OGH 6Ob111/63

OGH6Ob111/6312.6.1963

SZ 36/82

Normen

ABGB §477 Z5
ABGB §479
ABGB §525
ABGB §529
ABGB §477 Z5
ABGB §479
ABGB §525
ABGB §529

 

Spruch:

Die vom Eigentum abgesonderten Fischereirechte stellen unregelmäßige, persönliche Dienstbarkeiten dar, die - auch in Oberösterreich - frei veräußerlich und vererblich sind. Das Aussterben der Fische kann dem Untergang der dienstbaren Sache nicht gleichgesetzt werden.

Entscheidung vom 12. Juni 1963, 6 Ob 111/63.

I. Instanz: Bezirksgericht Neuhofen an der Krems; II. Instanz:

Kreisgericht Steyr.

Text

Die klagende Partei beantragte a) die Feststellung, daß den beklagten Parteien kein Fischereirecht an der im Eigentum der klagenden Partei stehenden Grundparzelle 795/2 EZ. 96 KG. W. zustehe; b) die Ausstellung einer Erklärung seitens der beklagten Partei, womit die Löschung der im Fischereikataster S. eingetragenen Rechte der beklagten Partei beantragt werden könne.

Die Rechtsvorgänger der Beklagten hätten das Fischereirecht in dem gegenständlichen Gewässer, nämlich im "totgelegten alten Mühlbach" im Jahre 1912 von der X-Bank erworben. Tatsächlich sei ein solcher Erwerb aber nur vom Kaiserreich Österreich als Gründeigentümer möglich gewesen. Es hätte daher das Fischereirecht auch nicht wirksam auf die Beklagten übergehen können. Eine Ersitzung sei "nach dem Fischereigesetz 1934" nicht möglich, und eine tatsächlich erfolgte Eintragung im Fischereikataster habe nur deklarativen, nicht konstitutiven Charakter.

Im übrigen sei am 26. August 1961 (offenbar von der Klägerin) bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft die Löschung des gegenständlichen Fischereirechtes beantragt worden.

Das Erstgericht wies das negative Feststellungsbegehren zu a) sowie das Begehren zu b) ab, wobei es von folgenden Feststellungen ausging:

Das Fischereirecht in dem totgelegten Teil des alten Mühlbaches sei mit Kaufvertrag vom 12. September 1911 von der X-Bank an Wilhelm P. übergegangen. Mit Kaufvertrag vom 23. April 1928 hätten dann Max G. und Hedwig G. (letztere ist die Erstbeklagte) "diesen Besitz mit allem Zubehör, mit Eigenjagd und Fischereirechten" erworben. Mit Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes N. vom 20. Juni 1955 sei dann die dem Max G. gehörige Hälfte der Liegenschaft EZ. 8 der KG. W. in das Eigentum des Zweitbeklagten Günther G. übergegangen. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. vom 18. Februar 1957 sei das Fischereirecht der Beklagten im Kataster für das Fischereirevier K. I unter PZ. 43 und 45 eingetragen und das Fischereirecht der Beklagten "anerkannt" worden.

In Anbetracht dieser Kaufverträge, insbesondere aber des letztgenannten verwaltungsbehördlichen Bescheides, erscheine das Feststellungsbegehren unbegrundet. Es sei auch belanglos, ob derzeit in dem fraglichen Gewässer tatsächlich Fische gehalten werden oder nicht, denn entscheidend sei allein die Möglichkeit hiezu, welch letztere aber von der klagenden Partei gar nicht ernstlich bestritten worden sei.

