Spruch:
Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Patei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 3.253,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin EUR 542,20 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Imre P***** GesmbH wurde am 6. 2. 1985 im Firmenbuch eingetragen, wobei je die Hälfte der Gesellschaftsanteile den Gesellschaftern Imre P***** und Istvan B***** gehören. Erstgenannter leistete auf seinen Stammeinlagenanteil von S 250.000 einen Teilbetrag von S 208.333, der zweite Gesellschafter S 41.667. Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 1. 10. 1991 (6 Nc 610/91) wurde ein Konkurseröffnungsantrag mangels Vermögens abgewiesen. Die Gesellschaft ist seither gemäß § 1 AmtsLG aufgelöst. Als selbständig vertretungsbefugter Liquidator ist seit 1. 10. 1991 Imre P***** eingetragen. Als Notliquidator gemäß §§ 92, 15a GmbHG ist seit 7. 7. 2002 Dr. Christoph Lassmann-Wichtl eingetragen.
Mit "uneingeschränkter Vollmacht" vom 13. 4. 2000 bevollmächtigte der Liquidator Dr. Imre P***** den ungarischen Rechtsanwalt Dr. Attila K***** in den Angelegenheiten der Firma Imre P***** GesmbH als Liquidator statt seiner uneingeschränkt vorzugehen.
Am 29./31. 5. 2000 unterfertigte Dr. Attila K***** auf Seite der Klägerin und der Geschäftsführer Heinz Rene F***** auf Seiten der Beklagten einen Vorvertrag über die zwei der klagenden Partei gehörigen Liegenschaften EZ ***** und EZ ***** je Grundbuch *****. Wenige Tage danach, jedenfalls zeitlich vor dem streitgegenständlichen Kaufvertragsabschluss, verstarb der Liquidator Dr. Imre P*****.
Am 14. 6. 2000 wurde zwischen der klagenden Partei als Verkäuferin, vertreten durch Dr. Imre P*****, dieser vertreten durch Dr. Attila K***** und der beklagten Partei, vertreten durch deren alleinigen Geschäftsführer Rene F*****, ein Kaufvertrag über die beiden Liegenschaften EZ ***** und EZ ***** beide Grundbuch ***** abgeschlossen. Der vereinbarte Kaufpreis betrug S 1,5 Mio.
Abgesehen von der Forderung der Klägerin auf Bezahlung restlicher Stammeinlagen von beiden Gesellschaftern verfügte die Klägerin im Zeitpunkt des Abschlusses des gegenständlichen Kaufvertrages über die beiden Liegenschaften, auf der sich ein Hotel befindet, über keinerlei Soll- und Istvermögen in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht.
Über die Verwertung der streitgegenständlichen Liegenschaften liegt kein Gesellschafterbeschluss vor.
Im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung war nach wie vor die Klägerin als Eigentümerin der bezeichneten Liegenschaften intabuliert.
Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin, vertreten durch den Notliquidator, die Feststellung der Nichtigkeit bzw Unwirksamkeit des Kaufvertrages vom 14. 6. 2000 über die bezeichneten Liegenschaften bzw die Aufhebung dieses Kaufvertrages.
