Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluß aufgehoben und der Sachbeschluß des Erstgerichtes dahin wiederhergestellt, daß er zu lauten hat:
"Die Antragsgegner haben als Vermieter der Wohnung top Nr 3 im Haus *****in 8010 Graz gegenüber dem Antragsteller als Mieter dieser Wohnung durch Vorschreibung nachstehender Hauptmietzinse das gesetzlich zulässige Zinsausmaß wie folgt überschritten:
Im Zeitraum 1. 3. 1996 bis 31. 8. 1996 durch Vorschreibung von S
2.750 um monatlich S 1.558,95;
im Zeitraum 1. 9. 1996 bis 30. 10. 1996 durch Vorschreibung von S
5.500 um monatlich S 4.308,95.
Die Antragsgegner sind schuldig, dem Antragsteller die mit S 1.637,50 bestimmten Barauslagen des Verfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen".
Text
Begründung
Die Antragsgegner sind Eigentümer des Hauses B*****gasse***** in ***** G*****. Am 1./8. 3. 1996 wurde zwischen dem Antragsteller und den Antragsgegnern ein Hauptmietvertrag über die Wohnung top Nr 3 in diesem Haus abgeschlossen und ein Hauptmietzins von S 5.500 für die 145,25 m**2 große, sanierungsbedürftige Wohnung vereinbart. Vereinbart wurde weiters, daß der Mieter auf seine Kosten Küche, Bad, Vorraum und Heizung errichten lasse, wofür ihm für die Dauer von sechs Monaten der halbe Mietzins nachgelassen wurde.
In § 8 des Mietvertrages wurde vereinbart, "daß der Mieter nach Wohnungsübernahme (versteckte) Mängel, welche dem ordnungsgemäßen Gebrauch widersprechen, ebenfalls unverzüglich dem Vermieter anzuzeigen hat". Weiters wurde die Berechtigung des Mieters zur Vornahme baulicher Änderungen unter Einhaltung der behördlichen Vorschriften und unter Beiziehung befugter Gewerbsleute vereinbart. Die Antragsgegner verpflichteten sich, einen neuen Wasseranschluß, ein neues Abfallrohr sowie allenfalls erforderliche neue Gaszuleitungen ins Bestandobjekt herzustellen.
Im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gingen die Vertragsparteien von der Funktionstüchtigkeit der Elektroinstallationen der Wohnung aus. Zum damaligen Zeitpunkt war der Strom abgeschaltet.
Erst im Zuge der Erstellung von Kostenvoranschlägen für die vom Mieter beabsichtigten Arbeiten stellte sich heraus, daß das Stromlieferungsunternehmen den Abschluß eines Strombezugsvertrags mit dem Antragsteller wegen Gefährlichkeit der Elektroinstallationen von einer den geltenden Sicherheitsvorschriften entsprechenden gänzlichen Erneuerung der Installationen im Bestandobjekt abhängig machen werde. Die Herstellung einer ordnungsgemäßen Elektroinstallation entsprechend den geltenden Vorschriften, erfordert einen Aufwand von ca S 100.000.
Der Antragsteller unterließ es, den Antragsgegnern Mitteilung vom Ergebnis dieser Begutachtung zu erstatten. Er forderte sie auch nicht auf, die Unbrauchbarkeit der Elektroanlage zu beseitigen. Erst durch den gegenständlichen Mietzinsüberprüfungsantrag wurden die Antragsgegner in Kenntnis der Sachlage gesetzt.
Am 30. 10. 1996 erhob der Antragsteller einen Mietzinsüberprüfungsantrag und brachte vor, wegen gänzlicher Unbrauchbarkeit der Elektroanlage der gemieteten Wohnung sei die Wohnung in Kategorie D einzustufen. Es sei ein Hauptmietzins von nur S 8,20 pro m**2 wegen Unbrauchbarkeit des Bestandobjektes als höchstzulässiger Mietzins festzustellen. Weiters begehrt er, ihm die geleisteten Überschreitungsbeträge rückzuerstatten. Für die Kategorieeinstufung komme es auf den Zustand der Wohnung im Zeitpunkt der Übergabe an. Im Mietvertrag sei nicht vereinbart worden, daß der Antragsteller die Herstellung einer ordnungsgemäßen Elektroinstallation vorzunehmen habe. Zur Rüge der Unbrauchbarkeit sei er nicht verpflichtet. Die Antragsgegner hätten auch keine Verpflichtung eingegangen, die Brauchbarkeit des Bestandobjekts herzustellen.
