OGH 5Ob234/04d

OGH5Ob234/04d5.4.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann, Dr. Hurch, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin L***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Erich Kafka und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen die Antragsgegnerin G***** KEG, *****, vertreten durch Schuppich, Sporn & Winischhofer, Rechtsanwälte in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG (§ 12a MRG) über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 28. Juli 2004, GZ 38 R 131/04b-29, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Im Jahr 1932 gründeten Nubar und Jirair V***** die Antragsgegnerin als offene Handelsgesellschaft, die sukzessive mehrere Bestandobjekte im Haus, das nunmehr im Eigentum der Antragstellerin steht, mietete. Am 3. 5. 1991 wurde die OHG in eine KG umgewandelt. Persönlich haftender Gesellschafter war Arman V***** als reiner Arbeitsgesellschafter. Jirair und Nubar V***** waren Kommanditisten und zu je 50 % am Erfolg der Gesellschaft beteiligt. Am 10. 11. 1992 verstarb Jirair V*****, am 14. 8. 1993 Nubar V*****. Die Einantwortung der Verlassenschaft nach Jirair V***** erfolgte am 16. 1. 1995, jene nach Nubar V***** am 10. 6. 1996. Der Gesellschaftsvertrag der Antragsgegnerin sah für den Fall des Todes eines Gesellschafters die Fortsetzung der Gesellschaft nur mit Erben oder Legataren vor, die eheliche Nachkommen oder Mitgesellschafter sind.

Zwischen den beiden Einantwortungen, nämlich am 15. 2. 1996, verfasste der Buchhalter der Antragsgegnerin ein Schreiben an die damalige Hauseigentümerin D***** AG, dass die Kommanditisten der Gesellschaft verstorben seien und deren Anteile von Arman V***** bzw Sonja T***** übernommen wurden, was der bereits erfolgten Einantwortung und der erst im Juni 1996 erfolgten Einantwortung entsprach. Arman V***** unterzeichnet das Schreiben und gab es ca ein bis zwei Monate später persönlich bei D***** AG am Hohen Markt in der dafür vorgesehenen Poststelle ab.

Mit Schreiben vom 19. 6. 1996 teilte die Hausverwaltung mit, dass von der Antragsgegnerin gemäß § 46a Abs 4 MRG erhöhter Hauptmietzins ab 1. 1. 1997 begehrt werde, und zwar im Hinblick auf Änderungen der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeit. Die Antragsgegnerin gab sich mit der Anhebung des Mietzinses nicht zufrieden und leitete daraufhin ein Verfahren bei der Schlichtungsstelle auf Überprüfung des Mietzinses ein. Im Zuge des Schlichtungsstellenverfahrens anerkannte die damalige Hauseigentümerin, dass die Voraussetzungen des § 46a Abs 4 MRG bei der Antragsgegnerin nicht vorlagen.

Die Antragstellerin begehrt die Feststellung des angemessenen Hauptmietzinses zumindest seit Februar 1995 mit der Begründung, das die Antragsgegnerin Mieterin diverser Objekte in ihrem Haus sei, welche sukzessive ab dem Jahr 1935 (verbunden) angemietet worden seien. Der Antragstellerin sei weder der Tod der Kommanditisten angezeigt worden noch habe sich ein solcher aus dem Firmenbuch bei der Antragsgegnerin ergeben. Durch die Einantwortung nach den Verlassenschaften der beiden Kommanditisten - der persönlich haftende Gesellschafter der Antragsgegnerin sei reiner Arbeitsgesellschafter gewesen - sei eine Anhebung des Hauptmietzinses rückwirkend seit Februar 1995 zulässig.

