OGH 5Ob572/84

OGH5Ob572/8429.10.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schlosser als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. KlausBraunegg, Dr. Klaus Hoffmann und Dr. Karl Preslmayr, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei protokollierte Firma A***** & Co, *****, vertreten durch Dr. Herbert Richter und Dr. Franz Marschall, Rechtsanwälte in Wien, wegen 968.059,64 S sA und wegen Feststellung (Streitwert 960.702,80 S), infolge Revision der klagenden und beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 23. Februar 1984, GZ 2 R 236/83‑54, womit infolge Berufung der klagenden und beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 11. September 1983, GZ 30 Cg 135/83‑47, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0050OB00572.840.1029.000

 

Spruch:

Der Revision beider Teile wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei an Kosten des Revisionsverfahrens 16.517,66 S (darin 1.283,42 S USt und 2.400 S Barauslagen) und die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei an Kosten des Revisionsverfahrens 19.378,92 S (darin 1.434,45 S und 3.600 S Barauslagen) jeweils binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte hatte in I*****, auf einem in Bestand genommenen Grundstück eine Tankstelle und eine Kraftfahrzeugwerkstätte als Filialbetrieb ihres mit dem Schmiermittel‑ und Treibstoffbezug an die M***** gebundenen Werkstättenunternehmens in W***** errichtet und für diesen Teilbetrieb mit der Klägerin einen Schmiermittelbezugsvertrag und ein Tankstellenabkommen geschlossen, das am 31. März 1967 in Kraft trat und eine Laufzeit bis 31. Oktober 1987 haben sollte. Die Klägerin stellte der Beklagten einen Baukostenzuschuss von 135.000 S für die Asphaltierung des Tankstellenvorplatzes zur Verfügung, überließ leihweise Tankstelleneinrichtungen und erbrachte auch andere Sachleistungen, indem sie dann im Lauf der Jahre in branchenüblichem Umfang Geräte beistellte. Der Wert der Sachleistungen lag bei 153.000 S und die Summe der als Bonus bezeichneten Preisnachlässe von 5 % betrug 50.674 S. Die Beklagte verpflichtete sich, ausschließlich Schmiermittel aus dem Verkaufsprogramm der Klägerin zu vertreiben und auch den eigenen Bedarf mit diesen Produkten zu decken, die Tankstelle nur mit Mineralöl der Klägerin zu betreiben und von Mitbewerbern nichts zu beziehen, zu lagern und zu vertreiben. Die voraussichtliche Jahresabnahmemenge an Schmiermitteln wurde vom offenen Gesellschafter der Beklagten H***** sen. gemeinsam mit Herren der Klägerin mit 12.000 Liter/kg geschätzt. Das Tankstellenabkommen sollte so lange bestehen, als der zugleich geschlossene Schmiermittelvertrag aufrecht ist, dieser aber verlängert werde, solange die für die 20‑jährige Laufzeit vereinbarte Schmiermittelabnahme von 240.000 Liter/kg nicht erfolgt ist. Die Verlegung, der Umbau oder der Ausbau des Unternehmens, die Änderung der Gesellschaftsform oder des Firmenwortlautes eines Vertragsteils sollten ohne Einfluss auf die Wirksamkeit des Vertrags sein und die Rechte und Pflichten daraus auf die beiderseitigen Rechts‑ und Geschäftsnachfolger übergehen. Die Beklagte verpflichtete sich, ihre Pflichten aus dem Vertrag auf ihre Rechts‑ und Geschäftsnachfolger mit der Verpflichtung zur weiteren Überbindung zu überbinden.

Die Beklagte erreichte von 1968 bis 1977 die geschätzte Jahresabnahme nicht. Sie bezog statt rund 120.000 Liter/kg an Schmiermitteln nur 71.941 Liter/kg.

Die Beklagte hatte die Landesvertretung der Fahrzeugmarke „Alfa Romeo“ für Tirol. Der Schmiermittelaustauschintervall wurde bei dieser Marke im vergangenen Jahrzehnt von 3.000 auf 5.000 und schließlich 10.000 Kilometer verlängert. Der Landesvertreter musste auch in I***** ein Geschäft betreiben. Das Autounternehmen „Alfa‑Romeo“ drängte auf Errichtung eines repräsentativen Gebäudes in der Landeshauptstadt. Es war nicht an bestimmten gesellschaftsrechtlichen Konstruktionen oder Beteiligungsverhältnissen interessiert. Der offene Gesellschafter der Beklagten H***** sen. war nicht in der Lage, die Mittel für das neue Gebäude aufzubringen. Da er sich davon aber eine Absatzsteigerung erwartete, gründete er mit seinem Schwager Dr. Walter O***** eine neue Gesellschaft. Er überließ die gesellschaftsrechtliche Fassung seinem Schwager. Einen Eintritt des Schwagers in die Beklagte und die Errichtung des Neubaues durch diese wollte H***** sen. nicht. Es wurde weder überlegt, die Landesvertretung vom Sitz der Beklagten aus in W***** zu behalten, noch die Niederlassung in I*****, in die neue H***** KG einzubringen. Dr. Walter Oberrauch war sehr daran interessiert, dass die Landesvertretung für „Alfa Romeo“ von der Beklagten auf die Kommanditgesellschaft übergeht und er machte seinen Eintritt in die neue Gesellschaft von dieser Bedingung abhängig. Es hätte nicht die Gefahr bestanden, dass die Beklagte die Landesvertretung für „Alfa Romeo“ verliert, wenn kein Neubau in Innsbruck errichtet worden wäre. Wohl aber war von „Alfa Romeo“ in Aussicht gestellt worden, in I***** einen zweiten Händler einzusetzen, und wegen des Neubaues die Zusicherung gemacht worden, dass bis zum Ablauf des 5‑jährigen Vertrags mit dem 31. 12. 1981 kein weiterer Konzessionär im Verkaufsgebiet eingesetzt werde.

