OGH 5Ob219/16s

OGH5Ob219/16s23.1.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Grohmann, Mag. Wurzer, Mag. Malesich und Mag. Painsi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I* L*, vertreten durch Blum, Hagen & Partner Rechtsanwälte GmbH in Feldkirch, gegen die beklagten Parteien 1. I* M*, 2. M* M*, 3. D* H*, 4. Mag. K* B*, alle vertreten durch Dr. Karl Schelling, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen Feststellung und Duldung (Streitwert 20.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgerichtvom 8. August 2016, GZ 4 R 106/16v‑22, womit das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 19. Mai 2016, GZ 7 Cg 73/15b‑16, in der Hauptsache bestätigt wurde (Revisionsinteresse 6.666,67 EUR), in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:E117110

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revision selbst zu tragen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Parteien des Verfahrens sind (neben weiteren am Verfahren nicht beteiligten Personen) Mit- und Wohnungseigentümer einer Liegenschaft, auf der sich eine Wohnanlage befindet. Die Klägerin ist Wohnungseigentümerin der im obersten Stock gelegenen Wohnung W 6, die Erst- und der Zweitbeklagte sind gemeinsam Wohnungseigentümer der Wohnung W 8, der Drittbeklagte ist Wohnungseigentümer der Wohnung W 3 und der Viertbeklagte Wohnungseigentümer der Wohnung W 11.

Im Jahr 1999, zu diesem Zeitpunkt war noch der Ehegatte der Klägerin Eigentümer des Wohnungseigentumsobjekts W 6, hatten die Klägerin und ihr Ehegatte die Idee, das Dach über der zu ihrer Wohnung gehörenden Loggia zur Terrasse auszubauen. In der Miteigentümerversammlung vom 10. 5. 2001 haben die Wohnungseigentümer die planlich dargestellten baulichen Änderungen durch Unterfertigung einer Unterschriftenliste genehmigt. Die Unterschriftenliste wurde insbesondere auch von den Rechtsvorgängern der Erst- und des Zweitbeklagten sowie des Viertbeklagten und dem Drittbeklagten unterzeichnet.

Der geplante Dachausbau erfolgte zunächst aus finanziellen Gründen nicht. Erst im Jahr 2005 beabsichtigten die Klägerin und ihr Ehegatte, mit dem geplanten Dachausbau zu beginnen. Der Hausverwalter teilte der Klägerin und ihrem Ehegatten mit, dass aufgrund der mittlerweile erfolgten Eigentümerwechsel die im Jahr 2001 erteilten Zustimmungserklärungen nicht mehr gültig seien. Daraufhin beabsichtigten die Klägerin und ihr Ehegatte, die Zustimmungserklärungen neuerlich einzuholen. In der Miteigentümerversammlung am 4. 5. 2005 legten die Klägerin und ihr Ehegatte den Mit- und Wohnungseigentümern abermals eine Unterschriftenliste mit denselben Plänen wie bereits im Jahr 2001 vor. Der Viertbeklagte unterzeichnete nicht.

Das Projekt Dachausbau wurde bis heute nicht umgesetzt. Mit Schreiben vom 10. 4. 2006, gerichtet an alle Eigentümer und an die Hausverwaltung, teilten die Klägerin und ihr Ehegatte wie folgt mit: „... Information in eigener Sache: Das Bauvorhaben Loggiadachterrasse und Balkon für unsere Wohnung ist hinfällig. …“. Diese Mitteilung erfolgte deshalb, da die Klägerin und ihr Ehegatte aufgrund der Äußerung des Hausverwalters der Ansicht waren, dass die im Jahr 2001 erteilten Zustimmungen aufgrund der Eigentümerwechsel nicht mehr gültig seien und sie das Projekt, da die Zustimmungen nun nicht mehr von allen Miteigentümern erteilt wurden, nicht mehr umsetzen könnten.

