Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Vorinstanzen sind von folgendem Sachverhalt ausgegangen:
Der Verstorbene hat keine letztwillige Verfügung hinterlassen. Gesetzliche Erben sind die Witwe, eine Tochter aus erster Ehe, eine uneheliche Tochter und der noch minderjährige Sohn aus zweiter Ehe. Für diesen wurde ein Kollisionskurator bestellt. In die Verlassenschaft fallen mehrere Liegenschaften. Es bestehen erhebliche Pfandbelastungen. Es liegen Forderungsanmeldungen zahlreicher Gläubiger in Millionenhöhe vor. In der Tagsatzung des Gerichtskommissärs vom 4. 10. 1999 waren alle Verfahrensbeteiligten anwesend. Sie sind sich einig, dass die Witwe zu einem Drittel und die Kinder zu je 2/9 des Nachlasses als Erben berufen erscheinen. Die Beteiligten behielten sich im Hinblick auf die allfällige Überschuldung des Nachlasses Erbserklärungen vor. Die Witwe gab am 17. 11. 1999 unter Vorbehalt der Ausdehnung der Quote zu einem Drittel des Nachlasses eine bedingte Erbserklärung ab, beantragte deren Annahme zu Gericht und stellte darüber hinaus den Antrag, ihr die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses einzuräumen. Die Kinder des Verstorbenen haben noch keine Erbserklärung abgegeben.
Mit dem Beschluss vom 30. 12. 1999 nahm das Erstgericht die Erbserklärung der Witwe zu Gericht an und wies ihren Antrag auf Einräumung der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses ab.
Mit dem Beschluss vom 28. 1. 2000 bestellte das Erstgericht einen Rechtsanwalt zum Verlassenschaftskurator.
Das Erstgericht ging davon aus, dass vor Abgabe der Erbserklärungen der Miterben eine Überlassung der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses an die Witwe nicht in Frage komme.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Witwe gegen die beiden angeführten Beschlüsse nicht Folge. Aus der Formulierung "dem Erben" im § 145 AußStrG ziehe die ständige Rechtsprechung den Schluss, dass die Überlassung der Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft an einen Erben grundsätzlich nur dann möglich sei, wenn entweder nur ein Erbe vorhanden sei oder bei Vorhandensein mehrerer Miterben diese verlangten, dass ihnen als Gesamtheit oder einem der Miterben die Besorgung und Verwaltung übertragen werden solle. Mehrere Erben würden gemäß § 550 ABGB in Ansehung des gemeinschaftlichen Erbrechts vor der Einantwortung für eine Person angesehen werden. Die Miterben bildeten eine Rechtsgemeinschaft. Gegen den Willen eines oder mehrerer Miterben könne einem einzelnen Miterben die Verwaltung nicht übertragen werden, weil damit den Miterben Rechte genommen werden würden. Einer Entscheidung des Landesgerichtes für ZRS Wien Wien (EFSlg 70.509), mit der die Überlassung der Verwaltung an einen Erbansprecher zu zwei Dritteln ausgesprochen worden sei, sei die oberstgerichtliche Rechtsprechung entgegenzuhalten, dass Erben mit der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses nicht mehr Rechte eingeräumt werden dürften, als ihnen nach der Einantwortung zukommen sollten (SZ 56/123). Mit der Überlassung des Verwaltungsrechtes betreffend den Gesamtnachlass würde in die Verwaltungsbefugnisse der noch nicht erbserklärten Erbanwärter eingegriffen werden. Die Witwe würde mehr erhalten, als sie im Fall der Einantwortung erhalten könnte. Es sei bisher noch keinem der Verfahrensbeteiligten eine Frist zur Abgabe einer Erbserklärung gesetzt worden. Die längstmögliche Frist nach § 118 AußStrG sei noch nicht abgelaufen. Der minderjährige Sohn des Erblassers sei erst auf Grund des Beschlusses vom 30. 12. 1999 durch einen Kollisionskurator vertreten und nicht in der Lage gewesen, eine Erbserklärung abzugeben.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000 S übersteige und dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Mit ihrem ordentlichen Revisionsrekurs beantragt die Witwe die Abänderung dahin, dass ihrem Antrag auf Einräumung der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses stattgegeben und ferner die Bestellung des Verlassenschaftskurators ersatzlos behoben werde.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Die Witwe nimmt ihr gesetzliches Erbrecht in Anspruch und hat die bedingte Erbserklärung zu einem Drittel des Nachlasses abgegeben. Die drei Kinder als potentielle Miterben haben noch keine Erbserklärung (§ 805 ABGB) abgegeben, auch keine negative (Erbsentschlagung). Mehrere Erben werden in Ansehung ihres gemeinschaftlichen Erbrechts für eine Person angesehen (§ 550 ABGB). Einem von mehreren Miterben kann die Besorgung und Benützung (Verwaltung) der Verlassenschaft (§ 810 ABGB; § 145 AußStrG) nur mit Zustimmung der übrigen und grundsätzlich nicht gegen den Willen der anderen Miterben überlassen werden (Eccher in Schwimann, ABGB2 Rz 5 zu § 810 mwN). Die Miterben bilden eine Verwaltungsgemeinschaft zur ungeteilten Hand (SZ 49/148; 6 Ob 2332/96a, 2333/96y). Die Überlassung der Verwaltung an einen Miterben wurde nur in besonderen - hier nicht vorliegenden - Ausnahmefällen zugelassen (im Falle eines