OGH 5Ob282/05i

OGH5Ob282/05i13.12.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann, Dr. Hurch, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Gernot B*****, vertreten durch Dr. Herwig Rischnig & Partner, Rechtsanwälte in Villach, wegen Einverleibung des Eigentums an der EZ ***** KG *****, über den Revisionsrekurs der K***** Handelsgesellschaft mbH in Liquidation, *****, vertreten durch Dr. Herwig Rischnig und Partner, Rechtsanwälte in Villach, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 22. September 2005, AZ 2 R 352/05z, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Villach vom 2. August 2005, TZ 5045/05 bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden wie folgt abgeändert:

Aufgrund des Kaufvertrags vom 22. 6. 2005, der Bestätigung gemäß § 18 des K-GvG durch die Stadt Villach, der Selbstberechnungserklärung gemäß § 12 GrEStG vom 28. 6. 2005, der Bestätigung gemäß § 89a NO vom 22. 6. 2005 wird

in der EZ ***** der KG ***** bei den 366/10.000tel Miteigentumsanteilen B-LNR 25 der K***** HandelsgmbH, mit welchen Anteilen Wohnungseigentum an Wohnung Top 4a untrennbar verbunden ist, das Eigentumsrecht für Gernot B*****, geboren 24. 12. 1968, *****, einverleibt.

Hievon werden verständigt:

  1. 1.) K***** HandelsgmbH in Liquidation, *****,
  2. 2.) Gernot B*****,
  3. 3.) Dr. Harald Skrube, Rechtsanwalt, Peraustraße 19, 9500 Villach,
  4. 4.) Finanzamt Spittal-Villach,
  5. 5.) Magistrat Villach.

Text

Begründung

Grundbücherliche Eigentümerin des im Spruch bezeichneten Miteigentumsanteils, an dem Wohnungseigentum begründet ist, ist die in Liquidation befindliche K***** HandelsgmbH.

Mit Kaufvertrag vom 22. 6. 2005 verkaufte diese Gesellschaft, vertreten durch den Liquidator Dipl.-Ing. Zarko P*****, der berechtigt war, die in Liquidation befindliche Gesellschaft als Liquidator selbständig zu vertreten, diesen Miteigentumsanteil an den Antragsteller.

Das Gesuch des Antragstellers, für ihn das Eigentumsrecht an der bezeichneten Liegenschaft einzuverleiben, wies das Erstgericht im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass gemäß § 90 Abs 4 GmbHG die Veräußerung des Gesellschaftsvermögen als Ganzes nur auf Grund eines mit einer Mehrheit von ¾ der abgegebenen Stimmen gefassten Beschlusses der Gesellschafter erfolgen könne. Bei Veräußerung von Liegenschaften durch einen Liquidator sei daher die Vertretungsmacht des Liquidators dahin eingeschränkt, dass ein qualifizierter Beschluss der Gesellschafter über den Verkauf der Liegenschaft vorgelegt werden müsse. Der Antragsteller habe weder einen urkundlichen Nachweis dahin, dass die Liegenschaft nicht das gesamte Gesellschaftsvermögen darstelle, noch einen Firmenbuchauszug im Original bzw in beglaubigter Abschrift darüber vorgelegt, dass der Liquidator alleiniger Gesellschafter dieser Firma sei. Deshalb bestünden begründete Bedenken gegen die Zeichnungsberechtigung des Liquidators für die Verkäuferin.

Einem dagegen von der K***** Handelsgesellschaft mbH in Liquidation erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge. Unter Bezug auf die Entscheidung 5 Ob 89/03d (= SZ 2004/25) billigte das Rekursgericht die Ansicht des Erstgerichtes, dass Bedenken gegen die Verfügungsfähigkeit des Liquidators für den Liegenschaftsverkauf bestünden. Diese Bedenken hätten entweder durch Vorlage eines Gesellschafterbeschlusses, durch Nachweis, dass das Verkaufsobjekt nicht das gesamte Vermögen der in Liquidation befindlichen Gesellschaft darstelle oder aber durch den urkundlichen Nachweis, dass der Liquidator zugleich Alleingesellschafter der Gesellschaft sei, beseitigt werden müssen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil Judikatur des Obersten Gerichtshofs zur Frage fehle, ob § 90 Abs 4 GmbHG auch für Liquidationsgeschäfte einer Ein-Mann-GmbH in Liquidation gelte. Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der K***** HandelsgmbH in Liquidation mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne einer Stattgebung des Einverleibungsbegehrens.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil die von den Vorinstanzen festgestellten Bedenken gegen die Verfügungsfähigkeit des Liquidators nicht begründet sind.