H***** schlug Dr. Walter O***** vor, dass den Filialbetrieb der Beklagten in I*****, S***** übernehme. Die neue H***** KG begann am 1. 2. 1977. Sie gab, weil das neue Gebäude in Innsbruck noch nicht errichtet war, ihre Anschrift mit ***** in I***** an. Die H***** KG kündigte am 19. 1. 1978 an, sie sei übersiedelt und nehme den Betrieb im neuen Gebäude in I*****, auf. Sie erwarb einen Gewerbeschein für diesen Standort zum Einzelhandel mit Kraftfahrzeugen, Ersatzteilen und Zubehör. H***** sen. erkundigte sich unter Hinweis auf die vertragliche Bindung der Beklagten an die Klägerin, ob die neue Gesellschaft daran gebunden sei, und bekam bei Rechtsabteilungen von Mineralsölunternehmungen die Auskunft, er könne für das neue Unternehmen unter den Lieferanten wählen. Vertragsverhandlungen mit der Klägerin scheiterten. Die H***** KG entschied sich für die M***** Aktiengesellschaft, die ein besseres Anbot stellte, und teile dies der Klägerin am 12. 4. 1977 mit.

Seit dem 4. 10. 1977 bestand die S***** & Co KG in I***** mit den Komplementären S***** und H***** Gesellschaft mbH und dem Kommanditisten H***** sen, der bei den Gründungsgesprächen S***** darauf hinwies, die Gesellschaft müsse die Schmiermittelbezugsverbindlich-keiten der Beklagten für den Betrieb in I*****, übernehmen. Die S***** & Co KG übernahm auf den Kommanditanteil des H***** sen die in den Räumlichkeiten in I*****, zurückgelassenen Schmiermittel, die Werkstätteneinrichtung, die Hebebühne, die Ersatzteillagerregale, die Büroeinrichtung und den Fernschreiber. Sie vertrieb Fahrzeuge der Marken Lancia und Auobianchi. Die „Alfa‑Romeo“ Werkzeuge und Ordner mit Lieferscheinen wurden zur H***** KG nach N***** gebracht. Bis zur Gründung dieser Gesellschaft hatten im Filialbetrieb der Beklagten etwa acht Mechaniker und Lehrlinge gearbeitet. Etwa sechs Mann übernahm die H***** KG. Zwei Mann übernahm die S***** & Co KG, die mit drei Mechanikern arbeitete. Ihre Geschäfte führte S*****. Sie übernahm am 15. 1. 1978 den Filialbetrieb der Beklagten in I*****, und begann dort ihren Autohandel. H***** sen hatte zwar damit gerechnet, dass die S***** & Co KG die Abnahmemengen der Beklagten (1968: 1.751; 1969: 5.281; 1970: 5.387; 1971: 7.621; 1972: 10.052; 1973: 8.594; 1974: 7.586; 1975: 8.071; 1976: 8.486; 1977: 9.092) in der ersten Zeit nicht halten werde, er war aber für die Zukunft zuversichtlich. Die S***** & Co KG wurde kaufmännisch schlecht geführt. Sie nahm der Klägerin an Schmiermitteln 1978 1.204 Liter/kg, 1979 2.180 Liter/kg und 1980 2.208 Liter/kg ab und verpachtete den Betrieb mit 2. 2. 1981 an den Werkmeister E***** der H***** KG, der sich mit Zustimmung des H***** sen selbständig machte. Er erhielt von der H***** KG einen Subhändlervertrag für „Alfa‑Romeo“ und von diesem Autounternehmen einen Werkstättenvertrag. Er arbeitet mit zwei Mechanikern und zwei Lehrlingen.

Im Dezember 1977 klärte H***** sen die Klägerin die bis dahin erwartet hatte, die Beklagte werden den Filialbetrieb in I*****, weiter führen, mit, dass für die H***** KG bereits ein Vertrag mit der M***** Aktiengesellschaft zustande gekommen sei, dass diese die neue „Alfa‑Romeo“‑Repräsentanz in I***** übernommen habe und die S***** & Co KG den Filialbetrieb der Beklagten in I*****, übernehme und Schmiermittel von der Klägerin beziehen werde. Die Beklagte könne den Vertrag nicht mehr erfüllen. Die Klägerin war mit der Rückzahlung nicht ausgenützter Investitionen nicht einverstanden, behielt sich die Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten vor und fand sich schließlich nur bereit, die teilweise Übernahme der Abnahmeverpflichtung der Beklagten durch die S***** & Co KG zwecks Schadensminderung hinzunehmen, sich aber Schadenersatzansprüche wegen der voraussichtlichen Minderabnhame von jährlich rund 9.500 Liter/kg vorzubehalten.

Die H***** KG investierte für den Betrieb in I***** 15.000.000 S, hat einen Jahresumsatz von 70.000.000 S und einen Schmiermittelumsatz von jährlich 200.000 S. Der den Filialbetrieb der Beklagten in I*****, – die Buchhaltung wurde am Sitz der Beklagten in W***** geführt – einschließende Umsatz der Beklagten von jährlich 50.000.000 S war 1978 auf rund 20.000.000 S bis 30.000.000 S zurückgegangen. Die S***** & Co KG erreichte 1978 einen Umsatz von knapp 10.000.000 S und 1979 von 15.000.000 S. Der Verkauf von Fahrzeugen der Marke „Alfa‑Romeo“ in ***** ging ab 1981 zurück. Die Händler behalten sich, indem sie andere Vertretungen dazu nahmen, so die H***** KG ab 1. 1. 1983 eine Mitsubishi‑Vertretung.

