OGH 5Ob214/06s

OGH5Ob214/06s24.10.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Kalivoda, Dr. Höllwerth und Dr. Grohmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Parteien 1) Gudrun O*****, und 2) Beate T*****, beide vertreten durch Kometer & Pechtl-Schatz, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die Beklagten und Gegner der gefährdeten Parteien 1) F***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Egon Stöger, Rechtsanwalt in Innsbruck, 2) Ingrid H*****, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterlassung (Streitwert 289.146 Euro), über die außerordentlichen Revisionsrekurse der Beklagten und Gegner der gefährdeten Parteien gegen den Beschluss (die einstweilige Verfügung) des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 4. August 2006, GZ 2 R 143/06f-17, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Beide außerordentlichen Revisionsrekurse werden gemäß § 78 EO, § 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die klagenden und gefährdeten Parteien (fortan: Klägerinnen) sowie die Zweitbeklagte und Zweitgegnerin der gefährdeten Parteien (fortan: Zweitbeklagte) sowie Mag. Heinz H*****, der Gatte der Zweitbeklagten, sind die Gesellschafter der Erstbeklagten und Erstgegnerin der gefährdeten Parteien (fortan: Erstbeklagte) mit einem Anteil von jeweils 25 %. Die Zweitbeklagte ist weiters Geschäftsführerin der Erstbeklagten. Die Erstbeklagte ist einzige Komplementärin der F***** GmbH & Co KG. Kommanditisten der F***** GmbH & Co KG sind die Klägerinnen mit Anteilen von 33 % bzw 28 % und die Zweitbeklagte mit einem Anteil von 39 %.

Die Klägerinnen begehren im Hauptverfahren von den Beklagten, es zu unterlassen, entgegen dem bei der außerordentlichen Gesellschafterversammlung der F***** GmbH & Co KG am 31. 3. 2006 zu Tagesordnungspunkt 1. gefassten ablehnenden Mehrheitsbeschluss, die angekündigten und im Umfang der Grobkostenschätzungen des DI Fritz S***** zu Zl III-1659/2006 des Stadtmagistrates I***** bereits beantragten Baumaßnahmen im „M*****-Kino" der F***** GmbH & Co KG, nämlich brandschutztechnische Adaptierungen und die Adaptierungen der Kinosäle 3 und 4 (Verringerung der Sitzplatzanzahl), durchzuführen bzw durchführen zu lassen.

Zur Sicherung ihres klageweise geltend gemachten Unterlassungsanspruchs beantragten die Klägerinnen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit welcher den Beklagten vorläufig geboten werde, ab sofort bis zur rechtskräftigen Erledigung der Unterlassungklage die dort genannten Baumaßnahmen zu unterlassen. Das Rekursgericht erließ die von den Klägerinnen beantragte einstweilige Verfügung. Die Entscheidung des Rekursgerichts enthält den Ausspruch, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige 20.000 Euro und der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil sich das Rekursgericht an einheitlicher oberstgerichtlicher Judikatur orientiert habe und die zu beurteilenden Rechtsfragen einzelfallbezogen seien.

Rechtliche Beurteilung

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richten sich die außerordentlichen Revisionsrekurse der Erst- und Zweitbeklagten, in welchen die Rechtsmittelwerber keine Rechtsfragen iSd § 528 Abs 1 ZPO geltend machen:

A. Zum Revisionsrekurs der Erstbeklagten:

Die Erstbeklagte erachtet ihren außerordentlichen Revisionsrekurs aus folgenden Gründen für zulässig:

1.1. Das Rekursgericht habe die stRsp des Obersten Gerichtshofs verkannt, wonach durch Erlassung einer einstweiligen Verfügung keine Sachlage geschaffen werden dürfe, welche die Wiederherstellung des früheren Zustands unmöglich mache. Die vom Rekursgericht erlassene einstweilige Verfügung führe mit Sicherheit zur Schließung von zwei der acht Vorführungssäle, zu einem Umsatzverlust von 25 %, zu massiven Eingriffen in den Geschäftsbetrieb und unwiederbringlichen Schäden in existenzbedrohendem Ausmaß.