Die Antragsgegnerin bestritt das Vorbringen mit der Begründung, dass der damaligen Vermieterin die Todesfälle angezeigt worden seien. Da das Anhebungsrecht nach § 12a MRG nur spätestens sechs Monate nach der Anzeige der Veränderung verlangt werden könne, sei das Anhebungsbegehren nunmehr verfristet.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. In rechtlicher Hinsicht gelangte es zu dem Ergebnis, dass die Anhebung nach § 12a Abs 2 MRG ausgeschlossen sei, wenn nicht innerhalb von sechs Monaten nach Erhalt der Anzeige der Veränderung in der Gesellschaft die Anhebung geltend gemacht werde. Der damaligen Hauseigentümerin seien die Todesfälle mit Schreiben vom 15. 2. 1996 zur Kenntnis gebracht worden, sodass mit Zugang des Schreibens die sechsmonatige Präklusivfrist zu laufen begonnen habe.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge. In rechtlicher Hinsicht vertrat es die Ansicht, dass bei Vererbung von Geschäftsanteilen das Anhebungsrecht des Vermieters gemäß § 12a Abs 3 MRG nicht vor rechtskräftiger Einantwortung der Verlassenschaft bestehe, doch führe dies nicht dazu, dass eine schon vor der Einantwortung erfolgte Anzeige der Veränderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten ungültig sei und nach der Einantwortung wiederholt werden müsste. Der Fristenlauf für die Geltendmachung des Erhöhungsbegehrens gemäß § 12a MRG laufe daher schon mit Zugang der Mitteilung vom 15. 2. 1996.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil die Frage, ob die Anzeige der geänderten Machverhältnisse schon im Jahr 1996 erfolgt seien, nur den Einzelfall betreffe und durch die Mitteilung des Todes eines Kommanditisten schon vor dem formellen Abschluss des Verlassenschaftsverfahrens die Rechte des Vermieters nicht beeinträchtigt würden, somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorläge.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit einem Abänderungsantrag, in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragsgegnerin beantragt in der ihr vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs (erkennbar) zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, er ist aber nicht berechtigt. Es ist zwar richtig, dass das Rekursgericht die Feststellung des Erstgerichtes offenbar übersehen hat, dass das Schreiben der Hausverwaltung auch zuging (Urteilsausfertigung S 4, 5. Absatz, letzte Zeile), doch hat dies insoferne keine rechtliche Relevanz, als das Rekursgericht die Feststellung geprüft und übernommen hat, dass die Anzeige der Todesfälle jedenfalls der damaligen Vermieterin zugegangen ist.

Nach dem Gesellschaftsvertag ist die Fortsetzung ua mit den Erben, die eheliche Nachkommen sind, vorgesehen. Die Rechtsnachfolge in der Gesellschaft erfolgt hier also auch nach dem Gesellschaftsvertrag im Erbweg. Maßgeblicher Zeitpunkt für die entscheidende Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeit ist der Rechtsübergang mit Rechtskraft der Einantwortung (RIS-Justiz RS0112675). Da die Rechtsänderung nach dem 1. 10. 1993 stattfand, kommt im vorliegenden Fall § 12a MRG (wie von der Antragstellerin begehrt) und damit die Präklusivfrist des § 12a Abs. 2 MRG zur Anwendung. Selbst wenn man entgegen dem Gesellschaftsvertrag wie die Antragsgegnerin die Rechtsansicht vertreten wollte, dass hier schon durch Anwachsung die Rechtsänderung bei Todfall eingetreten wäre (vgl 1 Ob 280/97a), würde sich an der Notwendigkeit der Einhaltung der Präklusivfrist nichts ändern, da auch nach § 46a Abs 4 MRG (Rechtsänderung vor dem 1.10.1993) die Präklusivfrist analog anzuwenden wäre. Im Gegensatz zu § 12a Abs 1, 3 und 5 MRG ordnet § 46a MRG zwar keine ausdrückliche Anzeigepflicht des Mieters an. Da aber die Interessenlage vollkommen vergleichbar und eine gegenteilige Absicht des Gesetzgebers nicht erkennbar ist, ist § 12a Abs 2 MRG (und damit die Anzeigepflicht und die Präklusivfrist für das Anhebungsbegehren) auch für die Fälle des § 46a Abs 4 MRG analog anzuwenden (vgl T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 46a MRG, Rz 7 mwN).

Die Anzeige der Todesfälle erfolgte hier Mitte März oder April 1996, also zwischen den zwei Einantwortungen hinsichtlich der Verlassenschaften der beiden verstorbenen Kommanditisten. Die Anzeige setzte den Vermieter von den Todesfällen in Kenntnis, also davon, dass sich in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht die Einflussmöglichkeiten bei der Antragsgegnerin sicher, nämlich nach der Rechtskraft der zweiten Einantwortung, ändern werden. Eine solche Anzeige einer sicheren Änderung ist auch rechtswirksam, wenn sie sozusagen verfrüht vor Rechtskraft der Einantwortungen gemacht wurde. Will der Vermieter sein Anhebungsrecht jedenfalls wahren, so kann er auch ein durch die abschließende rechtskräftige Einantwortung bedingtes Anhebungsbegehren stellen (vgl WoBl 1996, 31/3 [Würth]; RIS-Justiz RS0070170). Die Präklusivfrist des § 12a Abs 2 MRG beginnt zwar erst ab dem Zeitpunkt der Anhebungsmöglichkeit, somit erst mit Rechtskraft beider Einantwortungsurkunden zu laufen, die frühere Anzeige ist aber rechtswirksam. Ginge man von der Rechtsnachfolge durch Anwachsung aus, dann hätte die Antragstellerin gegen sich gelten zu lassen, dass nach der ohnehin zeit- und formgerechten Anzeige der Änderungen in der Mieter-Gesellschaft innerhalb der auch in den Anhebungsfällen des § 46a Abs 4 MRG analog anzuwendenden Präklusivfrist des § 12a Abs 2 MRG keine Mietzinsanhebung erfolgte. Da der Antrag jedenfalls präkludiert ist, war dem Revisionsrekurs keine Folge zu geben.

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