Normen
Außerstreitgesetz §23 Abs2
Außerstreitgesetz §138
Außerstreitgesetz §23 Abs2
Außerstreitgesetz §138
Spruch:
Umfang der gerichtlichen Befugnisse im Ausfolgungsverfahren nach §§ 137 ff. AußStrG.
Entscheidung vom 15. März 1961, 5 Ob 83/61.
I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Das Erstgericht leitete mit Beschluß vom 26. Mai 1956 über das Vermögen der am 14. Jänner 1956 verstorbenen amerikanischen Staatsangehörigen Elisabeth C. das Ausfolgungsverfahren ein und sprach aus, daß die Abhandlung über den in Österreich befindlichen beweglichen Nachlaß den amerikanischen Behörden überlassen werde. Gleichzeitig ordnete es die Sperre des Einlagebuches der A.- Sparkasse Nr. 739.639 an. Das Erstgericht bestellte den Kurator Dr. B. zum "Sicherungskurator".
Das Erstgericht nahm mit Beschluß vom 26. Oktober 1960 den Bericht des Kurators vom 23. März 1960, daß das einzige inländische Vermögen in dem oben angeführten Sparkassenbuch bestehe, das sich als Faustpfand in Händen der Auguste E. befinde, und daß ein Rechtsstreit auf Herausgabe dieses Sparbuches keine Aussicht auf Erfolg habe, zur Kenntnis. Es stellte fest, daß sämtliche zum Nachlaß angemeldeten Forderungen geeignet seien, die Ausfolgung des überschuldeten Nachlasses aufzuhalten. Es wies den Kurator an, das genannte Sparbuch sowie die Fahrnisse im Schätzwert von 120 S von Auguste E. gegen Zusicherung der Befriedigung ihrer Forderung zur Gänze in Empfang zu nehmen, und ermächtigte den Kurator verlassenschaftsbehördlich, trotz der Sperre den Betrag von 9335 S 20 g zu beheben und an Auguste E. zur gänzlichen Befriedigung ihrer Forderung auszufolgen sowie den Betrag von 1500 S zu beheben und zur Befriedigung seiner mit Beschluß vom 21. Jänner 1960 bestimmten Belohnung zu verwenden. Es wies den Kurator an, nach Feststellung der Gerichtsgebühren und deren Begleichung das Einlagebuch mit dem verbleibenden Guthaben zur Sicherung der inländischen Gläubiger bei Gericht zu hinterlegen und die Fahrnisse in sichere Verwahrung zu geben.
Das Rekursgericht hob diesen Beschluß, der in den beiden letzten Punkten nicht angefochten worden war, im übrigen auf.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Kurators Dr. B. und der Verlassenschaftsgläubigerin Auguste E. nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 26. Mai 1956 verfügte das Erstgericht die Sperre des oben näher bezeichneten Einlagebuches. Diese Maßnahme stellt sich als eine Sicherung dieses Nachlaßgegenstandes im Sinne des § 23 Abs. 2 AußStrG. dar. Auf diese Sicherung hatte sich das inländische Gericht zu beschränken. Eine Verfügung über Nachlaßgegenstände, etwa eine Ermächtigung, die Spareinlage ganz oder teilweise zu realisieren, steht dem Erstgericht nicht zu, da es nur im Rahmen der Bestimmungen der §§ 23 Abs. 2 und 138 AußStrG. tätig werden kann. Die in der früheren Entscheidung des Rekursgerichtes vom 30. August 1960 vertretene Rechtsansicht, das Erstgericht habe zu untersuchen, ob die angemeldeten Forderungen geeignet seien, die Ausfolgung des Nachlasses an die ausländische Behörde aufzuhalten, und es sei mit der Ausfolgung bis zur Befriedigung oder Sicherstellung der Forderungen nicht vorzugehen, findet ihre Stütze in § 138 AußStrG. (vgl. NotZ. 1932 S. 137.)
Daß die Gläubiger es unterlassen, den Klageweg zu beschreiten, ist kein Grund, die Befriedigung der Gläubiger durch Maßnahmen des Gerichtes in die Wege zu leiten, die in den Bestimmungen des Gesetzes keine Stütze haben.
Dem vom Erstgericht zur Verwaltung des inländischen Nachlasses bestellten Kurator obliegt es nicht, die Interessen der Gläubiger zu wahren, die ihre Ansprüche durch Klage und Exekutionsführung durchzusetzen in der Lage sind. Er hat den inländischen Nachlaß für die Erben zu erhalten. Nur dieser Aufgabe hat er bei der ihm obliege den Verwaltung des Nachlasses gerecht zu werden (s. NotZ 1932 S. 137).
Sind die angemeldeten Forderungen geeignet, die Ausfolgung des überschuldeten Nachlasses aufzuhalten, dann ist dies nicht in Form eines Beschlusses spruchmäßig festzuhalten, sondern es ist, solange die Forderungen der inländischen Gläubiger weder befriedigt noch sichergestellt sind, die Ausfolgung des inländischen Nachlasses an die ausländische Behörde nicht vorzunehmen. Wie der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung 7 Ob 565/57 ausgesprochen hat, steht es dem inländischen Gericht nicht zu, über das Bestehen von Rechten, die seitens dritter Personen an den dem Erblasser gehörigen Sachen behauptet werden, zu entscheiden. Das Ausfolgungsgericht ist daher auch nicht befugt, die Inhaber dieser Sachen zu veranlassen, die Sachen dem Kurator auszufolgen oder gerichtlich zu deponieren.
Die Entscheidung des Rekursgerichtes entspricht somit dem Gesetz.
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