1.2. Richtig ist, dass eine einstweilige Verfügung immer nur eine vorläufige Regelung zum Gegenstand haben kann und daher keine Sachlage schaffen darf, die nicht mehr rückgängig gemacht werden kann (RIS-Justiz RS0009418 [T5]), weil damit kein Provisorium eintreten, sondern ein endgültiger Zustand herbeigeführt würde, der im Fall eines die einstweilige Verfügung nicht rechtfertigenden Urteils im Hauptprozess die Wiederherstellung des früheren Zustands unmöglich macht (RIS-Justiz RS0005696 [T7]). Es trifft auch zu, dass nach hA grundsätzlich nur solche Maßnahmen als Anspruchssicherung zur Anwendung kommen können, die der endgültigen Entscheidung nicht vorgreifen. Deckt sich das Provisorialbegehren mit dem Ziel des Hauptverfahrens, ist ihm idR nur unter den Voraussetzungen des § 381 Z 2 EO stattzugeben (Zechner, Sicherungsexekution und einstweilige Verfügung § 378 EO Rz 8 mwN). Insbesondere darf nicht im Wege einer einstweiligen Verfügung all das bewilligt werden, was die gefährdete Partei erst im Wege einer Exekution auf Grund eines ihr günstigen Urteils erreichen könnte, hat doch die einstweilige Verfügung nicht den Zweck, Erfüllung zu erzwingen, sondern die gefährdete Partei vor der Änderung des gegenwärtigen Zustands zu schützen (vgl 1 Ob 502/88 = JBl 1989, 103 = SZ 61/9 mwN). Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich ein Unterlassungsanspruch nicht durch ein Unterlassungsgebot sichern ließe, soweit ein solches der Entscheidung im Rechtfertigungsprozess nicht endgültig und unumkehrbar vorgreift, sondern bloß später nachholbare Handlungen vorläufig verbietet; deshalb kann ein derartiges Unterlassungsgebot auch nach § 381 Z 1 EO erlassen werden (RIS-Justiz RS0004920). Ein bloß vorläufig wirkendes Unterlassungsverbot ist daher vom endgültigen Unterlassungsverbot als Ergebnis eines Rechtfertigungsprozesses zu unterscheiden (1 Ob 502/88 = JBl 1989, 103 = SZ 61/9 mwN; Zechner aaO; Sailer in Burgstaller/Deixler-Hübner, § 381 EO Rz 5 mwN; König, Einstweilige Verfügungen im Zivilverfahren2, Rz 2/110; Rechberger/Simotta, Exekutionsverfahren2 Rz 901).

1.3. Auch im vorliegenden Fall wird durch die Stattgebung des Sicherungsantrags nicht die Unterlassung einer Handlung geboten, die später nicht mehr nachgeholt werden könnte. Die einstweilige Verfügung bedeutet nur eine vorläufige Hemmung der Bauarbeiten, die nach einer etwaigen Klageabweisung im Hauptprozess nachgeholt werden können (vgl 6 Ob 89/04p = bbl 2004, 203). Das einstweilige Unterlassungsgebot nimmt daher das Prozessergebnis nicht vorweg, weil es nur um eine zeitlich beschränkte Unterlassung nachholbarer Handlungen geht. Die Entscheidung des Rekursgerichts findet daher insoweit in der zuvor dargestellten LuRsp Deckung.

