Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahingehend abgeändert, daß die von der beklagten Partei erhobene Einrede der sachlichen Unzuständigkeit verworfen wird. Dem Erstgericht wird die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 27.934,20 (darin enthalten S 4.655,70 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens über die Unzuständigkeitseinrede zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Klägerin begehrt vom Beklagten, ihrem Ehemann, die Rückzahlung eines Darlehens von S 350.000 s.A., wobei sie ihren Anspruch auch auf den Titel der Bereicherung stützt. Sie habe dem Beklagten im Jahr 1977 den ihr zustehenden halben Verkaufserlös (S 250.000) aus der Veräußerung der vormaligen Ehewohnung überlassen und ihm S 100.000 an eigenen Ersparnissen übergeben, ohne von der Formgebundenheit eines solchen Darlehens zu wissen. Der Beklagte habe das Darlehen, zu dessen Rückzahlung er sich ausdrücklich verpflichtet habe, zum Ankauf einer Liegenschaft verwendet, die in seinem Alleineigentum stehe.
Für diese Klage hat die Klägerin die Wertzuständigkeit des Gerichtshofes erster Instanz in Anspruch genommen. Über ausdrückliche Unzuständigkeitseinrede des Beklagten hat sich jedoch das Erstgericht für sachlich unzuständig erklärt und die Klage zurückgewiesen. Da der eingeklagte Anspruch aus dem Verkauf der ehelichen Wohnung resultiere, sei davon auszugehen, daß eine Streitigkeit aus dem gegenseitigen Verhältnis der Ehegatten vorliege, über die gemäß § 49 Abs 2 Z 2 lit c JN das Bezirksgericht zu entscheiden habe.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:
§ 49 Abs 2 Z 2 lit c JN setze nach herrschender Rechtsprechung voraus, daß die Streitigkeit ohne das familienrechtliche Verhältnis nicht denkbar wäre. Das treffe auf einen Anspruch aus einer Vereinbarung zu, wonach ein Ehegatte die Hälfte der Rückzahlungsrate eines Darlehens für Investitionen in das als Ehewohnung verwendete Haus zu leisten hat. In solchen Fällen komme familienrechtlichen (und nicht nur schuldrechtlichen) Fragen typischerweise besondere Bedeutung für die Begründung und Beendigung des Rechtsverhältnisses zu.
Im vorliegenden Fall habe die Klägerin anläßlich ihrer Vernehmung in der mündlichen Streitverhandlung am 3.11.1993 deponiert, sie und der Beklagte hätten aus dem Verkaufserlös der früheren Ehewohnung ein Haus in Puchberg gebaut, zusammen bezogen und seither als eheliche Wohnung benützt. Die behauptete Vereinbarung der Streitteile, wonach der Beklagte der Klägerin deren finanziellen Beitrag zur Errichtung der Ehewohnung zurückzuzahlen habe, weise daher auf eine aus dem gegenseitigen Verhältnis der Ehegatten entspringende Streitigkeit im Sinne des § 49 Abs 2 Z 2 lit c JN hin.
Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, daß der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei, doch wurde mittlerweile klargestellt, daß sie gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO unter den Voraussetzungen des Abs 1 leg cit angefochten werden kann (5 Ob 531/94).
Im nunmehr vorliegenden außerordentlichen Rekurs, der bereits Ausführungen zur Zulässigkeit des Rechtsmittels enthält und daher die Nachholung eines Ausspruches nach § 526 Abs 3 iVm § 500 Abs 2 Z 3 ZPO erübrigt (5 Ob 531/94 mwN), macht die Klägerin geltend, daß die Rückforderung eines Darlehens bzw eine Leistungskondiktion mangels gültigen Rechtsgrundes der Zuwendung aus einem schuldrechtlichen Verhältnis resultiere, wie es zwischen allen Personen bestehen könne, weshalb das aufrechte Eheband zwischen den Streitteilen für den geltend gemachten Rechtsgrund irrelevant sei. Nach dem Klagsvorbringen, das primär für die Erfüllung des in Anspruch genommenen Zuständigkeitstatbestandes maßgebend sei, liege daher keine Eigenzuständigkeit des Bezirksgerichtes nach § 49 Abs 2 Z 2 lit c JN vor. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben, die Unzuständigkeitseinrede des Beklagten zu verwerfen und die Rechtssache zur weiteren Verhandlung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Vom Beklagten liegt dazu eine Rekursbeantwortung mit dem Antrag vor, das Rechtsmittel der Klägerin mangels Erfüllung der Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückzuweisen oder ihm keine Folge zu geben.
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil die Entscheidung des Rekursgerichtes von der Judikatur des Obersten Gerichtshofes abweicht, und im Sinne seines Aufhebungsbegehrens auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrmals - zuletzt in EvBl 1994/36 mwN - entschieden hat, sind mit Streitigkeiten aus dem gegenseitigen Verhältnis der Ehegatten nur solche gemeint, die im Familienrecht wurzeln und ohne Berücksichtigung der den Ehegatten kraft Gesetzes auferlegten besonderen Rechte und Pflichten nicht zu lösen sind. Die Streitigkeit darf ohne das Eheverhältnis gar nicht denkbar sein. Kann der geltend gemachte Anspruch auch zwischen Personen bestehen, die nicht miteinander verheiratet sind bzw verheiratet waren, liegt keine Streitigkeit aus dem Eheverhältnis vor (Simotta, Was sind Streitigkeiten aus dem Eheverhältnis? Eine Judikaturanalyse, in Beiträge zum Zivilprozeßrecht IV, 247). Maßgebend für die Beurteilung, ob der Zuständigkeitstatbestand des § 49 Abs 2 Z 2 lit c JN erfüllt ist, sind dabei primär die Klagsbehauptungen. Ein Rückgriff auf die Einwendungen des Beklagten ist nur insoweit gestattet, als dadurch ein auslegungsbedürftiges Vorbringen des Klägers verdeutlicht werden kann (EvBl 1994/36).
In diesem Sinn hat der Oberste Gerichtshof bereits entschieden, daß keine Streitigkeit aus dem Eheverhältnis vorliegt, wenn eine Frau von ihrem Ehemann (mit dem Hinweis auf eine gleichzeitig eingebrachte Scheidungsklage) die Rückzahlung einer bestimmten Geldsumme mit der Behauptung begehrt, sie habe dem Beklagten ein Darlehen gewährt, das sie nun - auch gestützt auf den Rechtsgrund der Bereicherung - zurückfordere (6 Ob 620/90, teilweise veröffentlicht in EFSlg 66.861; siehe diese Entscheidung auch bei Simotta aaO, 217). Da hier nach den maßgeblichen Klagsbehauptungen über eine vergleichbare Streitigkeit zu entscheiden ist, hat die Klägerin zu Recht die Wertzuständigkeit des Erstgerichtes in Anspruch genommen.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)