Die Klägerin ist nicht nur am Absatz ihrer Produkte sondern auch an ihrer Marktpräsenz besonders auch in den Werkstätten interessiert.

Bei den Gewinnen im Schmiermittelabsatz hat in den Jahren von 1978 bis 1982 der durch Minderabnahme unter 7.000 Liter/kg pro Jahr entstandene Schaden der Klägerin nach Abzug der im Schmiermittelvertrag zugesicherten 5%igen Jahresmengenrabatte von 51.772,84 S 628.774,32 S betragen.

Am 1. 6. 1978 erhob die Klägerin gegen die Beklagte die zunächst auf Zuhaltung des Schmiermittelliefer-vertrags gerichtete Klage, in der sie behauptete, die Gründung der H***** KG stelle eine Umgehung der vertraglich übernommenen Verpflichtung der Beklagten dar, weil H***** sen, der die Beklagte wie die H***** KG beherrsche, die Generalvertretung von „Alfa‑Romeo“ in ***** auf de Kommanditgesellschaft übertragen habe, ohne ihr auch die Verpflichtungen aus dem Schmiermittelliefervertrag vom Jahr 1967 gegenüber der Klägerin zu überbinden. Sie änderte das Klagebegehren, die Beklagte sei schuldig, ihren gesamten Bedarf bei der Klägerin zu decken und den Bezug offener Schmierstoffe und in Dosen gelieferter Schmierstoffe, soweit er 10 % des Bedarfs übersteige, bei anderen Lieferanten als der Klägerin zu unterlassen, am 28. 8. 1978 in das Begehren auf Zahlung von 2.061.700 S samt 9,25 % Zinsen seit dem 28. 8. 1978 und schränkte dieses Zahlungsbegehren am 3. 7. 1979 auf 1.883.053,92 S samt 8,25 % Zinsen seit dem 1. 1. 1979 ein.

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. 1. 1983 die Urteile der Vorinstanzen, die auf Abweisung des Zahlungsbegehrens lauteten, aufgehoben und die Streitsache an das Prozessgericht erster Instanz zur Verfahrensergänzung und neuen Entscheidung zurückverwiesen (5 Ob 732/81‑39). Im Aufhebungsbeschluss wurde im Wesentlichen zum Ausdruck gebracht, dass die Beklagte der Klägerin wegen Vertragsverletzung hafte, wenn sie sich durch willkürliche Maßnahmen ihrer vertraglichen Bindung zu entledigen suchte, etwa dadurch, dass sie die bis dahin innegehabte Landesvertretung der Automarke „Alfa‑Romeo“ der H***** KG überließ und dieser die damit zusammenhängenden Betriebseinrichtungen (Werkzeuge) und den Großteil der Belegschaft ihres mit dem Schmiermittelvertrag an die Klägerin gebundenen Teilbetriebs in I*****, übertrug, obwohl ihr bekannt war, dass die den Teilbetrieb fortführende S***** & Co KG auch nicht annähernd in der Lage sein werde, die Bezugsverpflichtung zu erfüllen. Habe die Beklagte ihren Teilbetrieb in zwei Unternehmungen aufgespaltet und einen Teil der H***** KG, den anderen der S***** & Co KG übertragen, habe sie für die Rechte der Klägerin aus dem Vertrag vorsorgen müssen. Der Einwand, die überlange Bindung an den Vertrag verstoße gegen die guten Sitten, müsse bei Annahme der Haftung der Beklagten geprüft und der Vertrag unter Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsteile allenfalls mit einer kürzeren angemessenen Laufzeit aufrecht erhalten werden, künftig entgehender Gewinn könne nicht schon jetzt entschädigt werden.

Im zweiten Rechtsgang verlangte die Klägerin schließlich die Zahlung von 968.059,64 S samt 9,25 % Zinsen aus 198.146,56 S seit dem 1. 1. 1979, aus 177.361,92 S seit dem 1. 1. 1980, aus 176.574,60 S seit dem 1. 1. 1981, aus 223.836 S seit dem 1. 1. 1982 und aus 192.140,56 S seit dem 1. 1. 1983 sowie die Feststellung, dass die Beklagte der Klägerin alle zukünftigen ab dem 1. 3. 1983 entstehenden Schäden aus der Verletzung ihrer Pflichten aus dem Schmiermittelliefervertrag vom 24. 1. 1967/21. 3. 1967 zu ersetzen habe. Sie begründete ihr Schadenersatz‑ und Feststellungsbegehren mit dem Hinweis, dass die S***** & Co KG nicht Geschäftsnachfolgerin des Teilbetriebs der Beklagten in I*****, gewesen sei sondern nur die Geschäftsräumlichkeiten und Vorräte des Teilbetriebs übernommen habe. Geschäftsnachfolgerin des Teilbetriebs sei die H***** KG. Dass die „Alfa‑Romeo“‑Vertretung auf diese Kommanditgesellschaft übergegangen sei, müsse auf den freien Entschluss der Beklagten zurückgeführt werden, wodurch die Beklagte sich selbst durch Unterlassung der Überbindung der Abnameverpflichtung der Möglichkeit begeben, ihre vertraglichen Verpflichtungen einzuhalten. Sie hafte der Klägerin für den durch die Minderabnahme entstandenen und entstehenden Schaden, der auf der Grundlage des Verbrauchs der Beklagten im Jahr 1977 für die Zeit vom 1. 1. 1978 bis 31. 12. 1982 berechnet schon 968.059,64 S betrage und in der Restlaufzeit des Vertrags noch mit 960.702,80 S zu erwarten sei. Die Klägerin habe den Schmiermittellieferungsvertrag geschlossen, weil sie am Absatz ihrer Produkte aber auch daran interessiert sei, dass Werkstätten die von ihr vertriebenen Schmiermittel verwenden. Kunden würden oft Ergänzungen des Ölvorrats mit der gleichen Ölmarke vornehmen. Sie habe der Beklagten seinerzeit nicht nur den Baukostenzuschuss von 135.000 S bezahlt und ihr Werkstätteneinrichtungen im Wert von 157.120 S, sondern auch eine Hebebühne übergeben, die einen Restwert von 32.000 S habe. Die vertragliche Bindung sei diesen Leistungen angemessen.

