Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Unter Vorlage des am 2. 7. 1998 zu GZl 7081 vom öffentlichen Notar Dr. B***** in Wien aufgenommenen Notariatsaktes, mit dem eine Servitutsvereinbarung gleichen Datums bekräftigt wurde, begehrte der Antragsteller die Einverleibung eines Wohnrechts auf der Liegenschaft EZ *****. Diese Liegenschaft steht im Eigentum der Doris P***** und weist als einzigen Gutsbestand das Grundstück 182/2 auf. Es ist im Grundbuch als "landw. genutzt" bezeichnet.
Die Servitutsvereinbarung hat folgenden Wortlaut:
"Doris P*****, ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ *****, mit dem Grundstück *****. Sie beabsichtigt, auf diesem Grundstück ein Einfamilienhaus zu errichten. Ihr Gatte, Werner P*****, verpflichtet sich, zur Schaffung dieses Gebäudes, einen Beitrag von S 1,500.000,-- zu leisten. Dafür räumt Doris P*****, Werner P***** die Dienstbarkeit des unentgeltlichen und lebenslänglichen Wohnrechtes an dem Grundstück mit dem darauf zu errichtenden Gebäude ein. Werner P***** kann bis zu seinem Ableben dieses Grundstück und das Haus für sich unentgeltlich benützen und ist nicht verpflichtet, an der Erhaltung des Gebäudes beizutragen. Solange er jedoch in dem Hause wohnt, trägt er gemeinsam mit seiner Gattin die Betriebskosten.
Die Vertragsparteien sind österreichische Staatsbürger und Deviseninländer. Die Servitutseinräumung erfolgt entgeltlich und soll verdinglicht werden. Sohin erklärt Doris P*****, ihre ausdrückliche Einwilligung, daß im Lastenblatt der EZ *****, die Dienstbarkeit des Wohnrechtes zugunsten Werner P*****, einverleibt werden kann. Die Vertragsteile bevollmächtigen gemeinsam (§ 7 GebGes) den Vertragserrichter RA Dr. Erich P*****, diese Servitusvereinbarung abzuändern bzw zu ergänzen, auch hinsichtlich der Aufsandungsklausel, um die Durchführung im Grundbuch zu gewährleisten. Der Vertragserrichter wird auch als Schriftenempfänger namhaft gemacht."
Weitere Urkunden waren dem Grundbuchsgesuch nicht angeschlossen.
Das Erstgericht wies das Eintragungsbegehren ab, weil der Servitutsvereinbarung nicht eindeutig entnommen werden könne, auf welche Räumlichkeiten sich das Wohnrecht bezieht. Außerdem könne ein Wohnungsrecht an einer erst zu errichtenden Räumlichkeit nicht verbüchert werden.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:
Soweit im Rekurs unter Vorlage der Baubewilligung und anderer Belege ausgeführt wurde, daß das zu errichtende Gebäude bereits im Entstehen ist, sei darauf wegen des Neuerungsverbotes nicht einzugehen (§ 122 Abs 2 GBG).
Ansonsten könne dem Rekurswerber nur zugestanden werden, daß aus der von ihm vorgelegten Servitutsvereinbarung eindeutig zu entnehmen ist, daß ein Wohnrecht am gesamten Haus eingeräumt werden soll. Daß dieses nicht weiter expliziert ist, würde an sich nicht schaden. Trotzdem könne dem Rekurs aus mehreren Gründen kein Erfolg beschieden sein.
