege einer abändernden Rekursentscheidung von einem Gericht höherer Instanz ausgesprochen wurde.
Der außerordentliche Revisionsrekurs ist aus diesen Erwägungen unzulässig. Er war zurückzuweisen.
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