OGH 6Nc12/15i

OGH6Nc12/15i12.6.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm und Dr. Gitschthaler in der Rechtssache der klagenden Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Ruggenthaler, Rest & Borsky Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei W***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Johannes Öhlböck, Rechtsanwalt in Wien, wegen 67.647,41 EUR sA über den Delegierungsantrag der beklagten Partei im Verfahren AZ 13 Cg 23/15p des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz zurückgestellt.

Begründung

Die Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von 67.647,41 EUR aus einer zwischen den Streitteilen bestehenden Geschäftsbeziehung. Im fristgerecht gegen den vom Erstgericht erlassenen Zahlungsbefehl erhobenen Einspruch stellte die Beklagte einen ‑ auf § 31 JN gestützten ‑ Delegierungsantrag an das Handelsgericht Wien. In ihrer Äußerung vom 28. 5. 2015 erklärte daraufhin die Klägerin, sich nicht gegen den Delegierungsantrag auszusprechen.

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor und befürwortete die beantragte Delegierung.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof ist zur Entscheidung funktionell nicht zuständig.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (vgl die Nachweise in RIS‑Justiz RS0107486) hat das Gericht erster Instanz gemäß § 31a Abs 1 JN die Sache einem anderen Gericht gleicher Art zu übertragen, wenn die Parteien dies spätestens zu Beginn der mündlichen Streitverhandlung übereinstimmend beantragen. Der Gesetzgeber hat mit der Regelung des § 31a JN dem Grundsatz der Vermeidung überflüssigen Verfahrensaufwands im Falle eines gemeinsamen Antrags der Parteien die Priorität vor den sonst bei der Delegierung nach § 31 JN erforderlichen Zweckmäßigkeitserwägungen eingeräumt. Im Fall eines gemeinsamen Parteienantrags lässt § 31a Abs 1 JN unabhängig von der Begründetheit dieses Antrags keinen Raum mehr für Zweckmäßigkeitsprüfungen. Das Gericht erster Instanz hat bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 31a Abs 1 JN im Sinn des Parteienantrags zu entscheiden. Eine Delegierung nach § 31a JN ist auch dann zulässig, wenn der übereinstimmende Antrag der Parteien in zwei getrennten Schriftsätzen erfolgt.

Auch wenn § 31a Abs 1 JN von übereinstimmenden Anträgen spricht, hat der Oberste Gerichtshof das Vorliegen dieser Voraussetzung auch in Fällen bejaht, in denen eine Partei dem Delegierungsantrag der gegnerischen Partei bloß zugestimmt (etwa 9 Nc 11/11h) oder sich mit dem Antrag einverstanden erklärt hatte (etwa 8 Nd 3/00; 3 Nc 3/11p). Nichts anderes kann aber gelten, wenn die gegnerische Partei (wie hier die Klägerin) erklärte, sich nicht gegen den Delegierungsantrag auszusprechen; auch damit bekundete sie ja ihr Einverständnis.

Zur Entscheidung über den Antrag der Beklagten ist deshalb das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz berufen.

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