Zutreffend habe das Erstgericht ausgeführt, daß an einem erst zu errichtenden Gebäude kein bücherliches Recht eingeräumt werden kann. Die Einräumung eines Wohnrechtes an einem erst zu errichtenden Gebäude sei obligatorisch wirksam (5 Ob 356/63). Der Erwerb eines dinglichen Rechtes durch Eintragung im Grundbuch sei nur möglich, wenn das Dienstbarkeitsobjekt bereits existiert. So lange die dienstbare Sache noch nicht existiert, das Haus wie vorliegend erst zu errichten ist, sei ein dingliches Recht daran nicht denkbar. Es liege lediglich ein obligatorisches Anwartschaftsrecht vor, das auf die Begründung eines künftigen dinglichen Rechtes abzielt. Nun könne das Haus aber erst nach Erbauung als Zuwachs gemäß § 297 ABGB in das Eigentum der Grundeigentümerin fallen. Vorher fehle es überhaupt an einem Objekt, an dem dingliche Rechte eingeräumt werden könnten. Diese Ansicht verträten nicht nur das Landesgericht Wels (RPflG 540), das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz (RPflG 1450) und das Landesgericht Linz (RPflG 2026); sie sei auch in der Literatur anerkannt (siehe dazu Spielbüchler in Rummel I1 § 285 Rz 7, Klicka in Schwimann ABGB2, § 285 Rz 8, Koziol/Welser, Grundbuch II10, Seite 120, Klang in Klang II, § 285 Seite 286, 4).
Nach § 504 ABGB bestehe die Servitut des Gebrauches darin, daß jemand befugt ist, eine fremde Sache, ohne Verletzung der Substanz bloß zu seinen eigenen Bedürfnissen zu benützen. Die Fruchtnießung nach § 509 ABGB sei das Recht, eine fremde Sache mit Schonung der Substanz ohne Einschränkung zu genießen. Beide unterschieden sich ausschließlich an Hand ihres Umfanges. Während das Gebrauchsrecht an der dienstbaren Sache bloß zur Befriedigung der Bedürfnisse des Berechtigten diene und nicht darüberhinaus ausgedehnt werden dürfe, sei der Fruchtnießer dazu berechtigt, die Sache ohne alle Einschränkungen zu benützen. Das ABGB behandle in § 521 zwar die Dienstbarkeit der Wohnung neben der des Gebrauches und des Fruchtgenußrechtes, jedoch handle es sich dabei nicht um eine Servitut, die vom Gebrauchsrecht oder vom Fruchtgenußrecht verschieden ist. Vielmehr könne die Dienstbarkeit der Wohnung entweder als Gebrauchsrecht im Sinn des § 504 (dann § 521 Satz 1 und Satz 2) oder als Fruchtgenußrecht im Sinn des § 509 (dann § 521 Satz 3) vereinbart werden (siehe dazu Schwimann in Kindl-Wegner, ABGB2 II, § 521 Rz 1). Es sei nun gemäß § 94 Abs 1 GBG das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen und dürfe eine bücherliche Eintragung nur dann bewilligt werden, wenn unter anderem das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunde begründet erscheint und auch der Urkundeninhalt in der materiell-rechtlichen Frage keine Zweifel aufkommen läßt. Dies sei aber nur dann der Fall, wenn das einzutragende Recht aus der Urkunde selbst hervorgeht. Nicht aber, wenn es aus Folgerungen erschlossen werden könnte. Im vorliegenden Fall werde dem Einschreiter ein unentgeltliches und lebenslanges Wohnrecht an einem (zu errichtenden) Gebäude eingeräumt. Aus dieser Bestimmung lasse sich aber die Art des eingeräumten Rechtes nicht zweifelsfrei erschließen. Zweifel würden auch durch die Beifügung, daß der Antragsteller nicht verpflichtet, ist zur Erhaltung des Gebäudes beizutragen, so lange er im Hause wohnt, aber die Betriebskosten gemeinsam mit seiner Gattin zu tragen, nicht beseitigt. Die darin angeordnete Lastenverteilung lasse vielmehr diese Frage offen. Es fehle daher dem Eintragungsersuchen an einem eindeutigen Rechtsgrund (zuletzt 5 Ob 83/97k).