Der dagegen seitens der klagenden Partei erhobenen Berufung wurde Folge gegeben, das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Nach Auffassung des Berufungsgerichtes stelle sich die Feststellungsklage als negatorische Klage gemäß § 523 ABGB. dar, welche von den Voraussetzungen des § 228 ZPO. unabhängig sei. Es habe daher nicht die klagende Partei die Freiheit ihres Eigentums, sondern hätten vielmehr die Beklagten den Bestand der behaupteten Dienstbarkeit zu erweisen. Schon in der älteren Judikatur sei das Fischereirecht überwiegend als dingliches, grundbücherlich einverleibungsfähiges Recht erkannt worden. Danach seien Fischereirechte, wenn sie mit dem Besitz eines Grundstückes verknüpft seien, gemäß § 473 ABGB. Grunddienstbarkeiten, und zwar Feldservituten nach § 477/5 ABGB. Demnach gelten dafür auch die sonstigen über die Grunddienstbarkeiten aufgestellten Regeln. Insbesondere könnten sie gemäß § 485 ABGB. ebensowenig wie eine andere Servitut eigenmächtig auf eine andere Sache oder Person übertragen werden. Das Eigentumsrecht der klagenden Partei an der Grundparzelle 795/2 und somit auch an dem Bett des streitgegenständlichen Gewässers stehe fest. Bis zum Jahre 1958 habe dieses Wasserbett einen Bestandteil des öffentlichen Gutes gebildet. Nach der ausdrücklichen Textierung im Kaufvertrag vom 12. September 1911 habe das jetzt von der beklagten Partei in Anspruch genommene Fischereirecht damals ein Zubehör zum landschaftlichen Gute W., EZ. 625, KG. W., der oberösterreichischen Landtafel gebildet. Es habe daher dieses Fischereirecht nur mit Zustimmung der öffentlichen Hand (offenbar des Staates) an Wilhelm P. übertragen werden können. Durch eine solche Zustimmung wäre dann die Grunddienstbarkeit des Fischereirechtes a) entweder auf ein anderes herrschendes Gut, nämlich die Liegenschaft EZ. 8 der KG. W., übertragen worden, was mit dem Kaufvertrag vom 23. April 1928 übereinstimmen würde, oder b) in eine persönliche, unregelmäßige Dienstbarkeit - also immer noch ein dingliches Recht - verwandelt worden. Derartige Fischereirechte seien in einzelnen Landesgesetzen - nicht aber in Oberösterreich - mit Wirkung der Veräußerlichkeit und Vererblichkeit ausdrücklich ausgestattet worden. Das Berufungsgericht sei jedoch der Ansicht, daß für Oberösterreich eine Ausnahme von der im § 529 ABGB. normierten Unvererblichkeit im Zweifel auch bei unregelmäßigen Dienstbarkeiten, also Fischereirechten, nicht anzunehmen sei. Die oben erwähnte Zustimmung der öffentlichen Hand hätte daher zur Übertragung des Fischereirechtes nicht nur für den Erwerb durch Wilhelm P., sondern außerdem auch noch für die nachfolgenden Übertragungen nachgewiesen werden müssen. Solche Zustimmungen könnten allerdings auch stillschweigend sowie auch nachträglich erteilt werden, doch müßten an die Annahme derartiger stillschweigender Willenserklärungen bei Gebietskörperschaften wohl strengere Voraussetzungen geknüpft werden als bei Privatpersonen. Sollte eine derartige Zustimmung nicht nachgewiesen werden, so käme eine Ersitzung des Fischereirechtes nicht in Frage. Gemäß § 4 (5) Wasserrechtsgesetz sei die Ersitzung eines dinglichen Rechtes am öffentlichen Wassergut seit 1. November 1934 nicht mehr möglich. Bis zum Jahre 1934 seien aber seit dem erwähnten Kaufvertrag aus dem Jahre 1911 nur 23 Jahre verstricken, während die Ersitzungszeit hier 40 Jahre betragen hätte. Die Eintragung der Beklagten im Fischereikataster habe weder deklarative noch konstitutive Wirkung in bezug auf die privatrechtlichen Verhältnisse, sondern weise nur auf die Ausübungsbefugnis zur Fischerei in öffentlich-rechtlicher Hinsicht hin. Über alle die genannten Umstände seien bisher noch keine oder doch keine ausreichenden Feststellungen getroffen worden, so daß es einer entsprechenden Ergänzung des Verfahrens vor dem Erstgericht bedürfe. Sollte sich dabei die grundsätzliche Berechtigung des Standpunktes der Beklagten, d. h. der ursprünglich rechtsgültige Bestand ihres Fischereirechtes, ergeben, so wäre noch der von der klagenden Partei geltend gemachte Grund für die Erlöschung dieses Rechtes zu prüfen, nämlich das endgültige Aussterben der Fische in diesem Gewässer und somit die dauernde Unmöglichkeit, die Fischerei dort auszuüben. Dies würde dem Untergang des dienstbaren Gründes nach § 525 ABGB. in seiner Bedeutung gleichkommen und müßte gleichfalls zu einer Stattgebung des Klagebegehrens führen.