1.4. Dass bereits bei - vorläufiger - Unterlassung der Bauarbeiten für die Dauer des Verfahrens die Schließung von zwei Vorführungssälen und insgesamt ein unwiederbringlichen Schäden in existenzbedrohendem Ausmaß zu erwarten sei, sind im vom Erstgericht angenommenen Sachverhalt nicht gedeckte, unbescheinigt gebliebene Behauptungen der Erstbeklagten; vielmehr lag zum Zeitpunkt der erstgerichtichen Entscheidung noch nicht einmal eine rechtskräftige Baubewilligung für die von den Beklagten beabsichtigten Maßnahmen vor. Im Übrigen kann ein durch reduzierte Gewinnerzielung allenfalls entstehender Schade durch Geld ausgeglichen werden (4 Ob 213/03g = SZ 2003/170).

2.1. Die Erstbeklagte meint, das Rekursgericht weiche von stRsp des Obersten Gerichthofs zur objektiven Gefährdung (eines Unterlassungsanspruchs) insofern ab, als es annehme, dass durch die ins Auge gefassten Baumaßnahmen der derzeitige Zustand des Gebäudes eine wesentliche Veränderung erfahren würde, welche „wirtschaftlich nahezu" nicht mehr rückgängig gemacht werden könne. Entgegen dieser Ansicht des Rekursgerichts gebe es aber keine Baumaßnahme, die nicht tatsächlich rückführbar wäre.

2.2. Zur Sicherung anderer Ansprüche können nach § 381 Z 1 EO einstweilige Verfügungen getroffen werden, wenn zu besorgen ist, dass sonst die gerichtliche Verfolgung oder Verwirklichung des fraglichen Anspruchs, insbesondere durch eine Veränderung des bestehenden Zustands, vereitelt oder erheblich erschwert werden würde (vgl dazu 7 Ob 59/03g = SZ 2003/45 mwN). Dass die Beklagten die den Gegenstand der Unterlassungsklage bildenden Baumaßnahmen durchführen wollen und diese durch ein Bauansuchen auch bereits konkret vorbereitet haben, ist unstrittig; wenn das Rekursgericht bei beabsichtigten Baumaßnahmen mit einer Auftragssumme von insgesamt knapp 290.000 Euro - selbst bei deren faktischer Rückführbarkeit - eine erhebliche Erschwerung der Anspruchsverwirklichung angenommen hat, dann liegt darin die Beurteilung des konkreten Einzelfalls und jedenfalls kein unvertretbares Auslegungsergebnis (vgl RIS-Justiz RS0005103).

3. Die Erstbeklagte meint, es seien jedenfalls die brandschutztechnischen Adaptierungen zum Fortbetrieb des Kinos absolut notwendig, weshalb deren Ablehnung durch die Klägerinnen ein den Interessen der Gesellschaft widersprechendes treuwidriges Abstimmungsverhalten dargestellt habe. Dem ist zu entgegen, dass im Provisorialverfahren die wirtschaftliche Bedeutung des längerfristigen Weiterbetriebs der von den Arbeiten betroffenen Kinosäle nicht klärbar ist und die vom Rekursgericht bewilligte einstweilige Verfügung ohnehin nur ein vorläufiges Aufschieben dieser - auch nicht als unabwendbar dringlich bescheinigten - Arbeiten für die Dauer des anhängigen Rechtsstreits ermöglicht.

Im Rahmen der Ausführungen zur Zulässigkeit ihres außerordentlichen Revisionsrekurses macht die Erstbeklagte demnach keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO geltend.

B. Zum Revisionsrekurs der Zweitbeklagten:

Die Zweitbeklagte erachtet ihren außerordentlichen Revisionsrekurs aus folgenden Gründen für zulässig:

1. Nach Ansicht der Zweitbeklagten wollten die Klägerinnen die Durchführung von behördlich aufgetragenen und unbedingt notwendigen Brandschutzmaßnahmen untersagen, bei deren Unterlassung 2 Säle gesperrt werden müssten, was ruinöse Folgen hätte. Dieser Standpunkt der Zweitbeklagten deckt sich inhaltlich mit den zu A.1. behandelten Argumenten der Erstbeklagten, weshalb auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann.

