Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
In Abänderung der angefochtenen Entscheidung wird der Sachbeschluss des Erstgerichts wiederhergestellt.
Text
Begründung
Die Antragsgegner sind Miteigentümer des Hauses *****, im 2. Wiener Gemeindebezirk. Die Antragstellerin ist seit 31. 3. 1970 Hauptmieterin der in diesem Haus gelegenen Wohnung Nr 8, die aus 3 Zimmern, Küche, WC und Vorzimmer besteht und eine Nutzfläche von 94,8 m2 hat. Die Antragstellerin hat ihre Rechtsstellung als Hauptmieterin dieser Wohnung durch Eintritt in den von ihrem Vater Kurt W***** am 28. 6. 1957 geschlossenen Hauptmietvertrag erworben. Zur Zeit des Abschlusses dieses Hauptmietvertrags wies die Wohnung eine eigene Wasserentnahmestelle und ein WC innerhalb des Wohnungsverbandes auf. § 2 des Hauptmietvertrags vom 28. 6. 1957 lautet: „Einverständlich wird festgestellt, dass der Mietgegenstand den Bestimmungen des Mietengesetzes unterliegt. Als Mietzins wird auf die Dauer der Geltung des Mietengesetzes der jeweils nach dessen Bestimmungen gesetzlich zulässige Höchstzins samt Zuschlägen vereinbart. Der Jahresmietzins für 1914 betrug für den Mietgegenstand 1.220 K. Der Mieter verpflichtet sich zur Entrichtung eines Zuschlags von 13 1/3 Groschen je Krone dieses Jahresmietzinses. Nach einem eventuellen Außerkrafttreten des Mietengesetzes ist der ortsübliche Mietzins zu entrichten. ...“
Mit Brief vom 28. 6. 1982 begehrten die Antragsgegner durch ihren Hausverwalter von der Antragstellerin ab dem Zinstermin Juli 1982 den auf der Grundlage der Ausstattungskategorie C errechneten Hauptmietzins von 1.042,80 S und schreiben ihr seither monatlich den gleich hohen Mietzins zur Zahlung vor. Die Antragstellerin zahlt jedoch weiterhin den ihr vorher vorgeschriebenen Gesamtmietzins von monatlich 1.597,27 S, in welchem 284,82 S an Hauptmietzins enthalten sind.
Das Erstgericht wies den Antrag der Hauptmieterin auf Feststellung, dass die Antragsgegner durch die Vorschreibung eines Hauptmietzinses von 1.042,80 S das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten hätten, mit der Begründung ab, dass die Vorschreibung des neuen Hauptmietzinses durch die Antragsgegner berechtigt sei, denn sie entspreche der getroffenen Vereinbarung im Hauptmietvertrag vom 28. 6. 1957: nach dem Außerkrafttreten des Mietengesetzes dürfe der Vermieter den ortsüblichen Mietzins verlangen und als solcher sei seit dem Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes für eine Wohnung der Ausstattungskategorie C, wie sie die Antragstellerin benütze, mit einer Nutzfläche von 94,8 m2 ein Betrag von 1.042,80 S angemessen und ortsüblich; es sei ortsüblich, für Wohnungen, die nicht die Voraussetzungen des § 16 Abs 1 MRG erfüllen, den nach Abs 2 leg cit vorgsehenen Kategoriemietzins zu vereinbaren.
Das Rekursgericht stellte in Abänderung des Sachbeschlusses des Erstgerichts fest, dass die Antragsgegner vom Zinstermin 1. 7. 1982 bis zum Zinstermin 1. 2. 1983 der Antragstellerin gegenüber durch die Vorschreibung eines den Betrag von 284,82 S übersteigenden monatlichen Hauptmietzinses von 1.042,80 S für die Wohnung Nr 8 im Haus *****, das gesetzlich zulässige Zinsausmaß um monatlich je 757,98 S überschritten hätten.
Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Rekursgericht im Wesentlichen an:
Die Antragsgegner wären nach dem Wortlaut des Mietvertrags berechtigt, von der Antragstellerin den Kategoriezins zu begehren, wenn man unterstelle, dass die im Jahr 1957 getroffene entsprechende Vereinbarung nicht gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstoßen habe. Die Zulässigkeit einer Mietzinsvereinbarung müsse nach dem Zeitpunkt der Vereinbarung beurteilt werden. Ihre Zulässigkeit zu einem späteren Zeitpunkt berühre deshalb die Unwirksamkeit der Vereinbarung zu einem früheren Zeitpunkt nicht, auch wenn die Vereinbarung gerade für den Fall der Änderung der gesetzlichen Zinsbeschränkungen getroffen wurde. Bejahte man nämlich die Wirksamkeit von Vereinbarungen wie der hier vorliegenden, so führte dies zu einer vom Gesetzgeber sicher nicht beabsichtigten Knebelung des Mieters mit unabsehbaren Folgen für die Zukunft, weshalb derartige Vereinbarungen generell als unzulässig und unwirksam angesehen werden müssten. Die Gültigkeit solcher Vereinbarungen in Formularverträgen müsse sich am Schutzzweck des Mietengesetzes orientieren. Es sei unbestritten, dass sich der bei Abschluss des Mietvertrags regelmäßig in einer Zwangslage befindliche Mieter zu dieser Zeit nicht wirksam zur Bezahlung eines höheren als des gesetzlich zulässigen Mietzinses verpflichten könne und jede darüber hinausgehende Zahlungsverpflichtung mit Teilnichtigkeit behaftet sei. Dabei könne es keinen Unterschied machen, ob sich der Mieter mit sofortiger Wirkung zur Bezahlung eines höheren als des zulässigen Entgelts verpflichte oder für einen in unbestimmter Zukunft gelegenen Zeitpunkt die Verpflichtung übernimmt, einen höheren Mietzins zu zahlen, zu dem er sich bei Mietvertragsschluss nicht habe wirksam verpflichten können. Es könne nicht damit argumentiert werden, dass zu dem Zeitpunkt, zu dem die vereinbarte Mietzinserhöhung zum Tragen komme, derartige Mietzinsvereinbarungen zulässig seien, denn es müsse die Zulässigkeit auf den Zeitpunkt der Vereinbarung abgestellt werden. Die hier vorliegende Vereinbarung, auf die sich die Antragsgegner berufen, sei unwirksam.
