OGH 7Ob657/84

OGH7Ob657/8429.11.1984

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Petrasch, Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stephan D*****, vertreten durch Dr. Hans Bichler, Dr. Daniel Charim und Dr. Wolfgang Spitzy, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Wilhelm P*****, vertreten durch Dr. Hellfried Stadler, Rechtsanwalt in Mistelbach, wegen Abgabe einer Willenserklärung (Streitwert 70.000 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 6. Juni 1984, GZ 41 R 401/84‑22, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 30. Jänner 1984, GZ 45 C 298/82‑16, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0070OB00657.840.1129.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichts – die in ihrem abweisenden Teil unbekämpft geblieben ist – in ihrem stattgebenden Teil und im Kostenpunkt wiederhergestellt wird.

Dem Kostenrekurs der klagenden Partei ON 17 wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 4.079,36 S (darin 357,76 S an Umsatzsteuer und 144 S an Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 2.555,68 S (darin 214,88 S an Umsatzsteuer und 192 S an Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die klagende Partei hat die Kosten des Rekurses ON 17 selbst zu tragen.

 

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist Eigentümer des Hauses *****. Der Beklagte ist aufgrund des Vertrags vom 4. 12. 1963 Mieter der Geschäftsräumlichkeiten top Nr 4/5 dieses Hauses, bestehend aus einem Verkaufslokal und einem Nebenraum. Punkt 2 des Mietvertrags enthält unter anderem folgende Bestimmungen: „Als Mietentgelt verpflichtet sich der Mieter, einen ... Betrag zu bezahlen, der sich zusammensetzt aus ... Diese Beträge werden auf Grund des Jahresmietzinses 1914, der für den Mietgegenstand mit 1.500 Kronen vereinbart war, berechnet. Nach Aufhebung der gegenwärtigen gesetzlichen Festsetzung der Mietzinse tritt an Stelle der oben angeführten Beträge ein frei zu vereinbarende Mietentgelt im ortsüblichen Ausmaß.“ Der Kläger hat die Vertragsbestimmung betreffend ein frei zu vereinbarendes Mietentgelt im ortsüblichen Ausmaß bis zum Dezember 1981 nicht in Anspruch genommen. Das Geschäftslokal 4/5 hat eine Nutzfläche von 46,4 m 2 . Der ortsübliche Mietzins beträgt 37,50 S pro m 2 , insgesamt daher 1.740 S monatlich.

Mit der am 10. 5. 1982 eingelangten Klage stellt der Kläger das Begehren, der Beklagte sei schuldig, seine Einwilligung in die Vereinbarung zu erklären, dass er dem Kläger an Hauptmietzins für das Geschäftslokal ab 1. 2. 1982 monatlich 2.750 S zu bezahlen habe. Der Kläger bringt vor, gemäß dem am 1. 1. 1982 in Kraft getretenen Mietrechtsgesetz seien Vereinbarungen über die Höhe des Hauptmietzinses einer Geschäftsräumlichkeit bis zu dem nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs‑ und Erhaltungszustand angemessenen Betrag zulässig. Der Beklagte sei mit Schreiben vom 28. 1. 1982 aufgefordert worden, in eine Vereinbarung einzuwilligen, wonach der Hauptmietzins für das Geschäftslokal top Nr 4/5 ab 1. 2. 1982 den ortsüblichen Mietzins von monatlich 2.750 S betrage; er habe seine Einwilligung jedoch nicht gegeben.

Der Beklagte beantragt die Abweisung der Klage und macht geltend, die der Klage zugrundeliegende Vereinbarung im Mietvertrag vom 4. 12. 1963 stelle eine unzulässige und unwirksame Umgehung der zwingenden Bestimmungen des Mietengesetzes über die Höhe des Mietzinses dar. Der derzeit bezahlte Mietzins sei angemessen. Der Kläger habe sich des Rechts auf Anhebung des Mietzinses durch Nichtgeltendmachung insoweit verschwiegen, als dieses Recht nicht anlässlich der Mietengesetznovelle 1968 in Anspruch genommen worden sei.