2.1. Die Zweitbeklagte vermisst eine Stellungnahme des Rekursgerichts zu ihrem Einwand, die Klägerinnen seien nicht mehr Gesellschafterinnen der F***** GmbH & Co KG, weil sie die Absicht zum Verkauf ihrer Anteile bekannt gegeben hätten und die Zweitbeklagte ihr gesellschaftsvertragliches Aufgriffsrecht ausgeübt habe; damit sei die Abtretung der Gesellschaftsanteile durch die Klägerinnen noch vor Erhebung des Sicherungsantrags rechtswirksam geworden und diesen fehle folglich die Aktivlegitimation.

2.2. Das Rekursgericht ist von den im Firmenbuch ausgewiesenen Gesellschaftsverhältnissen ausgegangen, hat demnach die aufrechte Gesellschafterstellung der Klägerinnen bejaht und damit - implicite - deren Ausscheiden verneint. Ob demgegenüber von der zum vermeintlich sofortigen Ausscheiden der Klägerinnen aus der Gesellschaft führenden Ausübung des Aufgriffsrechts durch die Zweitbeklagte auszugehen gewesen wäre, hängt von der Würdigung der dazu vorgelegten Urkunden ab. Der Klagevertreter hat in seinem Schreiben vom 25. 1. 2006 (Blg ./8) zwar tatsächlich die Verkaufsabsicht der Klägerinnen mitgeteilt, doch bezog sich seine, an den Zweitbeklagtenvertreter gerichtete Anfrage nicht schlechthin nur auf die Bereitschaft der Zweitbeklagten zur Ausübung des Aufgriffsrechts, sondern spezifisch (auch) darauf, ob diese „den zu ermittelten Preis auf Grund der vorliegenden Gutachten akzeptieren und nach diesem Gutachten der Wert des Unternehmens festgelegt werden kann oder ob ein Sachverständiger .... bestellt werden muss". Besagtes Schreiben könnte daher auch als noch nicht verbindlich gemeinte Preisanfrage verstanden werden. Im „Annahmeschreiben" des Zweitbeklagtenvertreters (./9) erklärte dieser die Ausübung des Aufgriffsrechts namens der Zweitbeklagten auf der Grundlage einer nur rudimentär wiedergegebenen, nicht urkundlich dokumentierten, sondern offenbar mündlich erfolgten „Erklärung (des Klagevertreters) nach der Streitverhandlung vom 03.02.2006". Im Rahmen der beschränkten Kognition im Provisorialverfahren lässt sich daraus ein bereits rechtswirksames Ausscheiden der Klägerinnen aus der F***** GmbH & Co KG nicht als ausreichend bescheinigt ableiten, sodass sich die Annahme einer aufrechten Gesellschafterstellung der Klägerinnen durch das Rekursgericht im Ergebnis nicht als unvertretbare Verkennung der Sachlage erweist.

3.1. Die Zweitbeklagte hält sich für nicht passiv legitimiert. Ihre Organstellung bei der Erstbeklagten sei kein „Vertrag" und daher auch kein „Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter" (gemeint: zu Gunsten der Klägerinnen als Kommanditistinnen der F***** GmbH & Co KG). Die vom Rekursgericht bezogene Fundstelle (Koppensteiner in Straube³, § 161 HGB Rz 16) stütze dessen gegenteilige Ansicht nicht. Auch die von Karollus (in Verstärkter Gläubigerschutz BEI INSOLVENZ EINER GMBH & CO KG, Haftung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH, ecolex 1990, 671) angestellten Überlegungen zur direkten Inanspruchnahme des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH würden primär insolvenzrechtliche Fragen betreffen und seien nicht verallgemeinerungsfähig. Zur Frage der Passivlegitimation des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH im vorliegenden Zusammenhang liege dagegen keine gefestigte Judikatur vor, die die angefochtene Entscheidung decken würde.