Die Beklagte blieb bei ihrem Antrag, das Klagebegehren abzuweisen. Sie sei ihren vertraglichen Verpflichtungen aus dem mit der Klägerin geschlossenen Vertrag nachgekommen und habe der Geschäftsnachfolgerin ihres Teilbetriebs in I*****, die Rechte und Pflichten aus dem Lieferungsvertrag überbunden. Mehr zu tun sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen. Die Geschäftsnachfolgerin S***** & Co KG habe die Abnahmeverpflichtung übernommen. Die neue Werkstätte in I***** habe die H***** KG und nicht die Beklagte errichtet. Der Rückgang des Verbrauchs an Schmiermitteln sei auf Umstände zurückzuführen, die nicht in ihrem oder im Bereich der Geschäftsnachfolgerin ihres Teilbetriebs gelegen seien. Die Erhöhung der Serviceintervalle durch „Alfa‑Romeo“ und der Umsatzrückgang im Autohandel seien die Ursache. Der Übergang der Landesvertretung von „Alfa‑Romeo“ von der Beklagten auf die H***** KG habe zwingenden kaufmännischen Überlegungen entsprochen. Die Beklagte habe erwarten können, dass die S***** & Co KG die gleichen Schmiermittelmengen abnehme, wie es bei Fortführung des Teilbetriebs durch die Beklagte geschehen wäre, so dass die Überbindung der Abnahmeverpflichtung auf die Geschäftsnachfolgerin zur Wahrung der Interessen der Klägerin ausreichend schien. Die Werkstätten‑ und Tankstelleneinrichtungen für den Teilbetrieb in I*****, seien im Eigentum der Klägerin verblieben und nur leihweise beigestellt worden; eine Hebebühne sei nicht geliefert worden. Die Abnahmemengen an Schmiermitteln seien von Anfang an unrealistisch eingeschätzt und damit gerechnet worden, dass sich bei einer Minderabnahme die Bindungszeit verlängere.

Das Erstgericht gab dem Zahlungsbegehren mit 628.744,32 S samt 5 % stufenweisen Zinsen statt und wies das Mehrbegehren auf Zahlung von 339.285,32 S, an Zinsen und auf Feststellung ab, stellte den eingangs dargelegten Sachverhalt fest und meinte in Befolgung der im Aufhebungsbeschluss des Obersten Gerichtshofs vom 18. 1. 1983, GZ 5 Ob 732/81‑39, überbundenen Rechtsansichten aufgrund des ergänzten Tatsachenbereichs: Das Zurückbleiben des Verbrauchs an Schmiermitteln gegenüber der Einschätzung bei Eingehen des Schmiermittellieferungsvertrags sei teils auf Umstände zurückzuführen, die im Einflussbereich der Beklagten lagen, teils auf solche, die sich außerhalb ihrer Willenssphäre ereigneten. Der Beklagten zuzurechnen sei, dass sie die Landesvertretung von „Alfa‑Romeo“ zugunsten der H***** KG aufgegeben habe, ohne dazu vom Autohersteller gewzungen zu sein, und der Kommanditgesellschaft auch die „Alfa‑Romeo“‑Werkzeuge und den Großteil der Belegschaft ihres Teilbetriebs überlassen habe. Im Bereich der Familie und eigener Überlegungen gelegene Gründe für diese Maßnahmen könnten eine Beeinträchtigung der Rechte der Klägerin nicht rechtfertigen. Der Beklagten sei klar gewesen, dass die Maßnahme einen Absatzrückgang an Schmiermitteln beim Geschäftsnachfolger des Teilbetriebs nach sich ziehen werde. Die zweckoptimistischen Erwartungen des H***** sen seien unbegründet gewesen, doch hätte sich ein Verbrauchsrückgang auch ohne die willkürlichen Maßnahmen aus der Verlängerung der Schmiermittelintervalle und den Rückgang der Verkäufe an Fahrzeugen der Marke „Alfa‑Romeo“ ergeben, möglicherweise auch durch eine denkbare Zulassung eines weiteren „Alfa‑Romeo“-Konzessionärs in I*****. Der Knebelungseinwand der Beklagten sei insoweit berechtigt, als eine über den 31. 12. 1982 hinausgehende Bindung die Beklagte überforderte. Weder der Baukostenzuschuss von seinerzeit 135.000 S noch die im branchenüblichen Rahmen erfolgte Geräteleihen könnten eine 15 Jahre übersteigende außerordentlich lange Bindung rechtfertigen. Die als „Bonus“ bezeichneten 5%igen Preisnachlässe seien von der Erreichung der vorgesehenen Abnahmemengen unabhängig zugestanden und bei der Abwägung der Angemessenheit der Bindungsdauer außer Betracht zu lassen. Die Einschätzung der Abnahmemenge mit 12.000 Liter/kg sei aufgrund der beiderseitigen Schätzung erfolgt und unrealistisch gewesen. Auch die Beklagte habe nie diese Jahresabnahmemenge erreicht. Es könnten aber auch die Mengen, die die Beklagte bei vertragsgetreuem Verhalten von 1978 bis 1982 abgenommen hätte, nur mit etwa 7.000 Liter/kg eingeschätzt werden, woraus sich der nach Berücksichtigung der darunter gebliebenen tatsächlichen Abnahmen und der 5%igen Rabatte ein Gesamtschaden von 628.774,32 S errechne. Einen über den gesetzlichen Zinssatz von 5 % hinausgehenden Anspruch habe die Klägerin nicht nachgewiesen. Über den 31. 12. 1982 hinaus sei eine Bindung der Beklagten an den Bezugsvertrag abzulehnen und daher weder eine Schadenersatzverpflichtung der Beklagten noch ein darauf gerichteter Feststellungsanspruch begründet.

