OGH 5Ob133/94

OGH5Ob133/9413.12.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller

1.) Dr.Paul W*****, 2.) Elfriede W*****, beide Wohnungseigentümer,***** vertreten durch Dr.Walter Prüfling, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner "Wohnhauseigentümergemeinschaft des Hauses *****", wegen § 13 a WEG, infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 23. September 1994, GZ 49 R 89/94-6, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 8.Juli 1994, GZ 45 Msch 149/94m-3, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Das Erstgericht wies den am 7.Juni 1994 überreichten Antrag, den Antragsgegnern aufzutragen, die Fassade des Wohnungseigentumshauses *****, erst nach vollständiger Ansparung der erforderlichen Geldmittel zu reparieren und zu diesem Zweck die bestehende Rücklage, verteilt auf zwei Jahre, in monatlichen Teilbeträgen auf den erforderlichen Fassadeninstandsetzungsaufwand aufzustocken, zurück. Begründend führte es aus, daß die Antragsteller ihren Antrag auf § 13 a WEG stützten, der in Abs 1 Z 1 vorsehe, daß jeder Miteigentümer sich an der Verwaltung der Liegenschaft beteiligen und die Entscheidung des Gerichts verlangen könne, daß Arbeiten im Sinne des § 14 Abs 1 Z 1 WEG binnen einer angemessenen Frist durchgeführt werden. Der vorliegende Antrag sei so zu verstehen, daß die Arbeiten, nämlich die Instandsetzung der Hausfassade, zunächst nicht durchgeführt werden sollten. Ein Antrag auf Nichtdurchführung von Arbeiten sei im Wortlaut des § 13 a Abs 1 Z 1 WEG nicht enthalten. Auch eine systematische Auslegung der zitierten Bestimmung bringe kein anderes Ergebnis. Geregelt würden Arbeiten im Sinne des § 14 Abs 1 Z 1 WEG. Diese Arbeiten seien die ordnungsgemäße Erhaltung der gemeinsamen Teile und der Anlagen der Liegenschaft im Sinne des § 3 MRG. § 3 MRG regle die Erhaltungspflicht des Vermieters für Mietgegenstände. Auch diese Erhaltungsarbeiten könnten von einer Minderheit der Mieter nicht verhindert werden. Bloß im Falle des § 6 Abs 4 MRG habe die Mehrheit der Hauptmieter ein Widerspruchsrecht gegen die Durchführung von Erhaltungsarbeiten. Daher ergebe auch eine systematische Betrachtung, daß ein Miteigentümer die Durchführung der Arbeiten im Sinne des § 13 a Abs 1 Z 1 WEG nicht verhindern könne. Zu prüfen sei noch, ob eine analoge Anwendung des § 13 a Abs 1 WEG in Frage komme. Dazu sei auszuführen, daß der Katalog der Individualrechte des Miteigentümers abschließend sei. Hätte der Gesetzgeber weitere Individualrechte schaffen wollen, hätte er dies ohne Zweifel zum Ausdruck gebracht. Der Oberste Gerichtshof habe in MietSlg 42.446/5 ausgeführt, daß die Bestimmung des § 15 Abs 1 Z 2 WEG (alte Fassung, entsprechend § 13 a Abs 1 Z 2 WEG), welche ein Individualrecht auf Entscheidung über die Bildung einer angemessenen Rücklage sowie über die Erhöhung oder Verminderung einer von der Mehrheit beschlossenen Rücklage vorsehe, kein Recht auf Unterlassung der Bildung der Rücklage enthalte. Daraus ergebe sich, daß die Individualrechte des Miteigentümers durch den Wortlaut des Katalogs des § 15 Abs 1 WEG (alte Fassung, nunmehr § 13 a Abs 1 WEG) begrenzt und nicht durch Analogie erweiterbar seien. Inhaltlich habe das 3. WÄG den Katalog unverändert gelassen. Da es somit keine Bestimmung gebe, die den gegenständlichen Antrag ins außerstreitige Verfahren verweise, sei er gemäß § 42 Abs 1 und 3 JN zurückzuweisen gewesen. Da der Antrag auf Erhöhung der Rücklage sowohl formal ("zu diesem Zwecke") als auch inhaltlich mit dem Antrag auf Nichtdurchführung der Fassadeninstandsetzungsarbeiten verknüpft sei, habe auch dieser Antrag zurückgewiesen werden müssen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller nicht Folge, sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteigt, und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs - mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur hier zu beurteilenden Frage - für zulässig.