Das Erstgericht erkannte den Beklagten schuldig, zu der Vereinbarung mit dem Kläger, dass für das Geschäftslokal top Nr 4/5 im Haus *****, ab 1. 2. 1982 ein monatlicher Hauptmietzins von 1.740 S zu bezahlen sei, eine zuzustimmende Willenserklärung abzugeben; das Mehrbegehren wies es ab. In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht den Standpunkt, die Vereinbarung eines ortsüblichen Mietentgelts für die Zeit nach Aufhebung der gesetzlichen Bestimmungen über die Mietzinshöhe sei zulässig gewesen. Der Abschluss einer freien Mietzinsvereinbarung aufgrund des Mietrechtsänderungsgesetzes 1967 ab dem 1. 1. 1968 wäre nur mit Zustimmung des Beklagten möglich gewesen.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren (zur Gänze) ab. Es sprach aus, dass der Wert des von der Abänderung betroffenen Streitgegenstands 15.000 S, nicht jedoch 300.000 S übersteigt, und dass die Revision zulässig sei. Es vertrat die Ansicht, die Vertragsbestimmung, wonach nach Aufhebung der gesetzlichen Festsetzung der Mietzinse anstelle der im Vertrag vereinbarten Beträge ein frei zu vereinbarendes Mietentgelt im ortsüblichen Ausmaß trete, sei nicht zulässig gewesen. Die Gültigkeit der Vereinbarung über die Höhe des Mietzinses sei gemäß § 43 Abs 2 MRG nach den bisher in Geltung gestandenen Vorschriften des Mietengesetzes zu beurteilen. Das Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes habe keine Sanierung rechtsunwirksamer Zinsvereinbarungen mit sich gebracht. Die Beurteilung der Gültigkeit von Vereinbarungen in Formularverträgen hinsichtlich der Möglichkeit einer Zinserhöhung im Fall einer noch nicht absehbaren Beseitigung oder Lockerung der bei Vertragsabschluss bestehenden Zinsbeschränkungen müsse sich nach dem Schutzzweck des Mietengesetzes orientieren. Nach einhelliger Meinung könne sich der bei Abschluss eines Bestandvertrags regelmäßig in einer Zwangslage befindliche Mieter bei Mietvertragsabschluss nicht wirksam zur Bezahlung eines höheren als des gesetzlich zulässigen Mietzinses verpflichten, sodass jede darüber hinausgehende Zahlungsverpflichtung mit Teilnichtigkeit behaftet sei. Es mache aber keinen entscheidenden Unterschied, ob sich der Mieter mit sofortiger Wirkung zur Bezahlung eines höheren als des zulässigen Entgelts verpflichte oder für einen unbestimmter Zukunft gelegenen Zeitpunkt die Verpflichtung übernehme, einen höheren Mietzins zu bezahlen. Im Jahre 1963 habe nach § 16 Abs 2 MietG in der damals geltenden Fassung eine freie Vereinbarung über die Höhe des Mietzinses bei Geschäftsräumlichkeiten nur dann getroffen werden können, wenn die Vermietung des Objekts vor Ablauf eines Jahres nach der Räumung durch den früheren Mieter erfolgt sei und der Jahresmietzins für Geschäftsräumlichkeiten in Wien 4.000 Kronen überstiegen habe. Der Jahresmietzins 1914 für das gegenständliche Geschäftslokal habe 1.500 Kronen betragen. Das Klagebegehren sei daher nicht berechtigt. Die Revision sei zuzulassen gewesen, weil der Oberste Gerichtshof – in der Entscheidung 2 Ob 513/84 – sich zwar bereits mit der Frage beschäftigt habe, ob der nach einer Vereinbarung wie im vorliegenden Fall neu zu vereinbarende Mietzins bestimmbar sei, eine Rechtsprechung zu der Frage, ob eine solche Vereinbarung mit Rücksicht auf die Schutzbestimmungen des Mietengesetzes überhaupt zulässig sei, dagegen noch nicht vorliege.

Der Kläger bekämpft das Urteil des Berufungsgerichts mit Revision aus dem Grund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und beantragt, es im klagsstattgebenden Sinn abzuändern oder es aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und berechtigt.

Der Kläger macht geltend, Zweck der Zinsbeschränkungen des Mietengesetzes sei es gewesen, den Bestandnehmern Schutz hinsichtlich der Mietzinshöhe zu gewähren. Dieser Schutzzweck werde durch eine Vereinbarung, womit der Abschluss einer neuen Mietzinsvereinbarung für die Zeit nach dem Außerkrafttreten der gesetzlichen Mietzinsfestsetzung vorgesehen werde, nicht verletzt.

Der Oberste Gerichtshof pflichtet diesen Ausführungen bei.