Sie brachte als anspruchsbegründend vor:
Vor seinem Tod am 11. 6. 2000 habe Dr. P***** versucht, die Liegenschaften der klagenden Partei zu verkaufen, wobei es einen bestimmten Interessenten gegeben habe, der einen Kaufpreis von S 20 Mio geboten hatte. Dr. Attila K***** sei in die Gespräche eingebunden gewesen, sodass evident sei, dass er über den damals verhandelten Kaufpreis von S 20 Mio informiert gewesen sei. Am 13. 4. 2000 habe Dr. P***** angeblich eine allumfassende Vollmacht an Dr. K***** mit einer Zusatzvereinbarung vom 30. 5. 2000 erteilt, in der ausdrücklich der Verkauf dieser Liegenschaften aufgeschienen sei. Dr. P***** sei zu diesem Zeitpunkt schwer krebskrank gewesen und soll auch einige Tage im Koma gelegen sein. Basierend auf dieser Vollmacht habe Dr. K***** nur drei Tage nach dem Tod des Dr. P***** einen Kaufvertrag über die strittigen Liegenschaften mit der Beklagten zu einem Kaufpreis von nur S 1,5 Mio abgeschlossen. Aufgrund des derart unangemessen niedrigen Kaufpreises sei evident, dass Dr. K***** gemeinschaftlich mit der Beklagten zum Nachteil der klagenden Partei den Kaufvertrag abgeschlossen habe. Dieser Vertrag sei wegen Kollusion unwirksam bzw nichtig. Bereits der Einheitswert der Liegenschaften betrage S 2,484 Mio. Die Vollmacht an Dr. K***** leide auch einem Formmangel, da zum Zeitpunkt der Kaufvertragsunterfertigung die Beglaubigung der ausländischen Vollmacht nicht vorgelegen sei. Die Vollmacht sei auch nicht ausreichend spezifiziert, sodass der Kaufvertrag auch aus diesem Grund nicht gültig zustande gekommen sei. Dr. P***** sei im Zeitpunkt der Vollmachtserteilung nicht mehr geschäftsfähig gewesen.
Überdies sei die Veräußerung deshalb ungültig, weil sie die Veräußerung des gesamten Vermögens der klagenden Partei dargestellt habe, wofür die Zustimmung der Gesellschafter gemäß § 90 Abs 4 GmbHG notwendig gewesen sei. Ein solcher Gesellschafterbeschluss sei aber nicht gefasst worden.
Weil die beklagte Partei bisher den Kaufpreis nicht bezahlt habe, sei die klagende Partei durch ihren Notgeschäftsführer auch wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage, bestritt die Aktivlegitimation der Klägerin, weil sie gemäß § 1 AmtsLG aufgelöst sei und die Legitimation des Notgeschäftsführers Dr. Lassmann-Wichtl, dessen Bestellung rechtswidrigerweise erfolgt sei.
Der angemessen vereinbarte Kaufpreis sei bisher noch nicht fällig.
Dr. K***** sei von Dr. P***** wirksam bevollmächtigt worden. Diese Vollmachtsvorlage sei auch vom Firmenbuchgericht angenommen worden. Die Vollmacht sei durch den Tod des Liquidators zufolge Art 8 Nr 10 der 4. EVHGB nicht erloschen.
Der Kaufvertrag sei frei von jeglichem Mangel gültig abgeschlossen worden und wirksam zustande gekommen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und stellte fest, dass der zwischen den Streitteilen am 14. 6. 2000 abgeschlossene Kaufvertrag über die Liegenschaften EZ ***** und EZ ***** beide Grundbuch ***** nichtig sei. Ausgehend von den oben wiedergegebenen Feststellungen erachtete das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht wie folgt:
Die Partei- und Prozessfähigkeit einer GmbH werde trotz Löschung solange nicht beeinträchtigt, als verwertbares Gesellschaftsvermögen noch unverteilt vorhanden sei. Solange eine GmbH einen Anspruch behaupte und hierüber einen Aktivprozess führe, sei sie als parteifähig anzusehen, weil vor Beendigung eines solchen Rechtsstreits nicht beurteilt werden könne, ob sie wirklich und endgültig vermögenslos sei (SZ 71/175; JBl 2001, 598). Die Klägerin sei auch noch als Eigentümerin der streitbezogenen Liegenschaften bücherlich intabuliert.
Nach Abweisung eines Konkurseröffnungsantrags durch Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 1. 10. 1991 mangels Vermögens sei die Gesellschaft der klagenden Partei gemäß § 1 AmtsLG aufgelöst. Der bisher als Geschäftsführer bestellte Gesellschafter Dr. Imre P***** sei gemäß § 89 Abs 2 Satz 1 GmbHG als "geborener" Liquidator eingetreten und im Firmenbuch einverleibt worden.