Das Berufungsgericht gab den von beiden Teilen erhobenen Berufungen nicht Folge und bestätigte das Urteil des Erstgerichts. Es legte die Feststellungen des Erstgerichts, die es als ausreichend ansah, auch seiner Entscheidung zugrunde und führte zu den Rechtsrügen im Wesentlichen aus:

Die Annahme, dass die Beklagte durch die Überbindung der Abnahmeverpflichtung aus dem Schmiermittelvertrag auf die S***** & Co KG als Geschäftsnachfolgerin ihres Teilbetriebs in Innsbruck ihren vertraglichen Pflichten nicht voll entsprochen habe, sei zu billigen. Ihre Hoffnung, dass sämtliche Maßnahmen, die sie in ihrem Bereich getroffen hat, als die neue H***** KG ein Betriebsgebäude in N***** errichtete und die Landesvertretung von „Alfa‑Romeo“ von der Beklagten übernahm, die kaufmännischen Interessen aller Beteiligten fördern würden ohne die Rechte der Klägerin zu beeinträchtigen, sei unbegründet gewesen.

Die Beklagte, die das nachteilige Ergebnis aus der Minderabnhame durch eine Überbindung der entsprechenden Abnahmeverpflichtung auf die H***** KG vermeiden hätte können, habe dem Grunde nach für den aus der Vertragsverletzung der Klägerin entstandenen Schaden einzustehen.

Eine überlange Bindung des Abnehmers durch einen Bezugsvertrag könne sittenwidrig sein, wenn die Abwägung der beiderseitigen Interessen ein grobes Missverhältnis zwischen den durch die Handlung verletzten und den durch sie geförderten Interessen aufzeige. In einem solchen Falle sei der Bezugsvertrag unter Berücksichtigung der beiderseitigen Parteieninteressen mit einer kürzeren angemessenen und daher noch nicht sittenwidrigen Laufzeit aufrecht zu halten. Stelle man die aus dem Vertrag beiden Teilen zugekommenen Vorteile gegenüber, sei die Rechtsansicht des Erstgerichts zu billigen, dass die ausschließliche Bezugsbindung für einen Zeitraum von 15 Jahren sittlich zu rechtfertigen sei, aber weder eine Herabsetzung noch eine diesen Zeitraum übersteigenden Dauer der Bindung. Nur eine über den 31. 12. 1982 hinausgehende Bindung müsse in Anbetracht der von der Klägerin in Anspruch genommenen und von ihr zugewendeten Vorteile als dem Rechtsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widersprechend bezeichnet werden. Es bestehe weder ein Anlass, nur eine 15 Jahre unterschreitende Bindung zuzulassen, wie es die Beklagte anstrebe, noch aber auch dem Verlangen der Klägerin nachzukommen, die eine Vertragsdauer von 20, ja auch 25 Jahren als angemessen ansehe. Eine 15 Jahre übersteigende Bindung durch den Bezugsvertrag sei nur in Ausnahmefällen hinzunehmen. Die im Vertrag vorgesehene Bindung von 20 Jahren widerspräche nur dann nicht den guten Sitten, wenn besondere Gründe die überlange Vertragsdauer zuließen. Solche Umstände seien nicht gegeben. Die Zuwendungen der Klägerin an die Beklagte und deren Geschäftsnachfolger könnten auch mit Einbeziehung der 5 %‑Rabatte die Nachteile nicht aufwiegen, die sich für die Beklagte aus der Einschränkung ihrer wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit auf so viele Jahre hinaus ergäben. Der Vorteil, den die Klägerin aus dem Bezugsvertrag zog, sei im gesicherten Absatz ihrer Produkte und in der von ihr angestrebten Marktpräsenz gelegen. Diesen Vorteilen stünden die schwerwiegenden Nachteile der Beklagten gegenüber, die durch die Einschränkung ihrer wirtschafltichen Dispositionsfreiheit eintraten und denen nur die für die Branchenverhältnisse nicht überdurchschnittlichen Zuwendungen der Klägerin ausgleichend entgegenstehen. Ein Sonderfall, der eine 15 Jahre überschreitende vertragliche Bindung als unbedenklich ansehen ließe, liege nicht vor.

Die Ermittlung der Schadenshöhe habe unter Heranziehung der Vorschrift des § 273 ZPO zu erfolgen gehabt. Die Zugrundelegung eines Bezugsrückgangs durch von der Beklagten nicht zu vertretende Umstände, wie etwa die Erhöhung der Serviceintervalle und der Rückgang des Umsatzes beim Verkauf von Wagen der Marke „Alfa‑Romeo“ haben einen Rückgang des Schmiermittelbedarfs zur Folge gehabt. Wenn der zu erwartende Jahresbezug vom Erstgericht mit 7.000 Liter/kg angenommen und der Schadensermittlung zugrunde gelegt wurde, habe das Erstgericht alle Umstände berücksichtigt und den Ermessensspielraum nicht überschritten. Der Schmiermittelbezug der H***** KG könne nicht dem der Geschäftsnachfolgerin des Teilbetriebs der Beklagten zugerechnet werden, ergebe aber auch nur einen Verbrauch zwischen 7.000 und 8.000 Litern/kg. Dass der „Bonus“ von 5 %, der als Preisnachlass im Schmiermittelliefervertrag zugestanden wurde, von der Erreichung einer bestimmten Jahresumsatzmenge abhängig war, habe die Klägerin im Verfahren erster Instanz nicht vorgebracht. Der Abzug sei daher berechtigt und nur der verbleibende Gewinn als der Klägerin entstandener Schaden aus dem Minderbezug zu vergüten.