Der Revisionsrekurs ist im Sinne einer Stattgebung des Einverleibungsbegehrens auch berechtigt.

Gegenstand der Entscheidung 5 Ob 89/03d war die Feststellung der Unwirksamkeit eines Kaufvertrags über Liegenschaften, welche das gesamte Vermögen einer in Liquidation befindlichen Gesellschaft darstellten. Weil in einem solchen Fall nach § 90 Abs 4 GmbHG eine Genehmigung durch die Gesellschafter mit ¾ Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich ist, wurde in dieser Entscheidung ausgesprochen, dass eine genehmigungslose Veräußerung durch den Liquidator keine Bindung der Gesellschaft an das abgeschlossene Rechtsgeschäft bewirkte.

Das bedeutet jedoch entgegen der Ansicht der Vorinstanzen nicht, dass jede Veräußerung von Liegenschaftsvermögen durch den Liquidator einer GmbH zu Bedenken gegen dessen Verfügungsfähigkeit Anlass gibt. Gemäß § 149 HGB haben die Liquidatoren die laufenden Geschäfte zu beendigen, die Forderungen einzuziehen, das übrige Vermögen in Geld umzusetzen und die Gläubiger zu befriedigen. Zur Beendigung schwebender Geschäfte können sie auch neue Geschäfte eingehen. Die Liquidatoren vertreten innerhalb ihres Geschäftskreises die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich.

Die hM nimmt in Hinblick auf den zweiten Satz dieser Gesetzesbestimmung eine kausale Beschränkung der Vertretungsmacht von Liquidatoren auf den Umfang der Geschäftsführungsbefugnis an (vgl Dellinger in: „Rechtsfähige Personengesellschaften in der Liquidation" 225 FN 1; Koppensteiner, GmbH-Gesetz Rz 8 zu § 90; O. Torggler in Straube Rz 45 zu § 149 HGB mwN). Das bedeutet ua, dass die Vertretungsmacht der Liquidatoren kausal auf Abwicklungsgeschäfte beschränkt ist. Zu diesem Geschäftskreis gehört die Verweilung des Gesellschaftsvermögens, also auch den Verkauf von Liegenschaften. Die Veräußerung einer Liegenschaft, die im Eigentum einer im Liquidationsstadium befindlichen Gesellschaft steht, durch den Liquidator ist also grundsätzlich wirksam.

Davon hat auch das Grundbuchsgericht auszugehen. Bedenken gegen die Verfügungsmacht des Liquidators einer GmbH beim Verkauf einer Liegenschaft könnten sich unter dem Aspekt des § 94 Abs 1 Z 2 GBG nur dann ergeben, wenn den vorgelegten Urkunden konkrete Verdachtsmomente - etwa auf ein liquidationsfremdes Geschäft oder die Veräußerung des ganzen Vermögens der Gesellschaft - zu mitnehmen sind. Ein solcher Fall liegt nicht vor.

Dass unter bestimmten Voraussetzungen eine gesetzliche Einschränkung der Vertretungsmacht der Liquidatoren besteht, wie die Vorinstanzen dies für den Fall des § 90 Abs 4 GmbHG zutreffend bejahten, vermag nicht grundsätzlich Bedenken gegen die Verfügungsfähigkeit (Vertretungsmacht) von Liquidatoren bei Liegenschaftsverkäufen zu begründen.

In diesem Sinn sind die Bedenken, die die Vorinstanzen zufolge § 94 Abs 1 Z 2 GBG dazu veranlassten, das Verbücherungsgesuch abzuweisen, nicht berechtigt, weshalb dem Einverleibungsbegehren stattzugeben war.

Der Revisionsrekurs war daher berechtigt.

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