Die Bestellung des Notliquidators mit Beschluss des Firmenbuchgerichtes vom 7. 7. 2000 sei bereits mit der Zustimmung des Bestellten wirksam geworden (ecolex 2002/78). Da das Prozessgericht an diese Bestellung gebunden sei, liege ein Vertretungsmangel in Ansehung der Prozessführung des Notgeschäftsführers nicht vor. Überdies habe zufolge § 15a Abs 2 GmbHG die Notliquidatorstellung solange aufrecht zu bleiben, als kein Geschäftsführer seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland habe. Es sei nur ein Wohnsitz des Dr. K***** in Ungarn aktenkundig.
Gemäß § 90 Abs 4 GmbHG könne die Verwertung des Gesellschaftsvermögens durch Veräußerung des Vermögens als Ganzes nur aufgrund eines mit einer Mehrheit von ¾ der abgegebenen Stimmen gefassten Beschlusses der Gesellschafter erfolgen. Diese Bestimmung schränke ebenso wie die Parallelbestimmung des § 237 Abs 1 AktG die Vertretungsmacht der Liquidatoren ein.
Beim Begriff der Vermögensübertragung komme es nur auf die Aktiven der Gesellschaft an. Dabei reiche es aus, wenn der wesentliche Teil dieser Vermögensaktiven erfasst sei. Ausgehend von der Bestimmung des § 90 Abs 3 GmbHG, wonach die Ausschreibung weiterer Einzahlungen auf nicht voll eingezahlte Stammeinlagen nach Auflösung der Gesellschaft nur insoweit zulässig sei, als es zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich erscheine, stellten also die streitbezogenen Liegenschaften das einzige Vermögen der Gesellschaft dar. Mit deren Veräußerung sei ohne weitere Maßnahmen materiell eine Änderung des Unternehmensgegenstands der Gesellschaft bewirkt bzw eine Abwicklung der Gesellschaft praktisch vorweggenommen worden.
Zufolge der Nichteinhaltung der Bestimmung des § 90 Abs 4 GmbHG habe es dem auf Seite der Klägerin einschreitenden ungarischen Rechtsanwalt Dr. K***** bei Vertragsabschluss an der erforderlichen Vertretungsmacht gemangelt. Der streitgegenständliche Kaufvertrag sei daher nicht wirksam zustande gekommen.
Einer dagegen von der Beklagten erhobenen Berufung gab das Berufungsgericht nicht Folge.
Es teilte zunächst die Rechtsansicht des Erstgerichtes, dass die Bestellung des Notgeschäftsführers durch das Firmenbuchgericht am 7. 7. 2000 bindend sei und führte darüber hinaus aus, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 15a und 92 GmbHG für die Bestellung eines Notliquidators vorlägen.
Im Weiteren hielt das Berufungsgericht dem Einwand der Beklagten, § 90 Abs 4 GmbHG komme schon deshalb nicht zur Anwendung, weil Verbindlichkeiten der Klägerin nicht berücksichtigt worden seien, entgegen, dass es nur um das Aktivvermögen der Gesellschaft gehe. Unter dem Gesellschaftsvermögen als Ganzes im Sinn des § 90 Abs 4 GmbHG seien nur die Aktiven der Gesellschaft zu verstehen, weil nur diese den besonderen Schutz gegen die Verschleuderung durch einen Gesellschafterbeschluss mit ¾ der abgegebenen Stimmen rechtfertigen (Koppensteiner, GmbH-Gesetz2 Rz 9 zu § 90). Die beklagte Partei habe nicht einmal behauptet, dass die Klägerin außer den strittigen Liegenschaften über weitere Vermögenswerte verfügt habe. Ansprüche auf Einzahlungen auf nicht voll eingezahlte Stameinlagen seien aber zufolge § 90 Abs 3 GmbHG nicht zu berücksichtigen.
Weil nach den Feststellungen ein qualifizierter Beschluss der Gesellschafter über den Verkauf der Liegenschaften nicht vorgelegen sei, sei der Kaufvertrag nicht wirksam abgeschlossen worden.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht entscheidungswesentlich seien.
Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die klagende Partei hat von der ihr eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht und eine Revisionsbeantwortung erstattet. Darin beantragt sie, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der beklagten Partei ist zulässig, weil noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliegt, ob die Bestimmung des § 90 Abs 4 GmbHG eine gesetzliche Beschränkung der Vertretungsmacht der Liquidatoren bewirkt oder nur eine Verpflichtung im Innenverhältnis zur Einholung eines Gesellschafterbeschlusses vor Gesamtveräußerung des Unternehmens besteht.
Die Revision ist jedoch nicht berechtigt.
1. Auch im Revisionsverfahren vertritt die beklagte Partei weiterhin die Ansicht, die Bestellung des Notgeschäftsführers Dr. Christoph Lassmann-Wichtl für die klagende Partei sei nicht rechtmäßig erfolgt, weil die Vorausetzungen der §§ 15a und 92 GmbHG nicht vorgelegen seien. Dr. Attila K***** vertrete nach wie vor die Gesellschaft nach dem Tod des Liquidators Dr. P***** aufgrund der uneingeschränkten Vollmacht vom 13. 4. 2000. Diese Frage wäre vom erkennenden Gericht selbständig zu prüfen gewesen, weil die Aktivlegitimation der klagenden Partei, insbesondere ihre Vertretung durch den Notliquidator, strittig sei.
Dem ist entgegenzuhalten, dass es einer neuerlichen Überprüfung der Notwendigkeit und der Voraussetzungen der Bestellung eines Notliquidators nach § 15a GmbHG infolge der Rechtswirksamkeit (ecolex 2002/78: eingetreten mit der Zustimmung des Notliquidators) und der Rechtskraft dieser Bestellung nicht bedarf. Das Prozessgericht ist an den rechtskräftigen Beschluss des Firmenbuchgerichtes vom 7. 7. 2000 gebunden.
2. Im Weiteren macht die Revisionswerberin geltend, dass eine Anwendung des § 90 Abs 4 GmbHG, wonach die Verwertung des gesamten Gesellschaftsvermögens durch Veräußerung nur aufgrund eines Mehrheitsbeschlusses der Gesellschaft von ¾ erfolgen könne, nicht in Betracht komme. Es stehe nämlich keineswegs fest, dass die beiden Liegenschaften, die Gegenstand des strittigen Kaufvertrages waren, das gesamte Gesellschaftsvermögen dargestellt hätten.
Selbst wenn es sich aber tatsächlich um das gesamte Gesellschaftsvermögen gehandelt hätte, das durch den fraglichen Kaufvertrag veräußert worden sei, könnte dies nicht zur Klagsstattgebung führen. Die Bestimmung des § 90 Abs 4 GmbHG sei nämlich bloß eine interne Ordnungsvorschrift, deren Verletzung allenfalls den zuwiderhandelnden Liquidator der Gesellschaft gegenüber haftbar mache, nicht jedoch nach außen hin die Gültigkeit des Rechtsgeschäftes berühre.
Dem ist zunächst die erstgerichtliche Feststellung entgegenzuhalten, dass die streitbezogenen Liegenschaften der einzige aktive Vermögenswert der in Liquidation befindlichen Klägerin waren. Ein konkretes Bestreitungsvorbringen hat die Beklagte nicht erstattet.
Damit kommt § 90 Abs 4 GmbHG zur Anwendung, dass die Verwertung dieses Gesellschaftsvermögens durch Veräußerung als Ganzes nur aufgrund eines mit einer Mehrheit von ¾ der abgegebenen Stimmen gefassten Beschlusses der Gesellschafter erfolgen "kann".
3. Zunächst bedarf allerdings die Frage der Vertretungsbefugnis des Dr. K***** für die in Liquidation befindliche Gesellschaft bei Abschluss des Kaufvertrages mit der Beklagten einer Überprüfung.
Mit notariell beglaubigter Vollmacht hatte der geborene Liquidator Dr. P***** den Dr. K***** zu allen Liquidatoragenden bevollmächtigt und ihn damit beauftragt, ihn sozusagen in die Rechtsposition des Liquidators gehoben. Dagegen bestehen grundsätzlich keine Bedenken, weil es sich nicht um eine Prokuraerteilung handelt, was wegen des größeren Umfangs einer Prokura gegenüber der Liquidatorposition unzulässig gewesen wäre (vgl U. Torggler in Straube Rz 51 zu § 149 HGB; Dellinger in "Rechtsfähige Personengesellschaften in der Liquidation" 236 f).