Die Klägerin habe zum Nachweis ihrer 5 % übersteigenden Zinsenforderung weder die angebotene Bankbestätigung vorgelegt, noch diesen Anspruch überhaupt konkret und schlüssig begründet.

Gegen das bestätigende Urteil des Berufungsgerichts wenden sich beide Teile mit der nach § 502 Abs 4 Z 2 ZPO zulässigen Revision.

Die Klägerin hat unrichtige rechtliche Beurteilung und allenfalls die Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens geltend gemacht. Sie strebt die Abänderung der Entscheidung dahin an, dass auch im Umfange der Abweisung ihrem Zahlungs‑ und Feststellungsbegehren stattgegeben werde. Hilfsweise fügt sie einen Aufhebungsantrag bei.

Die Beklagte zielt mit ihrer Revision aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung darauf ab, dass in Abänderung der Urteile der Vorinstanzen das Zahlungsbegehren auch im Umfang der Stattgebung abgewiesen werde. Auch sie stellt hilfsweise einen Aufhebungsantrag.

Beide Teile beantragen, der Revision des Gegners nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist in keinem Fall berechtigt.

Die Beklagte wendet sich gegen die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass ihr eine ihre Schadenersatzpflicht aus dem Vertrag begründende Vertragsverletzung zur Last falle. Wenn sie sich dem Verlangen der Vertragspartnerin aus dem Landesvertretungsvertrag von „Alfa‑Romeo“ beugte und, weil sie selbst außerstande war, die mit der Errichtung des neuen Betriebsgebäudes in I***** verbundenen Investitionskosten aufzubringen, aus kaufmännischem Zwang die Landesvertretung aufgab und ihren allein an die Klägerin gebundenen Teilbetrieb in I*****, der S***** & Co KG als Geschäftsnachfolgerin übereignete, in der Erwartung, dieses Unternehmen werde den Schmiermittellieferungsvertrag nicht anders erfüllen, als es bei Fortführung des Teilbetriebs durch die Beklagte der Fall gewesen wäre, dieser die Pflichten aus dem Vertrag überband und damit die Interessen der Klägerin hinlänglich wahrnahm, liege in ihrem Vorgehen weder ein rechtswidriges noch schuldhaftes Verhalten, das zu Schadenersatz verpflichte. Dass sich später die Erwartungen nicht erfüllten, sei ihr nicht vorwerfbar. Es steht nun aber fest, dass die Verlagerung der Landesvertretung von „Alfa‑Romeo“ auf die neugegründete H***** KG nicht eine von der Willensbildung der Beklagten, die für die Entscheidung ihrer Gesellschafter enzustehen hat, unabhängige und vermeidbare Ereignung darstellte, sondern dass interne und familiäre Überlegungen dafür maßgebend waren, dass die vom Autounternehmen „Alfa‑Romeo“ gewünschte Betriebserweiterung nicht von der Beklagten sondern einer neuen Gesellschaft vorgenommen wurde. Nach den vom Obersten Gerichtshof bereits im Aufhebungsbeschluss dargelegten Grundsätzen haftet die Beklagte für eine Verletzung ihrer vertraglichen Pflichten, wenn sie bei dieser Gestaltung die Interessen der Klägerin nicht ausreichend wahrte und es zuließ, dass die Landesvertretung auf die neue Gesellschaft überging und dieser auch die Werkzeuge und ein überwiegender Teil des Fachpersonals überlassen wurden, ohne dass zugleich – etwa durch Überbindung der Pflichten auch auf die Kommanditgesellschaft oder durch vertragliche Absicherung mit der Klägerin – deren Rechte ausreichend wahrgenommen wurden. Selbst eine subjektiv begründete Hoffnung eines Gesellschafters der Beklagten, de Überbindung der Abnahmeverpflichtung auf den Teil‑Geschäftsnachfolger S***** & Co KG werde genügen, könnte die Beklagte nicht entschuldigen. Es kommt auch nicht darauf an, ob ihr Vorsatz oder Fahrlässigkeit (und welcher Grad der Fahrlässigkeit) zur Last fällt, weil sie zu beweisen hätte, dass der aus der Vertragsverletzung entstandene Nachteil der Klägerin ohne Verschulden der Beklagten eintrat. Davon kann nun nicht die Rede sein, weil schon aus der erheblichen Verringerung des in der Werkstätte tätig gewesenen Personals aber auch durch den Verlust der Landesvertretung ein Rückgang des Schmiermittelverbrauchs zu erwarten und die Hoffnung, die Geschäftstätigkeit der Teil‑Geschäfts-nachfolgerin S***** & Co KG werde sich nach Anfangsschwierigkeiten so ausweiten, dass der Absatz an Schmiermitteln hinter dem bei einer Geschäftsfortführung zu erwartenden nicht zurückbleibe, jedenfalls unbegründet war. Eine so grobe Fehleinschätzung der wirtschaftlichen Entwicklung wäre den Gesellschaftern der Beklagten und damit dieser als zumindest fahrlässiges Verschulden zuzurechnen.

