Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Rekursgericht die erstrichterliche Abweisung des Begehrens der Antragstellerinnen bestätigt, auf dem Hälfteanteil der Zweitantragstellerin die Dienstbarkeit des Fruchtgenußrechtes gemäß Punkt Siebentens des Übergabsvertrages vom 26.2.1996 einzuverleiben. Diese (anläßlich der Übergabe der Liegenschaft EZ ***** von der bisherigen Eigentümerin an die Antragstellerinnen getroffene) Vertragsbestimmung lautet wie folgt:
"Vereinbarung zwischen den Übernehmerinnen
a) Die Übergabe der Liegenschaft ... erfolgte gegen Vorbehalt unter anderem eine Dienstbarkeit des Wohnungsrechtes am gesamten Objekt ... mit Ausnahme der beiden rechts vom Stiegenaufgang im ersten Obergeschoß des Hauses gelegenen Zimmer. Die beiden Übernehmerinnen halten fest, daß das erste, rechts vom Stiegenaufgang gelegene, somit nordöstliche Zimmer der Übernehmerin Gabriele S***** und das zweite, somit rechte der beiden nördlichen Zimmer, der Übernehmerin Barbara P***** jedenfalls zur alleinigen Nutzung zur Verfügung stehen soll und zwar nicht nur für sie selbst, sondern auch für ihre jeweiligen Familienangehörigen.
b) Die beiden Übernehmerinnen stellen ferner fest, daß im Falle des
Ablebens der Übergeberin, der Mitübernehmerin Barbara P***** ein
volles Nutzungsrecht an der gesamten Liegenschaft, mit Ausnahme
dieses vorgenannten, vorbehaltenen Zimmers, zustehen soll und räumt
daher Gabriele S***** ihrer Schwester Barbara P***** auf deren
Lebensdauer und für die Zukunft unentgeltlich an dem von ihr
übernommenen Liegenschaftshälfteanteil der Liegenschaft ... ein
Fruchtgenußrecht ein, und bestellt dasselbe in Ansehung des ihr
gehörigen ideellen Hälfteanteils an der Liegenschaft ... zur
persönlichen Dienstbarkeit, welche grundbücherlich sicherzustellen ist. Die Ausübung dieser Dienstbarkeit des Fruchtgenußrechtes hat in Entsprechung der Paragraphe 509 fortfolgende des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches zu erfolgen. Das Fruchtgenußrecht ruht jedoch, solang die Übergeberin Christl P***** am Leben ist. Dieses Fruchtgenußrecht wird allerdings insoweit in der Ausübung beschränkt, daß der gemäß litera a) Gabriele S***** vorbehaltene Raum, von dieser persönlich auch in diesem Fall zur alleinigen Nutzung einschließlich Gartenmitbenützung sowie Mitbenützung von Bad und Toilette zur Verfügung bleibt; die anteiligen Betriebskosten, welcher Art immer, hat in diesem Fall allerdings Gabriele S***** zu tragen. Soweit allerdings Gabriele S***** infolge ihres Ablebens die zu litera a) und b) getroffene Nutzungsvereinbarung nicht selbst ausüben kann, gehen diese nicht auf die Rechtsnachfolger über, sondern erstreckt sich insbesondere im Falle der litera a) das Nutzungsrecht von Barbara P***** auch auf diesen Raum."
Der Übergabsvertrag enthält außerdem noch eine Aufsandungserklärung sämtlicher Vertragsteile, wonach ausdrücklich eingewilligt wurde, daß (ua) zugunsten der Barbara P*****, geb. 13.9.1950, ob dem ideellen Hälfteanteil der Gabriele S********** *****, die Dienstbarkeit des Fruchtgenußrechtes gemäß Punkt Siebentens des Vertrages einverleibt werden kann.
