OGH 5Ob46/01b

OGH5Ob46/01b13.3.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Flossmann, Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach Dr. Franz F*****, über den Revisionsrekurs des erbserklärten Erben Ing. Franz F*****, vertreten durch Giger, Ruggenthaler & Simon Rechtsanwälte KEG, 1010 Wien, Kärntnerstraße 12, gegen den Beschluss des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgericht vom 13. November 2000, GZ 10 R 298/00a-52, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Purkersdorf vom 31. Juli 2000, GZ 1 A 169/97w-39, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der Beschluss des Rekursgerichtes wird dahingehend abgeändert, dass nicht nur die Verbücherungsanordnung in Punkt 4 des erstinstanzlichen Beschlusses vom 31. 7. 2000 (wie schon vom Rekursgericht entschieden wurde), sondern der ganze Punkt 4 ersatzlos aufgehoben wird.

Dem Erstgericht wird aufgetragen, das Verlassenschaftsverfahren in der Weise fortzusetzen, dass iSd §§ 125 und 126 AußStrG entschieden wird, welcher Erbe gegen wen seine Ansprüche aus der Erbteilungsanordnung des Erblassers einzuklagen hat und binnen welcher Frist die Klage bei sonstiger Abhandlung der Verlassenschaft ohne Berücksichtigung der auf den Rechtsweg verwiesenen Erbansprüche einzubringen ist.

Text

Begründung

Der am 24. 7. 1997 verstorbene Erblasser hat in seinem Testament vom 27. 6. 1995 seine drei Kinder (Waltraud H*****, Mag. Brigitte H***** und Ing. Franz F*****), zu gleichen Teilen zu Erben seines gesamten beweglichen und unbeweglichen Nachlassvermögens eingesetzt, dabei jedoch folgende "Erbteilungsvorschrift" verfügt:

"a) Meine Tochter Waltraud H***** erhält die mir allein gehörige Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches der Katastralgemeinde *****, Grundstücksadresse *****; sollte im Zeitpunkte meines Ablebens diese Liegenschaft noch pfandrechtlich belastet sein, hat sie diese Pfandlasten zu übernehmen;

b) meine Tochter Mag. Brigitte H***** erhält die mir allein gehörige Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches der Katastralgemeinde *****, Grundstücksadresse *****;

c) mein Sohn Ing. Franz F***** erhält die mir allein gehörige Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches der Katastralgemeinde *****, Einfamilienhaus in *****, samt dem dort befindlichen beweglichen Inventar.

Ich trage meinen Kindern auf, sich an diese Erbteilungsvorschriften zu halten."

Erst im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens wurde festgestellt, dass der Verstorbene bücherlicher Hälfteeigentümer einer weiteren Liegenschaft war, und zwar der EZ *****. Die zweite Hälfte war der vorverstorbenen Gattin des Erblassers, Dr. Eleonora F*****, zugeschrieben, sodass diesbezüglich eine Nachtragsabhandlung durchgeführt werden musste. Sie gehört jetzt in den Nachlass des Dr. Franz F*****.

Die Kinder des Verstorbenen gaben auf Grund des kundgemachten Testamentes zu je einem Drittel des Nachlasses jeweils bedingte Erbserklärungen ab, die auch zu Gericht angenommen wurden. In weiterer Folge entstanden aber Differenzen zwischen den Erben über den Wert einzelner nachlasszugehöriger Liegenschaften und darüber, wie die Erbteilungsanordnung zu verstehen sei. Streitpunkt ist vor allem, ob die im Testament nicht erwähnte Liegenschaft EZ *****, die in der Natur eine Einheit mit der dem Ing. Franz F***** zugedachten Liegenschaft EZ ***** darstellt, von der Zuweisung an Ing. Franz F***** umfasst sein sollte und ob diese Anordnung nur deshalb irrtümlich unterblieb, weil die Existenz des fraglichen Grundstücks als eigener Grundbuchskörper dem Erblasser gar nicht bewusst war. Denkbar wäre auch, das dieses Grundstück von der Erbteilungsanordnung ausgeklammert bleiben sollte.