Nach der Rechtsprechung wird sogar eine von einem Geschäftsführer einem Nichtgeschäftsführer erteilte Generalvollmacht als zulässig und wirksam angesehen (ecolex 1991, 29; RdW 1983, 73), was nach § 92 Abs 1 sinngemäß auch in Bezug auf Liquidatoren Anwendung zu finden hat.
4. Unbeschadet der im Folgenden zu klärenden Frage des wirksamen Umfangs der Bevollmächtigung ist zunächst zu klären, ob sich der Tod des Liquidators Dr. P***** auf die dem Dr. K***** erteilte Vollmacht auswirkte.
Abweichend von der Bestimmung des § 1022 ABGB, wonach in der Regel die Vollmacht durch den Tod des Gewaltgebers aufgehoben wird, regelt Art 8 Nr 10 der 4. EVHGB, dass Aufträge oder Vollmachten, die von einem Kaufmann im Betrieb seines Handelsgewerbes erteilt werden, im Zweifel nicht durch seinen Tod erlöschen. Nun ist zwar nicht der Liquidator Kaufmann, wohl aber die GmbH Formkaufmann, weshalb jedes von ihr abgeschlossene Geschäft ein Handelsgeschäft ist. Bei Geschäften, die ein Vertreter abschießt, kommt es auf die Kaufmannseigenschaft des Vertretenen, hier der GmbH, an (vgl Krammer in Straube Rz 7 und 9 zu §§ 343, 344 HGB; ecolex 1998, 639: Eine Prozessvollmacht wird durch den Tod des Geschäftsführers nicht beendet; RZ 1968, 175: Bis zur Beendigung der Liquidation bestehen von früheren Organen der Gesellschaft ausgestellte Vollmachten weiter).
Unbeschadet der Tatsache, dass mit dem Tod des geborenen Liquidators sein Amt zunächst auf den Vertreter seiner Verlassenschaft und nach der Einantwortung auf seine Erben überging (vgl Dellinger aaO 201 mwN; Habersack in Großkommentar Rz 16 zu § 147 dHGB), brachte also der Tod des Liquidators Dr. P***** die von ihm erteilte Vollmacht nicht zum Erlöschen.
5. Es stellt sich daher die Frage nach dem Umfang der Vertretungsmacht des vom Liquidator Bevollmächtigten.
Die hM nimmt unter Berufung auf den Wortlaut des § 149 Satz 2 HGB eine kausale Beschränkung der Vertretungsmacht der Liquidatoren auf den Umfang der Geschäftsführungsbefugnis an (vgl Dellinger aaO 225 FN 1; Koppensteiner, GmbH-Gesetz Rz 8 zu § 90; U. Torggler in Straube Rz 45 zu § 149 HGB mwN). Das bedeutet, dass die Vertretungsmacht der Liquidatoren kausal auf Abwicklungsgeschäfte begrenzt wird. Dem Gedanken des Verkehrsschutzes wird dadurch Rechnung getragen, dass die Gesellschaft die objektive Beweislast dafür trägt, dass ein bestimmtes Geschäft liquidationsfremd ist und der Dritte schlechtgläubig war. Im Ergebnis seien also liquidationsfremde Geschäfte grundsätzlich wirksam und nur ausnahmsweise unwirksam (vgl U. Torggler aaO 48; Dellinger aaO 227, 233).
Eine Auseinandersetzung mit den umfänglichen Lehrmeinungen zur kausalen Beschränkung der Vertretungsmacht auf den Geschäftskreis und den Verkehrsschutz (vgl dazu U. Torggler aaO Rz 45 f zu § 149 HGB; Dellinger aaO 225) kann aber hier unterbleiben. Dass die "Versilberung" des Vermögens der Gesellschaft der eigentliche Liquidationszweck ist, kann nämlich nicht bezweifelt werden (EvBl 1980/167; RIS-Justiz RS0062327). Liquidatoren haben die Abwicklung planmäßig zu betreiben und dabei vor allem die Interessen der Gesellschafter (und nicht vorrangig die der Gläubiger) zu wahren. Ihr Ziel muss die bestmögliche Verwertung des Gesellschaftsvermögens sein (Dellinger aaO 218 mwN).