Darüberhinaus sei aber auch der Bestimmungen des NÖ GVG zu bedenken. Nach § 2 Abs 1 NÖ GVG unterlägen Rechtsgeschäfte unter Lebenden über land- und forstwirtschaftliche Liegenschaften - daß der gegenständliche Grundbuchskörper der Ausnahme des § 1 Z 1 lit b unterfiele, sei nicht urkundlich nachgewiesen worden - zu ihrer Gültigkeit der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde, wenn sie unter anderem zum Gegenstand haben die Einräumung eines Fruchtgenußrechtes. Auch dies sei nicht nachgewiesen worden. Es könne daher dem Antrag insoweit, als der Fruchtgenuß sich auch auf das Grundstück selbst und nicht auf das erst darauf zu errichtende Haus bezieht, nicht teilweise bewilligt werden. Davon abgesehen sei auszuführen, daß einer teilweisen antragsgemäßen Erledigung des Gesuches entgegenstehe, daß nach Inhalt des Vertrages die Servitut am Grundstück sich als Nebenrecht zur Servitut am zu errichtenden Haus darstelle, sodaß dieses Recht nicht als minus, sondern als aliud zu verstehen sei. Es sei davon auszugehen, daß die gemeinsame Verbücherung mehrerer, aber in unlösbaren Zusammenhang stehender Rechte beantragt wurde. Die alleinige Verbücherung einzelner oder eines einzelnen derartigen Rechtes komme daher nicht in Betracht (siehe dazu Dietrich-Angst-Auer, § 96 GBG E 12).
Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Soweit überblickbar fehle nämlich eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob ein Wohnrecht hinsichtlich eines erst zu errichtenden Objektes im Grundbuch einverleibt werden kann.
Im jetzt vorliegenden Revisionsrekurs macht der Antragsteller geltend, daß sich im GBG keine Bestimmung finde, die die Einverleibung eines Wohnrechts an einem erst zu errichtenden Objekt verbiete. Ein solches Objekt werde nicht als eigene Bauparzelle ausgewiesen, sondern sei Zuwachs des Grundstückes, auf dem die Dienstbarkeit eingetragen werden soll. Damit könne keine Rede davon sein, daß die dienstbare Sache nicht existiere.
Dem Vertrag lasse sich auch eindeutig entnehmen, woran das Wohnrecht begründet werden soll, nämlich am gesamten Grundstück und am gesamten (zu errichtenden) Gebäude.
Die Bewilligung eines "Minus", nämlich die Erledigung des Eintragungsgesuches nur hinsichtlich des Grundstücks, wäre möglich gewesen.
Schließlich liege auch kein Eintragungshindernis nach grundverkehrsrechtlichen Bestimmungen vor, weil diese nur landwirtschaftliche Grundstücke und nicht Bauplätze im Ortsgebiet betreffen. Darüber hinaus könnten Ehegatten über nicht landwirtschaftliche Grundstücke auch ohne Zustimmung der Grundverkehrsbehörde verfügen.
Der Revisionsrekursantrag geht dahin, in Abänderung der vorinstanzlichen Entscheidungen die begehrte Einverleibung der Dienstbarkeit des Wohnrechts für die Antragsteller zu bewilligen.
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Zutreffend ist das Rekursgericht davon ausgegangen, daß das dem Antragsteller eingeräumte Wohnrecht vereinbarungsgemäß das gesamte auf dem Grundstück ***** zu errichtende Einfamilienhaus erfaßt. Von einer mangelnden Bestimmtheit des Rechtstitels kann daher in dieser Beziehung - entgegen der Annahme des Erstgerichtes - keine Rede sein.
Das Wohnrecht (die Dienstbarkeit der Wohnung) an einem ganzen Haus kann nach § 521 ABGB einerseits ein Fruchtgenußrecht, andererseits ein Gebrauchsrecht sein (NZ 1990, 308/102 ua; vgl auch Hofmeister in NZ 1993, 23 zu 5 Ob 34/92). Diese Wohnungsdienstbarkeiten unterscheiden sich nur darin, daß das bloße Gebrauchsrecht auf die persönlichen Bedürfnisse des Berechtigten zugeschnitten ist, während das Fruchtgenußrecht ohne diese Einschränkung vollen Genuß der Sache, die nur in ihrer Substanz zu bewahren ist, gewährt und dementsprechend die Gebrauchsüberlassung an Dritte ermöglicht (NZ 1997, 130/379 mwN).