Im Jahr 2012 wurde die Klägerin dahingehend belehrt, dass die Zustimmungserklärungen aus dem Jahr 2001 noch gültig seien. Vor Einbringung der Klage forderte der Klagsvertreter die Mit- und Wohnungseigentümer auf, dem Projekt Dachausbau zuzustimmen. Die Beklagten haben jedoch keine Zustimmung erteilt.

Die Klägerin begehrte die Feststellung, dass ihr Recht auf Errichtung einer Dachterrasse samt dem dazu erforderlichen Dachaufstieg von der darunter liegenden Wohnung im Sinne der einen integrierenden Bestandteil der Klage sowie des Urteils bildenden Pläne bestehe; eventualiter die Feststellung, dass die Beklagten die Errichtung einer Dachterrasse in dieser Form zu dulden haben; wiederum eventualiter die Feststellung, dass die Beklagten an die Zustimmungen ihrer Rechtsvorgänger zur Errichtung einer Dachterrasse in dieser Form gebunden seien.

Ein Wohnungseigentümer sei gemäß § 16 Abs 2 WEG zu Änderungen an seinem Wohnungseigentum auch unter Mitverwendung allgemeiner Teile der Liegenschaft berechtigt, wenn er die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erhalte. Im Mai 2001 hätten sämtliche Wohnungseigentümer der von der Klägerin geplanten Errichtung der Dachterrasse zugestimmt. Die einmal erteilte Zustimmung sei bindend und bleibe für die Zukunft wirksam. Ein einmal entstandenes Änderungsrecht werde durch den Eintritt neuer Wohnungseigentümer nicht beeinträchtigt, sondern habe weiterhin Gültigkeit und Bestand. Die Baumaßnahmen, denen die Eigentümer zugestimmt hätten, müssten dabei nicht sofort gesetzt werden. Tatsächlich sei mit den baulichen Maßnahmen aber ohnedies schon vor der Rechtsnachfolge der Beklagten begonnen worden. Die nach der erfolgten Zustimmung im Mai 2001 als Eigentümer eingetretenen Beklagten müssten sich daher den Einwand gefallen lassen, dass ihre Rechtsvorgänger der Errichtung der Dachterrasse zugestimmt hätten und diesen Rechtsumstand in den jeweiligen Kaufverträgen auf die Beklagten überbunden hätten. Der Zweitbeklagte habe den Baumaßnahmen außerdem für sich und stellvertretend für die Erstbeklagte schriftlich zugestimmt. Die Klägerin habe auch nie wirksam auf die Baumaßnahmen verzichtet. Aufgrund der außergerichtlichen Bestreitung der Zulässigkeit der gewünschten Baumaßnahmen bestehe ein Feststellungsinteresse.

Die Beklagten bestritten und beantragten Klagsabweisung. Die Erstbeklagte, der Zweit- und der Viertbeklagte seien im Mai 2001 nicht Mit- und Wohnungseigentümer gewesen. Eine Zustimmungserklärung ihrer Rechtsvorgänger sei ihnen nicht überbunden worden. Der Viertbeklagte habe nach dem eindeutigen Wortlaut seines Kaufvertrags lediglich die damit verbundenen Rechte und Ansprüche, nicht jedoch alle damit verbundenen Pflichten übernommen. Auch sei in der Zustimmungserklärung vom 10. 5. 2001 ausschließlich eine bauliche Änderung des Loggia-Dachs genehmigt worden, nicht aber dem jeweiligen Eigentümer der Wohnung W 6 das ausschließliche Benutzungsrecht eingeräumt worden. Die Dachfläche stelle eine allgemeine Fläche dar und gehöre nicht zum Wohnungseigentum der Klägerin. Die vorliegenden Pläne seien auch nicht hinreichend bestimmt, sodass auch deshalb nicht von einer wirksamen Zustimmungserklärung ausgegangen werden könne. Eine allfällige Zustimmungserklärung hätte überdies umgehend konsumiert werden müssen. Zusätzlich habe die Klägerin am 10. 4. 2006 erklärt, dass das Bauvorhaben hinfällig sei. Spätestens seit dieser Erklärung der Klägerin seien die bis dahin erfolgten Zustimmungserklärungen hinfällig.

