OGH 5Ob8/90

OGH5Ob8/9026.6.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Friederike A***-K***, Wien 1, Kramergasse 3, vertreten durch Dr. Arnulf Hummer, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1) Dr. Kurt B***, 2) Irma S***, beide Wien 1, Bauernmarkt 8, 3) Dr. Ing. Robert K***, Wien 18, Pötzleinsdorfer Straße 94, 4) Dr. Gerhard H***, Rechtsanwalt, Wien 1, Kramergasse 3/22, 5) Eva W***, Wien 1, Kramergasse 3,

6) W*** DER A***, Wien 1, Bauernmarkt 8, 7) Johanna Z***, Wien 1, Rotenturmstraße 1-3, 8) Rudolf K***, Wien 21, Josef Wakovksy-Gasse 11, 9) Mag Josef K***, Architekt, Wien 2, Paffrathgasse 6, 10) Antonia P***, Wien 5, Schußwallgasse 5,

11) Thomas D***, Wien 1, Ertlgasse 4, und 12) Dr. Berthold S***, Wien 1, Mahlerstraße 3, die unter 1), 6) und 10) genannten Antragsgegner vertreten durch den zu 4) angeführten Antragsgegner, und weitere Miteigentümer als Beteiligte, wegen § 26 Abs 1 Z 5 WEG infolge Revisionsrekurses der unter 1), 4), 6) und 10) genannten Antragsgegner gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 31. Oktober 1989, GZ 48 R 310/89-8, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 6. März 1989, GZ 48 Msch 53/88-5, unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden als nichtig aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung und neuen Entscheidung zurückverwiesen.

Text

Begründung

Die Antragstellerin begehrte in ihrer Eigenschaft als Miteigentümerin von Anteilen an der Liegenschaft EZ 100 Grundbuch 01004 Innere Stadt, mit welchen Wohnungseigentum an drei Wohnungen auf der zweiten Stiege dieser Liegenschaft verbunden ist, unter Hinweis auf die Bestimmungen der §§ 19 Abs 2 Z 2 und 3 iVm § 26 Abs 1 Z 5 WEG die Festsetzung eines der unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeit entsprechenden Verteilungsschlüssel hinsichtlich der Aufwendungen für die Garagen auf der gemeinsamen Liegenschaft. Die Belastung der Miteigentümer mit diesen Aufwendungen nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile entspräche nicht dem Verhältnis der Nutzungsmöglichkeit der Miteigentümer. Die vorhandenen 14 Garagenplätze seien nicht ins Wohnungseigentum vergeben, sondern als allgemeine Teile der Liegenschaft belassen worden; den Antragsgegnern seien unentgeltliche obligatorische Nutzungsrechte an den Garagenplätzen eingeräumt worden. Die Aufteilung der mit dem Betrieb und der Instandhaltung der Garagenplätze verbundenen Kosten auf alle Miteigentümer der Liegenschaft nach ihren Anteilen sei daher unbillig.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Der vorgebrachte Sachverhalt vermöge das Begehren nicht zu tragen, weil eine Garage nicht als Anlage iS des § 19 Abs 1 Z 1 WEG angesehen werden könne. Die der Antragstellerin ungünstige Vereinbarung über die Nutzungsrechte einzelner Miteigentümer sei auf diesem Weg nicht korrigierbar. Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs der Antragstellerin Folge, hob den erstgerichtlichen Sachbeschluß auf und verwies die Rechtssache unter Beisetzung eines Rechtskraftvorbehaltes an das Erstgericht zurück. Garagen könnten entgegen der Auffassung des Erstgerichtes von einer Beurteilung unter dem Gesichtspunkt des § 19 Abs 1 Z 1 WEG nicht ausgeschlossen werden. Seien sie wie im vorliegenden Fall, sachenrechtlich allgemeine Teile der Liegenschaft geblieben, dürften sie rechtlich zunächst als der Gemeinschaft zur Verfügung stehende Räumlichkeiten gelten. Das dem Anlagenbegriff des § 19 Abs 1 Z 1 WEG von der Rechtsprechung verliehene Element des Technischen hindere die Einstufung von Garagen als Anlagen nicht. Da der Maßstab für den festzusetzenden Verteilungsschlüssel nur die objektive Unterschiedlichkeit des möglichen Nutzens sei, entbinde der einseitige Verzicht eines Miteigentümers auf die objektiv vorhandene Nutzungsmöglichkeit, auf die ein Recht bestünde, ihn nicht von seiner Beitragspflicht. Die Antragstellerin habe nach ihrem Sachvorbringen aber nicht einseitig auf die Nutzung der Garage verzichtet, sie sei vielmehr durch schuldrechtlich wirkende Verträge mit anderen Miteigentümern im Ergebnis sowohl von der tatsächlichen Nutzung der Gemeinschaftsanlage als auch von der Erzielung anteiligen Entgelts für die Überlassung der Anlage an andere Miteigentümer ausgeschlossen worden; diese unterschiedliche Nutzungsmöglichkeit könne daher nicht in den Bereich der subjektiven Sphäre verwiesen werden. Da das Sachvorbringen der Antragstellerin im Falle seiner Erweislichkeit wohl geeignet sei, ihr Rechtsschutzbegehren zu rechtfertigen, sei der erstgerichtliche Sachbeschluß aufzuheben gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Der von den unter den Punkten 1), 4), 6) und 10) genannten Antragsgegnern gegen diesen Aufhebungsbeschluß erhobene Rekurs ist berechtigt.

Die Rechtsmittelwerber machen mit Recht die Nichtigkeit des Verfahrens geltend. Voraussetzung für die erleichterte Zustellung in Verfahren über Anträge nach § 26 Abs 1 WEG gegen mehr als 6 Miteigentümer der Liegenschaft ist gemäß § 26 Abs 2 Z 7 WEG der Umstand, daß diese Miteigentümer zugleich auch Wohnungseigentümer sind. Diese Voraussetzung trifft zwar bei den Rechtsmittelwerbern und 6 weiteren Antragsgegnern zu, nicht jedoch bei Rudolf K*** und Thomas D***. Diese Antragsgegner sind nur schlichte Miteigentümer der Liegenschaft (vgl Grundbuchsauszug Anteile Nr. 52 und 65). Da das Erstgericht eine Zustellung des Antrages an diese beiden Antragsgegner iS des § 6 AußStrG iVm § 106 ZPO (§ 26 Abs 2 WEG) unterlassen hat, ist mit der Aufhebung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses und des Aufhebungsbeschlusses des Rekursgerichtes vorzugehen. Da im vorliegenden Verfahren das Verbot des Vorbringens von Neuerungen besteht, kann den beiden bisher am Verfahren nicht ordnungsgemäß beteiligten Antragsgegnern nur dadurch Gelegenheit zu einem Sachvorbringen geboten werden, daß das Erstgericht die erforderlichen Zustellungen vornimmt und nach Verfahrensergänzung neu entscheidet.

Es war daher dem Revisionsrekurs in diesem Sinne Folge zu geben.

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