European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0050OB00077.24W.1114.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Wohnungseigentumsrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 52 Abs 2 WEG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die Parteien sind die Mit- und Wohnungseigentümer einer Liegenschaft.
[2] Gegenstand des Verfahrens ist – soweit für das Revisionsrekursverfahren noch relevant – die Anfechtung des von der Eigentümergemeinschaft gefasstenBeschlusses vom 26. 1. 2022 auf Umsetzung der im näher bezeichneten „3. Planwechsel“ dargestellten baulichen Maßnahmen.
[3] Das Erstgerichterklärte diesen Beschluss für unwirksam.
[4] Das Rekursgericht gab dem Rekurs der im Kopf namentlich genannten Antragsgegner Folge und wies den Antrag ab. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteige, und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu.
Rechtliche Beurteilung
[5] Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller zeigt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf; dieser ist daher zurückzuweisen. Die Begründung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 71 Abs 3 AußStrG).
[6] 1. Die Beschlussanfechtung nach den §§ 24 Abs 6 und 29 WEG (§ 52 Abs 1 Z 4 und 5 WEG) ist von der Dispositionsmaxime getragen (5 Ob 17/21t; RS0108154 [T3]; RS0130835 [jeweils § 24 Abs 6 WEG]). Das Gericht hat sich demnach auf die geltend gemachten Anfechtungsgründe zu beschränken (RS0124149 [T3]).
[7] 2. Die Antragsteller fochten den von der Eigentümergemeinschaft gefassten Umlaufbeschluss auf Umsetzung derim näher bezeichneten „3. Planwechsel“ dargestellten baulichen Maßnahmennur in Bezug auf zwei Aspekte an: die baurechtliche Umwidmung eines Raums ihrer Eigentumswohnung von Schlafzimmer zu Abstellraum und die Verlegung des Standorts der Müllcontainerim Hof. Zum einen habe die Eigentümergemeinschaft ihre Kompetenz überschritten, weil es sich bei diesenMaßnahmen nicht um Verwaltungshandlungen, sondern um wichtige Veränderungen oder Eigentumsverfügungen iSd §§ 828, 834 f ABGB handle. Zum anderen würden die Antragsteller durch die Umsetzung dieser Maßnahmen iSd § 29 Abs 2 Z 1 WEG übermäßig beeinträchtigt.
[8] 3. Das Rekursgericht vertrat – zusammengefasst – die Auffassung, dass die von den Antragstellern inhaltlich bekämpften Maßnahmen im Zusammenhang mit der „Falschbezeichnung“ ihres Schlafzimmers als „Abstellraum“ und der Situierung der Müllcontainer im Innenhof vor ihrem Schlafzimmerfenster keine der im dritten Auswechslungsplan ausgewiesenen Änderungen und deren Umsetzung damit gar nicht Gegenstand des angefochtenen Beschlusses seien. Diese Maßnahmen beruhten vielmehr auf einer früheren bereits baubewilligten Planänderung, die nicht Gegenstand des nunmehr angefochtenen Beschlusses sei und deren wohnungseigentumsrechtliche Wirksamkeit daher in diesem Verfahren nicht zu prüfen sei.
[9] Die im gegebenen Zusammenhang einzige beschlossene Änderung durch den dritten Auswechslungsplan bestehe in einer lediglich geringfügigen Positionsänderung der nun drei statt zwei Müllcontainer, deren geruchs- und schalldämmende Einhausung und der Schaffung eines die Antragsteller entlastenden separaten Zugangs. Darin liege keine übermäßige Beeinträchtigung der Antragsteller iSd § 29 Abs 2 Z 1 WEG, sondern eine objektive Verbesserung gegenüber dem bisherigen Zustand (im Sinn von Baukonsens).
[10] 4. Für die Beurteilung, was konkret Gegenstand des Beschlusses der Eigentümergemeinschaft ist, ist nur der schriftlich zur Kenntnis gebrachte Text des Beschlusses maßgeblich, ein vom Wortlaut nicht gedeckter oder davon abweichender subjektiver Parteiwille der an der Beschlussfassung beteiligten Wohnungseigentümer ist irrelevant (RS0130029). Die in diesem Sinn gebotene objektive Auslegung im Einzelfall wirft in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf.
[11] Eine aus Gründen der Rechtssicherheit ausnahmsweise aufzugreifende Fehlbeurteilung des Rekursgerichts ist hier nicht zu erkennen. Ausgehend davon, dass die von den Antragstellern inhaltlich bekämpften Maßnahmen teils gar nicht Gegenstand des angefochtenen Beschlusses der Eigentümergemeinschaft sind und sie gegen Ansicht des Rekursgerichts zur (Neu‑)Situierung des Müllplatzes inhaltlich nichts vorbringen, ist der gesamten Argumentation der Antragssteller zur Zulässigkeit und Berechtigung ihres Revisionsrekurses die Grundlage entzogen.
[12] 5. Allein aus den Gründen einer Entscheidung kann eine Beschwer nicht abgeleitet werden (RS0043947). Einer der von der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmefälle, in denen eine Beschwer durch die Begründung (und nicht den Spruch) anerkannt wird (wie zB bei Rekursen gegen Aufhebungsbeschlüsse und bei Zwischenurteilen [RS0043947 {T6}; RS0006598 {T23}; RS0041929 {T6, T7}]) liegt hier nicht vor, sodass die Revisionsrekurswerber auch in diesem Zusammenhang keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG aufzeigen.
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