Mit Beschluss vom 31. 7. 2000 hat das Erstgericht nach Inventierung des Nachlasses das mit den Erben errichtete Inventar zu Gericht angenommen, den Miterben das Verfügungsrecht über vorhandene Barguthaben eingeräumt, die Bestimmung der Sachverständigengebühren einer eigenen Entscheidung vorbehalten und im hier maßgeblichen Punkt 4 Folgendes angeordnet:

"Der Akt wird nach Rechtskraft dieses Beschlusses dem Gerichtskommissär Öffentl. Notar Dr. Franz F***** zur Vorbereitung von Mantelbeschluss und Einantwortungsurkunde übersendet, wobei hinsichtlich der Verbücherung betreffend EZ ***** und EZ ***** die Einverleibung des Eigentumsrechtes zugunsten von Ing. Franz F***** anzuordnen sein wird, weil in der erblasserischen letztwilligen Verfügung (Testament vom 27. 6. 1995) - offensichtlich hinsichtlich des gesamten Liegenschaftsbesitzes von OMR Dr. Franz F***** durch ihn eine Aufteilung erfolgte, da in der Natur die vorgenannten Grundstücke ***** eine Einheit darstellen (siehe SV-GA DI S*****, insbesondere Planskizze nach Seite 50) und in der hg. Verlassenschaft nach Dr. Eleonora F***** I A 191/94a der zu I A 1 69/97w Erblasser OMR Dr. Franz F***** als dort Erbe sich einer "gesonderten" EZ ***** gar nicht bewusst war (siehe Eidesstättiges Vermögensbekenntnis I A 191/94a-4, vom 11. 1. 1995 (also vor Testamentserrichtung!) (siehe AS 12) und daher in späterer Folge diesbezüglich sogar eine Nachtragsabhandlung zu I A 191/94a vorgenommen werden musste."

Gegen diesen Beschluss erhob Mag. Brigitte H***** Rekurs, dem das Gericht zweiter Instanz in der Weise Folge gab, dass es wohl die in Punkt 4 des angefochtenen Beschlusses enthaltene Anordnung, den Akt an den Gerichtskommissär zur Vorbereitung von Mantelbeschluss und Einantwortungsurkunde zu übersenden, aufrecht hielt, die Verbücherungsanordnung jedoch ersatzlos aufhob. Begründet wurde dies wie folgt:

Gemäß § 2 Abs 2 Z 7 AußStrG solle das Gericht, insofern die Verfügung über Gegenstände der freiwilligen Gerichtsbarkeit von der Erörterung streitiger Rechtsfragen oder von Tatumständen abhängt, die sich nur durch ein förmliches Beweisverfahren ins Klare setzen lassen, über die Rechte der Parteien nicht voreilig entscheiden, sondern entweder sogleich die rechtliche Verhandlung einleiten oder die Beteiligten auf den Rechtsweg weisen. Auch über streitige Rechtsfragen sei im Rechtsweg zu entscheiden (Edlbacher, Verfahren außer Streitsachen2, E 67 zu § 2 AußStrG).

Ein Fall widerstreitender Erbserklärungen liege allerdings nicht vor.

Gemäß § 165 AußStrG sei die Beendigung der Verlassenschaftsabhandlung (durch Einantwortung) in der Regel nicht bis zur Erbteilung aufzuschieben. Lediglich dort, wo sich keine Hindernisse zeigen, sei auch die Erbteilung vorzunehmen. Eine Erbteilung vor dem Verlassenschaftsgericht könne nur stattfinden, wenn alle Erben mit der Erbteilungsregelung oder mit der Regelung durch den Außerstreitrichter einverstanden sind. Ist das nicht der Fall, so könne die Erbteilung nur auf Grund einer Erbteilungsklage im streitigen Verfahren erwirkt werden. Wird der Nachlass eingeantwortet, ohne dass vorher eine Erbteilung vorgenommen worden ist, so erwerbe jeder Erbe entsprechend seinem Erbteil Miteigentum an den Verlassenschaftsgegenständen (Anm 1 zu § 165 AußStrG, aaO). Ohne Einigung der Erben könne die Erbteilung nicht durchgeführt werden, es müsse vielmehr der Rechtsweg beschritten werden, und zwar in Form einer Erbteilungsklage (SZ 32/8 = EvBl 118; LGZ Wien 5. 8. 1980 EFSlg 37.465).

Zwischen den Erben bestehe keine Übereinstimmung über die Auslegung der im Testament enthaltenen Erbteilungsanordnung und auf Grund dessen über die vorzunehmende Erbteilung. Über diese Frage sei daher nach der zitierten Judikatur im streitigen Rechtsweg in Form einer Erbteilungsklage zu entscheiden. Dies sei jedoch kein Hindernis für die Einantwortung; die Einantwortung dürfe wegen der noch ausstehenden Erbteilung eigenberechtigter Personen insbesondere nicht verzögert werden (5. 1. 1910 GlUNF 4887; 5. 1. 1915 GlUNF 7225; 26. 6. 1937 NZ 1937, 179), auch dann, wenn der Grundbuchsstand auf Grund der Erbteilung wieder geändert werden müsste (5. 1. 1910 GlUNF 4887).

