OGH 5Ob230/17k

OGH5Ob230/17k13.2.2018

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers Dr. Helmut F*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Ulm Rechtsanwalt‑GmbH, in Wien, gegen die Antragsgegner 1. Peter S*****, vertreten durch Dr. Franz Kienesberger, Rechtsanwalt in Wien, 2. Hermann H*****, vertreten durch Dr. Martin Leitner, Rechtsanwalt in Wien, 3. Hertha S*****, 4. Ernestine N*****, beide vertreten durch Dr. Franz Kienesberger, Rechtsanwalt in Wien, 5. Günej F*****, 6. Nadine H*****, 7. Jaqueline Maria Z*****, wegen § 37 Abs 1 Z 10 MRG iVm §§ 18 ff MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Erstantragsgegners gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 27. September 2017, GZ 40 R 217/17h‑114, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0050OB00230.17K.0213.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

 

Begründung:

Das Erstgericht bewilligte die Einhebung eines erhöhten Hauptmietzinses nach §§ 18 f MRG.

Das Rekursgericht gab den Rekursen der Erst‑ bis Viertantragsgegner nicht Folge, bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 10.000 EUR übersteigend und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Erstantragsgegners zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.

1. Die vom Rekursgericht gezogene Schlussfolgerung aus der erstgerichtlichen Feststellung, das ursprüngliche Fundament des Hauses sei ursächlich für die Hebungen und Setzungen und die Rissbildung des Gebäudes gewesen, damit sei eine mangelhafte Ausführung der vor 100 Jahren errichteten Fundamentplatte gar nicht festgestellt, bildet keine Aktenwidrigkeit im Sinn des Gesetzes (RIS‑Justiz RS0043277). Im Übrigen wäre nur eine für die Entscheidung wesentliche Aktenwidrigkeit aufzugreifen (RIS‑Justiz RS0043265), auf die Frage der ursprünglichen Mangelhaftigkeit der errichteten Fundamentplatte kommt es hier aber nach der zu billigenden Auffassung des Rekursgerichts gar nicht an.

2. Dass der Begriff der „Erhaltungsarbeit“ in § 18 Abs 1 MRG iSd § 3 Abs 2 MRG zu verstehen ist, ergibt sich nicht nur aus dem Gesetzeswortlaut, sondern auch aus der Rechtsprechung (5 Ob 58/03w), wonach Erhaltungsarbeiten, die ohnehin im Katalog des § 3 Abs 2 MRG enthalten sind, jedenfalls auch im Verfahren zur Erhöhung der Hauptmietzinse als solche gelten.

3. Zu Inhalt und Bedeutung des § 3 MRG zugrunde liegenden, am ortsüblichen Standard zu orientierenden Erhaltungsbegriffs (dem sogenannten dynamischen oder elastischen Erhaltungsbegriff) liegt umfangreiche Judikatur vor (RIS‑Justiz RS0070000; RS0069944; RS0116998; RS0116139; RS0116713; RS0083121). Demnach gehören auch zweckmäßige und wirtschaftlich gebotene Erneuerungsarbeiten zur Erhaltung bestehender Anlagen noch zur Erhaltung, selbst wenn es sich dabei um die erstmalige Herstellung eines mängelfreien Zustands handelt oder es dabei zu einer vollständigen Erneuerung kommt und dabei sogar Veränderungen vorgenommen werden (RIS‑Justiz RS0114109; zuletzt 5 Ob 153/17m; T. Hausmann/Riss in Hausmann/Vonkilch 4 § 3 MRG Rz 9b; Würth/Zingher/Kovanyi , Miet‑ und Wohnrecht I 23 § 3 MRG Rz 7; Beer/Vospernik in Illedits/Reich‑Rohrwig , Wohnrecht 2 § 3 MRG Rz 4). Dass die uneingeschränkte Erhaltungspflicht des Vermieters in Bezug auf allgemeine Teile des Hauses jedenfalls besteht, wenn – wie hier – ein ernster Schaden des Hauses und eine erhebliche Gesundheitsgefährdung wegen eines drohenden Einsturzes des Gebäudes besteht (vgl T. Hausmann/Riss aaO Rz 12b), bedarf keiner weiteren Erörterung. Der dynamische Erhaltungsbegriff erfordert den Austausch der Fundamentplatte unabhängig davon, ob sie bei Errichtung dem Stand der Technik entsprach oder nicht.

4. Dass Fertigstellungsarbeiten an einem weitgehend noch im Rohbauzustand befindlichen Gebäude nicht als Erhaltungsarbeiten zu werten sind, sprach der erkennende Senat bereits aus (5 Ob 136/13f = wobl 2014/23). Die hier festgestellte Errichtung und Fertigstellung des Hauses samt Fundament im Jahr 1910 und dessen Sanierung durch Austausch der Fundamentplatte im Jahr 2013 ist mit Fertigstellungsarbeiten eines im Rohbau befindlichen Gebäudes aber nicht vergleichbar.

5. Der Revisionsrekurs war somit zurückzuweisen, ohne dass dieser Beschluss einer weiteren Begründung bedürfte (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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