Die Beklagte ist daher nicht im Recht, wenn sie mir ihren Revisionsausführungen darzulegen versucht, sie hafte überhaupt nicht für einen durch Verletzung der vertraglichen Verpflichtung, bei einer Geschäftsübertragung ausreichend vorzusorgen, dass die Pflichten aus dem Vertrag überbunden werden, der Klägerin zugefügten Vermögensnachteil.

Dem Grunde nach haben bei dem festgestellten Sachverhalt die Vorinstanzen die Schadenersatzverpflichtung der Beklagten ohne Rechtsirrtum angenommen.

Daran ändert weder der Umstand etwas, dass auch die Beklagte wegen von ihr nicht zu vertretender äußerer Einflüsse noch weiter unter den falsch eingeschätzten Bedarfsmengen von jährlich 12.000 Liter/kg Schmiermittel geblieben wäre, noch das – im Ergebnis erfolglos gebliebene – Bemühen um eine Wahrung der vertraglichen Rechte der Klägerin durch Überbindung der Abnahmeverpflichtung auf die S***** & Co KG. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Beklagte „willkürlich“ eine Verschiebung der Werkstättentätigkeit herbeigeführt hat, sondern nur darauf, dass die Beklagte bei der von ihrem Willensentschluss nicht unabhängigen Entscheidung, ihre Betriebsstätte am ***** aufzugeben, das Geschäft der S***** & Co KG zu übertragen und die Landesvertretung zurückzustellen, auf dass die neu gegründete H***** KG sie erhalte und auf dieser Grundlage ihre Geschäftstätigkeit in I***** aufnehme, der Pflicht, die Abnahmebindung auf alle Geschäftsnachfolger zu überbinden, nicht erfüllt hat.

Die H***** KG hätte die Klägerin, weil ihr die vertraglichen Lasten nicht überbunden wurden, nicht auf Schadenersatz in Anspruch nehmen können. Der Klägerin haftet für den Ausfall nur die Beklagte. Die Rechtsmeinung der Beklagten, das Begehren hätte auch gegen die H***** KG gerichtet werden müssen, ist unrichtig.

Beide Teile wenden sich gegen die Annahme der Vorinstanzen, die Vertragsdauer sei korrigierend infolge des Sittenwidrigkeitseinwands der Beklagten auf 15 Jahre zu beschränken. Der Oberste Gerichtshof billigt jedoch diese aus der Vertragskontrolle gewonnene Eingrenzung. Auch wenn alle Leistungen der Klägerin an die Beklagte den von der Klägerin durch Absatzgarantie und Marktpräsenz gezogenen Vorteilen gegenübergestellt werden, ist eine 15 Jahre dauernde Beschränkung der Verfügungsfreiheit der Beklagten in Ansehung ihres Teilbetriebs noch nicht den guten Sitten widersprechend, es liegen aber auch keine besonderen Umstände vor, die es rechtfertigen, eine längere Bindung der Beklagten hinzunehmen.

Es ist nicht strittig, dass eine Bindung an einen Bezugsvertrag an sich nicht sittenwidrig ist, sondern dass bei einem langjährigen Vertrag nach seinem Inhalt, Motiv und Zweck zu prüfen ist, ob die Dauer der Abnahmeverpflichtung durch einen ausgewogenen Ausgleich zwischen den beiderseitigen schutzwürdigen Interessen gerechtfertigt oder ob die dem Abnehmer auferlegte und seine wirtschaftliche Entscheidungsfreiheit einengende oder beseitigende Bindung als eine wegen der langen Zeit unbillige und durch die gewährten Vorteile nicht gerecht abgegoltene sittenwidrige Beeinträchtigung anzusehen ist. In einem solchen Fall ist die die Dauer der Bindung festlegende Vertragsbestimmung, die nur wegen ihrer zeitlichen Ausdehnung sittenwidrig ist, auf ein billiges und daher nicht zu beanstandendes Ausmaß zu reduzieren. Der Vertrag ist dann mit einer kürzeren und daher der Sittenwidrigkeitsprüfung standhaltenden Laufzeit aufrecht zu halten ( Gschnitzer in Klang 2 IV/1, 214; Ehrenzweig 2 II/1, 168; Krejci in Rummel , ABGB, Rdz 86 zu § 879; SZ 13/113; SZ 37/156; JBl 1983, 321 mit weiteren Hinweisen).

Beide Teile streben danach, die Laufzeit des Vertrags aus ihrem Interesse heraus einerseits zu kürzen, andererseits als noch den konkreten Umständen entsprechend angemessen zu bestätigen. Die von den Vorinstanzen als gerade noch unbedenklich angesehene Vertragsdauer von 15 Jahren entspricht aber tatsächlich dem ausgewogenen Anliegen beider Teile. Es besteht kein Anlass, schon eine 10 Jahre überschreitende Bindung als sittenwidrig zu bezeichnen, weil der Beklagte doch auch erhebliche Äquivalente für ihre Bindung zugestanden wurden. Diese Leistungen der Klägerin sind aber doch nicht so gewichtig, dass sie die Bindung über den ohnehin langen Zeitraum von eineinhalb Jahrzehnten hinaus rechtfertigten. Die Beklagte, die meint, es müssten noch besondere Umstände hinzutreten, damit die Dauer der Bindung im Wege der Sittenwidrigkeitsprüfung nach § 879 Abs 1 ABGB abgekürzt werden darf, verkennt die Ausführungen des Obersten Gerichtshofs im Aufhebungsbeschluss. Stehen der Einschränkung der wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit des Abnehmers nicht im Einzelfall ganz besondere Leistungen des Unternehmers, der sich den Absatz und die Marktpräsenz durch die Abnahmepflicht sicherte, gegenüber, so wird eine überlange Bindung schon deshalb als Knebelung sittenwidrig sein, ohne dass der Abnehmer nachweisen müsste, dass er die Ware sonst günstiger beziehen könnte. Gerade die im Wirtschaftsleben auftretende Notwendigkeit freier Entscheidung, wie etwa die Verlagerung der Tätigkeit der Vertragswerkstätte mit Inkaufnahme einer Verringerung des Geschäftsumfangs des Betriebsnachfolgers, zeigt, dass die Bindung über 15 Jahre, in denen sich gewichtige Umschichtungen ergeben können, den guten Sitten widerstreitet.