Begründet wurde die Bestätigung der (Teil-)Abweisung des Grundbuchsgesuches damit, daß die Antragstellerinnen in Vertragspunkt Siebentens wohl deshalb ein zunächst "ruhendes" Fruchtgenußrecht vereinbart hätten, weil ein sofort wirksames Fruchtgenußrecht an einem ideellen Liegenschaftsanteil mit dem umfassenden Wohnungsgebrauchsrecht der Übergeberin (am gesamten Haus mit Ausnahme von zwei Zimmern im Obergeschoß) kollidiert hätte (5 Ob 2121/96i). Die Verbücherung eines "ruhenden" dinglichen Rechtes sei jedoch (auch wenn es, wie im gegenständlichen Fall, unbedingt eingeräumt wurde) im Gesetz nicht vorgesehen. Gleich einer bloßen Anwartschaft wären mit dem Fruchtgenußrecht der Erstantragstellerin bis zum Ableben der Übergeberin keine Rechte auf Ausübung verbunden. Die Verbücherung würde nur zu Sicherungszwecken erfolgen, wobei inhaltlich zu einem bloßen Anwartschaftsrecht kein Unterschied bestünde. Das Fruchtgenußrecht entstehe als dingliches Recht durch die Eintragung im Grundbuch, wobei dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden könne, daß er nach § 12 Abs 1 GBG Dienstbarkeiten zur Eintragung ins Grundbuch zulassen wollte, bei denen die tatsächliche Ausübung des Rechtes vom Eintritt eines zukünftigen Termins abhängig ist. Die Vereinbarung des Ruhens eines dinglichen Rechtes bis zum Eintritt eines künftigen Termins komme daher dem Fall eines aufschiebend bedingten oder durch einen Anfangstermin begrenzten (betagten) dinglichen Rechts nahe. Die Eintragung eines solchen Rechts im Grundbuch sei erst bei Entstehen des Vollrechts möglich (EvBl 1962/219; NZ 1983, 137).
Eine von den dargelegten Grundsätzen abweichende Behandlung erführen mit Rücksicht auf die Sonderbestimmungen der §§ 14 und 36 GBG sowie § 449 ABGB in Lehre und Rechtsprechung lediglich unbedingt eingeräumte Pfandrechte für aufschiebend bedingte Geldforderungen (NZ 1989/155). Auch bei der Verbücherung von Bestandrechten vertrete ein Teil der Rechtsprechung die Auffassung, daß ein erst späterer Beginn der bestimmten Bestandzeit der Einverleibung des Bestandrechtes nicht entgegenstehe (Dittrich/Angst/Auer, Grundbuchsrecht4, E 34 zu § 19 GBG). Auch wenn die Begründung obligatorischer Dienstbarkeiten zulässig sei, so sei doch eine Verdinglichung solcher Rechte - anders als beim Bestandrecht - nicht vorgesehen. Als dingliches Recht könne das Fruchtgenußrecht aber ebenso wie andere dingliche Rechte nur dann verbüchert werden, wenn mit der Erwerbung des dinglichen Rechtes durch Eintragung im Grundbuch auch alle daraus erfließenden Rechte verbunden seien. Die Eintragung ruhender Rechte ins Grundbuch wäre der Rechtssicherheit abträglich (wobei etwa an die Behandlung im Zwangsversteigerungsverfahren zu denken sei) und würde auch die Übersichtlichkeit des Grundbuches beeinträchtigen.
Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß zur Frage der Verbücherung "ruhender Rechte" eine höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.
