OGH 5Ob5/86

OGH5Ob5/8611.2.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler, Dr.Jensik, Dr.Zehetner und Dr.Klinger als Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin Bankhaus Carl S*** & Co., Schwarzstraße 1, 5020 Salzburg, vertreten durch Dr.Walter Vavrovsky, Dr.Hartmut Ramsauer, Dr.Karl Ludwig Vavrovsky und Dr.Rudolf Wöran, Rechtsanwälte in Salzburg, infolge Revisionsrekurses des betroffenen Liegenschaftsmiteigentümers Andreas P***, Girardigasse 2/20, 1060 Wien, vertreten durch Dr.Axel Friedberg, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 30.Oktober 1985, GZ 33 R 506/85, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 16.Juli 1985, TZ 8627/85, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit dem Beschluß vom 10.Juli 1985, GZ 11 Cg 251/85-2, verfügte das Landesgericht Salzburg als Prozeßgericht in der Rechtssache der Anfechtungsklägerin Bankhaus Carl S*** & Co. gegen die Beklagten Kommerzialrat Karl G*** und Andreas P*** wegen 843.656 S s. A. gemäß § 20 AnfO:

"Zu der EZ 269 des Grundbuches Anif wurde die Anmerkung der Klage 11 Cg 251/85 des Landesgerichtes Salzburg wegen 843.656 S (samt stufenweise berechneter Zinsen und Kosten) hinsichtlich der Andreas P*** gehörigen Hälfte der Liegenschaft EZ 269 bewilligt. Andreas P*** ist auf Grund der Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Salzburg vom 19.4.1985, 1 A 350/83-28, Hälfteeigentümer.

Um den Vollzug wird das Bezirksgericht Salzburg als

Grundbuchsgericht ersucht.

Hievon werden verständigt:

  1. 1.) Dr.Hartmut R***, Rechtsanwalt, 5020 Salzburg, Mozartplatz 4
  2. 2.) Kommerzialrat Karl G***, Alter Markt 2, 5020 Salzburg
  3. 3.) Andreas P***, Schüler, Girardigasse 2/20, 5020 Salzburg
  4. 4.) Landesgericht Salzburg zu 11 Cg 251/85."

    Das ersuchte Bezirksgericht Salzburg als Buchgericht lehnte den Vollzug dieser Anordnung mit der Begründung ab, daß Eigentümer der Liegenschaft EZ 269 des Grundbuches über die Kat.Gem. Anif Maridl G*** zur Gänze sei und Eintragungen nur gegen den eingetragenen Eigentümer vorgenommen werden dürften (§ 21 GBG). Es ordnete gleichzeitig die Löschung der Bleistiftmarke 8627/85 an. Das von der Anfechtungsklägerin angerufene Gericht zweiter Instanz ordnete in Abänderung des Beschlusses des Buchgerichtes an, daß der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 10.Juli 1985, GZ 11 Cg 251/85-2, im Grundbuch zu vollziehen sei. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es im wesentlichen an:

    Im Verlassenschaftsverfahren nach der verbücherten Liegenschaftseigentümerin Maridl G*** (AZ 1 A 350/83 des Bezirksgerichtes Salzburg) sei in der Einantwortungsurkunde vom 19. April 1985, ON 28, u.a. angeordnet worden, daß nach dem Ergebnis der Abhandlung im Grundbuch Anif im Eigentumsblatt der EZ 269 die Einverleibung des Eigentumsrechtes für Dr.Karl G***, geboren am 27. Februar 1927, und Andreas P***, geboren am 25.März 1966, je zur Hälfte zu vollziehen ist. Nach Rechtskraft der Einantwortungsurkunde sei der Verlassenschaftsakt dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern in Salzburg zur Einsichtnahme und Bemessung der Erbschaftssteuer überstellt worden. Der Zeitpunkt der amtswegigen Verbücherung sei noch nicht abzusehen. § 21 GBG lasse Eintragungen nur wider den zu, der zur Zeit des Ansuchens als Eigentümer der Liegenschaft oder des Rechts, in Ansehung deren die Eintragung erfolgen soll, im Grundbuch erscheint oder doch gleichzeitig als solcher einverleibt oder vorgemerkt wird. Das Erstgericht stütze sich offensichtlich auf die ältere, auf einer reinen Wortinterpretation beruhenden Judikatur (NZ 1928, 108; EvBl. 1937/833; NZ 1934, 221), die neuere Judikatur gehe aber von dieser Wortinterpretation ab. So werde z.B. zur Frage der Verfügungsfähigkeit des erbserklärten Erben über Liegenschaften der Verlassenschaft die Meinung vertreten, daß dieser auch während des Abhandlungsverfahrens namens der Verlassenschaft einschreiten kann, und § 145 AußStrG sehe deshalb ausdrücklich vor, daß der Erbe mit Genehmigung des Gerichtes auch Güter veräußern und verpfänden kann, wenn solche Vorkehrungen zur Vermeidung offenbarer Nachteile notwendig sind. Ob dies der Fall sei, habe nicht das Grundbuchsgericht, sondern das Verlassenschaftsgericht zu prüfen (LGZ Wien GrundbRpflSlg. 1962, 329; LGZ Graz GrundbRpflSlg. 1966, 60 ff; KG Wiener Neustadt NZ 1957, 104). Aus der Tendenz dieser Rechtsprechung im Zusammenhang mit den von der Anfechtungsklägerin zitierten Entscheidungen (LG Eisenstadt vom 22.Juli 1959, 3 R 240/59; SZ 24/334) sei zu folgern, daß dann, wenn die Verpfändung von Verlassenschaftsliegenschaften durch den Erben und auch die Exekution von Erbengläubigern auf diese unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt ist, auch die Anmerkung einer Anfechtungsklage gestattet werden müsse, die im Vergleich dazu lediglich einen "äußerst geringfügigen" Eingriff darstelle. Dies umsomehr, als durch die §§ 73 bis 75 der III. TN in Verbindung mit § 24 GBG und der Judikatur dazu Sicherungsschritte bereits vor der Einantwortung akzeptiert werden. Es könne keinesfalls Sinn des § 21 GBG sein, eine "Sperre" des Grundbuches während eines Abhandlungsverfahrens, dessen Dauer doch vorwiegend vom Verhalten des Erben abhänge - er könne etwa die Regelung der Erbschaftssteuerangelegenheit und damit die Erteilung der für die Einverleibung nötigen Unbedenklichkeitsbescheinigung verzögern -, zu bewirken.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz eingebrachte Revisionsrekurs des Anfechtungsbeklagten Andreas P*** ist nicht berechtigt.

Zunächst rügt der Rechtsmittelwerber, das Verfahren sei nichtig, weil ihm der Beschluß des Prozeßgerichtes vom 10.Juli 1985, GZ 11 Cg 251/85-2, bisher nicht zugestellt worden sei, obwohl er in jenem Verfahren Beklagter sei; dieser Beschluß sei deshalb auch noch nicht rechtskräftig und dürfe aus diesem Grunde auch nicht vollzogen werden.

Darauf ist zu entgegnen, daß der Beschluß des Prozeßgerichtes erst mit dem die Vollziehung der angeordneten Grundbucheintragung bewilligenden Beschluß des Buchgerichtes zuzustellen ist und seine Rechtskraft nicht Voraussetzung für die Vollziehung ist. Klageanmerkungen sind grundsätzlich zur Vermeidung der Vereitelung ihres Zweckes weder von der Zustellung der Klage, noch von der Zustellung des Anordnungsbeschlusses und seiner Rechtskraft abhängig. Der die Vollziehung der Anmerkungsanordnung des Prozeßgerichtes verweigernde - und in der Zwischenzeit behobene - Beschluß des Erstgerichtes war übrigens keinesfalls dem Anfechtungsbeklagten zuzustellen.

Es ist zwar richtig, daß das Gericht zweiter Instanz im Begründungsteil der Entscheidung anführte, dem Rekurs (der Anfechtungsklägerin) komme keine Berechtigung zu, doch ist dem Spruch und seiner Begründung so klar das Gegenteil zu entnehmen, daß es sich um einen offensichtlichen Fehler handeln muß, der bei der Abfassung der Entscheidung unterlaufen ist. Da allein der Entscheidungsspruch und die ihn tragende Begründung maßgeblich sind, ist dieser offensichtliche Fehler bedeutungslos.