Das Erstgericht wies das Hauptbegehren ab und gab dem ersten Eventualbegehren hinsichtlich der Erstbeklagten, dem Zweitbeklagten und dem Drittbeklagten insoweit Folge, als es feststellte, dass diese die näher bezeichnete Errichtung der Dachterrasse zu dulden hätten. Gegenüber dem Viertbeklagten wies das Erstgericht auch die Eventualbegehren zur Gänze ab. Dass es sich bei der von der Klägerin geplanten Baumaßnahme um eine bewilligungsbedürftige Maßnahme nach § 16 Abs 2 WEG handle, sei unstrittig. Entscheidend sei die Frage, ob entweder die vom jeweiligen Rechtsvorgänger erteilte Zustimmung für die Beklagten bindend sei oder ob diese selbst bindende Zustimmungserklärungen abgegeben hätten. Da aus den zum Zeitpunkt der Unterfertigung der Zustimmungserklärungen vorliegenden Plänen der Umfang der Dachterrasse und die Maße der Dachluke ersichtlich gewesen seien, sei davon auszugehen, dass die Rechtsvorgänger der Erst- und des Zweitbeklagten sowie jener des Viertbeklagten im Jahr 2001 gültige Zustimmungserklärungen abgegeben hätten. Der Zweit- und der Drittbeklagte hätten darüber hinaus selbst bindend ihre Zustimmung erklärt, wobei der Zweitbeklagte von der Erstbeklagten konkludent bevollmächtigt gewesen sei. Die Klägerin habe im Jahr 2006 auf das ihr allenfalls zustehende Recht auch nicht verzichtet. Auf ein Recht könne nicht verzichtet werden, wenn davon ausgegangen werde, gar nicht im Besitz dieses Rechts zu sein. Hinsichtlich des Viertbeklagten stelle sich die Frage, ob die von seinem Rechtsvorgänger erteilte Zustimmung auch für ihn bindend sei. Im Bereich des § 16 WEG fehlten konkrete gesetzliche Vorgaben zur Bindung des Rechtsnachfolgers, sodass grundsätzlich die allgemeinen schuldrechtlichen Regelungen zur Anwendung kämen. Dabei gelte, dass obligatorische Rechtsverhältnisse nur bei entsprechender Vereinbarung auf den Einzelrechtsnachfolger übergingen. Nur dann, wenn eine genehmigte Änderung bereits durchgeführt worden sei, sei der Rechtsnachfolger an die Zustimmung oder Genehmigung gebunden, wenn der Rechtsvorgänger an diese gebunden gewesen sei. Hier hätte die Klägerin aber nur Vorbereitungshandlungen gesetzt, mit den baulichen Maßnahmen zur Errichtung der Dachterrasse sei noch nicht begonnen worden. Zu prüfen sei daher, ob eine Überbindung an den Viertbeklagten durch den Kaufvertrag erfolgt sei. Eine derartige Vereinbarung werde insbesondere im Bereich des Bestandrechts auch im vertraglichen Eintritt des Erwerbers in sämtliche Rechte und Pflichten des Veräußerers gesehen. Genau dies sei aber hier nicht geschehen. Im Punkt 3. des Kaufvertrags seien nämlich nur sämtliche Rechte und Befugnisse übertragen worden. Aus der unter Punkt 5. festgehaltenen Vereinbarung, wonach der Käufer insbesondere die mit dem Kaufobjekt verbundenen Lasten zu tragen habe, könne ebenfalls nicht auf eine Überbindung der Vereinbarung geschlossen werden. Aufgrund fehlender Vereinbarung sei der Viertbeklagte daher nicht an die von seinem Rechtsvorgänger abgegebene Zustimmungserklärung gebunden.