Dementsprechend sei jener Teil des Punktes 4 des erstinstanzlichen Beschlusses aufzuheben gewesen, der konkrete Anordnungen über die Zuweisung von Liegenschaften im Sinne einer Entscheidung über die Erbteilung im Verlassenschaftsverfahren enthält. Da durch die ausstehende Erbteilung die Einantwortung nicht gehindert werde, erscheine eine Verweisung auf den Rechtsweg unter Fristsetzung und Zuweisung einer Klägerrolle nicht erforderlich; es sei vielmehr den Parteien überlassen, gerichtlich oder außergerichtlich die Erbteilung zu bewirken.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000,-- übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, dass zur Frage, inwieweit das Verlassenschaftsgericht im Verfahren außer Streitsachen über die Erbteilung zu entscheiden hat, keine gesicherte oberstgerichtliche Judikatur jüngeren Datums vorliege.

Gegen den Beschluss des Rekursgerichtes hat Ing. Franz F***** Revisionsrekurs erhoben. Er ist der Meinung, dass nicht die Erbteilung an sich strittig sei (diesbzüglich liege ein klarer, von den Erben zu erfüllender Auftrag des Erblassers vor), sondern die Auslegung der letztwilligen Erbteilungsanordnung, ob nämlich der Rechtsmittelwerber beide in P***** gelegenen Liegenschaftgen erhalten sollte oder nur die im Testament ausdrücklich genannte. Bei einer derartigen Auslegungsproblematik habe das Verlassenschaftsgericht nicht die Einantwortung zu verfügen, sondern analog § 125 AußStrG vorzugehen. Auch die Deutung der Erbteilungsvorschrift als Auftrag, dessen Nicherfüllung die Verwirkung des Nachlasses nach sich ziehe, führe zum Ergebnis, dass noch vor der Einantwortung der Inhalt der Erbteilungsvorschrift geklärt werden müsse. Im konkreten Fall sei allerdings der Wille des Erblassers, das Haus in P***** samt dazugehörigen Grundstücken dem Sohn (Ing. Franz F*****) zukommen zu lassen, so unmissverständlich, dass mit der bloßen Urkundenauslegung das Auslagen gefunden und dementsprechend sofort vom Verlassenschaftsgericht die Einantwortung und Verbücherung wie in Punkt 4 des erstinstanzlichen Beschlusses verfügt werden könne. Dementsprechend soll in Abänderung der rekursgerichtlichen Entscheidung der Beschluss des Erstgerichtes wieder hergestellt werden; hilfsweise wurde beantragt, den ganzen Punkt 4 des erstinstanzlichen Beschlusses ersazlos aufzuheben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verlassenschaftsverfahrens durch Zuteilung der Klägerrollen und Bestimmung einer Frist gemäß § 125 AußStrG vor der Einantwortung des Nachlasses aufzutragen. Ein weiterer Eventualantrag geht dahin, dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens zum Zweck der Setzung einer Frist für die Erfüllung der Auflage des Erblassers vor der Enantwortung aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinn seines ersten Eventualbegehrens auch berechtigt.

Wie der Revisionsrekurswerber zutreffend bemerkt, geht es im gegenständlichen Fall nicht darum, ob eine noch ausstehende Erbteilung eigenberechtigter Personen abgewartet und deshalb die Einantwortung des Nachlasses weiter verzögert werden soll, sondern um die Auslegung und Befolgung einer schon vom Erblasser angeordneten Erbteilung. In einem solchen Fall sind die Vorschriften der §§ 125 ff AußStrG sinngemäß anzuwenden, also der oder die Erbansprecher mit dem schwächsten Titel auf den Rechtsweg zu verweisen (NZ 1996, 207 mwN; vgl 7 Ob 2390/96p). Davon könnte nur Abstand genommen werden, wenn für die Auslegung der letztwilligen Anordnung ohnehin nur deren Wortlaut zur Verfügung steht (vgl RIS-Justiz RS0006457; 6 Ob 313/98t), doch trifft das im gegenständlichen Fall nicht zu. Schon das Erstgericht hat, um seine Verbücherungsanordnung mit dem klaren Willen des Erblassers zu rechtfertigen, auf Umstände zurückgegriffen, die außerhalb der reinen Urkundeninterpretation liegen. Um den wahren Willen des Erblassers zu erforschen, wird möglicherweise sogar die Aufnahme von Zeugenbeweisen notwendig sein. Die vom Rechtsmittelwerber primär angestrebte Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses, die eine nicht dem Verlassenschaftsgericht zustehende Auslegung der strittigen Erbteilungsanordnung vorweg nimmt, kommt daher nicht in Frage. Zur Klärung des vom Erblasser tatsächlich Gewollten wird vielmehr der Rechtsweg zu beschreiten sein, und zwar nach Maßgabe der §§ 125 ff AußStrG vor der Einantwortung des Nachlasses, weil nur so der Anordnung des Erblassers entsprochen werden kann.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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