Es ist auch die Rechtsrüge des Anfechtungsbeklagten nicht berechtigt, in der er die Ansicht äußert, es müsse § 21 GBG wörtlich interpretiert werden, wegen des durch Verfahrensstrenge gekennzeichneten materiellen und formellen Grundbuchsrechts sei Analogie unzulässig. Der besondere Fall des § 24 GBG könne nicht analog auf die Klageanmerkung gemäß § 20 AnfO angewendet werden, denn seine Voraussetzungen seien völlig anders: § 24 GBG verweise auf § 822 ABGB, der von den Sicherungsmitteln der Erbengläubiger handle, aber dem Anfechtungskläger komme gemäß § 20 AnfO keine Gläubigerstellung zu, denn der Anfechtungsgegner sei nicht sein Schuldner; deshalb sei die Anfechtungsklage auch nur auf Zustimmung zur Exekution in das Anfechtungsobjekt gerichtet.

Dieser Ansicht ist entgegenzuhalten:

Dem Prozeßgericht lag bei der Fassung des Beschlusses vom 10. Juli 1985, GZ 11 Cg 251/85-2, die Einantwortungsurkunde des Abhandlungsgerichtes vom 19.April 1985, GZ 1 A 350/83-28, zugrunde, wie sich aus der Festhaltung der Rechtstatsache, daß Andreas P*** auf Grund dieser Urkunde (außerbücherlicher) Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ 269 des Grundbuches über die Kat.Gem. Anif ist, unzweifelhaft ergibt. Diese Feststellung kann nur so verstanden werden, daß zugleich mit der Klageanmerkung die Vormerkung dieses Eigentumsrechtes des genannten Erben angeordnet wurde. Die spätere Einverleibung des Eigentumsrechts des Anfechtungsgegners, die in der Zwischenzeit bereits erfolgte, hat nur deklaratorischen Charakter. Sowohl das Prozeßgericht als auch das Buchgericht sind an die rechtskräftige Einantwortungsurkunde und an den durch diese bewirkten Eigentumsübergang gebunden. Das Prozeßgericht konnte deshalb in Kenntnis der Einantwortungsurkunde nicht anders entscheiden und das Buchgericht hatte angesichts der im Spruch der zu vollziehenden Entscheidung enthaltenen Feststellung des (außerbücherlichen) Eigentumsübergangs keine Möglichkeit, sich der Bindung an den Inhalt der Einantwortungsurkunde zu entziehen. Jede andere Entscheidung würde die dem Anfechtungsgläubiger ausdrücklich eingeräumte Möglichkeit der Anmerkung gemäß § 20 AnfO vom Belieben des Anfechtungsgegners abhängig machen, ob er das ihm zustehende dingliche Recht (deklaratorisch) verbüchern läßt oder nicht. Ein derartiges Auslegungsergebnis kann aber wegen des eindeutigen Zwecks des § 20 AnfO nicht als der Absicht des Gesetzgebers entsprechend angesehen werden. Daß die Regelung des § 22 GBG erweiterungsfähig ist, zeigt das im Gesetz selbst enthaltene Beispiel des § 79 GBG, bei dem es ebenso wie bei der Klageanmerkung nach § 20 AnfO um den Schutz des Eintragungswerbers geht. Auf Grund der Einantwortungsurkunde vom 19.April 1985, GZ 1 A 350/83-28, konnte deshalb die Klageanmerkung gemäß § 20 AnfO zugleich mit der Vormerkung des Eigentumsrechtes des Anfechtungsgegners bewilligt werden.

Soweit der Anfechtungsbeklagte auch die inhaltliche Richtigkeit der Anmerkungsbewilligung des Prozeßgerichtes bekämpft, muß er darauf verwiesen werden, daß zufolge § 94 Abs. 2 GBG hier nur der bücherliche Vollzug dieser Anordnung des Prozeßgerichtes, nicht aber auch deren materielle Richtigkeit geprüft werden kann; dies kann nur im Rechtsmittelverfahren gegen die Entscheidung des Prozeßgerichtes geschehen.

Aus all diesen Erwägungen muß der Revisionsrekurs des Anfechtungsbeklagten erfolglos bleiben.

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