Es verwies zunächst auf die zutreffende rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes, der es sich anschließe. Die dagegen von den Rekurswerbern ins Treffen geführten Argumente vermöchten nicht zu überzeugen. Wenn die Antragsteller auf die Bestimmung des § 13 a Abs 1 Z 2 WEG verwiesen, welche die Entscheidung des Gerichtes darüber vorsehe, daß eine angemessene Rücklage gebildet oder die von der Mehrheit beschlossene Rücklage angemessen erhöht oder gemindert wird, weshalb der auf die Aufstockung der bestehenden Rücklage gerichtete Antrag zulässig wäre, so ließen sie völlig außer Betracht, daß sie ja primär den Antrag gestellt hätten, die von der Mehrheit beschlossene Fassadenreparatur (zumindest zunächst) nicht durchzuführen und der auf eine Änderung der Rücklage im Sinne der Erhöhung auf angemessene Beträge gestellte Antrag nur im Zusammenhang mit dem auf Unterlassung der Fassadenreparatur gestellten Antrag zur Festlegung des späteren Termines der Arbeiten zu sehen sei. Nach dem Vorbringen der Antragsteller in ihrem an das Erstgericht gerichteten Antrag verlange der Verwalter des Wohnungseigentumshauses von den Antragstellern bestimmte Beträge zur Finanzierung von Fassadensanierungsarbeiten, woraus sich ergebe, daß diese Arbeiten unmittelbar bevorstünden, der Antrag der Antragsteller sei jedoch darauf gerichtet, diese Erhaltungsarbeiten aufzuschieben. Es handle sich daher nicht um einen (gemäß § 13 a Abs 1 Z 1 WEG im Außerstreitverfahren vom Minderheitseigentümer durchsetzbaren) Antrag auf Durchführung von Erhaltungsarbeiten, sondern um einen auf Verhinderung bzw Aufschiebung derartiger Arbeiten gerichteten Antrag, für den eine Antragstellung des Minderheitseigentümers im Außerstreitverfahren eben nicht vorgesehen sei. Was die von den Antragstellern in ihrem erstinstanzlichen Vorbringen auch relevierte Frage der Zumutbarkeit der an sie gerichteten Vorschreibungen zur (sofortigen) Finanzierung der Fassadenreparatur anlange, seien sie auf § 13 a Abs 1 Z 3 WEG zu verweisen (eine Bewilligung der Entrichtung des auf sie entfallenden Teiles der durch die Rücklage nicht gedeckten Kosten der Fassadenreparatur in Teilbeträgen sei aber nicht Gegenstand des vorliegenden Antrages).

Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag, die vorinstanzlichen Beschlüsse aufzuheben und den Vorinstanzen die meritorische Entscheidung über die gestellten Anträge aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Vorinstanzen haben die Rechtsfrage zutreffend gelöst; auf ihre Begründung wird hingewiesen. Hinzuzufügen ist kurz noch folgendes:

Gemäß § 26 Abs 1 Z 3 WEG in der Fassung des 3.WÄG ist im außerstreitigen Verfahren unter anderem in Angelegenheiten der Beteiligung eines Miteigentümers an der Verwaltung (§ 13 a) zu entscheiden. § 13 a Abs 1 WEG (vor dem 3.WÄG: § 15 Abs 1) enthält eine taxative Aufzählung (Würth in Rummel2 § 15 WEG Rz 2; vgl MietSlg 42/5). Jeder Miteigentümer kann die Entscheidung des Gerichtes ua darüber verlangen, daß Arbeiten im Sinne des § 14 Abs 1 Z 1 WEG (ordnungsgemäße Erhaltung) binnen einer angemessenen Frist durchgeführt werden (Z 1) und daß eine angemessene Rücklage gebildet oder die von der Mehrheit beschlossene Rücklage angemessen erhöht oder gemindert wird (Z 2).

Der Antrag der Antragsteller ist auf die Aufschiebung von Erhaltungsarbeiten gerichtet. Ein Individualrecht gemäß § 13 a Abs 1 Z 1 WEG besteht aber nur für die Bewirkung von Erhaltungsarbeiten bei Untätigkeit der Mehrheit bzw des Verwalters (vgl Würth aaO § 14 Rz 4), nicht auch für die Verhinderung oder Aufschiebung solcher Arbeiten. Eine Kontrolle in jeder Richtung ist in § 13 a Abs 1 Z 1 WEG nicht vorgesehen (Würth aaO § 15 WEG Rz 2).

Die Rechtsmittelwerber verweisen darauf, daß in § 13 a Abs 1 Z 1 WEG von einer Durchführung der Arbeiten "binnen angemessener Frist" die Rede ist. Damit wird nach dem Sinn des Individualrechts lediglich zum Ausdruck gebracht, daß die Erhaltungsarbeiten - sei es, daß sie ein Miteigentümer überhaupt erst erzwingen will, sei es, daß sie die Mehrheit zwar beschlossen aber unangemessen lang aufgeschoben hat - binnen einer angemessenen Frist durchgeführt werden sollen. Hingegen wird damit kein selbständiges außerstreitiges Verfahren zur Aufschiebung von unmittelbar bevorstehenden Erhaltungsarbeiten eröffnet.

Richtig ist, daß gemäß § 13 a Abs 1 Z 2 WEG die Entscheidung über eine Rücklagenerhöhung begehrt werden kann. Den Vorinstanzen ist aber zuzustimmen, daß das diesbezügliche Begehren der Antragsteller mit ihrem Aufschiebungsbegehren untrennbar verbunden ist. Sowohl aus der im Antrag gebrauchten Formulierung ("zu diesem Zwecke") als auch zuletzt aus dem Revisionsrekurs geht hervor, daß die Antragsteller eine Aufschiebung der Fassadenarbeiten auf zwei Jahre wünschen, in welcher Zeit die fehlenden Geldmittel durch Erhöhung der Rücklage angespart werden sollen. Hingegen kann ihnen nicht die Absicht unterstellt werden, eine Rücklagenerhöhung auch für den Fall anzustreben, daß die Fassadenarbeiten doch sogleich durchgeführt und sie selbst sogleich zur Einzahlung des anteiligen Fehlbetrages verhalten werden sollten. Beim - als innerprozessual bedingt (vgl Fasching, Lehrbuch2 Rz 758) anzusehenden - Begehren auf Erhöhung der Rücklage handelt es sich somit um keinen selbständigen Antrag im Sinne des § 13 a Abs 1 Z 2 WEG, weshalb es das Schicksal des Antrags, die Fassadenarbeiten erst später durchzuführen, teilt.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

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