Das Berufungsgericht hat sich in ausführlicher Weise mit der Entscheidung des Revisionsgerichts vom 29. 2. 1984, 2 Ob 513/84 (inzwischen besprochen in ÖHB 1984, Heft 6; S 6 f, vgl auch Meinhart in ImmZ 1984, 327 ff und 352 ff) befasst, in der ein ähnlich gelagerter Fall zu beurteilen war, da die Partner eines Mietvertrags über ein Geschäftslokal im Jahre 1956 vereinbart hatten, es sei „nach Abänderung der gesetzlichen Vorschriften über die Mietzinsbildung ein neu zu vereinbarender Mietzins zu bezahlen“. Es hat sich jedoch der Oberste Gerichtshof in dieser Entscheidung mit der Frage, ob eine derartige Vereinbarung im Jahre 1956 überhaupt wirksam getroffen werden konnte und inwieweit sie mit den damals zwingenden gesetzlichen Vorschriften des Mietengesetzes in Einklang zu bringen war, nicht auseinandergesetzt, sondern ist offensichtlich von der Zulässigkeit derartiger Vereinbarungen ausgegangen.

Eine Auseinandersetzung mit dieser Frage ist auch im vorliegenden Fall entgegen der Meinung des Berufungsgerichts entbehrlich. Es entspricht, wie Meinhart aaO 327 zutreffend ausführt, der ständigen, mit der Lehre (vgl auch Gschnitzer in Klang 2 IV/1, 171) in Einklang stehenden Rechtsprechung (MietSlg 28.265, 16.263/18, 9.563/15, 7.227/39 ua), dass schon vor dem Zeitpunkt einer Lockerung oder Liberalisierung der Mietzinsbildungsvorschriften geschlossene Vereinbarungen für den Fall des Wegfalls oder der Aufhebung des Verbots einer freien Zinsvereinbarung als zulässig anzusehen sind, wenn das gesetzliche Verbot nur die Zeit des Vertragsabschlusses erfasste. Auch die in dem zwischen den Streitteilen am 4. 12. 1963 abgeschlossenen Mietvertrag enthaltene Klausel wurde daher in zulässiger Weise vereinbart, da sie erst „nach Aufhebung der gegenwärtigen gesetzlichen Festsetzung der Mietzinse“ gelten sollte.

Es ist aus diesem Grund weiter zu prüfen, ob eine Einigung über den aufschiebend bedingten zukünftigen Zins bereits im Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses vorlag, ob der vereinbarte freie Zins also bestimmt oder doch bestimmbar ist (§ 1094 ABGB). Es ist nicht erforderlich, dass der künftige Mietzins, um rechtsgültig bedungen zu sein, unmittelbar bestimmt ist, es genügt, wenn der Vertrag hinreichend Anhaltspunkte liefert, die die Höhe des Zinses unter ergänzender Heranziehung gesetzlicher Auslegungsregeln nach der Verkehrssitte, dispositiven Gesetzesvorschriften bestimmen (MietSlg 24.090), ohne dass es einer neuerlichen Willenseinigung der Parteien bedarf und ohne dass die Zinsfestsetzung dem freien Belieben eines Vertragspartners überlassen bleibt (MietSlg 21.147/24; vgl auch 2 Ob 513/84). Es muss also ein angemessener Mietzins unter Hinweis auf Vergleichsobjekte, oder ein volkswirtschaftlich gerechtfertigter, ortsüblicher Mietzins oder der dann höchstzulässige Mietzins sein. Der zukünftige Mietzins muss somit objektiv bestimmbar sein (MietSlg 31.147 ua; Meinhart aaO 327 f).

Die Vereinbarung eines Mietentgelts im „ortsüblichen Ausmaß“ wurde vom Erstgericht mit Recht als ausreichend angesehen, weil ein derartiger Mietzins objektiv bestimmbar ist und im vorliegenden Verfahren auch bereits bestimmt wurde.