Die Antragsgegner begehrten Abweisung des Mietzinsüberprüfungsantrags. Sie hätten sich bei Vertragserrichtung verpflichtet, sämtliche für die Brauchbarmachung des Objekts notwendigen Maßnahmen durchzuführen. Dies gehe sowohl aus der in § 1 des Mietvertrags getroffenen Vereinbarung, es werde eine Wohnung in brauchbarem Zustand vermietet, hervor, als auch aus der Verpflichtung der Vermieter, neue Gasleitungen, Wasserleitungen etc installieren zu lassen, sofern dies für die Brauchbarkeit der Wohnung erforderlich sei. Einem allenfalls mangelhaften Zustand der Wohnung sei durch Mietzinsreduktion von 50 % für die Dauer von sechs Monaten entsprochen worden.
Darüber hinaus hätten die Parteien des Mietvertrags in § 8 des Mietvertrags vereinbart, daß den Antragsteller eine Anzeigepflicht hinsichtlich versteckter Mängel treffe, um dem Vermieter Gelegenheit zu deren Behebung zu geben. Dieser Verpflichtung sei der Antragsteller nicht nachgekommen. Die Antragsgegner seien verpflichtet, den brauchbaren Zustand des Objektes herzustellen, wozu sie auch bereit gewesen seien. Der Antragsteller habe jedoch durch den Mietzinsüberprüfungsantrag erklärt, eine Mängelbehebung nicht zuzulassen, sondern statt dessen eine Mietzinsreduktion erwirken zu wollen.
Das Erstgericht stellte antragsgemäß eine Überschreitung des zulässigen Hauptmietzinses für die Wohnung des Antragstellers fest, so weit der vereinbarte Hauptmietzins S 8,20 pro m**2 übersteige.
Der Zustand der elektrischen Anlage der Wohnung hindere deren Brauchbarkeit, was die Einstufung in die Ausstattungskategorie D zur Folge habe. Durch die vereinbarte Mietzinsreduktion sei nur das vorübergehende Fehlen der Kategoriemerkmale Bad und WC abgegolten worden, nicht jedoch die gänzliche Unbrauchbarkeit des Bestandobjekts, sei diese doch bei Vertragsabschluß den Parteien des Mietvertrages gar nicht bewußt gewesen. Der erhebliche Aufwand, der zur Herstellung einer funktionsfähigen elektrischen Versorgung der Wohnung erforderlich sei, hindere die Benützung der Wohnung, weshalb diese in die Ausstattungskategorie D einzustufen sei. Die dem Mieter in § 16 Abs 2 Z 4 MRG auferlegte Anzeigepflicht bestehe diesfalls nicht.
Über Rekurs der Antragsgegner wies das Rekursgericht den Mietzinsüberprüfungsantrag ab. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts, daß der Zustand der elektrischen Anlage in der dem Antragsteller vermieteten Wohnung und die Erforderlichkeit der Aufwendung größerer finanzieller Mittel zur Behebung der Mängel die fehlende Brauchbarkeit der Bestandsache zur Folge habe. Wohl treffe es zu, daß nach § 15a Abs 1 Z 4 MRG den Mieter für die fehlende Brauchbarkeit eines Bestandobjekts keine Rügepflicht treffe. Allerdings habe die Rechtsprechung die vor Inkrafttreten des 3. WÄG in § 16 Abs 2 Z 4 MRG, nunmehr in § 15a Abs 1 Z 4 MRG normierte Anzeigepflicht des Mieters als analogiefähig erachtet. Der diesbezügliche Informationsbedarf des Vermieters entspreche der sich aus der Nähe zum Mietobjekt ergebenden Informationsmöglichkeit des Mieters. Die Kenntnis von Mängeln sei erfahrungsgemäß eher beim Mieter als beim Vermieter zu vermuten (WoBl 1997/6). Um nicht unter Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben unbillige Ergebnisse zu erzielen, sei es gerechtfertigt, die Bemängelungspflicht des Mieters analog auch auf Fälle der nicht leichten Erkennbarkeit der Unbrauchbarkeit einer Wohnung an sich anzuwenden. Der sich danach ergebenden Anzeigepflicht sei der Antragsteller nicht nachgekommen, weshalb er nicht berechtigt sei, die Rechtsfolgen aus der Unbrauchbarkeit, nämlich die dauernde Einstufung der Wohnung in die Ausstattungskategorie D für sich in Anspruch zu nehmen. Dies habe zur Abweisung des Antrags zu führen.
Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 130.000 übersteige. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage der analogen Anwendung der Bemängelungspflicht des Mieters im Falle eines bei Mietvertragsabschlusses nicht oder nicht leicht erkennbaren, die Brauchbarkeit der Wohnung hindernden Mangels keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.
Gegen diesen Sachbeschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag auf Abänderung des rekursgerichtlichen Sachbeschlusses im Sinne einer Antragsstattgebung. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Antragsgegner beantragen, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, in eventu, ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht von ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung abgewichen ist. Er ist auch berechtigt.
Vorweg ist klarzustellen, daß der Mieter sein Begehren, den Mietzins auf Basis der Ausstattungskategorie D infolge Unbrauchbarkeit der Wohnung zu reduzieren, ausschließlich darauf gründete, daß die Unbrauchbarkeit durch den Zustand der Elektroinstallationen der Wohnung verursacht worden war. Es haben daher andere Umstände über die Gegebenheiten im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages außer Betracht zu bleiben, sowie der Umstand, daß die Sanierung der Wohnung vertragsgemäß nicht vom Vermieter (vgl WoBl 1992/27 = MietSlg 43.210; immolex 1997/90), sondern vom Mieter zu erfolgen hatte.
Der brauchbare Zustand einer Wohnung, wofür Voraussetzung ist, daß sie an sich zum sofortigen Bewohnen geeignet ist, also keine gröberen, die Benützung behindernden Mängel aufweist, ist nur für die Ausstattungskategorie D kein Tatbestandserfordernis. In allen anderen Fällen ist die Brauchbarkeit der Wohnung damit Kategoriemerkmal. Deshalb versagt hier eine analoge Anwendung der gesetzlich normierten Bemängelungspflicht des Mieters. Diese ist im Gesetz überhaupt nur für den Fall vorgesehen, daß die in einer Wohnung befindliche Wasserentnahmestelle oder das WC im Inneren einer Wohnung nicht brauchbar sind. In analoger Anwendung hat die Rechtsprechung ganz allgemein eine Bemängelungspflicht des Mieters hinsichtlich der Unbrauchbarkeit der kategoriebestimmenden Merkmale statuiert, dies aber bereits bei Fehlen des entsprechenden Kategoriemerkmals als nicht mehr mit der ratio der gesetzlichen Bestimmung in Einklang erachtet (vgl zuletzt WoBl 1997/6). Ein Sachverhalt, der dem Fehlen einer kategoriebestimmenden Einrichtung nahekommt, läßt keine Anzeigeobliegenheit des Mieters zu, weil die Ausstattung der Wohnung in die Ingerenz des Vermieters fällt und ein insoweit bestehender "Mangel" für den Mieter nicht ohne weiteres als rügepflichtig erkennbar ist. Ein Informationsbedürfnis des Vermieters hinsichtlich der Grundausstattung des vermieteten Objektes wird grundsätzlich verneint (vgl WoBl 1997/6). Es besteht daher nach der Rechtsprechung ganz grundsätzlich keine Bemängelungspflicht bei Unbrauchbarkeit der Wohnung an sich (RdW 1986/109 = MietSlg 37.331/51; WoBl 1991/129 = MietSlg 43.200; WoBl 1992/107 = MietSlg 43.201; immolex 1997/53; EWR I/15a/1 f).
Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes traf den Antragsteller keine gesetzliche Verpflichtung, den der gemieteten Wohnung anhaftenden Mangel, der die gänzliche Unbrauchbarkeit des Bestandobjekts bewirke, anzuzeigen.
Die Antragsgegner haben dem Begehren des Antragstellers von Beginn an die vertragliche Vereinbarung entgegengehalten, worin er sich verpflichtete, ihnen allfällige versteckte Mängel anzuzeigen, um ihnen Gelegenheit zu geben, diese Mängel zu beheben. Diese Vereinbarung findet sich, wie das Erstgericht feststellte, in § 8 des Mietvertrages. Sie lautet: "Im übrigen hat der Mieter nach Wohnungsübernahme (versteckte) Mängel, welche dem ordnungsgemäßen Zustand widersprechen, ebenfalls unverzüglich anzuzeigen". Damit habe der Antragsteller eine über § 1097 ABGB und über § 15a Abs 1 Z 4 MRG hinausgehende Informationspflicht vertraglich übernommen, an der sein Verhalten zu messen sei.
