Spruch:
Der Revisionsrekurs der Antragsgegner wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegner sind schuldig, der Antragstellerin die mit 557,28 EUR bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin 92,88 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Erstmals im Rekurs gegen den erstgerichtlichen Sachbeschluss, mit dem über Antrag der Antragstellerin ein abweichender Aufteilungsschlüssel hinsichtlich der Liftkosten der Liegenschaft festgesetzt wurde (§ 32 Abs 5 WEG), brachten die Antragsgegner vor, es bestehe eine Vereinbarung über einen abweichenden Aufteilungsschlüssel nach § 32 WEG. Eine wesentliche Änderung der Nutzungsmöglichkeiten habe seither nicht stattgefunden, weshalb eine Neufestsetzung eines Verteilungsschlüssels für Aufwendungen nicht in Betracht komme und damit auch der außerstreitige Rechtsweg unzulässig sei.
Das Rekursgericht hat dieses Vorbringen als im Rekursverfahren unbeachtliche Neuerung qualifiziert und den erstinstanzlichen Sachbeschluss bestätigt.
Es erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs gegen seine Entscheidung für zulässig, weil noch keine Rechtsprechung des Höchstgerichts zur Frage des Umfangs des Untersuchungsgrundsatzes in Regelungsstreitigkeiten vorliege, wenn eine aufklärungsbedürftige Tatsache zwar nicht vorgebracht worden sei, dem offenen Grundbuch aber zu entnehmen gewesen wäre.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen diesem Ausspruch, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist (§ 71 Abs 1 AußStrG), liegt eine Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG nicht vor:
1.) Nach § 32 Abs 5 WEG ist bei Bestehen einer Vereinbarung nach § 32 Abs 2 WEG über einen von § 32 Abs 1 WEG abweichenden Aufteilungsschlüssel Voraussetzung für eine gerichtliche Änderung des Aufteilungsschlüssels, dass sich seit einer solchen Vereinbarung eine wesentliche Änderung der Nutzungsmöglichkeiten ergeben hat. Das ist eine zwingende gesetzliche Voraussetzung des § 32 Abs 5 WEG (vgl 5 Ob 53/07s = wobl 2008/74 [Call]).
2.) Besteht eine Vereinbarung zwischen Wohnungseigentümern mehrerer Liegenschaften, bietet § 32 WEG keine Handhabe und § 52 WEG keine Regelungskompetenz des Außerstreitrichters (vgl 5 Ob 196/07w = wobl 2008/20 [Call]).
3.) Für die Frage der Zulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs ist auch im Verfahren nach § 37 MRG (iVm § 52 Abs 2 WEG) immer der Inhalt des von einer Partei gestellten Entscheidungsbegehrens und ihr Sachvorbringen maßgeblich (RIS-Justiz RS0005948 [T3]). Demnach gehört ein Begehren auf Neufestsetzung eines Aufteilungsschlüssels für die Betriebs- und Erhaltungskosten eines Liftes infolge erheblich unterschiedlicher Nutzungsmöglichkeiten nach der Anordnung des § 52 Abs 1 Z 9 WEG iVm § 32 Abs 5 WEG zu jenen Angelegenheiten, über die im Verfahren Außerstreitsachen nach den § 52 WEG und § 37 MRG zu entscheiden ist.
Ergibt sich in einem derart zulässigerweise eingeleiteten Verfahren über Einwand der Gegner, dass eine zwingende Voraussetzung für die begehrte Regelung nicht vorliegt, führt das zur Abweisung des Antrags (5 Ob 53/07s = wobl 2008/74 [Call]).
4.) Die im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren geltende Verpflichtung zur amtswegigen Prüfung des Sachverhalts endet dort, wo ein Vorbringen der Parteien nicht vorliegt und Anhaltspunkte für eine weitere Aufklärungsbedürftigkeit fehlen (RIS-Justiz RS0069653 ua). Die Parteien trifft in diesem Verfahren zwar keine förmliche Beweislast, aber doch eine qualifizierte Behauptungspflicht (RIS-Justiz RS0070480 [T2]).
5.) Der Umstand, dass ein Register (Firmenbuch, Grundbuch) öffentlich ist, bedeutet nicht, dass die diesem zu entnehmenden Tatsachen allgemein bekannt oder auch nur gerichtskundig wären und deshalb ein entsprechendes Vorbringen nicht erstattet werden müsste (vgl RIS-Justiz RS0111112).
6.) Im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren gilt das Neuerungsverbot ausnahmslos (RIS-Justiz RS0070485).
Mit dieser dargestellten Rechtsprechung lässt sich die vom Rekursgericht aufgeworfene Frage dahin beurteilen, dass eine erstmals im Rekursverfahren vorgetragene Tatsache, auf die sich im gesamten erstinstanzlichen Verfahren kein Bezug oder aufklärungsbedürftiger Hinweis findet, infolge des Neuerungsverbots unbeachtlich bleiben muss. Eine unrichtige und damit korrekturbedürftige rechtliche Beurteilung im Sinn eines sekundären Verfahrensmangels wird dadurch nicht bewirkt.
Mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen iSd § 62 Abs 1 AußStrG war das Rechtsmittel der Antragsgegner daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG. Die Antragstellerin hat auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels der Antragsgegner ausdrücklich hingewiesen.
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