Praelegats: SZ 49/148 oder einer Anerbenbestellung: RZ 1973/8). Im Abhandlungsverfahren kommt den berufenen Erben erst mit der Abgabe der Erbserklärung Parteistellung zu, oder doch zumindest erst dann, wenn ein aktives Interesse am Erbantritt bekundet wurde (EFSlg 55.420, EFSlg 61.284). Ein solches Interesse haben die erbberechtigten Kinder hier noch nicht bekundet (sie behalten sich eine Erbserklärung im Hinblick auf die Schulden des Erblassers vor). Im derzeitigen Verfahrensstadium liegt also weder eine Zustimmung noch ein Widerspruch zum Antrag der Witwe auf Überlassung der Verwaltung des Nachlasses vor. Sie stützt ihren Anspruch im Wesentlichen auf den Umstand, dass nur sie eine Erbserklärung abgegeben hat, dass sie also mangels erbserklärter Miterben im Ergebnis wie ein einziger vorhandener Erbe zu behandeln wäre und daher kein Anlass bestünde, einen Dritten zum Kurator zu bestellen. Dem steht jedoch der vom Rekursgericht zutreffend zitierte, in ständiger Rechtsprechung vertretene Rechtssatz entgegen, dass das vorläufig einzuräumende Verwaltungsrecht nicht weitergehend sein darf als das mit der Einantwortung künftig erreichbare Vollrecht (SZ 56/123; 6 Ob 2104/96x). Dieses Vollrecht wird im Miteigentum im Ausmaß der Erbquote der Witwe bestehen. Auch dann wird der Witwe also kein unbeschränktes Verwaltungsrecht zustehen. Anders läge der Fall, wenn sich die Witwe zum gesamten Nachlass erbserklärt hätte, was im Hinblick auf die materielle Rechtslage nach § 757 Abs 1 letzter Satz ABGB und die fehlenden Erbserklärungen der Kinder denkbar wäre. Nach der zitierten Gesetzesstelle erhält der Ehegatte den ganzen Nachlass, wenn weder gesetzliche Erben der ersten oder der zweiten Linie noch Großeltern vorhanden sind. Unter dem Begriff "Vorhandensein" versteht die Lehre ua auch die Fälle des Erbverzichts oder der Erbentschlagung und stelllt sie dem Vorversterben gleich (Eccher aaO Rz 4 zu § 757; Weiß in Klang2 III 773 und 775). Wenn sich die Witwe auf ein alleiniges Erbrecht beruft und die präsumtiven Miterben dagegen nicht auftreten, könnte die Überlassung der Verwaltung an die allein erbserklärte Erbin schon wegen der Säumigkeit der bekannten Miterben mit ihren Erbserklärungen in Betracht kommen. Diese Säumigkeit setzt aber voraus, dass die gesetzlichen Vorschriften über die Abgabe der Erbserklärungen im Interesse der Erbanwärter auch eingehalten wurden. Das Rekursgericht hat (hilfsweise) die fehlende Fristsetzung zur Abgabe der Erbserklärungen als Hindernis für eine Überlassung der Verwaltung des Nachlasses an die Witwe angesehen. § 115 AußStrG sieht eine Fristsetzung für die in der Regel schriftlich anzubringende Erbserklärung vor, diese Frist kann aus erheblichen Gründen verlängert werden (Bedenkzeit des § 118 AußStrG). Nach § 116 Abs 1 AußStrG sind allerdings schon in der Tagsatzung vor dem Gerichtskommissär die Erbserklärungen abzufordern. § 120 Abs 1 AußStrG sieht zur Erzwingung dieser Erklärung für den Vertreter minderjähriger oder unter Kuratel stehender Erben angemessene Zwangsmittel vor. Zumindest beim minderjährigen Erben würde hier mit einer Überlassung der Verwaltung des Nachlasses an die Witwe vor Durchführung des Verfahrens nach § 120 Abs 1 AußStrG in die Rechte des Kindes eingegriffen werden, weil eine einmal erfolgte spätere Erbserklärung nach ständiger Judikatur nicht abgeändert werden könnte (1 Ob 209/98m), der Minderjährige also sein Recht auf Teilnahme an der vorläufigen Verwaltung bis zur Einantwortung verlöre. Eine Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur Verfahrensergänzung ist aber aus dem schon angeführten Grund entbehrlich, dass der bloß mit der gesetzlichen Quote erbserklärten Witwe die unbeschränkte volle Verwaltung auch dann nicht überlassen werden kann, wenn die möglichen Miterben keine Erbserklärungen abgegeben haben und ihnen deswegen keine Beteiligtenstellung im Abhandlungsverfahren zukommt. Im Falle der Säumigkeit mit der Anbringung von Erbserklärungen ist bei gebotenen Vorkehrungen für die Verlassenschaft ein Verlassenschaftskurator zu bestellen (§ 128 AußStrG iVm §§ 78 und 120 AußStrG). Aus dem Gesetzeswortlaut des § 128 AußStrG kann für den Standpunkt der Revisionsrekurswerberin nichts abgeleitet werden. Der Abhandlungskurator ist zu bestellen und mit dem allein erbserklärten Erben die weitere Abhandlung durchzuführen. § 145 ABGB ist - wie das Rekursgericht richtig erkannte - dahin auszulegen, dass die Besorgung und Verwaltung nur einem erbserklärten Erben, der sein alleiniges Erbrecht ausgewiesen hat oder aber der Miterbengemeinschaft insgesamt ungeteilt überlassen werden kann, es sei denn, die erbserklärten Miterben stimmten der alleinigen Verwaltung eines Miterben zu. In Ermangelung von Erbserklärungen der Kinder liegt ein solcher Fall hier nicht vor.
Ob allenfalls die erbserklärte Witwe anstelle des bereits bestellten Rechtsanwaltes zum Verlassenschaftskurator bestellt werden könnte, war vom Obersten Gerichtshof nicht zu prüfen.
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