Die Abweisung des Hauptbegehrens erwuchs in Rechtskraft. Gegen die Abweisung des ersten Eventualbegehrens betreffend den Viertbeklagten richtete sich die Berufung der Klägerin, gegen dessen Stattgebung sie betreffend die Berufung der Erstbeklagten, des Zweitbeklagten und der Drittbeklagten. Das Berufungsgericht gab den Berufungen in der Hauptsache nicht Folge und bestätigte das angefochtene Urteil mit einer Maßgabe in Form einer Klarstellung und Verdeutlichung des Urteilsspruchs. Es bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 5.000 EUR nicht jedoch 30.000 EUR übersteigend und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei.

Im Rahmen der Behandlung der von der Erstbeklagten, dem Zweitbeklagten und der Drittbeklagten erhobenen Rechtsrüge prüfte das Berufungsgericht (auch) die rechtliche Relevanz des Schreibens der Klägerin vom 10. 4. 2006, in dem sie den anderen Miteigentümern mitteilte, dass „das Bauvorhaben Loggia-Dachterrasse und Balkon für unsere Wohnung hinfällig“ sei. Nach Darstellung der für die Beurteilung relevanten Grundsätze kam es zum Schluss, dass der Mitteilung der Klägerin vom 10. 4. 2006 nur der Inhalt einer Wissenserklärung beigemessen und nicht als Verzicht qualifiziert werden könne. Diese Erklärung stehe der Klagsstattgebung nicht entgegen.

Auch die Berufung der Klägerin sei nicht berechtigt. Die Klägerin berufe sich auf eine vom Rechtsvorgänger des Viertbeklagten am 10. 5. 2001 erteilte Zustimmung. Zu diesem Zeitpunkt sei noch das WEG 1975 in Kraft gestanden. Während der Gesetzgeber im Wege der Bestimmung des § 17 Abs 3 WEG 2002 ausdrücklich eine Überbindung der Rechtswirksamkeit von Benützungsregelungen durch das WEG 2002 auch auf den Einzelrechtsnachfolger normiert habe, sei eine solche Klarstellung durch das WEG 2002 in Bezug auf erteilte Zustimmungen zu Änderungsvorhaben nach § 16 Abs 2 und 3 WEG nicht erfolgt. Es fehle daher sowohl nach dem WEG als auch nach dem ABGB an einer ausdrücklichen Regelung, die eine Überbindung der vom Rechtsvorgänger erteilten Zustimmungen an den Rechtsnachfolger normieren würde. Nach ständiger Rechtsprechung gingen obligatorische Rechtsverhältnisse nur bei entsprechender Vereinbarung auf den Einzelrechtsnachfolger über. Dementsprechend sei die Judikatur in Bezug auf die zwischen Miteigentümern abgeschlossenen Benützungsvereinbarungen nach dem WEG 1975 davon ausgegangen, dass eine solche nur obligatorische Rechte begründe und daher nur zwischen denjenigen Miteigentümern gelte, die sie getroffen haben. Für den Eintritt in eine Benützungsvereinbarung sei entweder eine Gesamtrechtsnachfolge, oder aber für den Einzelrechtsnachfolger eine ausdrückliche Überbindung verlangt worden. Dies decke sich mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, wonach vertragliche, nicht verbücherte Servituten zwar zulässig seien, jedoch nur die Vertragsparteien binden. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass eine vertragliche Formulierung, wonach das Eigentum an den Liegenschaftsanteilen „mit allen Rechten und Pflichten, wie sie der Übergeber selbst besessen und benutzt hat“, auf den Käufer übergehe, zur Bindung des Erwerbers an Benützungsregelungen oder nicht verbücherte Dienstbarkeiten führen könne. Eine solche Formulierung finde sich im Kaufvertrag des Viertbeklagten aber gerade nicht, sei dort doch davon die Rede, dass der Käufer die Miteigentumsanteile mit sämtlichen Rechten und Befugnissen, mit denen der Verkäufer diese Anteile bisher besessen und benützt habe bzw zu besitzen und benützen berechtigt gewesen sei, übernehme. Von einer Übernahme von Pflichten sei im Kaufvertrag nicht die Rede. Mangels einer Überbindung der im Jahr 2001 vom Rechtsvorgänger erteilten Zustimmung zum Änderungsvorhaben an den Viertbeklagten als Rechtsnachfolger sei Letzterer sohin an die erteilte Zustimmungserklärung nicht gebunden. Ob bei der Beurteilung der Frage, ob eine Überbindung der erteilten Zustimmung an den Rechtsnachfolger eingetreten sei, darauf abzustellen sei, ob die bauliche Änderung bereits durchgeführt worden sei oder nicht, könne dahingestellt bleiben. Ungeachtet der Durchführung einiger Planungs- und Vorbereitungsarbeiten könne hier von einer bereits durchgeführten Baumaßnahme jedenfalls nicht die Rede sein. Maßgeblich könne in diesem Zusammenhang wohl nur sein, ob auf einer Zustimmung beruhende Umbauten für den Rechtsnachfolger bereits „augenfällig“, sohin offenkundig und erkennbar, seien.

