OGH 6Ob1028/95

OGH6Ob1028/9525.10.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Redl, Dr.Schiemer, Dr.Schinko und Dr.Prückner als weitere Richter in der gesellschaftsrechtlichen Angelegenheit des Antragstellers Univ.Prof.Dr.Kurt H*****, vertreten durch Dr.Franz J. Salzer, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin P*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Braunegg, Hoffmann & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen § 166 HGB, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 28. Februar 1995, AZ 6 R 136/94 (= 703 Fr 12.599/94y-5 des Handelsgerichtes Wien), in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 16 Abs 3 AußStrG iVm §§ 508a Abs 2 und 510 ZPO).

Text

Begründung

Einzige im Firmenbuch eingetragene Kommanditistin der *****gesellschaft mbH & Co KG (im folgenden *****KG genannt) ist die ***** Bank Aktiengesellschaft ***** (im folgenden nur Bank genannt) mit einer Hafteinlage von S 224 Mio. Einzige Gesellschafterin der Komplementärgesellschaft der KG ist die *****unternehmensbeteiligungs AG (die nach den Angaben des Antragstellers im Alleineigentum der Bank stehen soll, also deren 100 %ige Tochtergesellschaft sei).

Die Bank hatte in Prospekten um Beteiligungen an der *****-KG des Inhaltes geworben, daß sich Anleger an der KG (als sogenannter Publikumsgesellschaft) als Kommanditisten beteiligen könnten, wobei nach den vorgeschlagenen, abzuschließenden Treuhandverträgen die Bank als Treuhänderin für die Anleger deren Anteile halten und gegenüber den Anlegern zu gewissen Informationen verpflichtet sein sollte (P 6. des Treuhandvertrages). Der Antragsteller beteiligte sich unter Abschluß eines Treuhandvertrages an der Kommanditgesellschaft mit einer Einlage von S 2 Mio. Nach den Vertragsbestimmungen über das Treuhandverhältnis (P 3.2. des Treuhandvertrages) wird der Treuhänder vom Treugeber unwiderruflich ermächtigt, nach eigenem Ermessen unter Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns die Rechte aus der Kommanditbeteiligung auszuüben.

Rechtliche Beurteilung

Der Antragsteller machte beim Firmenbuchgericht gegenüber der Komplementärgesellschaft Rechte eines Kommanditisten gemäß § 166 HGB geltend. Völlig zutreffend hat das Rekursgericht darauf verwiesen, daß (im Außenverhältnis) nur die Bank als Treuhänderin Kommanditistin der Kommanditgesellschaft sei. Der abgeschlossene Treuhandvertrag bewirkt, daß nur die Bank, nicht aber der Antragsteller Kommanditist der Antragsgegnerin ist. Die hier vorliegende Form der Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft ist in Lehre und Rechtsprechung anerkannt. Für den eigentlichen Geldgeber tritt ein Treuhänder als Kommanditist in die KG ein, dieser allein ist gegenüber der Gesellschaft und den Gesellschaftsgläubigern aus dem Kommanditverhältnis berechtigt und verpflichtet. Zwischen der Gesellschaft und dem Treugeber besteht keine Rechtsbeziehung (GesRZ 1992, 130 mwN). Dagegen führt der Revisionsrekurswerber die "materielle Identität" der Bank als Kommanditistin und der Komplementärgesellschaft ins Treffen, verweist auf die Unzulässigkeit des Selbstkontrahierens und den Umstand, daß die Bank den Geschäftsführern der Komplementärgesellschaft Weisungen erteilen könne. Dazu ist folgendes auszuführen:

Es ist zulässig und kommt im Wirtschaftsleben häufig vor, daß die Gesellschafter der Komplementärgesellschaft mbH zugleich Kommanditisten der KG sind (HS 9211), es ist auch möglich, daß der einzige Kommanditist einziger Gesellschafter der Gesellschaft mbH ist, also eine "Einmann-GmbH & Co KG" vorliegt (Kastner-Doralt-Nowotny, GesR5 158; Koppensteiner in Straube HGB2 Rz 14 zu § 161). Es ist zwar nicht möglich, daß nur eine Person eine KG bildet (HS 9213), hier existieren aber zwei Rechtssubjekte, nämlich die Komplementärgesellschaft mbH und eine Kommanditistin, mag letzterer auch wegen ihrer Eigenschaft als Alleingesellschafterin der erstgenannten (richtig: wegen der Alleingesellschaftereigenschaft ihrer Tochtergesellschaft) die alleinige Willensbildung in beiden Gesellschaften zukommen. Von einem unzulässigen Selbstkontrahieren kann wegen dieser wirtschaftlichen und im Innenverhältnis der beiden Gesellschaften wirkenden Verfügungsmacht aber keine Rede sein.

Die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse der KG führen auch nicht dazu, daß der Treuhandvertrag als Bevollmächtigungs- und Mandatsvertrag aufzufassen wäre. Es trifft zwar zu, daß der Bank als Kommanditistin die Kontrollrechte nach § 166 HGB gegen die Komplementärgesellschaft zustehen, deren einziger Gesellschafter eine Tochtergesellschaft der Kommanditistin ist. Daraus allein kann aber noch nicht abgeleitet werden, daß die Bank die Kontrollrechte "gegen sich selbst" auszuüben hätte. Gesellschaftsrechtliche Verflechtungen zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft ändern nichts am Umstand, daß zwei verschiedene Rechtssubjekte mit wechselseitigen Rechten und Pflichten vorliegen. Davon abgesehen ist es nicht ersichtlich, inwiefern die angeführte Verflechtung auf den Inhalt des Treuhandvertrages im Sinne einer Umdeutung in einen Bevollmächtigungs- und Mandatsvertrag von Einfluß sein könnte. Nach dem klaren Wortlaut der Vereinbarung ist von einem Treuhandvertrag mit der Bank als Treuhänderin auszugehen, die die Rechte aus der Kommanditbeteiligung des Antragstellers mit einer bestimmten obligatorischen Zweckbindung gegenüber dem Treugeber auszuüben hat. Vor erfolgreicher Anfechtung dieses Treuhandvertrages im Prozeß (etwa wegen Irrtums) oder vor der im Vertrag vorgesehenen Kündigung oder Auflösung des Treuhandverhältnisses ist (nur) der Treuhänder im Besitz des Vollrechtes (Koziol/Welser Grundriß I10 179; GesRZ 1992, 130). Daß die Kommanditistin ihre Treuhandfunktion nur ausüben könnte, wenn die Komplementärgesellschaft in ihrer Willensbildung von der Kommanditistin unabhängig wäre, vermag der Rekurswerber nicht näher zu begründen. Auf den Abschluß eines Bevollmächtigungs- und Mandatsvertrages war der Parteiwille bei Begründung des Treuhandverhältnisses jedenfalls nicht gerichtet. Schon deswegen muß die angestrebte Umdeutung der nach den Vertragsbestimmungen eindeutig als Treuhandvertrag zu verstehenden Vereinbarung über die Beteiligung des Antragstellers an einer Publikumskommanditgesellschaft scheitern.

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