Spruch:
Der Revision der beklagten Partei wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Klagebegehren des Inhalts, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen 10.638 EUR samt 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 28. 2. 2007 zu bezahlen, abgewiesen wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.228,92 EUR bestimmten Verfahrenskosten erster Instanz (darin 370,02 EUR USt und 8,80 EUR Barauslagen), die mit 2.000,56 EUR bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin Barauslagen 934 EUR und 177,76 EUR USt) und die mit 2.002,24 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.234 EUR Barauslagen und 128,04 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Kaufvertrag vom 25. 8. 2005 erwarb die Klägerin von der Beklagten deren Miteigentumsanteile an der Liegenschaft *****, mit welchen Wohnungseigentum an einer Vielzahl von Objekten verbunden ist. Unter Punkt 4. Abs 2 des Kaufvertrags übernahm die Beklagte der Klägerin gegenüber die Haftung dafür, dass hinsichtlich der Kaufobjekte ua keine gerichtlichen Verfahren anhängig seien.
Aus dem damaligen Grundbuchstand ergab sich für die Klägerin als Käuferin, dass hinsichtlich vier anderer Wohnungseigentumsobjekte im Haus Klagen gemäß § 13c WEG 1975 zu Gunsten der Eigentümergemeinschaft angemerkt waren. Dieser Umstand war der Klägerin bei Erwerb der Anteile auch bekannt.
Erst nach dem Erwerb ihrer Liegenschaftsanteile erfuhr die Klägerin aus Anlass des Wechsels der Hausverwaltung zum 1. 9. 2005 den Hintergrund der bereits seit dem Jahr 2000 anhängigen Verfahren zwischen der Eigentümergemeinschaft und vier einzelnen Wohnungseigentümern:
Die Beklagte hatte als damalige Mehrheitseigentümerin in den Jahren 1993 und 1994 Erhaltungsarbeiten am Haus durchgeführt, ein § 18-MRG-Verfahren eingeleitet und ihre Miteigentumsanteile zur Aufnahme eines Darlehens verpfändet. Als sich im Jahr 1999 vier Wohnungseigentümer weigerten, die auf sie entfallenden Erhaltungskosten zu bezahlen, veranlasste die Beklagte die damalige Verwalterin, Klagen namens der Eigentümergemeinschaft gegen die vier säumigen Wohnungseigentümer einzubringen und trat ihre vermeintlichen Ansprüche der Eigentümergemeinschaft zum Inkasso ab.
Im Jahr 2006 wurden diese Klagen aufgrund mangelnder Aktivlegitimation der klagenden Eigentümergemeinschaft bzw wegen der „infolge der Tilgung des Darlehens nach Verkauf an die Klägerin erloschenen Inkassozession", deren Wirksamkeit vom damaligen Prozessgericht in Zweifel gezogen worden war, und soweit die Eigentümergemeinschaft ihr Begehren auf § 32 WEG gestützt hatte, deshalb abgewiesen, weil die Eigentümergemeinschaft den Erhaltungsaufwand nicht selbst getragen habe. Die so begründeten Klagsabweisungen erwuchsen unbekämpft in Rechtskraft. Der Prozessverlust der Eigentümergemeinschaft führte zu deren Kostenbelastung, die infolge ungenügender Rücklage auf die einzelnen Wohnungseigentümer aufgeteilt wurde. Davon entfielen auf die Klägerin 12.020,11 EUR.
Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten Zahlung eines Betrags von 10.638 EUR sA mit der Begründung, die Beklagte habe entgegen der im Kaufvertrag getroffenen Zusage, dass keine gerichtlichen Verfahren anhängig seien, der Klägerin das Prozesskostenrisiko aus den anhängigen Verfahren der Eigentümergemeinschaft verschwiegen. Insbesondere habe sie der Klägerin als Käuferin verschwiegen, dass sie selbst durch eine Inkassozession an die Eigentümergemeinschaft das Prozesskostenrisiko auf die Eigentümergemeinschaft und damit auf die einzelnen Wohnungseigentümer überwälzt habe.