Rechtliche Beurteilung
Im jetzt vorliegenden Revisionsrekurs machen die Antragstellerinnen geltend, daß die Verbücherung ruhender dinglicher Rechte im Gesetz zwar nicht vorgesehen, aber auch nicht untersagt sei. Wenn die Verbücherung von Bestandrechten mit einem erst späteren Beginn der bestimmten Bestandzeit zugelassen werde, müsse auch die Eintragung eines unbedingt eingeräumten Fruchtgenußrechtes mit einem zukünftigen Anfangstermin möglich sein. Es gehe in einem solchen Fall nicht um eine Anwartschaft, sondern um ein unbedingtes Recht mit einem in der Zukunft liegenden Anfangstermin. Diese Beschränkung (der genaue Inhalt des Rechts) könne durch einen Verweis auf die Urkundensammlung klargestellt werden, ohne die Übersichtlichkeit des Grundbuchs zu gefährden. Es bestehe auch ein besonderes Interesse an einer solchen Eintragung, weil jeder spätere Erwerber der Liegenschaft (des belasteten Liegenschaftsanteils) das eingetragene Fruchtgenußrecht gegen sich gelten lassen müßte. Der sofortigen Eintragung des Fruchtgenußrechtes der Erstantragstellerin stehe im übrigen das eingetragene Wohnungsgebrauchsrecht der Übergeberin nicht entgegen, weil sich die beiden Rechte durch die zeitliche Aufeinanderfolge klar abgrenzen ließen. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, den angefochtenen Beschluß dahingehend abzuändern, daß (auch) die Einverleibung des Fruchtgenußrechtes zugunsten der Erstantragstellerin auf dem ideellen Hälfteanteil der Zweitantragstellerin gemäß Punkt Siebentens des Übergabsvertrages bewilligt werde.
Der Revisionsrekurs ist unzulässig, weil die angefochtene
Entscheidung der bereits vorhandenen Judikatur entspricht, wonach
bedingte oder betagte Rechte vor Eintritt der Bedingung oder des
Termins nicht im Grundbuch eingetragen werden können (SZ 34/192 =
EvBl 1962/219 = RPflSlgG 496; EvBl 1976/114 = RPflSlgG 1747; SZ 55/58
= NZ 1983, 137; SZ 62/80 ua; vgl Spielbüchler in Rummel2, Rz 9 zu §
431 ABGB). Neben diesem Hinweis ist in Anwendung der
Begründungserleichterung des § 126 Abs 3 GBG (vgl auch § 16 Abs 3
AußStrG iVm § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO) nur noch folgendes auszuführen:
Daß das gegenständliche Fruchtgenußrecht unbedingt eingeräumt wurde und bis zu einem bestimmten Ereignis (dem Ableben der Übergeberin) "ruhen" soll, ändert nichts daran, daß das Recht selbst erst ab einem bestimmten Zeitpunkt zusteht, also iS der angeführten Judikatur zumindest "betagt" ist. Die Einverleibung des Rechtes im Grundbuch ist jedoch dazu bestimmt, das Recht sofort und unbedingt zu verschaffen (vgl § 8 Z 1 GBG). Die - wenn auch nur durch einen Verweis auf die Urkundensammlung - in das Grundbuch aufzunehmende Beschränkung, daß das Recht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt oder Ereignis ruht, würde einen widesprüchlichen Grundbuchsstand herbeiführen. Die im Revisionsrekurs geforderte Eintragung zur Sicherstellung der Erstantragstellerin für den Fall, daß die Zweitantragstellerin ihren Liegenschaftsanteil verkauft, würde einem bloß Anwartschaftsberechtigten einen Rang verschaffen, der nur dem unbedingt bzw sofort Berechtigten zukommt (vgl SZ 55/58).
Der Vergleich mit der Zulassung der Verbücherung von Bestandrechten mit einem erst späteren Beginn der bestimmten Bestandzeit durch einige Instanzgerichte (RPflSlgG 876, 877, 1016 und 1240, wobei hier die Richtigkeit dieser Rechtsprechung nicht überprüft werden soll) ist nicht zielführend, weil das Bestandrecht in § 9 GBG ausdrücklich als eines jener obligatorischen Rechte genannt ist, die im Grundbuch eingetragen werden können. Das Fruchtgenußrecht zählt jedoch zu den Dienstbarkeiten (§ 478 ABGB), die als dingliche Rechte grundsätzlich erst mit der Eintragung im Grundbuch entstehen (§ 481 Abs 1 ABGB). Für die Eintragung einer (obligatorischen) Anwartschaft auf den späteren Erwerb einer Dienstbarkeit fehlt, wie schon das Rekursgericht ausführte, eine gesetzliche Grundlage.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
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