Die Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung scheitert allerdings an zwingenden Zinsbildungsvorschriften des MRG. Der hier anzuwendende § 15a idF des 3. WÄG bestimmt für die Zuordnung einer Wohnung in die Ausstattungskategorien A bis C unter anderem deren brauchbaren Zustand als Voraussetzung. Im brauchbaren Zustand, den die Kategorien A bis C nicht ausgleichbar erfordern (§ 15a Abs 2 MRG) befindet sich eine Wohnung, wenn sie an sich zum sofortigen Bewohnen geeignet ist, also keine gröberen, die Benützung behindernden Mängel aufweist. Die Brauchbarkeit wird zB durch eine gefährliche elektrische Anlage jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn - wie hier - der Mangel nicht ohne größere Aufwendungen beseitigt werden kann (MietSlg 45.279; immolex 1997/53 ua). Daß diese mangelnde Brauchbarkeit hier vorliegt, wird von den Parteien im Revisionsrekursverfahren nicht mehr in Frage gestellt.
Die zulässige Vereinbarung eines Richtwertmietzinses wiederum setzt nach § 16 Abs 2 MRG voraus, daß die gemietete Wohnung den Ausstattungskategorien A, B oder C zuzuordnen ist.
Seit dem 3. WÄG wird bei der Kategorie D unterschieden, ob die Wohnung nur wegen ihrer Ausstattung so eingestuft, sonst aber brauchbar ist oder ob sie unbrauchbar ist (§ 16 Abs 5 nF MRG). Im Fall der Unbrauchbarkeit einer Wohnung darf nur der Kategorie D-Mietzins vereinbart werden.
Besteht also, wie dargestellt, eine zwingende Mietzinsbildungsvorschrift hinsichtlich Wohnungen, die in die Ausstattungskategorie D einzuordnen sind, ohne daß eine gesetzliche Verpflichtung zur Bemängelung dieses Zustands durch den Mieter statuiert wäre, käme eine vertragliche Verpflichtung des Mieters, die Unbrauchbarkeit der Wohnung zu rügen - im Fall der Unterlassung einer Rüge - einer Umgehung der zinsrechtlichen Vorschriften für eine unbrauchbare Wohnung und damit der Anwendung des Kategorie D-Mietzinses gleich.
Hätte der Gesetzgeber den Vermieter in die Lage versetzen wollen, die Unbrauchbarkeit einer Wohnung zu beseitigen, um dadurch der drohenden Einstufung in die Ausstattungskategorie D zu entgehen, hätte es einer entsprechenden gesetzlichen Regelung bedurft. Eine solche fehlt.
Das im vorliegenden Fall festgestellte vertragliche Gebot, den Vermieter von der Unbrauchbarkeit der Wohnung zu informieren, hindert daher den Mieter nicht daran, die Unzulässigkeit der mit ihm getroffenen Hauptmietzinsvereinbarung geltend zu machen.
Die Rechtsprechung hat in besonderen Fällen einem Mieter nach Treu und Glauben Informationspflichten auferlegt, etwa wenn der Vermieter bereits die Zusage erteilt hatte, die Unvollständigkeit eines Kategoriemerkmals zu beseitigen (WoBl 1992, 150/108), oder aber vom Mieter verlangt, den Vermieter von Kostenüberschreitungen in Kenntnis zu setzen, um diesen in die Lage zu versetzen, durch Aufstockung der vereinbarten erforderlichen Mittel die ihm drohende Einstufung der Wohnung in eine niedrigere Ausstattungskategorie zu verhindern (MietSlg 38.354; WoBl 1997/6).
Der hier vorliegende Sachverhalt, im besonderen die vom Vermieter übernommenen Instandsetzungsverpflichtungen, die das Innere des Bestandobjektes überhaupt nicht betrafen und der in Anbetracht der vom Mieter zu finanzierenden umfangreichen Sanierungsarbeiten nur geringfügige Mietzinsnachlaß gibt keinen Anlaß, aus dem Grundsatz von Treu und Glauben für den Mieter besondere Verpflichtungen zu statuieren.
In Stattgebung des Revisionsrekurses des Antragstellers war daher der erstgerichtliche Sachbeschluß wiederherzustellen, wobei der Überprüfungszeitraum mit dem Datum der Anrufung der Schlichtungsstelle zu begrenzen war.
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