Da im Grundbuch das Wohnrecht nur als Fruchtgenußrecht oder als Gebrauchsrecht eingetragen werden kann und für diese Unterscheidung nur die Titelurkunde zur Verfügung steht, ist bereits in ihr eine klare Aussage zu treffen, ob das Wohnrecht nur zum persönlichen Gebrauch oder als umfassender Fruchtgenuß eingeräumt wird (vgl zuletzt 5 Ob 135/99k mwN). Entgegen der Rechtsansicht des Rekursgerichtes entspricht der vorliegende Servitutsbestellungsvertrag diesem Bestimmtheitserfordernis. Dem Antragsteller wurde nämlich zugesagt, Grundstück und Haus bis zu seinem Ableben "für sich" zu benützen. Zieht man dazu noch in Betracht, daß ihm dieses Wohnrecht von der Ehegattin in einem (noch zu errichtenden) Einfamilienhaus eingeräumt wurde, dessen Betriebskosten sich die Eheleute teilen, ist mit einer auch für das Grundbuchsverfahren ausreichenden Deutlichkeit klargestellt, daß es um ein bloßes Gebrauchsrecht geht. Insoweit liegt daher kein Grund für die Abweisung des Eintragungsgesuches vor.
Ebenfalls kein Abweisungsgrund ist darin zu erblicken, daß das Wohnungsgebrauchsrecht an einem erst zu errichtenden Haus eingeräumt wurde. Hier geht es nicht um die rechtlich unmögliche Verfügung über eine noch nicht existente Sache (nur darauf beziehen sich die vom Rekursgericht zitierten Lehrmeinungen), sondern um die Belastung eines bestehenden Grundbuchskörpers mit einer Wohnungsdienstbarkeit, deren Gegenstand und Umfang durch die Beziehung auf ein erst zu errichtendes Objekt konkretisiert wurde. Warum dies nicht möglich sein sollte, ergibt sich auch aus den vom Rekursgericht zitierten Instanzentscheidungen nicht. Daß es an der Bestimmbarkeit des Rechts bzw des Gebrauchsgegenstandes fehlen würde, wurde bereits eingangs widerlegt. Gegenstand des dem Antragsteller eingeräumten Wohnungsgebrauchsrechts ist das ganze Haus. Daß es erst mit dessen Errichtung sinnvoll ausgeübt werden kann, macht das zugesagte Recht nicht zu einer bloßen Anwartschaft.
Die Verneinung dieser vom Rekursgericht herangezogenen Abweisungsgründe erübrigt es, auf die Frage einzugehen, ob die "teilweise antragsgemäße Erledigung des Eintragungsgesuches nur hinsichtlich des Grundstückes" ein zulässiges Minus iSd § 95 Abs 2 GBG wäre.
Dennoch bleibt ein Eintragungshindernis bestehen. Zutreffend hat das Rekursgericht darauf hingewiesen, daß dem Grundbuchsgericht eine mit der Rechtskraftklausel versehene Ausfertigung des zustimmenden Bescheides der Grundverkehrs-Bezirkskommission oder eine solche des gemäß § 11 Abs 6 und 8 NÖ GVG zu erlassenden Bescheides vorzulegen ist, wenn um die Einverleibung von Rechten iSd § 2 Abs 1 NÖ GVG angesucht wird (§ 18 Abs 1 NÖ GVG). Zu diesen Rechten gehören nicht nur Fruchtgenußrechte, sondern auch Nutzungsrechte an ganzen Gebäuden, also das hier eingeräumte Wohnungsgebrauchsrecht. Die Liegenschaft, auf die sich diese Dienstbarkeit bezieht, ist laut Grundbuch landwirtschaftlich genutzt, fällt also prima facie unter die grundverkehrsrechtlichen Beschänkungen des Abschnittes II des NÖ GVG. Daß es sich um Bauland iSd § 1 Abs 1 lit b NÖ GVG handelt, wie jetzt der Antragsteller behauptet, oder aus sonstigen Gründen eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung entbehrlich ist, hätte dem Grundbuchsgericht urkundlich nachgewiesen werden müssen.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
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