European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E120860
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
Das Erstgericht wies den Antrag der Antragstellerin, aufgrund des Übergabsvertrags vom 18. Juli 2017 und des Nachtrags hiezu vom 28. August 2017 ob der 834/100.000stel‑Anteile der Beteiligten als Übergeberin an der EZ * KG * O*, mit denen Wohnungseigentum an Wohnung 64 untrennbar verbunden ist, das Eigentumsrecht der Antragstellerin und eine Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauchsrechts gemäß Punkt 5 des Übergabsvertrags zu Gunsten der Übergeberin einzuverleiben, ebenso ab wie den Antrag, ob dem (schlichten) 1/107‑Anteil der Beteiligten B‑LNr 68 an der EZ * KG * O* ebenso das Eigentumsrecht für die Übernehmerin und die Dienstbarkeit des Fruchtgenussrechts zu Gunsten der Antragstellerin als Übergeberin einzuverleiben. Bei Begründung von Rechten ob schlichten Miteigentumsanteilen sei immer die Zustimmung aller Miteigentümer in grundbuchstauglicher Form nachzuweisen.
Das Rekursgericht gab dem von der Antragstellerin und der weiteren Beteiligten gemeinsam erhobenen Rekurs nicht Folge, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 30.000 EUR übersteige und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu. Es teilte die Rechtsauffassung des Erstgerichts, der schlichte Miteigentümer könne zwar an den ihm über Miete oder Benützungsregelung zustehenden Liegenschaftsanteilen ihn persönlich obligatorisch verpflichtende Nutzungsrechte anderer begründen, diese seien aber nicht verdinglichbar.
In ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs machen die Antragstellerin und die weitere Beteiligte geltend, das Rekursgericht sei von ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen. Im Nachtrag zum Übergabsvertrag habe die Antragstellerin der Übergeberin die Dienstbarkeit des Fruchtgenussrechts am schlichten Miteigentumsanteil eingeräumt, nicht aber ein Wohnungsfruchtgenussrecht. Dass Gegenstand eines Fruchtgenussrechts auch ein bloß ideeller Anteil an einer Liegenschaft sei, sei in Lehre und Rechtsprechung unumstritten.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, er ist im Ergebnis aber nicht berechtigt.
1.1. Im Hinblick darauf, dass sowohl die Antragstellerin als auch die Übergeberin deutsche Staatsangehörige sind und ihren Wohnsitz in Deutschland haben, liegt ein Sachverhalt mit Auslandsberührung im Sinn des § 1 Abs 1 IPRG vor, der eine kollisionsrechtliche Beurteilung erfordert. § 31 IPRG knüpft für den Erwerb und den Verlust dinglicher Rechte an körperlichen Sachen einschließlich des Besitzes an das Recht des Staats an, in dem sich die Sachen bei Vollendung des dem Erwerb oder Verlust zugrunde liegenden Sachverhalts befinden. Die herrschende Auffassung nimmt auch eine Sonderanknüpfung an das Registerrecht, also das Recht am Registerort, betreffend die notwendige Form der die Eintragungsgrundlage bildenden Urkunden an (5 Ob 281/05t mwN). Schuld‑ und sachenrechtliche Fragen sind allerdings kollisionsrechtlich getrennt zu beurteilen (RIS‑Justiz RS0076777). Zur Prüfung der Frage, ob der Übergabsvertrag als Titelgeschäft materiell‑rechtlich einen tauglichen Erwerbsgrund bildet und allfälligen rechtsgeschäftlichen Formerfordernissen entspricht, ist daher nicht nach § 31 Abs 1 IPRG anzuknüpfen. Insoweit maßgeblich ist die Verordnung (EG) 2008/593 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. 6. 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I‑VO). Nach deren Art 4 lit c unterliegen Verträge, die ein dingliches Recht an unbeweglichen Sachen sowie die Miete oder Pacht unbeweglicher Sachen zum Gegenstand haben, dem Recht des Staats, in dem die unbewegliche Sache belegen ist. Da nach der Aktenlage keinerlei Anhaltspunkte für eine abweichende Rechtswahl der Parteien (Art 3 Abs 1 Rom I‑VO) oder darauf vorliegen, dass der Vertrag eine offensichtlich engere Verbindung zu einem anderen als dem Gelegenheitsstaat aufwiese (Art 4 Abs 3 Rom I‑VO), ist im Hinblick auf die Lage der Liegenschaft in Österreich auch in schuldrechtlicher Hinsicht österreichisches Recht anzuwenden, zumal die Vertragsparteien den Vertrag in Österreich bei einer österreichischen Notarin errichtet haben.
