European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E93677
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
B e g r ü n d u n g :
Der zwischen den Streitparteien im Oktober 2004 über einen vermeintlichen Neuwagen zu einem Kaufpreis von 24.300 EUR abgeschlossene Kaufvertrag wurde durch Wandlung im März 2006 aufgehoben.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens war vor allem die Bemessung des im Rahmen der Rückabwicklung nach § 921 zweiter Satz ABGB vom Kläger zu leistenden Benützungsentgelts, konkret die Höhe des Gebrauchsnutzens eines dem klagsgegenständlichen gleichwertigen PKWs für die Zeit von Oktober 2004 bis März 2006.
Nach den vorinstanzlichen Feststellungen hätte der Listenpreis des zugesagten Fahrzeugs, nämlich eines PKW Citroen Type C5 3.0 Modell V6 Exclusive Automatic, fulminatorgrau-metallic mit Lederausstattung und Sitzheizung aus einer nach einem Modellwechsel auslaufenden alten Modellreihe, im Zeitpunkt der Kaufpreisvereinbarung 39.000 EUR betragen. Der angemessene Kaufpreis für das konkret übergebene Fahrzeug, das bereits 2001 produziert worden war und bei Citroen Österreich zu Lehrzwecken als Schulungsfahrzeug für Mechaniker in Verwendung gestanden war, betrug 27.300 EUR. Im März 2006 betrug der Wiederbeschaffungswert 20.000 EUR, der Händlereinkaufspreis 15.000 EUR.
Die Vorinstanzen errechneten daraus einen Gebrauchsnutzen des Klägers unter Berücksichtigung dessen Fahrleistung (insgesamt 52.033 km) von 12.300 EUR.
Rechtliche Beurteilung
Die von den Vorinstanzen angewendete Berechnungsmethode entspricht den von der Rechtsprechung zur Frage der Bemessung der Höhe des angemessenen Benützungsentgelts seit der Entscheidung 5 Ob 575/85 = SZ 58/138 im Fall der Rückabwicklung von Kaufverträgen über ein Kfz entwickelten Grundsätzen (vgl RIS-Justiz RS0018534, zuletzt 2 Ob 95/06v; 3 Ob 248/08d). Es ist dabei jener Aufwand zu ermitteln, den ein Käufer hätte tragen müssen, um sich den Gebrauchsnutzen eines gleichwertigen Gegenstands durch Kauf und Weiterverkauf nach Gebrauch zu verschaffen. Ergibt sich bei Gegenüberstellung dieser Größenordnungen, dass die gebrauchte Sache schon durch den Verlust ihrer Neuheit eine erhöhte Wertminderung erfährt, darf dies nicht zur Gänze zu Lasten des Käufers, der die Wandlung nicht zu vertreten hat, veranschlagt werden (vgl 3 Ob 248/08d = JBl 2009, 584 mwN).
Diese Berechnungsmethode nicht grundsätzlich in Frage stellend geht der Revisionswerber allerdings nicht von den maßgeblichen Feststellungsgrundlagen aus, wenn er rügt, zu Unrecht sei als Ausgangswert für die Ermittlung des Gebrauchsnutzens der Wert eines vertragskonformen Fahrzeugs herangezogen worden. Dieser Vorwurf trifft nicht zu, wurde doch durch jene Feststellungen, an die der Oberste Gerichtshof gebunden ist, der konkret angemessene Kaufpreis für das dem Kläger übergebene Fahrzeug bloß mit 27.300 EUR ermittelt und zugrundegelegt, nicht hingegen, wie der Revisionswerber meint, der Listenpreis für ein den Vereinbarungen entsprechendes Fahrzeug mit 39.000 EUR.
Aus der dargestellten Rechtsprechung geht auch deutlich hervor, dass zur Gegenüberstellung mit diesem Wert nicht der Wiederbeschaffungswert heranzuziehen ist, sondern jener Preis, den der Kläger bei Veräußerung im März 2006 erzielen hätte können. Das ist der Händlereinkaufspreis.
Die Vorinstanzen haben auch dem Einwand des Revisionswerbers Rechnung getragen, dass er im Sinn der zuletzt dargestellten höchstgerichtlichen Entscheidung 3 Ob 248/08d nicht mit dem besonders hohen Wertverlust des ersten Jahres belastet werden durfte. Die Berücksichtigung dieses Umstands erfolgte schon dadurch, dass eben nicht der Preis für das zugesagte Neufahrzeug von 39.000 EUR, sondern der des tatsächlich gelieferten, schon 3 Jahre alten Fahrzeugs mit 27.300 EUR herangezogen wurde.
Dass der Händlereinkaufspreis im Zeitpunkt des Erwerbs des Fahrzeugs durch den Beklagten nicht für die Ermittlung jenes Betrags maßgeblich sein kann, den der Kläger hätte aufwenden müssen, um sich den Gebrauchsnutzen eines entsprechenden PKWs zu verschaffen, haben die Vorinstanzen unter Hinweis auf die oben dargestellte höchstgerichtliche Rechtsprechung zutreffend beurteilt.
Der Oberste Gerichtshof ist nicht Tatsacheninstanz. Es ist daher dem Kläger verwehrt, in Form einer Rechtsrüge in Wahrheit Tatsachenfeststellungen der Unterinstanzen über die zugrunde zu legenden Preisansätze zu bekämpfen.
Als redlicher Besitzer könnte der Kläger vom Beklagten nur den notwendigen und nützlichen Aufwand (§ 331 ABGB) verlangen, der zweifach begrenzt ist, und zwar einerseits durch den noch vorhandenen, also den gegenwärtigen Wert der Aufwendungen, und andererseits, wenn diese Wertsteigerung den wirklichen Aufwand überstiegen hat, durch diesen (JBl 1994, 171; 3 Ob 241/97 = SZ 70/136 mwN). Dass darunter weder Kfz‑Versicherungsprämien noch eine Marathongarantie für das Fahrzeug während der Benützungszeit und vor Wandlung des Kaufvertrags fallen, noch die Versicherung gegen ein Garagenrisiko oder der Erwerb einer Kofferraumabdeckung in Höhe von 63,05 EUR, stellt in Anbetracht dessen, dass stets auf die an der Verkehrsauffassung orientierten Interessen des Geschäftsherrn Bedacht zu nehmen ist (vgl RIS‑Justiz RS0019950), keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO dar.
Mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen war daher die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.
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