European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0060OB00140.21P.0806.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Wird die Entscheidung der zweiten Instanz auch auf eine selbständig tragfähige Hilfsbegründung gestützt, muss auch diese im außerordentlichen Rechtsmittel bekämpft werden (RS0118709). Wird demgegenüber nur eine von mehreren selbständig tragfähigen Begründungen bekämpft, so „hängt“ von deren Richtigkeit die Entscheidung nicht im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG bzw § 502 Abs 1 ZPO „ab“, sodass insoweit keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt (9 ObA 120/19i).
[2] 1.1. Der Revisionsrekurs wendet sich zwar gegen die Auffassung des Rekursgerichts, im vorliegenden Fall liege eine übermäßig lange Bindung der Offerentin an ihr Angebot vom 13. 12. 1989 zur Abtretung ihres GmbH‑Geschäftsanteils vor, die Sittenwidrigkeit dieses Angebots zur Folge habe; dies ergebe sich in der Zusammenschau der unangemessen langen und unwiderruflichen Selbstbindung und des völligen Fehlens von Dispositionsfreiheit über den Geschäftsanteil.
[3] 1.2. Weiters hat das Rekursgericht seine Entscheidung auf die Begründung gestützt, das Abtretungsanbot sei auch wegen laesio enormis gemäß § 934 ABGB ungültig. Dafür spreche nicht nur das Missverhältnis zwischen dem im Rekurs behaupteten Unternehmenswert von 1 Mio EUR zu dem vereinbarten (nicht einmal wertgesicherten) Abtretungspreis von 62.500 ATS (entspricht 4.542 EUR), sondern auch der Umstand, dass der Abtretungspreis nicht einmal der Hälfte der einbezahlten Stammeinlage von K***** entspricht. Auch diese Begründung des Rekursgerichts wird im Revisionsrekurs bekämpft.
[4] 1.3. Das Rekursgericht hat seine Rechtsansicht jedoch zusätzlich darauf gestützt, dass sich das Anbot auf den Geschäftsanteil an der ursprünglichen Gesellschaft bezogen habe, die aber nach der Abspaltung des operativen Betriebs und dessen Übertragung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf eine neu gegründete Gesellschaft im Jahr 2017 zwar noch die ursprüngliche Firmenbuchnummer trage, aber nicht mehr dieselbe sei. Diese – wenngleich auch vom Willen der Gesellschafterin getragene – massive Veränderung der Verhältnisse sei im Zeitpunkt der Anbotslegung nicht vorhersehbar gewesen und störe die Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung. Dadurch sei die Geschäftsgrundlage für das Abtretungsanbot weggefallen, das Beharren von E***** auf dessen gültigem Bestand verstoße gegen die Grundsätze von Treu und Glauben (unter Berufung auf Bollenberger/P. Bydlinski in KBB6 § 901 Rz 11 mwN), die das Verhältnis zwischen Mitgesellschaftern stark prägten (vgl RS0061585). Mit dieser Auffassung des Rekursgerichts setzt sich der Revisionsrekurs mit keinem Wort auseinander.
[5] 2. Nicht zu beanstanden ist, wenn das Rekursgericht auch den Antrag auf Löschung von K***** als Prokuristin abgewiesen hat. Dabei ging das Rekursgericht ersichtlich davon aus, dass die Gesellschaft die Löschung der Prokura lediglich als Folge deren Ausscheidens als Gesellschafterin anstrebte, welche Voraussetzung aber gerade nicht erfüllt ist. Für diese Deutung spricht, dass das Firmenbuchgesuch auf Löschung der Prokura nur auf den Wechsel in der Gesellschafterstellung verweist und entgegen § 28 Abs 2 GmbHG nicht einmal einen ausdrücklichen Widerruf der Prokura enthält. Wenn das Rekursgericht bei dieser Sachlage von einem untrennbaren Zusammenhang zwischen der begehrten Eintragung des Gesellschafterwechsels und der Löschung der Prokura ausging, ist darin keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken.
[6] 3. Zusammenfassend bringt der Revisionsrekurs sohin keine Rechtsfragen der von § 62 Abs 1 AußStrG geforderten Bedeutung zur Darstellung. so dass er spruchgemäß zurückzuweisen war.
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