1.2. Fragen der Vertretungsbefugnis sind gemäß Art 1 Abs 2 lit g Rom I‑VO vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommen, diesbezüglich ist auf § 49 IPRG zurückzugreifen. Danach bestimmen sich die Voraussetzungen und die Wirkungen der gewillkürten Stellvertretung im Verhältnis des Geschäftsherrn und des Stellvertreters zum Dritten primär (Abs 1) nach dem Recht, das der Geschäftsherr in einer für den Dritten erkennbaren Weise bestimmt hat. Hilfsweise ist (Abs 2) das Recht des Staats maßgebend, in dem der Stellvertreter nach dem für den Dritten erkennbaren Willen des Geschäftsherrn tätig werden soll oder (Abs 3) das Recht des Staats, in dem der Stellvertreter tätig wird. Da der Urkundenlage eine Bestimmung eines anderen als des österreichischen Rechts nicht zu entnehmen ist und die von beiden Vertragsparteien bevollmächtigten Kanzleiangestellten nicht nur in Österreich tätig werden sollten, sondern auch tatsächlich tätig wurden, ist auch insoweit an österreichisches Recht anzuknüpfen. Fragen des Richtervorbehalts (§ 16 Abs 2 Z 16 RpflG) stellen sich somit nicht.
2. Gemäß § 94 Abs 1 GBG hat das Grundbuchsgericht das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen. Es darf eine grundbücherliche Eintragung unter anderem nur dann bewilligen, wenn das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheint (§ 94 Abs 1 Z 3 GBG). Das Ansuchen kann somit nur dann bewilligt werden, wenn der Urkundeninhalt ein derartiger ist, dass er nicht nur in formaler Beziehung unbedenklich erscheint, sondern auch bezüglich der materiell‑rechtlichen Frage nicht irgendwelche Zweifel aufkommen lässt (RIS‑Justiz RS0060878).
3. Die Revisionsrekurswerber weisen zutreffend darauf hin, dass sich die Ausführungen der Vorinstanzen auf die Einräumung eines Wohnungsfruchtgenussrechts beziehen, aus der Urkundenlage allerdings unmissverständlich hervorgeht, dass mit dem Nachtrag zum Übergabsvertrag die Einräumung eines (schlichten) Fruchtgenussrechts zwischen den Parteien vereinbart und im Grundbuchsgesuch auch die Einverleibung eines solchen Fruchtgenussrechts begehrt wurde. Der Umstand alleine, dass im Übergabsvertrag auf die – im Grundbuch im Übrigen gar nicht ersichtliche – zwischen den Miteigentümern der EZ * KG * O* getroffene Benützungsvereinbarung in Bezug auf ein Alleinbenützungsrecht an Carport Nr 64 verwiesen wurde, lässt angesichts der unmissverständlichen Wortwahl der Vertragsparteien nicht die Auslegung zu, es sei diesbezüglich die Begründung einer Wohnungsservitut beabsichtigt gewesen (vgl 5 Ob 309/01w). Wenn es auch für ein Wohnungsfruchtgenussrecht an einem räumlich bestimmten Teil einer Liegenschaft der herrschenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs entspricht, dass ein solches zwar begründet werden kann, nicht jedoch an ideellen Teilen einer Liegenschaft, sodass seine bücherliche Eintragung selbst bei Aufteilung der Benutzungsbefugnisse durch eine im Grundbuch angemerkte Benützungsregelung der Zustimmung der übrigen Miteigentümer bedarf und ob der gesamten Liegenschaft erfolgen muss (RIS‑Justiz RS0124190, 5 Ob 89/08m), kann nach nunmehr ständiger Rechtsprechung und Lehre ein schlichtes Fruchtgenussrecht auch an ideellen Liegenschaftsanteilen begründet werden (RIS‑Justiz RS0011833 [T2], zuletzt 5 Ob 154/16g; Rassi in Kodek, Grundbuchsrecht2 § 3 GBG Rz 50; Winkler in Fenyves/Kerschner/Vonkilch ABGB3 [Klang] § 509 Rz 6; Rechberger/Bittner 2 Rz 125). Insoweit ist der Beurteilung der Vorinstanzen daher nicht zu folgen.
