OGH 6Ob106/12z

OGH6Ob106/12z22.6.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. A***** S*****, vertreten durch Hasberger Seitz & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei B***** GesmbH, *****, vertreten durch Haslinger/Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, und der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei Dr. V***** H*****, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Anfechtung von Generalversammlungsbeschlüssen, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 2. April 2012, GZ 4 R 187/11i-14, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Revision legt weder dar, welche Tatsachen und Beweismittel das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt haben soll, zu denen sich die Beteiligten nicht äußern konnten, noch zeigt sie andere Gründe ihrer Anregung auf, die „Nichtigkeit des Verfahrens“ von Amts wegen zu beachten.

2. Der Inhalt der gesellschafterlichen Treuepflicht lässt sich nicht allgemein umschreiben. Ob ein bestimmtes Verhalten eines Gesellschafters gegen seine Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft oder gegenüber Mitgesellschaftern verstößt, hängt vielmehr von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab, sodass es sich dabei regelmäßig um keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO handelt (6 Ob 37/08x; 6 Ob 49/09p; RIS-Justiz RS0060175 [T3]).

3. Von einer gegen die guten Sitten verstoßenden missbräuchlichen Rechtsausübung kann nur gesprochen werden, wenn demjenigen, der sein Recht ausübt, jedes andere Interesse abgesprochen werden muss, als eben das Interesse, dem anderen Schaden zuzufügen. Besteht ein begründetes Interesse des Rechtsausübenden, einen seinem Recht entsprechenden Zustand herzustellen, wird die Rechtsausübung nicht schon dadurch zu einer missbräuchlichen, dass der sein Recht Ausübende unter anderem auch die Absicht verfolgt, mit der Rechtsausübung dem anderen Schaden zuzufügen (RIS-Justiz RS0026271). Da demjenigen, der an sich ein Recht hat, grundsätzlich zugestanden werden soll, dass er innerhalb der Schranken dieses Rechts handelt, geben selbst geringe Zweifel am Rechtsmissbrauch zugunsten des Rechtsausübenden den Ausschlag (RIS-Justiz RS0026271 [T26]).

5. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die in der Generalversammlung der beklagten Partei vom 18. 2. 2011 beschlossenen Weisungen an den Geschäftsführer, bestimmte Ansprüche der Gesellschaft gegen die Klägerin geltend zu machen, beruhten weder auf einer treuwidrigen noch auf einer rechtsmissbräuchlichen Rechtsausübung der Nebenintervenientin, weil die Leistungen der Gesellschaft an die Klägerin gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 82 GmbHG) verstoßen könnten und diese Auffassung nicht willkürlich sei, ist jedenfalls vertretbar. Zu der Einschätzung eines möglichen Verstoßes gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr war schließlich auch der Wirtschaftsprüfer der beklagten Partei gekommen.

Zutreffend ist die Beurteilung der Vorinstanzen, dass die Berechtigung eines Anspruchs der beklagten Partei gegen die Klägerin wegen Verstoßes gegen § 82 GmbHG und damit die Behauptung der Klägerin, sie sei an einer Leistungserbringung von der beklagten Partei gehindert worden, im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen ist (vgl 6 Ob 169/09k).

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