Bei allfälliger Berechtigung des klägerischen Standpunktes werde auch noch zu prüfen sein, inwieweit der zweite, offenbar sekundäre Teil des Klagebegehrens, gerichtet auf die Ausstellung einer Erklärung, in den gegebenen Erfordernissen begrundet sei.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der beklagten Parteien Folge, hob den Beschluß des Berufungsgerichtes auf und trug diesem Gericht eine neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme von dem gebrauchten Aufhebungsgrund auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Aus dem Kaufvertrag vom 12. September 1911 ergibt sich, daß das von den Beklagten behauptete Fischereirecht an der im bücherlichen Eigentum der klagenden Partei stehenden Parzelle 795/2 (EZ. 96, KG. W.) vom Eigentum an dem landwirtschaftlichen Gute W., KG. W., EZ. 625 der oberöstereichischen Landtafel, abgesondert an den Rechtsvorgänger des Beklagten Wilhelm P. veräußert wurde. Da feststeht, daß diese Parzelle bis zum Jahre 1958 nichtverbüchertes öffentliches Gut gebildet hat, muß der vor Inkrafttreten der III. TN. (§ 481 (2) ABGB.) liegende Erwerbungsakt des Wilhelm P. als zur Rechtsbegründung hinreichend angesehen werden. Hiezu soll bemerkt werden, daß seitens der klagenden Partei der schon ursprünglich rechtsgültige Bestand des Fischereirechtes nicht bestritten wurde. Da dieses schon an den ersten Käufer vom Eigentum abgesondert veräußert wurde, handelt es sich sohin um ein rechtsgültig begrundetes, selbständiges dingliches Recht, welches als eine unregelmäßige, persönliche Dienstbarkeit zuwerten ist (vgl. Klang[2] II S. 251). Wenngleich diese Fischereirechte nur in einzelnen Landesgesetzen (z. B. § 5 Burgenland, § 2 Tirol) ausdrücklich als vererblich und veräußerlich bezeichnet werden, kann der Auffassung des Berufungsgerichtes nicht gefolgt werden, daß eine Ausnahme von der für persönliche Servituten im § 529 ABGB. normierten Unvererblichkeit in Oberösterreich nicht anzunehmen sei. Der Oberste Gerichtshof tritt vielmehr der auch von Adamovich (Handbuch des österreichischen Verwaltungsrechtes 1953, Bd. II, S. 183) sowie von Kindler (JBl. 1960 S. 330 ff.) vertretenen Auffassung bei, daß die vom Eigentum abgesonderten Fischereirechte, welche sohin keine Grunddienstbarkeit darstellen, schon gewohnheitsrechtlich frei veräußerlich und vererblich sind. Daß dies nicht auch für Oberösterreich gelten sollte, ist nicht erfindlich.