3.2. Das Rekursgericht bezog sich auf die bei Koppensteiner in Straube³, § 161 HGB Rz 16 ausgewiesene, eine direkte Rechtsbeziehung zwischen der KG und den Geschäftsführern der Komplementär-GmbH bejahende Judikatur (zu Unterlassungsansprüchen bei Verletzung der Zuständigkeitsregeln vgl auch Koppensteiner, § 25 GmbHG Rz 51; zur organisationsrechtlichen Verantwortung der GmbH-Geschäftsführer vgl RIS-Justiz RS0059528). Die Zweitbeklagte setzt sich aber mit dieser Rsp nicht substanziell auseinander, sondern bestreitet insoweit nur die Richtigkeit der zweitinstanzlichen Rechtsansicht. Im Übrigen besteht hier betreffend die Passivlegitimation der Zweitbeklagten eine einzelfallbezogene Besonderheit darin, dass sich diese - wie in der Klage (S. 3 in ON 1) angedeutet und im Revisionsrekurs der Zweitbeklagten (S. 21 in ON 19) bestätigt - berühmt, der Gesellschaftsvertrag bringe „in einem über (die) Rechtslage hinausgehenden Ausmaß zum Ausdrück, dass (sie) aufgrund ihrer Kenntnis und Erfahrung die operativen Geschicke ... (allein) leiten (solle)". Wenn die Zweitbeklagte solcherart eine über alle gesetzlichen Kompetenzregeln hinausgehende, alleinige Leitungsfunktion für sich in Anspruch nimmt, erweist sich die Bejahung ihrer Passivlegitimation im Ergebnis jedenfalls nicht als krasse Fehlbeurteilung.

4. Auch die Zweitbeklagte meint aus gleichartigen Gründen wie die Erstbeklagte, das Rekursgericht habe durch Erlassung der einstweiligen Verfügung eine Sachlage geschaffen, welche die Wiederherstellung des früheren Zustands unmöglich mache. Dass die vorliegende Entscheidung des Rekursgericht insoweit mit hLuRsp in Einklang steht, wurde schon zu A.1. dargelegt.

5. Soweit auch die Zweitbeklagte eine konkreten Gefährdungsnachweis im Sinn des § 381 Z 1 EO vermisst, sei sie auf die Ausführungen zu A.2. verwiesen. Höchstgerichtliche Judikatur zu der sich das Rekursgericht mit seiner Entscheidung vermeintlich in Widerspruch gesetzt haben soll, führt die Zweitbeklagte nicht an.

6.1. Nach Meinung der Zweitbeklagten habe es das Rekursgericht gegen die stRsp zu § 390 EO verabsäumt, den Klägerinnen die Leistung einer Sicherheit aufzuerlegen.

6.2. Der Vollzug einer einstweiligen Verfügung ist nach § 390 Abs 2 EO von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen, wenn wegen der Größe des Eingriffs in die Interessen des Antragsgegners Bedenken gegen die Erlassung der Verfügung bestehen. Durch die Sicherheitsleistung wird die nötige Interessenabwägung zwischen der Gefährdung des Antragstellers und dem Eingriff in die Rechtssphäre des Antragsgegners vorgenommen und ein entsprechender Ausgleich bewirkt (RIS-Justiz RS0005711). Die Frage, ob eine Sicherheitsleistung aufzuerlegen ist, hängt so von den Umständen des Einzelfalls ab, dass dabei regelmäßig keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufgeworfen wird (vgl 1 Ob 207/01z; RIS-Justiz RS0113134). Dies trifft auch im vorliegenden Fall zu, ist doch die Behauptung der Zweitbeklagte, die - auch nur vorläufige - Unterlassung der Bauarbeiten für die Dauer des Rechtsstreits führe zur Schließung von zwei Vorführungssälen durch die Verfahrensergebnisse nicht gedeckt (vgl dazu näher A.1.4).