Über den Antrag der Klägerin gemäß § 508 Abs 1 ZPO änderte das Berufungsgericht seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision ab und erklärte die Revision doch für zulässig. Zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine vom Rechtsvorgänger eines Wohnungseigentümers zu einem Änderungsvorhaben erteilte Zustimmung dessen Rechtsnachfolger binde, bestehe keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.

Mit ihrer auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützten Revision beantragt die Klägerin, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren auch bezogen auf den Viertbeklagten stattgegeben werde. Hilfsweise stellt sie Aufhebungs- und Zurückverweisungsanträge.

Der Viertbeklagte hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig; sie ist aber im Ergebnis nicht berechtigt.

1. Ein Wohnungseigentümer hat nach § 16 Abs 2 WEG grundsätzlich das Recht, sein Objekt durch bauliche Maßnahmen zu verändern oder auch Widmungsänderungen vorzunehmen; dies aber mangels Zustimmung aller übrigen Wohnungseigentümer nur unter bestimmten – abgestuften – Voraussetzungen.

2. Der Änderungsbegriff des § 16 Abs 2 WEG ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs weit auszulegen (RIS-Justiz RS0083108 [T1]; RS0083132). Jede Änderung, die eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Wohnungseigentümer mit sich bringen könnte (wofür also schon die Möglichkeit einer Beeinträchtigung genügt), bedarf der Zustimmung aller übrigen Wohnungseigentümer oder der Genehmigung durch den Außerstreitrichter in einem Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 2 WEG (RIS-Justiz RS0083132 [T7]). Holt der änderungswillige Wohnungseigentümer die Zustimmung der anderen Miteigentümer oder die Genehmigung des Außerstreitrichters nicht ein oder setzt er sich über den Widerspruch eines anderen Miteigentümers hinweg, handelt er in unerlaubter Eigenmacht und kann im streitigen Rechtsweg zur Beseitigung der Änderung (gegebenenfalls auch zur Unterlassung künftiger Änderung) verhalten werden (RIS‑Justiz RS0083156, RS0005944).