Zwar kann dem Kaufvertrag vom 23. April 1928, laut welchem das den Erben nach Wilhelm P. zustehende, von letzterem käuflich erworbene Fischereirecht an das Ehepaar Max und Hedwig G. veräußert wurde, nicht mit hinlänglicher Sicherheit entnommen werden, ob das Fischereirecht als ein mit dem Eigentum an der verkauften Liegenschaft EZ. 8, KG. W., verbundenes Recht, sohin als eine schon damals bestehende Grunddienstbarkeit oder als eine vom Gründeigentum losgelöste Dienstbarkeit veräußert wurde. Sowohl im Falle der Veräußerung als Grunddienstbarkeit als auch der Veräußerung einer unregelmäßigen persönlichen Dienstbarkeit wäre aber entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes zur Übertragung derselben die Zustimmung des Eigentümers des dienenden Gutes (hier der öffentlichen Hand) nicht erforderlich gewesen (vgl. Klang[2] II S. 566), so daß die Kaufverträge jedenfalls einen zur Erwerbung der Dienstbarkeit tauglichen Rechtsgrund bilden (§§ 316, 372 ABGB.). Da das von der klagenden Partei im Jahre 1958 erworbene, nicht verbücherte öffentliche Gut eine Einverleibung von Dienstbarkeiten bis zum Zeitpunkt der Einbücherung überhaupt nicht zuließ, kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes der ansonsten zugunsten des Tabularerwerbers wirkende Vertrauensgrundsatz (§ 1500 ABGB.) auf den vorliegenden Fall nicht zur Anwendung gelangen. Allerdings ist die klagende Partei nur dann gehalten, die seitens der Beklagten in Anspruch genommenen Fischereirechte gegen sich gelten zu lassen, wenn diese zumindest ihren redlichen, rechtmäßigen und echten Rechtsbesitz nachzuweisen in der Lage sind, wenn den Beklagten also selbst unter Erbringung des Nachweises, daß sie den Rechtsbesitz an der Servitut vertragsmäßig erlangt haben, gegen den bücherlichen Eigentümer in Analogie des § 372 ABGB. jedenfalls die publizianische Servitutenklage zugestanden wäre (vgl. Klang[2] zu § 523 II S. 600). Diese Voraussetzung trifft jedoch vorliegend zu, da nach den Verfahrensergebnissen gegen die Rechtmäßigkeit der Übertragung des gegenständlichen Fischereirechtes zuletzt an die Beklagten kein Einwand besteht. Da die Beklagten den Rechtsbesitz an Fischereirecht durch Vertrag erlangt haben, ergibt sich daraus auch die Echtheit und die zu vermutende (§ 328 ABGB.) Redlichkeit des Besitzerwerbes (§ 372 ABGB.). Dem vertraglich erworbenen Fischereirecht der Beklagten, von welchem die klagende Partei durch Einsichtnahme in den Fischereikataster unschwer Kenntnis erlangen konnte, muß daher dieser gegenüber Rechtswirksamkeit zuerkannt werden.

Wenn die klagende Partei ihr negatives Feststellungsbegehren auch darauf stützt, daß das gegenständliche Gewässer schon seit langem keine Fische mehr führe, so ist dieser Klagsgrund schon aus rechtlichen Gründen verfehlt, da selbst ein Aussterben der Fische in dem stillgelegten Teil des alten Mühlbaches dem im § 525 ABGB. behandelten Untergang der dienstbaren Sache nicht gleichgesetzt werden kann. Dies, zumal eine Umgestaltung des gegenständlichen Gewässers, welche die weitere Ausübung der Fischereirechte unmöglich machen würde, nicht behauptet wurde. Es könnte aber auch aus dem Umstand, daß das Gewässer schon seit langem keine Fische mehr führt, die Unmöglichkeit der Ausübung des Fischereirechtes schon deswegen nicht abgeleitet werden, weil das unbestritten vorhandene Gewässer jederzeit die Möglichkeit eröffnet, Fische neu einzusetzen und dortselbst zu halten.

Demnach erscheint die Rechtssache schon auf Grund der vorliegenden Verhandlungsergebnisse spruchreif, womit auch eine Erörterung des zu

b) gestellten Begehrens zu entfallen hat.

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