European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0050OB00579.840.0918.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung
Die Ehe der Eltern des mj Gernot W*****, ist geschieden. Der Minderjährige wurde in die Pflege und Erziehung der Mutter übergeben, in deren Haushalt er lebt.
Das Erstgericht wies den Antrag des Vaters, seine Unterhaltsleistungspflicht gegenüber dem Minderjährigen ab dem 1. Juli 1983 für erloschen zu erklären, ab und verpflichtete ihn (unter Abweisung eines Mehrbegehrens von 1.500 S monatlich), dem Minderjährigen ab dem 1. Dezember 1983 zu Handen der Mutter einen monatlichen Unterhalt von 2.000 S zu leisten. Es traf im Wesentlichen folgende Feststellungen:
Die Mutter des Minderjährigen verdient durchschnittlich rund 13.700 S netto monatlich und hat für die mj Dorit W*****; geboren am 30. November 1965, zu sorgen, die im Haushalt des Vaters lebt. Der mj Gernot W***** erhält eine Lehrlingsentschädigung von rund 2.000 S monatlich und eine Rente vom Magistrat Graz von durchschnittlich 1.800 S monatlich. Der Vater des Minderjährigen wurde aufgrund eines Erkenntnisses der Disziplinaroberkommission des Magistrats Graz mit Wirksamkeit vom 25. 6. 1982 aus dem Gemeindedienst entlassen und ist seither ohne Beschäftigung und Einkommen. Er war Eigentümer einer 1.405 m 2 großen Liegenschaft mit einem steuerlichen Einheitswert von 159.000 S und eines Personenkraftwagens Renault 30 TS. Die Liegenschaft schenkte der Vater seiner nunmehrigen Ehefrau. Der sechs Jahre alte PKW wurde verkauft; der dabei erzielte Erlös war im Hinblick auf das Baujahr des Kraftfahrzeugs gering.
In rechtlicher Beziehung führte das Erstgericht aus, dass der Vater einem Erwerb nachgehen müsse, um den Unterhalt des Minderjährigen sicherzustellen (Anspannungstheorie). Unter Bedachtnahme auf seine persönlichen Verhältnisse sei ihm die Annahme einer Beschäftigung zuzumuten, die ihm ein monatliches Einkommen von rund 10.000 S verschaffen würde. Der Minderjährige sei ungeachtet seines eigenen Einkommens von 3.800 S monatlich noch nicht selbsterhaltungsfähig, weil dieses Einkommen den nach dem Gesetz auszumessenden Unterhalt nicht erreiche. Der Wert der vom Vater verschenkten Liegenschaft sei allerdings nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, weil, es dem Vater unbenommen bleiben müsse, sein Vermögen seiner nunmehrigen Ehefrau zu schenken.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluss dahin ab, dass der Vater ab dem 1. 7. 1983 von seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Minderjährigen befreit und der Antrag der Mutter, dem Vater ab dem 1. 12. 1983 eine monatliche Unterhaltsleistung von 3.500 S aufzuerlegen, abgewiesen werde. Es führte im Wesentlichen aus:
Es treffe zwar zu, dass die verschuldete Arbeitslosigkeit des Vaters die Anwendung der Anspannungsformel rechtfertige und dem arbeitsfähigen Vater die Annahme einer der bisherigen gleichwertigen Beschäftigung zuzumuten sei. Das eigene Einkommen des Minderjährigen reiche jedoch zur Deckung von dessen Bedürfnissen aus. Dabei sei auch berücksichtigt worden, dass die nunmehrige Ehefrau des Vaters ein eigenes Einkommen von 13.524,67 S monatlich beziehe.
Gegen die abändernde Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Mutter mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses.
Die Mutter macht geltend, das Rekursgericht habe einerseits in Verkennung der nach dem Gesetz für die Unterhaltsbemessung maßgebenden Umstände zur Frage der Einbeziehung der vom Vater leichtfertig aufgegebenen Liegenschaft am Faaker See mit einem Verkehrswert von fast 1,5 Mio S in die Bemessungsgrundlage keine Feststellungen getroffen und andererseits unter Außerachtlassung des Wohles des Minderjährigen dessen Bedürfnisse nicht ausreichend berücksichtigt. Dem Minderjährigen erwüchsen monatliche Aufwendungen von rund 700 S für einen dreijährigen Programmierkurs und einen zusätzlichen Schreibmaschinenkurs; es stehe ihm ferner eine notwendige Zahnsanierung bevor. Nach der Konsumerhebung werde bei den Einkommensverhältnissen der Mutter für ein Kind im Durchschnitt ein monatlicher Betrag von 5.290 S ausgegeben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus nachstehenden Erwägungen unzulässig:
Gemäß § 14 Abs 2 Fall 2 AußStrG sind Rekurse gegen Entscheidungen der zweiten Instanz über die Bemessung gesetzlicher Unterhaltsansprüche ausgeschlossen. Zur Bemessung gehört die Beurteilung der Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten, der zur Deckung dieser Bedürfnisse vorhandenen Mittel, die vor der Leistung des Unterhaltspflichtigen heranzuziehen sind (wie Vermögen, Einkommen, Arbeitsfähigkeit des Unterhaltsberechtigten und Leistungen anderer Personen), und der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtgen, wobei die Beurteilung dieser Umstände durch die zweite Instanz auch dann unanfechtbar ist, wenn es strittig ist, ob sie zur völligen Ablehnung eines Anspruchs auf Unterhalsleistung führen (Punkt II und III des Jud 60 neu = SZ 27/177). Die Anfechtung einer zweitinstanzlichen Entscheidung über die Unterhaltsbemessung wird durch § 14 Abs 2 AußStrG ausgeschlossen, welcher Fehler immer dem Rekursgericht dabei unterlaufen sein möge (EFSlg 42.261 ua, zuletzt etwa 5 Ob 703, 704/83); selbst Beschwerdegründe iSd § 16 Abs 1 AußStrG sind in einem solchen Fall bei Bekämpfung bloßer Bemessungskriterien nicht zu prüfen (EFSlg 30.514, 37.332 f ua, zuletzt etwa 3 Ob 595/83, 5 Ob 703, 704/83). Nach ständiger Rechtsprechung ist die Frage, ob ein Unterhaltsberechtigter selbsterhaltungsfähig ist, als eine dessen Bedürfnisse betreffende Bemessungsfrage anzusehen (EFSlg 39.238, 42.289 ua, zuletzt etwa 3 Ob 30/84). Was die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen betrifft, so hat der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass sich der Vorwurf der falsch angenommenen Unterhaltsbemessungsgrundlage gegen die Unterhaltsbemessung richtet (EFSlg 30.509, 42.272, 42.294 ua, zuletzt etwa 2 Ob 601/83, 5 Ob 502/83, 6 Ob 682/83).
Geht man davon aus, dann ergibt sich, dass im gegenständlichen Revisonsrekurs ausschließlich Bemessungsfragen, nämlich die Einbeziehung einer dem Vater ehemals gehörenden Liegenschaft in die Unterhaltsbemessungsgrundlage (vgl dazu auch EFSlg 42.276) und die Berücksichtigung der Bedürfnisse des Minderjährigen, releviert werden.
Der unzulässige Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.
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