Die Beklagte bestritt das Klagebegehren, beantragte dessen Abweisung und hielt dem Vorbringen der Klägerin entgegen, ihr nur zugesagt zu haben, dass betreffend die konkreten Kaufobjekte keine Verfahren anhängig seien. Dies sei auch nicht der Fall gewesen. Die Klägerin habe selbst aus dem Grundbuchstand Kenntnis der gegen vier andere Wohnungseigentümer anhängigen Verfahren gehabt. Die Beklagte habe den Prozessverlust nicht zu vertreten. Die Zahlungspflicht der Klägerin resultiere vielmehr aus den Bestimmungen des WEG, weil die vorhandene Rücklage zur Deckung der Prozesskosten nicht ausgereicht habe.
Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte, der Klägerin den Klagsbetrag zu bezahlen.
Im Wesentlichen argumentierte das Erstgericht damit, dass die Klägerin bei Erwerb der Liegenschaftsanteile nach dem Grundbuchstand keine Erkundigungspflicht hinsichtlich der gegen andere Wohnungseigentümer anhängigen Verfahren getroffen habe. Mit den damals anhängigen Klagen seien nämlich in Wahrheit Ansprüche geltend gemacht worden, die nicht unter die Bestimmung des § 13c WEG 1975 zu subsumieren gewesen wären. Die Beklagte habe in rechtlich nicht gedeckter Weise die Eigentümergemeinschaft an ihrer Stelle als Klägerin eingesetzt, welche Vorgangsweise letztlich auch gescheitert sei. Für diesen Prozessverlust und den der Klägerin damit eingetretenen Schaden habe die Beklagte zu haften.
Der dagegen von der Beklagten erhobenen Berufung gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge. Es vertrat die Ansicht, der Klägerin stehe schon aufgrund der Bestimmung des § 1014 ABGB der Ersatz jenes Aufwands zu, der durch die Vorgangsweise der Beklagten als Gewaltgeberin verursacht worden sei. Selbst bei fehlgeschlagenem Erfolg habe der Gewaltgeber dem Gewalthaber allen zur Besorgung des Geschäfts notwendig oder nützlich gemachten Aufwand zu ersetzen. Die Beklagte habe ihre eigenen Ansprüche gegen vier zahlungsunwillige Wohnungseigentümer nicht im Weg eines von ihr selbst geführten Aktivprozesses durchzusetzen versucht, sondern einen Dritten, nämlich die Eigentümergemeinschaft, mittels Inkassozession hiezu veranlasst. Sie habe also die Prozessführung im Namen der Eigentümergemeinschaft, jedoch im eigenen Interesse beauftragt. Die Eigentümergemeinschaft wäre als Inkassozessionar im Innenverhältnis verpflichtet gewesen, die eingehobene Leistung an die Beklagte als Zedenten abzuführen. Wirtschaftlich sei die Forderung also bei der Beklagten geblieben. Sie habe daher als Gewalthaber den dafür getätigten Aufwand, hier den Prozesskostenaufwand, zu ersetzen.
Über nachträglichen Antrag (§ 508 ZPO) erklärte das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO für zulässig, weil zur Frage der Aktivlegitimation einer Eigentümergemeinschaft oder aber eines einzelnen Wohnungseigentümers bei Konstellationen wie der gegenständlichen keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung der Urteile der Vorinstanzen im Sinne einer Klagsabweisung.
Die klagende Partei beantragte, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Beklagten erweist sich infolge Verkennung der Rechtslage durch die Vorinstanzen als zulässig. Die Revision ist auch berechtigt.
Zunächst bietet der vorliegende Sachverhalt keine Grundlage dafür, die Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht der Beklagten der Klägerin gegenüber bei Veräußerung ihrer Liegenschaftsanteile zugrundezulegen. Die Unrichtigkeit der kaufvertraglichen Zusage, hinsichtlich der kaufgegenständlichen Objekte seien keine gerichtlichen Verfahren anhängig, ist nicht erwiesen. Die Anhängigkeit von Verfahren gegen vier andere Wohnungseigentümer, wofür die Eigentümergemeinschaft (nach dem Inhalt der einzelnen Klagen übrigens berechtigterweise) Klagsanmerkungen erwirkt hatte, war nicht nur aus dem Grundbuch ersichtlich, sondern nach ihrem eigenen Zugeständnis der Klägerin [einer in Immobilienangelegenheiten tätigen Gesellschaft] auch bekannt.