Der Umfang der den Liquidatoren erlaubten Geschäftstätigkeit bestimmt letztlich auch, wozu Liquidatoren Vollmacht erteilen dürfen (vgl U. Torggler aaO Rz 10 zu § 149 HGB).
6. Obwohl also die Veräußerung des Unternehmens ein typisches Liquidationsgeschäft darstellt, ist zufolge der Bestimmung des § 90 Abs 4 GmbHG die Verwertung des Gesellschaftsvermögens durch Veräußerung des Vermögens als Ganzes von der Vertretungsmacht des Liquidators nicht gedeckt, weil die Genehmigung durch die Gesellschafter mit ¾-Mehrheit der abgegebenen Stimmen die Voraussetzung für die Zulässigkeit und Wirksamkeit der Unternehmensveräußerung durch die Liquidatoren ist (vgl Dellinger aaO 302; Koppensteiner aaO Rz 9 zu § 90 GmbHG, Gellis, Kommentar zum GesmbHG4 Rz 9 zu § 90; aA: U. Torggler aaO Rz 30 zu § 149 HGB, der allerdings das Spannungsverhältnis zu § 90 Abs 4 GmbHG und § 238 AktG sieht, jedoch meint, im Ergebnis könne bei Missachtung des Teilhaberrechts der Beteiligten nur jeder Einzelne von ihnen unmittelbar gegen den Liquidator vorgehen).
§ 90 Abs 4 GmbHG hat keine Parallele im deutschen GmbH-Gesetz, weshalb zum deutschen Recht überwiegend angenommen wird, die Liquidatoren einer GmbH seien nicht einmal im Innenverhältnis zur Einholung eines Gesellschafterbeschlusses vor Gesamtveräußerung des Unternehmens verpflichtet (vgl FN 69 in Dellinger aaO 302).
Höchstgerichtliche Entscheidungen, die sich mit der gesetzlichen Zuständigkeit des gerichtlich bestellten Liquidators für die rechtsgeschäftliche Übertragung des gesamten Unternehmens beschäftigten (vgl EvBl 1980/167; GesRZ 1980, 214), haben keinen Bezug zu § 90 Abs 4 GmbHG. Eine frühere Entscheidung des Obersten Gerichtshofes hat § 90 Abs 4 GmbHG insofern für zwingend gehalten, als nicht einmal der Gesellschaftsvertrag anderes bestimmen könne (OGH ZBl 1915/512; Koppensteiner aaO Rz 9 zu § 90 GmbHG mwN).
Im Ergebnis schließt sich der erkennende Senat der Ansicht jener Autoren an, die eine Einschränkung der Vertretungsmacht der Liquidatoren im Fall des § 90 Abs 4 GmbHG für zutreffend halten, einerseits weil der Wortlaut der Bestimmung "kann" eine Bejahung der Frage nahelegt und andererseits, die Veräußerung des Unternehmens im Ganzen in der Regel eine "andere Art der Auseinandersetzung" ist, die einer gesellschaftsvertraglichen Grundlage bedarf (in diesem Sinn auch U. Torggler aaO Rz 30 zu § 149 HGB; Dellinger aaO 297).
Im vorliegenden Fall besteht daher keine Bindung der Gesellschaft an das vom Bevollmächtigten des Liquidators abgeschlossene Rechtsgeschäft.
Es erübrigt sich daher ein Eingehen auf weitere aufgeworfene Fragen der Rechtsgeschäftsfähigkeit des Dr. P***** im Zeitpunkt der Vollmachtserteilung, der behaupteten Kollusion sowie des Rücktritts des Notliquidators vom Kaufvertrag.
Die Revision der Beklagten erweist sich damit nicht berechtigt.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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