OGH 6Ob121/11d

OGH6Ob121/11d18.7.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** S*****, vertreten durch Dr. Erwin Markl, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei C***** Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Greiter/Pegger/Kofler & Partner Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Anfechtung von Generalversammlungsbeschlüssen (Streitwert 70.000 EUR, Revisionsinteresse 35.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 4. Mai 2011, GZ 4 R 90/11h-11, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS-Justiz RS0042936, RS0044358, RS0042871). Dies gilt auch für Gesellschaftsverträge einer GmbH (RIS-Justiz RS0042936 [T21] ua).

2. Der Oberste Gerichtshof hat erst unlängst in der Entscheidung 6 Ob 99/11v die für die Auslegung der Satzung einer GmbH geltenden allgemeinen Grundsätze ausführlich zusammengefasst. Von diesen Grundsätzen sind die Vorinstanzen nicht abgewichen.

3.1. Der Revisionswerber vermag eine krasse Fehlbeurteilung bei der Auslegung der relevanten Satzungsbestimmung nicht aufzuzeigen. Nach der Satzung hat die Gesellschaft einen oder mehrere Geschäftsführer. Hat die Gesellschaft zwei oder mehrere Geschäftsführer und ergibt sich deren Vertretungsbefugnis nicht schon aus der vertraglich angeordneten Bestellung, wird die Vertretungsart durch Gesellschafterbeschluss bestimmt. Die Abberufung der Geschäftsführer E***** H***** und J***** S***** ist jeweils nur aus wichtigem Grund zulässig.

3.2. Vor diesem Hintergrund ist in der Auffassung der Vorinstanzen, das qualifizierte Mehrheitserfordernis in Punkt VIII der Satzung für eine „Änderung der Geschäftsführungsbefugnis“ beziehe sich nicht auf die Bestellung eines weiteren Geschäftsführers, sondern nur auf Änderungen von Art und Umfang der Geschäftsführungsbefugnis, insbesondere den Übergang von Einzel- zu Kollektivvertretung und umgekehrt, keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken.

3.3. Gegen das von den Vorinstanzen erzielte Auslegungsergebnis lässt sich auch nicht einwenden, dass die Bestimmung in Hinblick auf die Zweifelsregel des § 21 GmbHG, wonach dann, wenn mehrere Geschäftsführer bestehen, mangels einer anderen Regelung von Gesamtvertretung auszugehen ist, funktionslos wäre. Zwar könnte mangels einer entsprechenden Satzungsbestimmung die Anordnung der Einzelvertretungsbefugnis nur mit der für eine Satzungsänderung erforderlichen Mehrheit beschlossen werden. Dies setzt - sofern der Gesellschaftsvertrag wie im vorliegenden Fall keine abweichende Regelung vorsieht - gemäß § 50 Abs 1 GmbHG eine Dreiviertelmehrheit voraus. Insoweit wiederholt die im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Dreiviertelmehrheit lediglich die gesetzliche Regelung. Dies stellt aber kein Gegenargument gegen das der entsprechenden Bestimmung des Gesellschaftsvertrags von den Vorinstanzen beigelegte Verständnis dar, enthält der Gesellschaftsvertrag doch auch in anderem Zusammenhang - wie etwa bei der Festlegung einer Dreiviertelmehrheit für Änderungen des Gesellschaftsvertrags - Regelungen, die bloß den Inhalt gesetzlicher Bestimmungen wiederholen. Für die Richtigkeit der Auslegung der Vorinstanzen spricht im Übrigen auch, dass der Grundlage der derzeit geltenden Satzungsbestimmung bildende Entwurf seinerzeit noch ausdrücklich zwischen der „Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern“ einerseits und der „Änderung der Geschäftsführungsbefugnis“ andererseits differenziert hatte.

4. Damit bringt der Revisionswerber aber keine Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass die Revision spruchgemäß zurückzuweisen war.

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