Für das Bestehen einer Aufklärungspflicht ist im Einzelfall immer entscheidend, ob ein Schutzbedürfnis des Vertragspartners vorliegt. Kann ein Verkäufer vernünftigerweise - wie hier beim Liegenschaftskaufvertrag zwischen Immobilienunternehmen - beim Käufer Sachkunde voraussetzen, muss er ihn nicht über mögliche Folgen bücherlicher Anmerkungen aufklären (vgl RIS-Justiz RS0016390 ua). Es wäre daher Sache der Klägerin als Käuferin gewesen, Aufklärung über den Hintergrund der anhängigen Verfahren zu verlangen, wenn sie bei ihrem Kaufentschluss davon ausging, dass ein Prozessverlust jedenfalls ausgeschlossen hätte werden müssen. Wie bei jedem anderen Gerichtsverfahren auch können von einer Eigentümergemeinschaft gegen einzelne Miteigentümer angestrengte Verfahren auch mit Prozessverlust und diesfalls mit einer Kostenbelastung der Eigentümergemeinschaft verbunden sein.
Im Übrigen steht nach den maßgeblichen Feststellungen keinesfalls, wie von der Klägerin unterstellt, fest, dass bereits im Zeitpunkt des Erwerbs der Liegenschaftsanteile durch sie mit einem Prozessverlust zu rechnen gewesen wäre, dass die Beklagte diesen Prozessverlust zu vertreten hätte oder eine Zession der Forderungen der Beklagten an die Eigentümergemeinschaft per se Ursache des Prozessverlustes gewesen wäre.
Ganz zutreffend hält die Revision der Rechtsansicht des Berufungsgerichts entgegen, dass eine Argumentation aus dem Ersatzpflichtverhältnis zwischen Gewalthaber und Gewaltgeber schon deshalb versagt, weil ausgehend vom festgestellten Sachverhalt die beklagte Partei Gewaltgeber und die Eigentümergemeinschaft, nicht aber die einzelnen Wohnungseigentümer Gewalthaber gewesen wären. Eine aus § 1014 ABGB abgeleitete, verschuldensunabhängige Erfolgshaftung der Beklagten gegenüber der Klägerin ist nicht zu begründen (RIS-Justiz RS0019610).
Letztlich resultierte die Verpflichtung der Klägerin, der Eigentümergemeinschaft den anteiligen und der Höhe nach nicht mehr strittigen Klagsbetrag zu bezahlen, nach ihrem eigenen Vorbringen aus der wohnungseigentumsrechtlichen Vorschrift des § 31 Abs 1 WEG über die Rücklagenbildung. Den Klagsbetrag hat die Klägerin nicht als Prozesskostenschuld an die jeweiligen Prozessgegner entrichtet, sondern aufgrund des Nichtzureichens der vorhandenen Rücklage in diese als Sondervermögen der Eigentümergemeinschaft eingebracht (vgl jüngst zur nicht ausreichenden Rücklage und Belastung eines späteren Käufers dadurch: 5 Ob 171/09x). Darauf ist die Klägerin mit ihren - übrigens erstmals in der Revisionsbeantwortung - erstatteten Ausführungen, sie habe durch Zahlung eine fremde Schuld eingelöst, ihr stehe daher der Klagsanspruch nach § 1422 ABGB zu, hinzuweisen.
Der von der Klägerin erachtete finanzielle Nachteil durch die derartige Belastung mit Rücklagenbeiträgen ist reiner Vermögensschaden, dessen Verursachung die Beklagte nur dann ersatzpflichtig machte, wenn sich die Rechtswidrigkeit der Schädigung aus der Verletzung vertraglicher Pflichten, wozu oben bereits Stellung genommen wurde, aus der Verletzung absoluter Rechte oder aus der Übertretung von Schutzgesetzen ableiten ließe (vgl RIS-Justiz RS0022813; RS0022462 [T1]). Für solche Haftungsgründe bieten die maßgeblichen Feststellungen aber keine Anhaltspunkte.
Die geltend gemachten Anspruchsgründe rechtfertigen daher insgesamt das Klagebegehren nicht.
Die Revision war daher berechtigt.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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