3. Die Entscheidung des Außerstreitrichters in einem Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 2 WEG wirkt rechtsgestaltend (5 Ob 38/15x mwN; RIS-Justiz RS0083156 [T4]; aA Vonkilch, Konsequenzen der eigenmächtigen Vornahme von Änderungen am Wohnungseigentumsobjekt, FS Würth [2014], 239 [245 f]; ders, Konsequenzen der eigenmächtigen Vornahme von Änderungen am WE-Objekt durch einen Wohnungseigentümer, wobl 2015, 31 [34f]). Der Sachbeschluss schafft demnach konstitutiv eine neue Rechtslage (vgl Fasching in Fasching/Konecny² § 226 ZPO Rz 24f). Die Sachentscheidung muss dabei zwingend für und gegen alle Wohnungseigentümer gleich lauten. Diese einheitliche Beschlusswirkung ergibt sich aus der Beschaffenheit des Rechtsverhältnisses zwischen den Wohnungseigentümern, das die Zustimmung aller (übrigen) und nicht nur einzelner Teilhaber fordert. Wird die Genehmigung versagt, hat die Änderung zu unterbleiben, auch wenn einzelne Wohnungseigentümer bereits außergerichtlich zugestimmt oder ihr im Verfahren nicht (mehr) widersprochen haben (5 Ob 19/16d).

4.1 Das Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 2 WEG dient der Ersetzung der für eine Änderung nach § 16 Abs 2 WEG notwendigen Rechtsgestaltung, auf die sich die Parteien außergerichtlich nicht einigen können. Erhält der änderungswillige Wohnungseigentümer jedoch die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer, wirken deren rechtsgestaltende Parteienerklärungen materiell-rechtlich; sie führen die beabsichtigte Rechtsänderung direkt herbei (vgl Fasching aaO § 226 ZPO Rz 24f).

4.2 Zur Frage, ob und inwieweit der durch Zustimmung aller Wohnungseigentümer begründete Änderungsanspruch durch den Wechsel eines Wohnungseigentümers berührt wird, die Rechtsnachfolger also an die Zustimmungserklärung ihrer Rechtsvorgänger gebunden bleiben, findet sich weder im WEG noch im ABGB eine ausdrückliche gesetzliche Regelung. Das WEG 2002 sieht eine solche Bindung lediglich in Bezug auf die Benützungsregelung (§ 17 Abs 3), die Gemeinschaftsordnung (§ 26 Abs 2) und in Bezug auf die Vereinbarung abweichender Abrechnungsschlüssel, Abrechnungs- und Abstimmungs‑einheiten (§ 32 Abs 7) vor.

4.3 Nach Prader/Malaun (inZur Frage der Bindung des Einzelrechtsnachfolgers an Verfügungsakte im WEG, immolex 2008, 134 ff) stellen vertragliche, bereits im Wohnungseigentumsvertrag eingeräumte Änderungsrechte ein einem Dienstbarkeitsrecht vergleichbares Recht dar, so dass insoweit die analoge Anwendung der Regeln über Servituten angebracht erscheine. Kenne der Einzelrechtsnachfolger das eingeräumte Recht oder habe er es zumindest kennen müssen, sei er an im Wohnungseigentumsvertrag vereinbarte Regeln betreffend eines Änderungsrechts gebunden. Insoweit bestehe für die Erlangung der Gutgläubigkeit auch eine Pflicht zur Einsichtnahme in den Wohnungseigentumsvertrag. Grundsätzlich sei also davon auszugehen, dass Regelungen, die zulässiger Weise bereits im Wohnungseigentumsvertrag getroffen worden seien, auch dann für Einzelrechtsnachfolger gelten sollten, wenn die Überbindung nicht ausdrücklich in den nachfolgenden Kaufverträgen erfolgt sei. Im Unterschied dazu könne bei einer Zustimmung außerhalb des Wohnungseigentumsvertrags von einer solchen besonderen Wirkung nicht gesprochen werden. Durch die Änderungsmöglichkeit komme es zu einer – bedingt durch den Umfang – „quasidinglich“ wirkenden Veränderung. Es sei daher auch hier durchaus angebracht, darauf abzustellen, ob die getätigte Zusage dem Rechtsnachfolger bekannt sei oder bekannt sein habe müssen. Aus diesem Grund sei zwischen Veräußerung vor und nach Durchführung der Arbeiten zu unterscheiden. Sei die genehmigte Änderung bereits durchgeführt, bestehe eine Bindung (nur) dann, wenn auch der Rechtsvorgänger tatsächlich gebunden gewesen sei. Im Fall der Veräußerung vor Durchführung der Arbeiten habe der Rechtsnachfolger den veränderten Zustand noch „nicht erworben“. Damit aber mangle es an einer gesetzlichen Grundlage, die außerhalb des Wohnungseigentumsvertrags getätigte Zusage einer weiterreichenden Bindung zuzuführen.

