Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG und § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Begründung
Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag begehrt ein Wohnungseigentümer gemäß § 30 Abs 1 Z 1 WEG die Durchsetzung von bereits einige Jahre zurückliegenden Mehrheitsbeschlüssen über eine Gebäudesanierung, in der unter anderem eine Fassadensanierung ohne Vollwärmedämmung enthalten war. Inzwischen hat sich ein erheblicher Teil der Wohnungseigentümer für eine Fassadensanierung mit Vollwärmeschutz unter Inanspruchnahme einer öffentlichen Förderung hiefür entschlossen. Ein dementsprechender Mehrheitsbeschluss wurde wegen formaler Mängel aufgehoben. Ein anderer Mehrheitsbeschluss befindet sich im zweiten Rechtsgang eines Anfechtungsverfahrens.
Die Vorinstanzen haben das Begehren auf Durchsetzung des Individualrechts des Antragstellers nach § 30 Abs 1 Z 1 WEG abgewiesen. Das Rekursgericht führte dazu aus, dass sämtliche Wohnungseigentümer darin übereinstimmten, dass die Sanierungsarbeiten durchzuführen seien und lediglich Uneinigkeit über das konkrete Ausmaß der erforderlichen Arbeiten bestehe. Diesfalls gehe es nicht an, die Willensbildung der Eigentümergemeinschaft in das Verfahren nach § 30 Abs 1 Z 1 WEG zu verlagern. Primär hätten darüber die Wohnungseigentümer im Rahmen der vorgesehenen Willensbildungsprozesse zu entscheiden.
Rechtliche Beurteilung
Dem Revisionsrekurswerber ist zuzugestehen, dass ein Individualanspruch eines Minderheitseigentümers nach § 30 Abs 1 Z 1 WEG auch dann besteht, wenn die Mehrheit die Durchführung der Arbeiten zwar beschlossen, aber unangemessen lange aufgeschoben hat (vgl 5 Ob 133/94 = MietSlg 46/39).
Daneben ist jedoch erforderlich, dass die vom einzelnen Wohnungseigentümer durchzusetzenden Arbeiten unter dem Aspekt der Dringlichkeit und Wirtschaftlichkeit auch tatsächlich geboten sind, ansonsten es bei der Zuständigkeit der Mehrheit für die Veranlassung und Durchführung der Erhaltungsarbeiten zu bleiben hat (vgl 5 Ob 210/01w = SZ 74/194; RIS‑Justiz RS0116139).
Der erkennende Senat vertritt unter Zustimmung der Lehre die Ansicht, dass ein restriktives Verständnis des Erhaltungsbegriffs des § 3 Abs 1 MRG im Zusammenhang mit § 30 Abs 1 Z 1 WEG geboten ist. Letztere Bestimmung soll Abhilfe nur gegen eine unzumutbare Untätigkeit der Mehrheit bei Dringlichkeit der Arbeiten bieten (vgl 5 Ob 116/07f = Zak 2008, 274; Call in WoBl 2002, 93; Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, Rz 14 zu § 30 WEG unter Hinweis auf die EB zur RV zum WEG 1975 240 BlgNR XIII. GP zu § 13 Z 5 WEG 1975). Schon zur Rechtsvorgängerbestimmung des hier in Frage stehenden Individualrechts sollte dem Einzelnen Abhilfe nur gegen eine geradezu unzumutbare Untätigkeit bei der Erhaltung des Hauses geboten werden.
Derartige Umstände wurden im gegenständlichen Fall nicht behauptet.
Von der dargestellten Rechtsprechung gedeckt, hat das Rekursgericht das Begehren des Antragstellers auch im Hinblick auf den stattfindenden Willensbildungsprozess, der möglicherweise zu einer Abänderung der früheren Mehrheitsbeschlüsse führen wird, abgelehnt.
Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG stellen sich in diesem Zusammenhang nicht.
Das hatte zur Zurückweisung des außerordentlichen Rechtsmittels des Antragstellers zu führen.
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