Die Antragsgegner bekämpfen den Sachbeschluss des Rekursgerichts mit Revisionsrekurs. Sie beantragen, den Sachbeschluss des Erstgerichts wiederherzustellen.
Rechtliche Beurteilung
Die Antragstellerin begehrt, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.
Die Rechtsansicht des Rekursgerichts, dass die Mietzinsvereinbarung, auf die sich die Antragsgegner berufen, nicht rechtsgültig sei, kann nicht geteilt werden. Es entspricht, wie Meinhart in der ImmZ 1984, 327 überzeugend dargelegt und der 7. Senat des Obersten Gerichtshofs in seiner Entscheidung vom 29. 11. 1984, 7 Ob 657/84, zustimmend erkannt hat, der ständigen und mit der herrschenden Lehre (vgl Gschnitzer in Klang 2 IV/1, 171) in Einklang stehenden Rechtsprechung (MietSlg 28.265, 16.263/18, 9.563/15, 7.227/39 ua), dass schon vor dem Zeitpunkt der Lockerung oder Liberalisierung der Vorschriften über die Mietzinsbildung geschlossene Vereinbarungen für den Fall des Wegfalls oder der Aufhebung des Verbots einer freien Mietzinsvereinbarung als zulässig anzusehen sind, wenn das gesetzliche Verbot nur die Zeit des Vertragsschlusses erfasste. Die Vertragsklausel, dass nach einem eventuellen Außerkrafttreten des Mietengesetzes der ortsübliche Mietzins zu entrichten ist, ist deshalb nicht ungültig. Die Höhe des zu zahlenden Zinses musste, damit diese Vereinbarung dem Erfordernis des § 1094 ABGB entspricht, nicht unmittelbar bestimmt werden, vielmehr genügte es, dass der Vertrag hinreichende Anhaltspunkte liefert, die die Höhe des Zinses unter Heranziehung gesetzlicher Auslegungsregeln nach der Verkehrssitte und dispositiven Gesetzesnormen bestimmen (MietSlg 24.090; so auch 7 Ob 657/84), ohne dass es einer neuerlichen Willenseinigung der Vertragsparteien bedarf und ohne dass die Zinsfestsetzung dem freien Belieben eines Vertragsteils überlassen bleibt (MietSlg 21.147/24; ebenso 7 Ob 657/84). Es muss also ein angemessener Mietzins in Beziehung auf Vergleichsobjekte oder ein volkswirtschaftlich gerechtfertigter, ortsüblicher oder ein sonst gesetzlich zulässiger höchster Mietzins sein; seine objektive Bestimmbarkeit genügt demnach (MietSlg 31.147 ua; zuletzt 7 Ob 657/84; Meinhart aaO 327 f). Diesen Grundsätzen entspricht das Begehren der Antragsgegner, wenn sie von der Antragstellerin für die 94,8 m2 Nutzfläche große Wohnung mit den ‑ wie außerstreitgestellt ist ‑ Merkmalen der Kategorie C (§ 16 Abs 2 Z 3 MRG) den gesetzlich vorgesehenen Hauptmietzins von 1.042,80 S begehrt. Dass der ortsübliche Mietzins diesfalls niedriger sei als der gesetzliche Kategoriemietzins, wurde nicht behauptet.
Der Hinweis des Rekursgerichts auf den Formularvertragscharakter des Mietvertrags vom 28. 6. 1956 ist bedeutungslos, weil einerseits eine „verdünnte Willensfreiheit“ des seinerzeitigen Mieters Kurt W***** zur Zeit des Vertragsschlusses hier nicht geltend gemacht worden ist und andererseits es sich bei der Vertragsklausel des § 7 dieses Vertrags mit der Überschrift „Mietzins“ nach Lage und Größe der Druckschrift nicht um eine übersehbare Vertragsbestimmung handelt, für die etwa § 864a ABGB angewendet werden müsste.
Aus den dargelegten Erwägungen muss in Abänderung des Sachbeschlusses des Rekursgerichts die erstinstanzliche Entscheidung wiederhergestellt werden.
Ein Kostenausspruch entfällt, da im Rechtsmittelverfahren von den Parteien keine Kosten verzeichnet wurden.
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