Bei der Abwägung der schutzwürdigen beiderseitigen Interessen ist von allen – hier ausreichend festgestellten – Umständen der Vertragsgestaltung auszugehen. Der zugesicherten Jahres‑ und Gesamtabnahmemenge kommt, weil es sich von vorne herein um eine von beiden Vertragsteilen zu vertretende Fehleinschätzung des Markts handelte, keine eine andere Beurteilung erzwingende Bedeutung zu. Die Anpassung an den tatsächlichen Bedarf und die angemessene Bindungsdauer von 15 Jahren entspricht dem Gebot, den Vertrag nur insoweit aufrecht zu belassen, als nicht eine den guten Sitten widerstreitende Knebelung der Beklagten vorlag, die durch das Interesse der Klägerin an der Bindung ihres Partners nicht mehr angemessen erscheint. Dabei kann es auch nicht darauf ankommen, ob in der Branche eine Übung besteht, solche Abnahmeverpflichtungen für Schmiermittel‑ und Treibstoffbezug auch auf längere als 15‑jährige Dauer zu vereinbaren, weil die Prüfung im Einzelfall stattfinden muss.

Es kommt daher auch nicht darauf an, ob die von der Klägerin als Gegenleistung zur Verfügung gestellten Werte der Übung der Branche entsprechen. Die festgestellten Leistungen der Klägerin sind nämlich insgesamt auch unter Berücksichtigung der Geldwertänderung nicht so bedeutend, dass ein Ausnahmefall vorläge, der eine längere Bindung als auf 15 Jahre zuließe.

Der Ansicht der Vorinstanzen, dass die Beklagte der Klägerin den durch die Vertragsverletzung zugefügten im Gewinnausfall gelegenen Schaden grundsätzlich mit der Einschränkung zu ersetzen hat, dass die vertragliche Bindung auf die nicht sittenwidrige Dauer von 15 Jahren verkürzt wird, wird beigetreten.

Bei der Ermittlung der Höhe dieses Gewinnentgangs ist zu Recht von der Vorschrift des § 273 ZPO ausgegangen worden. Die Vorinstanzen haben alle bedeutsame Umstände berücksichtigt. Es stimmt auch, dass ein Rückgang des Bedarfs an Schmiermitteln, wie er auch ohne die Vertragsverletzung der Beklagten eingetreten wäre, der Beklagten nicht zur Last fallen darf. Bedenkt man, dass ihre eigene Abnahme in den ersten zehn Jahren der Vertragslaufzeit auch nur bei 7.000 Litern/kg lag, in der Phase vor der Aufgabe der Landesvertretung jedoch immer noch weit unter 12.000 Liter/kg, ist sowohl die Einschätzung der Bezugsmenge als auch der durch von der Beklagten nicht zu vertretende Umstände eingetretenen Bedarfsminderung realistisch. Bei der Gewinnermittlung wurde auch durch die Einbeziehung der von der Klägerin zugesagten und früher auch gewährten Preisnachlässe der Rahmen des Ermessens nicht überschritten. Dass die fiktive Lage bei vertragsgetreuem Verhalten der Beklagten – diese haftet für den Schaden der Klägerin nur im Umfange der Vertragsverletzung nicht aber darüber hinaus – nur eine grobe Schätzung der Schadenshöhe erlaubt, liegt auf der Hand.

Der Oberste Gerichtshof sieht sich durch die Einwände der Parteien gegen die Vorgangsweise bei der Ermittlung der Höhe des zu ersetzenden Gewinnentgangs nicht veranlasst, an dem in Ausübung des gebundenen Ermessens gefundenen Ergebnis zu rütteln, das sachgerecht und billig ist.

Soweit sich die Beklagte schließlich dadurch beschwert fühlt, dass ihrem die gesetzlichen Zinsen von 5 % (§ 352 HGB) übersteigenden Zinsenbegehren nicht stattgegeben wurde, liegt gleichfalls kein Rechtsirrtum des Berufungsgerichts vor. Es ist Sache des Klägers, seinen Anspruch nicht nur durch Tatsachenbehauptungen darzulegen sondern auch die Beweise zu erbringen. Wenn die Klägerin eine angebotene Urkunde nicht vorlegte und die Parteiaussage des Vorstandsmitglieds eine ausreichende Feststellung der erheblichen Tatsachen nicht zulässt, ist der Beweis eines die gesetzlichen Zinsen übersteigenden wirklichen Schadens nicht erbracht. Ob schon die zur Begründung dieses Teilanspruchs vorgetragenen Tatsachenbehauptungen unzureichend waren, fällt dabei nicht mehr ins Gewicht. Als gerichtsbekannt kann die Tatsache, dass ein Mineralölgroßhändler immer Kredit in Anspruch nimmt, der den zugesprochenen Betrag übersteigt und mit mehr als 5 % zu verzinsen ist, nicht gelten. Sie hätte des Nachweises bedurft.

Beiden Revisionen kommt daher kein Erfolg zu.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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