Spruch:
Der ordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Antragsteller begehrten in der EZ 1507 GB ***** die Einverleibung der „Dienstbarkeit der Abstandsnachsicht" im Sinne und Umfange Punkt Achtens 1. und 2. des Kaufvertrages vom 2. 11. 2006.
Punkt Achtens 2. des Kaufvertrages vom 2. 11. 2006 lautet:
„ACHTENS:
....
2. Abstandsnachsicht: Die Eigentümer des GstNr. 3274/5 sind berechtigt bei einer Verbauung des GstNr. 3274/5 näher als durch die Bauordnung ohne Gewährung von Bauabstandsnachsicht erlaubt an die Grenze zu GstNr. 3274/3 zu bauen. Bei einer allfälligen Bauführung gilt die schraffiert und mit Abstandsfläche bezeichnete Fläche als Eigenfläche des GstNr. 3274/5."
Das Erstgericht wies den Antrag auf Einverleibung der „Dienstbarkeit der Abstandsnachsicht" ab.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob die Gewährung einer Bauabstandsnachsicht bzw die Verpflichtung zur Zustimmung zur Bauabstandsnachsicht als dingliches Recht im Wege einer Dienstbarkeit einverleibt werden könne.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist - entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts (§ 71 Abs 1 AußStrG [iVm § 75 Abs 2 GBG]) - unzulässig, weil die relevierte Rechtsfrage - zum für die Zulässigkeit maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (RIS-Justiz RS0112769; RS0112921) - bereits gelöst ist und ihr folglich nicht (mehr) die nach § 62 Abs 1 AußStrG erforderliche Qualität zukommt. Der Oberste Gerichtshof hat nämlich jüngst zu 5 Ob 16/07z in einem im Wesentlichen gleichgelagerten Fall die Verbücherung einer „Dienstbarkeit der Bauabstandsnachsicht" abgelehnt. Die dort maßgeblichen Erwägungen treffen auch auf den vorliegenden Fall zu und seien folgend kurz zusammengefasst:
Gemäß § 9 GBG können im Grundbuch nur dingliche Rechte und Lasten, ferner das Wiederkaufs- und das Vorkaufsrecht (§§ 1070 und 1073 ABGB) sowie das Bestandrecht (§ 1095 ABGB) eingetragen werden. Die Dienstbarkeit ist das dingliche Recht der beschränkten Nutzung einer fremden Sache und beruht auf einem privatrechtlichen Titel (Rechtsgeschäft, Richterspruch, Ersitzung). Nach § 472 ABGB wird durch das Recht der Dienstbarkeit ein Eigentümer verbunden, zum Vorteil eines anderen in Rücksicht seiner Sache etwas zu dulden (bejahende Servituten) oder zu unterlassen (verneinende Servituten). Vorliegend steht die die Eintragungsgrundlage bildende vertragliche Vereinbarung - wie dies auch im Revisionsrekurs eindeutig dargelegt wird und wie dies auch zu 5 Ob 16/07z der Fall war - in Zusammenhang mit den Vorschriften des Vbg BauG über Abstandsflächen und Mindestabstände. § 5 Abs 1 Vbg BauG sieht vor, dass oberirdische Gebäude so anzuordnen sind, dass vor jeder Außenwand eine Abstandsfläche liegt, deren Anforderungen in dieser Bestimmung näher geregelt wird. In § 6 Vbg BauG sind bestimmte Mindestabstände festgelegt, die oberirdische Gebäude von der Nachbargrenze entfernt sein müssen. Nach § 7 Abs 1 Vbg BauG kann die Behörde Ausnahmen von den Vorschriften der §§ 5, 6 Vbg BauG zulassen („Abstandsnachsicht"), wenn die Interessen der Sicherheit, der Gesundheit sowie des Schutzes des Orts- und Landschaftsbildes nicht beeinträchtigt werden und überdies der betroffene Nachbar zustimmt (§ 7 Abs 1 lit a Vbg BauG) oder andere in § 7 Abs 1 lit b bis f Vbg BauG genannte Voraussetzungen vorliegen.
Die Vertragsparteien können nach der dargestellten Gesetzeslage nicht selbst eine Bauabstandsnachsicht erteilen; vielmehr stellt die Abstandsnachsicht eine Entscheidung der Baubehörde dar, für welche die erklärte Zustimmung des Nachbarn einen wesentlichen Aspekt bildet. In Wahrheit besteht die im Kaufvertrag übernommene Verpflichtung darin, der Baubehörde gegenüber im Sinn des § 7 Abs 1 lit a Vbg BauG die Zustimmung zur Erteilung einer Bauabstandsnachsicht zu erklären. Die vertragliche Leistungspflicht ist aber dann gerade nicht die für eine Dienstbarkeit typischen Pflicht, als Eigentümer etwas in Rücksicht auf die eigene Sache zu dulden oder zu unterlassen. Vielmehr wird - als Hauptleistungspflicht - die Abgabe einer der Baubehörde vorzulegenden Zustimmungserklärung und damit ein aktives Tun geschuldet, welches nicht Gegenstand einer Dienstbarkeit sein kann. Die aus einer Zustimmung zur Bauabstandsnachsicht und der folgenden grenznahen Verbauung mittelbar resultierende Beeinträchtung der Nachbarliegenschaft und deren Duldung sind jedenfalls nicht fassbarer Inhalt der vertraglichen Vereinbarung.
Dieses zu 5 Ob 16/07z gewonnene Ergebnis kommt auch im hier vorliegenden, gleichgelagerten Fall zum Tragen, womit sich der Revisionsrekurs der Antragsteller infolge bereits geklärter Rechtslage als unzulässig erweist und zurückzuweisen ist.
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