Spruch:
Zum Wesen der Inkassozession.
Entscheidung vom 30. August 1961, 5 Ob 249/61.
I. Instanz: Landesgericht Salzburg; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.
Text
Theodor T. verglich im Herbst 1959 ihm gegen den Beklagten zustehende Restforderungen aus gewährten Darlehen auf 27.000 S. Am 4. September 1959 zedierte er diese Restforderung an den Kläger, den Inhaber eines Inkassobüros, zum Inkasso. In der Folge schenkte er ihm die Forderung. Der Kläger verständigte den Beklagten mit Schreiben vom 9. September 1959, daß ihm die Forderung zum Inkasso abgetreten worden sei. Ungeachtet dieser Verständigung vereinbarte der Beklagte mit dem Zedenten, daß die noch offene Restschuld durch die erfolgte Lieferung von sechs Geldspielautomaten abgegolten sei.
Das Erstgericht vertrat den Standpunkt, daß die zuletzt angeführte Vereinbarung gegenüber dem Kläger nicht wirksam sei, der Beklagte vielmehr zufolge der Bekanntmachung der Zession an ihn schuldig sei, dem Kläger als Zessionar einen Betrag von 27.000 S samt 5% Zinsen ab 1. September 1959 zu zahlen. Das Mehrbegehren auf Zuspruch von 1249 S 33 g und auf 8% Zinsen aus 27.000 S ab 1. Jänner 1956 wies es ab.
Das Berufungsgericht vertrat in Anlehnung an Ehrenzweig (2. Aufl. II/1 S. 259) und die Rechtsprechung (JBl. 1960 S. 442, SZ. XII 295, GlUNF. 6746) die Ansicht, daß bei einer Inkassozession der Zessionar Zahlung nur verlangen könne, soweit nicht der Schuldner bereits an den Zedenten, wenn auch nach Verständigung von der Inkassozession, gezahlt habe. Es komme daher dem zwischen dem Schuldner und dem Überträger der Forderung geschlossenen Vergleich für die Entscheidung ausschlaggebende Bedeutung zu. Das Erstgericht werde sich daher mit dem Prozeßvorbringen der Parteien zu diesem Streitpunkt befassen und die von beiden Parteien hiezu angebotenen Beweise abführen und entsprechende Feststellungen treffen müssen. Das Berufungsgericht hob demgemäß das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zu neuerlicher Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es setzte seiner Entscheidung einen Rechtskraftvorbehalt bei.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Klägers nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Kläger versucht darzulegen, daß die Aufhebung des erstgerichtlichen Urteils durch das Berufungsgericht nicht gerechtfertigt sei, weil das Inkassomandat wie jede andere Zession zu beurteilen sei. Sonach sei der Schuldner nach Verständigung von der Zession nicht mehr berechtigt gewesen, sich mit dem Zedenten über die abgetretene Forderung zu vergleichen. Er könne sich jedenfalls auf eine auf Grund dieses Vergleiches geleistete Zahlung oder Hingabe an Zahlungs Statt an den Zedenten nicht berufen. Daß der Zessionar bei der Inkassozession die Leistung für Rechnung des Zedenten entgegennehmen solle, sei eine Einschränkung, die den Schuldner in der Regel nichts angehe.
Die Inkassozession ist ein in die Form der Abtretung gekleideter, dem Drittschuldner gegenüber als Abtretung wirkender Auftrag des Überträgers an den Übernehmer, die Forderung, die im Vermögen des Überträgers bleiben soll, im Namen des Übernehmers, aber für Rechnung des Überträgers geltend zu machen. Rechtsgrund der Zession ist das Mandat. Der Übernehmer macht also gegenüber dem Schuldner formell eine eigene, aber materiell eine fremde Schuld geltend. Nun kann zwar der Schuldner, der sich ungeachtet der an ihn ergangenen Bekanntmachung mit dem Überträger der Forderung abgefunden hat, die Legitimation des Übernehmers zur Einklagung der Forderung nicht bestreiten, weil ja der Übernehmer auf Grund der Abtretung allein berechtigt ist, die Schuld einzufordern. Es steht ihm aber gegenüber dem Übernehmer in diesem Fall die Einrede der Arglist zu. Diese Einrede ist ihm zu geben, weil der Zessionar nur eine formell eigene, aber materiell fremde Forderung geltend macht, die durch die Abfindung mit dem Überträger getilgt oder bei Einräumung von Raten oder Zahlungsfristen ihrer Fälligkeit beraubt wurde (vgl. Ehrenzweig a. a. O. S. 258 f.; ferner Staub - Gadow, Kommentar zum HGB., 14. Aufl. § 368 Anm. 115, sowie die sich in der gleichen Richtung bewegende Rechtsprechung, insbesondere SZ. XII 295, GlUNF. 6746, 1 Ob 329/59).
Das Berufungsgericht hat mit Recht hervorgehoben, daß die zwischen dem Überträger und dem übernommenen Schuldner abgeschlossene Vereinbarung für die Entscheidung bedeutsam ist und daher auch die vom Kläger gegen die Gültigkeit dieser Vereinbarung erhobenen Einwendungen, insbesondere die Behauptungen des Klägers, daß eine solche Vereinbarung nicht zustande gekommen sei, zu untersuchen sind.
Wird zunächst eine Forderung zum Inkasso zediert, dann aber diese Forderung dem Zessionar geschenkt, dann liegt in der Schenkung eine Umänderung der vereinbarten Zession durch Verwechslung des Rechtsgrundes (§ 1376 ABGB.). Die Umänderung der ursprünglichen Verbindlichkeit des Zessionars betrifft aber nur das Innenverhältnis zwischen diesem und dem Zedenten, das abstrakte Außenverhältnis zwischen dem Zedenten und dem Schuldner wird hingegen hiedurch nicht berührt. Es bedarf daher grundsätzlich bei einer Umänderung des Rechtsgrundes der Zession nicht einer neuerlichen Bekanntmachung an den Schuldner. Nur wenn, wie hier, zunächst eine Inkassozession vorgenommen wurde und in der Bekanntmachung an den Schuldner ausdrücklich auf den Rechtsgrund der Zession hingewiesen wurde, muß der Schuldner von der Umänderung des Rechtsgrundes, auf welche Art immer, Kenntnis erlangt haben, damit der Übernehmer mit Erfolg der dem Schuldner zustehenden Einrede der Arglist begegnen kann. Da nicht behauptet wurde, daß der Beklagte von der Umänderung des Rechtsgrundes der Zession verständigt wurde oder sonst hievon Kenntnis erlangt habe, bedarf es, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, auch keiner weiteren Untersuchung, ob und inwieweit eine Umänderung des Rechtsgrundes der Zession tatsächlich stattgefunden hat.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)