7. Die Zweitbeklagte hält die Weigerung der Klägerinnen, den brandschutztechnisch gebotenen Maßnahmen zuzustimmen, für einen Verstoß gegen deren Treuepflicht. Dazu ist auf die Ausführungen zu A.3. zu verweisen, wonach sich die wirtschaftliche Bewertung des längerfristigen Weiterbetriebs der von den Arbeiten betroffenen Kinosäle einer Beurteilung im Provisorialverfahren entzieht und die vom Rekursgericht bewilligte einstweilige Verfügung ohnehin nur ein vorläufiges Aufschieben dieser Arbeiten für die Dauer des anhängigen Rechtsstreits bewirkt.

8. Nach Ansicht der Zweitbeklagten fehlt es an einer Rsp zur Frage, „dass Maßnahmen, die von den Behörden vorgeschrieben werden, und die zur Vermeidung einer Sperre des Kinos erfüllt werden müssen, keine freiwillige Investition und auch in diesem Sinne keine „Geschäftsführungsmaßnahmen" sind, die einer Beschlussfassung der Gesellschafter bedürfen". Auch in diesem Punkt unterstellt die Zweitbeklagte den unbescheinigte Umstand, ein vorläufiges Aufschieben der Arbeiten für die Dauer des anhängigen Rechtsstreits führe zur „Sperre des Kinos".

9.1. Die Entscheidung des Rekursgerichts widerspreche nach Meinung der Zweitbeklagten der Rsp zum Maßstab von Handlungen, die iSd § 116 Abs 2 HGB über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgingen. Die Erfüllung brandschutztechnisch gebotener behördlich vorgeschriebener Maßnahmen gehöre zum gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft. Das was seitens der Verwaltungsbehörde durch Bescheid verfügt werde, sei für das Gericht verbindlich und einer gesonderten Überprüfung nicht zugänglich. Auch wenn es sich um ungewöhnliche Geschäfte handle, hätten sich die Klägerinnen ausschließlich an den Interessen der Gesellschaft zu orientieren und zuzustimmen.

9.2. Die Zweitbeklagte geht auch in diesem Punkt nicht von dem als bescheinigt angenommen Sachverhalt aus, indem sie verbindliche behördliche Vorschreibungen für die beabsichtigten Maßnahmen unterstellt, während dafür zum Zeitpunkt der erstgerichtlichen Beschlussfassung noch nicht einmal eine rechtskräftige Baubewilligung vorlag. Ob sich eine Handlung auf den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft bezieht, ist im Übrigen nach den Gegebenheiten des Betriebs im Einzelfall zu beurteilen (vgl RIS-Justiz RS0061646). Wenn nach Ansicht des Erstgerichts die von den Beklagten beabsichtigten Baumaßnahmen im Hinblick auf die beträchtlichen Auftragssummen nicht mehr zum gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft gehören, so liegt darin jedenfalls keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende, unvertretbare Beurteilung dieses Einzelfalls.

10. Letztlich meint die Zweitbeklagte, das Rekursgericht sei von der Rsp zu § 116 HGB abgewichen, wonach diese Norm dispositiv sei. Diese Behauptung ist unzutreffend, weil das Rekursgericht nicht den dispositiven Charakter besagter Norm verneint, sondern (nur) den Gesellschaftsvertrag betreffend die Geschäftsführungsbefugnisse der Zweitbeklagte nicht so ausgelegt hat, wie es deren Rechtsstandpunkt entspricht. Es liegt insoweit eine einzelfallbezogene Frage der Auslegung des Gesellschaftsvertrags vor, die das Rekursgericht mit einem an der gesetzlichen Grundregel orientierten Verständnis wiederum nicht unvertretbar gelöst hat.

Da auch die Zweitbeklagte zur Zulässigkeit ihres außerordentlichen Revisionsrekurses keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO geltend macht, erweisen sich beide Rechtsmittel als unzulässig und sind zurückzuweisen.

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