4.4 Vonkilch (in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht3 § 16 WEG Rz 58) verweist zur Frage der Bindung von Einzelrechtsnachfolgern an bereits erteilte Zustimmungen auf diese Ausführungen von Prader/Malaun (aaO)und merkt dazu an, dass„deren Auffassung [Bindung des Einzelrechtsnachfolgers nur bei bereits durchgeführten Änderungen oder Überbindung der Zustimmung auf den Einzelrechtsnachfolger] jedoch zu restriktiv sein dürfte“.

4.5 Ob die Bindung des Einzelrechtsnachfolgers tatsächlich nur im Falle der vertraglichen Überbindung, bei bereits durchgeführten Änderungen und/oder bei Kenntnis bzw fahrlässiger Unkenntnis des eingeräumten Änderungsrechts besteht, ist nach dem – eingangs dargestellten – Regelungskonzept des Änderungsrechts nach den §§ 16 Abs 2, 52 Abs 1 Z 2 WEG fraglich. Durch die Einräumung eines (konkreten) Änderungsrechts iSd § 16 Abs 2 WEG ändert sich der Umfang des dem Wohnungseigentümer mit dem Wohnungseigentum eingeräumten sachenrechtlichen Nutzungsrechts an seinem Wohnungseigentumsobjekt (vgl 5 Ob 59/11d). Eine von den übrigen Wohnungseigentümern genehmigte Änderung ist damit rechtmäßig und nach der zugrundeliegenden vertraglichen Einigung der Mit- und Wohnungseigentümer zu dulden (vgl 5 Ob 9/16h). Im Hinblick auf diese (von Prader/Malaun [aaO] als „quasidingliche Veränderung“ bezeichnete) Wirkung und die unterschiedliche Interessenlage ist der aus der Zustimmung aller übrigen Wohnungseigentümer resultierende Änderungsanspruch eines Wohnungseigentümers daher nicht ohne Weiteres mit obligatorischen Dauerschuldverhältnissen, wie insbesondere den (obligatorischen) Dienstbarkeiten oder den Benützungsregelungen vergleichbar.

4.6 Die abschließende Beurteilung der Frage, ob ein konkretes, von den übrigen Wohnungseigentümern außergerichtlich eingeräumtes Änderungsrecht nach § 16 Abs 2 WEG durch den Wechsel eines Wohnungseigentümers berührt wird und, wenn ja, unter welchen Voraussetzungen Einzelrechtsnachfolger an bereits erteilte Zustimmungen gebunden bleiben, kann im vorliegenden Fall allerdings unterbleiben. Dem von der Klägerin geltend gemachten Anspruch steht nämlich jedenfalls der rechtsvernichtende Einwand des Verzichts entgegen.

5.1 Ein Verzicht nach § 1444 ABGB führt zum Untergang der davon betroffenen Rechte (Griss in KBB4, § 1444 Rz 1). Es kann grundsätzlich auf jedes Recht verzichtet werden, sofern es nicht nach seiner Zweckbestimmung unverzichtbar sein muss oder der Verzicht durch positive Gesetzesanordnung ausgeschlossen ist (RIS‑Justiz RS0033976). Ein Verzicht erfolgt dabei nach herrschender Rechtsprechung durch Vertrag (RIS-Justiz RS0033948 [T2], RS0034122 [T7]) und bedarf daher der Annahme durch den Schuldner, die jedoch auch konkludent erfolgen kann (RIS-Justiz RS0034122 [T8]).