Die Einwendung des Beklagten, der Kläger habe sich des Rechts auf Anhebung des Mietzinses durch Nichtgeltendmachung verschwiegen, weil er dieses Recht nicht bereits anlässlich der „Mietengesetz‑Novelle 1968“ (Mietrechtsänderungsgesetz 1967) in Anspruch genommen habe (AS 61), hat das Erstgericht als verfehlt angesehen, weil der Abschluss einer freien Mietzinsvereinbarung ab dem 1. 1. 1968 aufgrund des MRÄG 1967 nur mit Zustimmung des Beklagten möglich, nicht aber klagbar gewesen wäre, weil die Friedenskronenzinse im Jahre 1968 nicht aufgehoben worden seien. Das Berufungsgericht ist auf diesen Einwand nicht eingegangen. Es hat nur (zutreffend) darauf hingewiesen, dass im Jahre 1963 eine freie Vereinbarung über die Höhe des Mietzinses bei Geschäftsräumlichkeiten nur dann habe getroffen werden können, wenn der Jahresmietzins in Wien 4.000 Kronen überstiegen habe, was hier nicht der Fall sei.

Diese vom Berufungsgericht hervorgehobene Einschränkung hat allerdings nur nach § 16 MietG idF des BGBl Nr 241/1955 bestanden. Sie ist mit dem MRÄG 1967, das ab dem 1. 1. 1968 in Geltung gestanden ist, weggefallen. Nach § 16 Abs 1 Z 4 MietG idF des MRÄG 1967 waren Vereinbarungen zwischen dem Vermieter und dem Mieter über die Höhe des Mietzinses nach dem 31. 12. 1967 zulässig, wenn das Mietverhältnis mindestens ein halbes Jahr bestanden hat, ohne dass eine Einschränkung durch eine Mindesthöhe des Jahresmietzinses für 1914 gegeben gewesen wäre.

Die Bestimmung des seit dem 1. 1. 1982 in Geltung stehenden § 16 Abs 1 Z 7 MRG ist inhaltlich gleichlautend mit jener des § 16 Abs 1 Z 4 MietG idF des MRÄG 1967. Es hat sich deshalb insoferne keine Änderung der Rechtslage ergeben.

Der Kläger hätte nach dieser Rechtslage zwar nicht – wie im Falle der Entscheidung 2 Ob 513/84, die sich auf einen Geschäftslokalmietvertragsabschluss vom 18. 10. 1956 mit einem Mietzins auf der Basis von 6.000 Kronen als Friedenskronenzins bezieht, sodass schon bei Vertragsabschluss nach § 16 MietG idF der Mietengesetz‑Novelle 1955 die Vereinbarung eines angemessenen Mietzinses zulässig gewesen wäre (vgl auch Meinhart aaO 328); eine Verschweigung des Erhöhungsrechts durch den Vermieter wurde in jenem Verfahren vom Mieter allerdings nicht eingewendet – bereits bei Abschluss des Mietvertrags im Jahre 1963 eine Vereinbarung über die Höhe des Mietzinses im Sinne des § 16 Abs 2 MietG idF der Mietengesetz‑Novelle 1955 abschließen können, wohl aber im Jahre 1968. Der Ansicht des Erstgerichts, eine Verschweigung des Rechts auf Anhebung des Mietzinses durch Nichtgeltendmachung liege deshalb nicht vor, weil dieses Recht nicht klagbar gewesen sei, vermag der Oberste Gerichtshof nicht beizupflichten. Die Durchsetzbarkeit des Erhöhungsrechts zu jenem Zeitpunkt unterscheidet sich vielmehr nicht von der gegenwärtigen Rechtslage. Es ist deshalb zu prüfen, ob sich der Kläger – der, wie festgestellt wurde, einen angemessenen oder ortsüblichen Mietzins bis zum Dezember 1981 nicht begehrt hat – durch das ungenützte Verstreichenlassen eines Zeitraums von 14 Jahren des Erhöhungsrechts auch für die Zukunft verschwiegen, ob er also darauf schlüssig im Sinne des § 863 ABGB verzichtet hat.

