OGH 6Ob100/15x

OGH6Ob100/15x29.6.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. G. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** O*****, vertreten durch Dr. Andreas Wippel, Rechtsanwalt in Neunkirchen als Verfahrenshelfer, und der Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Heinz Stöger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. W***** K*****, sowie 2. M***** K*****, beide *****, beide vertreten durch Schenz & Haider Rechtsanwälte OG in Mödling und der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Parteien Mag. E*****‑GmbH *****, vertreten durch Dr. Gustav Etzl, Rechtsanwalt in Wien, wegen 1.050.904,28 EUR sA und Feststellung (Streitwert 25.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 18. März 2015, GZ 13 R 209/13w‑196, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0060OB00100.15X.0629.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Lösung der Frage, ob unter den konkreten Umständen des Einzelfalls der Anscheinsbeweis geführt werden kann, kommt keine erhebliche Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zu, zumal es nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofs sein kann, in jedem Fall, in dem behauptet wird, dass ein bestimmter allgemein bekannter Erfahrungssatz bestehe, dazu in der Sache Stellung zu nehmen (RIS‑Justiz RS0022624 [T8]). Ob nach den festgestellten Umständen ein Tatbestand vorliegt, der eine Verschiebung des Beweisthemas und der Beweislast im Sinn des sogenannten Anscheinsbeweises zulässt, ist zwar nach herrschender Ansicht eine Rechtsfrage. Der Lösung dieser Frage kommt allerdings im Hinblick auf die Vielzahl denkbarer Fälle in der Regel keine erhebliche Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zu (RIS‑Justiz RS0040196 [T15]).

Die Argumentation des Klägers, eine Beweisführung könne von ihm billigerweise nicht erwartet werden, da es sich um Umstände handle, die vor und auch noch nach dem Unternehmenskauf in der Sphäre der Beklagten gelegen wären, sodass eine Beweislastumkehr einzutreten hätte, geht schon deshalb ins Leere, weil der Kläger nah den Feststellungen der Vorinstanzen ab März 2004 die Liquidität des Unternehmens und Saldenlisten auswertete, ab diesem Zeitpunkt auch einen Arbeitsplatz im Unternehmen hatte und sich unter anderem auch mit Lohnkosten und Buchhaltungsunterlagen sowie Unterlagen über Umsätze befasste.

Der bloße Umstand, dass eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur einem vergleichbaren Sachverhalt fehlt, bedeutet keineswegs, dass die Entscheidung von der Lösung einer im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage abhängt. Besonderheiten der Fallgestaltung schließen eine richtungweisende, die Rechtsentwicklung vorantreibende und für zukünftige Entscheidungen nutzbringende Judikatur des Obersten Gerichtshofs tendenziell aus (RIS‑Justiz RS0102181).

Im Übrigen weicht die Rechtsrüge teilweise vom festgestellten Sachverhalt ab (vgl RIS‑Justiz RS0043312), änderte sich doch nach den Feststellungen die finanzielle Lage des Unternehmens im ersten Halbjahr 2004 nicht wesentlich; außerdem leisteten die Beklagten nach der ausdrücklichen Vereinbarung gerade keine Gewähr für einen bestimmten Vermögensstatus der Gesellschaft, einen bestimmten Wert oder bestimmte Erträge.

Auch die behaupteten sekundären Feststellungsmängel liegen nicht vor. Auf die behauptete Krisensitzung ging das Berufungsgericht in seiner Entscheidung ohnedies ein. Ein in zweiter Instanz verneinter (primärer) Verfahrensmangel ist in dritter Instanz nicht mehr anfechtbar (RIS‑Justiz RS0042963).

Zusammenfassend bringt die Revision somit keine Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass diese spruchgemäß zurückzuweisen war.

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