Damit ist für die Revisionsrekurswerber aber nichts gewonnen.
4.1. Gemäß § 94 Abs 1 Z 2 GBG darf eine grundbücherliche Eintragung nur dann bewilligt werden, wenn kein gegründetes Bedenken gegen die persönliche Fähigkeit der bei der Eintragung Beteiligten zur Verfügung über den Gegenstand, den die Eintragung betrifft, oder gegen die Befugnis der Antragsteller zum Einschreiten vorhanden ist. Unter diese Bestimmung sind auch gegründete Bedenken gegen Bestehen und Umfang der Vertretungsmacht dessen zu subsumieren, der eine Vertragsurkunde im Vollmachtsnamen eines Vertragspartners unterfertigte (RIS‑Justiz RS0060604). Soweit die Gefahr einer Interessenkollision droht, ist die Doppelvertretung ebenso wie das Selbstkontrahieren im engeren Sinn unzulässig, sodass der Machthaber insoweit ohne Vertretungsmacht handelt. Dabei ergibt sich die Unzulässigkeit des In‑Sich‑Geschäfts schon aus der prinzipiellen (nicht auszuschließenden) Möglichkeit einer Schädigung des Vertretenen (RIS‑Justiz RS0060604 [T2]). Da es nur auf „gegründete Bedenken“ ankommt, findet eine endgültige Wirksamkeitsprüfung in diesem Zusammenhang nicht statt (5 Ob 258/09s mwN).
4.2. Hier erteilten sämtliche Vertragsparteien im Übergabsvertrag (Punkt VII.) Frau Sandra M* und Frau Christina O* jeweils Vollmacht, allfällige für die grundbücherliche Durchführung des Vertrags erforderliche Nachträge zu denselben in ihrem Namen und mit Rechtswirksamkeit für sie zu errichten und zu unterfertigen und sämtliche für die grundbücherliche Durchführung erforderlichen Anträge zu stellen und Erklärungen abzugeben. Offenbar unter Berufung auf diese Bevollmächtigung unterfertigte Christina O* den Nachtrag zum Übergabsvertrag sowohl im Namen der Übergeberin als auch der Übernehmerin. Nach der Formulierung der Vollmacht war diese allerdings auf die grundbücherliche Durchführung des Übergabsvertrags und allenfalls hiezu erforderliche Erklärungen beschränkt, was es als zumindest zweifelhaft erscheinen lässt, ob eine Änderung der Hauptleistung (nämlich des einzuräumenden Fruchtgenussrechts anstelle des ursprünglich vorgesehenen Wohnungsgebrauchsrechts) nur deshalb, weil die grundbücherliche Durchführung des ursprünglichen Übergabsvertrags die Zustimmung Dritter erfordern würde (vgl RIS‑Justiz RS0124190) überhaupt deckt.
4.3. Dazu kommt der Umstand der Doppelvertretung beider Vertragsparteien durch die Bevollmächtigte. Im Hinblick darauf, dass der Umfang der Hauptleistung, nämlich der als Gegenleistung zur Übergabe der schlichten Miteigentumsanteile einzuräumenden persönlichen Dienstbarkeit, im Nachtrag zum Übergabsvertrag wesentlich verändert wurde, ist eine Schädigung der Vertretenen durch die Doppelvertretung hier jedenfalls nicht auszuschließen, was einer Bewilligung des Grundbuchsgesuchs wegen gegründeter Bedenken im Sinn des § 94 Abs 1 Z 2 GBG entgegensteht.
5. Damit konnte dem Revisionsrekurs kein Erfolg beschieden sein.
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