Dem österreichischen Recht ist die Verwirkung eines Anspruchs durch bloße Nichtgeltendmachung fremd. Es tritt daher Rechtsverlust vor Ablauf der Verjährungszeit grundsätzlich nur dann ein, wenn der Berechtigte ausdrücklich oder schlüssig auf das ihm zustehende Recht verzichtete. Ein schlüssiger Verzicht kann nach ständiger Rechtsprechung nur dann angenommen werden, wenn im Hinblick auf das Vorliegen besonderer Umstände die Annahme gerechtfertigt ist, dass er ernstlich gewollt ist und der Verpflichtete unter Bedachtnahme auf die im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche und unter Überlegung aller Umstände den zweifelsfreien Schluss ziehen durfte und auch tatsächlich gezogen hat, der Berechtigte habe auf seinen Anspruch ernstlich verzichtet (MietSlg XXXII, 19). Einhellige Rechtsprechung ist auch, dass für die Annahme eines schlüssigen Verzichts (etwa auf Aufwertung eines wertgesicherten Bestandzinses) hinsichtlich erst (in Zukunft) zu leistender Beträge strengere Anforderungen zu stellen sind als hinsichtlich bereits eingeforderter, gezahlter und unbeanstandet entgegengenommener Beträge (ImmZ 1976, 187). Die bloße Untätigkeit des Gläubigers bedeutet niemals einen stillschweigenden Verzicht. Bei der Beurteilung, ob ein solcher Verzicht auf die Zukunft anzunehmen ist, ist besondere Vorsicht geboten. Es müssen besondere Umstände darauf hinweisen, dass der Verzicht ernstlich gewollt ist (MietSlg XIX, 9, MietSlg XVIII, 21). Besondere Umstände – außer der Untätigkeit des Klägers durch 14 Jahre – hat der Beklagte nicht geltend gemacht. Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs in der Richtung, dass ein Verzicht auf eine Erhöhung von Mietzinszahlungen auch für die Zukunft angenommen wurde, sind, soweit überschaubar, bisher nicht ergangen. In der Entscheidung MietSlg XVIII, 21, wurde noch eine Untätigkeit des Vermieters durch 13 Jahre nicht als Verzicht gewertet.

Meinhart vertritt in der ImmZ 1984, 353, die Ansicht, das ungenützte Verstreichenlassen der zulässigen Vorschreibung eines höheren Mietzinses insbesondere seit 1. 1. 1968 (MRÄG) bis 1. 1. 1982 (MRG) stelle einen schlüssigen Verzicht dar, „insbesondere wenn das Vermieterverhalten in der konkreten Lage des Mieters nur als gänzlicher Erlass des Zinserhöhungsrechts gewertet werden kann“ (Bemerkt sei, dass in keiner der von Meinhart hiezu zitierten Entscheidungen ein Verzicht auch für die Zukunft angenommen wurde). Der Oberste Gerichtshof schließt sich der Meinung an, dass das ungenützte Verstreichenlassen eines Zeitraums von 14 Jahren nach der konkreten Lage des Falls, bei Vorliegen besonderer Umstände durchaus einen Verzicht auf ein Mietzinserhöhungsrecht auch für die Zukunft darstellen kann. Im gegenständlichen Fall wurden, worauf bereits hingewiesen wurde, besondere Umstände, die die Annahme einer Verschweigung rechtfertigen könnten, nicht geltend gemacht. In dem Zeitablauf allein aber kann ein Verzicht auf eine Erhöhung für die Zukunft nicht gesehen werden.

Es war deshalb der Revision Folge zu geben und das Urteil des Erstgerichts in seinem stattgebenden Teil wiederherzustellen.

Wiederherzustellen war auch die Kostenentscheidung des Erstgerichts. Das Erstgericht hat seine Kostenentscheidung nach § 43 Abs 1 ZPO getroffen. Der Kläger hat in einem dagegen erhobenen Rekurs (ON 17) die Ansicht vertreten, es wären ihm gemäß § 43 Abs 2 ZPO die gesamten Kosten des Verfahrens erster Instanz zuzusprechen gewesen. Das Berufungsgericht hatte aufgrund seiner Sachentscheidung keine Veranlassung, über diesen Rekurs zu entscheiden (vgl AS 101); da jedoch der Oberste Gerichtshof das erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt hat, hat er auch über den Kostenrekurs zu entscheiden ( Fasching II, 354; 6 Ob 355/61, 7 Ob 711/77 ua).

Der Kläger ist, da er eine Erhöhung des Hauptmietzinses von gegenwärtig monatlich 503,40 S (Feststellung AS 68) auf 1.740 S erwirkt hat, nur mit ca der Hälfte seines Begehrens durchgedrungen. War deshalb auch die Höhe des ortsüblichen Mietzinses von der Ausmittlung durch Sachverständige abhängig, hatte doch das Erstgericht bei einer derartigen Überklagung mit Rücksicht darauf, dass auch der Kläger als Immobilientreuhänder sachkundig ist, keine Veranlassung, von der Bestimmung des § 43 Abs 2 ZPO Gebrauch zu machen. Dem Rekurs war deshalb ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 bzw auf den §§ 40, 50 ZPO.

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