5.2 Ein Verzicht nach § 1444 ABGB kann nicht nur ausdrücklich, sondern im Sinne des § 863 ABGB auch stillschweigend erfolgen (RIS-Justiz RS0014090 [T1]). Bei Beurteilung der Frage, ob ein konkludenter Verzicht vorliegt, ist allerdings Zurückhaltung und besondere Vorsicht geboten (RIS-Justiz RS0014190 [T1], RS0014420 [T1], RS0014090 [T2], RS0014146 [T7]). Ein Verzicht darf immer nur dann angenommen werden, wenn besondere Umstände darauf hinweisen, dass er ernstlich gewollt ist (RIS-Justiz RS0014190 [T10]), wenn also ein darauf gerichteter Wille des Anspruchsberechtigten aus den festgestellten Verhältnissen eindeutig hervorgeht (RIS-Justiz RS0014234). Die bloße Untätigkeit des Berechtigten auch durch einen längeren Zeitraum ist für sich allein noch kein Grund, Verzicht anzunehmen (RIS-Justiz RS0014190 [T9, T11], vgl auch RS0014420), insbesondere ist die Unterlassung der Geltendmachung eines Rechts über längere Zeit hindurch für sich allein nicht geeignet, einen Anspruchsverlust im Sinne des § 863 ABGB zu bewirken (RIS-Justiz RS0014186).

5.3 Die Klägerin nahm das ihr im Jahr 2001 eingeräumte Änderungsrecht zunächst über Jahre hinweg nicht in Anspruch und unternahm erst wieder im Jahr 2005 den Versuch, Zustimmung auch der aktuellen Wohnungseigentümer zu erlangen. Wiederum nicht ganz ein Jahr nach dem Scheitern dieses Versuchs teilte sie den Wohnungseigentümern mit Schreiben vom 10. 4. 2006 in eigener Sache ausdrücklich mit, dass das Bauvorhaben hinfällig sei.

5.4 Ob diese Erklärung der Klägerin einen Verzicht enthält, ist unter Heranziehung der Auslegungsregeln der §§ 914, 915 ABGB zu ermitteln (Griss aaO § 1444 Rz 4). Entscheidend für das Verständnis der Erklärung ist demnach der objektive Erklärungswert und nicht der Wille des Erklärenden oder des tatsächlichen Empfängers (2 Ob 55/07t mwN = RIS-Justiz RS0014236 [T2]). Es ist allein der Eindruck maßgebend, den die Wohnungseigentümer von den Erklärungen und dem Gesamtverhalten der Klägerin haben mussten (vgl RIS-Justiz RS0014236). Bei Überlegung der dargestellten Umstände dieser Erklärung ist aus dieser– entgegen der Auffassung der Vorinstanzen und ungeachtet der gebotenen besonderen Zurückhaltung und Vorsicht – mit der erforderlichen Eindeutigkeit ein Verzicht abzuleiten. Die Erklärung war nach ihrem objektiven Erklärungswert insbesondere nicht als bloße Vorstellungsmitteilung (Wissenserklärung), ein bestimmtes Recht bestehe nicht, aufzufassen. Die Erklärungsgegner konnten vielmehr davon ausgehen, dass die Klägerin auch keine aus den bereits im Jahr 2001 abgegebenen Zustimmungserklärungen abgeleiteten Rechte mehr in Anspruch nehmen wird (vgl 6 Ob 237/12i). Im Übrigen wäre im Zusammenhalt mit der Erklärung vom 10. 4. 2006 wohl auch das nachfolgende, neuerlich jahrelange Unterlassen der Geltendmachung des Änderungsrechts geeignet, einen Anspruchsverlust im Sinne des § 863 ABGB zu bewirken.

6. Die Revision der Klägerin erweist sich daher jedenfalls im Ergebnis als nicht berechtigt.

7. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die erfolglos gebliebene Klägerin hat die Kosten ihrer Revision selbst zu tragen. Der Viertbeklagte hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

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