OGH 5Ob206/11x

OGH5Ob206/11x9.11.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers Jörg-Mario S*****, geboren am *****, vertreten durch Dr. Peter Schlösser, Rechtsanwalt in Graz, wegen Grundstücksteilung und anderer Grundbuchhandlungen ob der Liegenschaft EZ 2456 GB ***** und weiterer Liegenschaften, über den Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 5. April 2011, AZ 4 R 103/10m, mit dem der Revisionsrekurs des Antragstellers vom 21. Februar 2011 gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 21. Juli 2010, AZ 4 R 103/10m, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Das Bezirksgericht Graz-Ost bewilligte mit Beschluss vom 20. 1. 2010, TZ 21254/09, ein Eintragungsgesuch des Antragstellers antragsgemäß. Gegen diese Entscheidung erhob Renate P***** Rekurs, dem das Rekursgericht mit Beschluss vom 21. 7. 2010, AZ 4 R 103/10m, teilweise Folge gab. Diese Entscheidung des Rekursgerichts wurde dem (unvertretenen) Antragsteller am 22. 12. 2010 zugestellt.

Der Antragsteller beantragte in der Folge unmittelbar beim Rekursgericht mit seiner dort am 29. 12. 2010 eingelangten Eingabe die Bewilligung der Verfahrenshilfe im Umfang der Begünstigungen des § 64 Abs 1 Z 1 lit a) bis e) ZPO. Diesen Antrag überwies das Rekursgericht zuständigkeitshalber an das Bezirksgericht Graz-Ost, welches den Verfahrenshilfeantrag des Antragstellers mit dem unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Beschluss vom 7. 2. 2011, TZ 21254/09, abwies. Diese Entscheidung erhielt der Antragsteller am 10. 2. 2011 zugestellt.

Am 23. 2. 2011 überreichte der Antragsteller (nummehr anwaltlich vertreten) beim Erstgericht seinen mit 21. 2. 2011 datierten Revisionsrekurs gegen den Beschluss des Rekursgerichts vom 21. 7. 2010, AZ 4 R 103/10m.

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss wies das Rekursgericht den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Rekursgerichts vom 21. 7. 2010, AZ 4 R 103/10m, als verspätet zurück. Es führte rechtlich aus, dass der Antragsteller zwar rechtzeitig Verfahrenshilfe beantragt, jedoch nur die Begünstigungen nach § 64 Abs 1 Z 1 lit a) bis e) ZPO angesprochen habe. Da der Antragsteller die Beigebung eines Rechtsanwalts nicht beantragt habe, könne auch die die Rechtsmittelfrist unterbrechende Wirkung des Verfahrenshilfeantrags nicht zum Tragen kommen. Der Revisionsrekurs sei später als 30 Tage nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung erhoben worden und daher als verspätet zurückzuweisen.

Die Entscheidung des Rekursgerichts enthält den Ausspruch, dass der Rekurs jedenfalls zulässig sei, weil das Rekursgericht im Fall der Zurückweisung eines an den Obersten Gerichtshof gerichteten Rechtsmittels als sog Durchlaufgericht entscheide und dann der weitere Rechtszug nicht nach § 62 AußStrG, sondern nach § 45 AußStrG zu beurteilen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

1. Die Zurückweisung des Revisionsrekurses ist auch ohne das Vorliegen der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG anfechtbar. Für die Anfechtung von Beschlüssen, die nicht im Rahmen eines Rekursverfahrens ergehen, gilt § 45 AußStrG. Sie können unabhängig vom Wert des Entscheidungsgegenstands und ohne Rücksicht darauf, ob die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG abhängt, angefochten werden. Das gilt namentlich dann, wenn das Rekursgericht als bloßes Durchlaufgericht ein an den Obersten Gerichtshof gerichtetes Rechtsmittel zurückgewiesen hat (3 Ob 34/09k EvBl 2009/104; RIS-Justiz RS0007047; RS0044547).

2. Die Rekursfrist (Revisionsrekursfrist) beträgt im Grundbuchverfahren bei Zustellungen im Inland 30 Tage (§ 123 Abs 1 GBG [iVm § 126 Abs 2 GBG]). Die nicht auf einen Kalendertag festgesetzten Fristen beginnen mit dem Tag nach der Zustellung (§ 81 Abs 1 GBG). Bei ihrer Berechnung dürfen die Tage, während deren sich eine bei dem Grundbuchgericht zu überreichende Schrift auf der Post befindet, nicht abgerechnet werden (§ 81 Abs 2 GBG; 5 Ob 159/10h; 5 Ob 160/10f; RIS-Justiz RS0060994). In Grundbuchsachen sind die festgesetzten Fristen auch dann maßgebend, wenn es sich nicht um einen eine grundbücherliche Eintragung anordnenden oder verweigernden Beschluss, sondern um eine Erledigung formeller Natur handelt (RIS-Justiz RS0007039). § 123 Abs 2 GBG, wonach ein verspäteter Rekurs sogleich zurückzuweisen ist, stellt eine lex specialis zum - hier grundsätzlich noch anwendbaren (§ 207h AußStrG [idF BGBl I 2010/111]) - § 46 Abs 3 AußStrG dar; die Berücksichtigung verspäteter Rekurse ist daher im Grundbuchverfahren generell nicht möglich (RIS-Justiz RS0124683).

3.1. Gemäß § 7 Abs 1 AußStrG sind die Bestimmungen der Zivilprozessordnung über die Verfahrenshilfe im Außerstreitverfahren sinngemäß anzuwenden. Nach § 75 Abs 2 GBG entscheidet das Grundbuchgericht in Angelegenheiten nach diesem Bundesgesetz im Verfahren außer Streitsachen. Die Vorschriften über das Verfahren außer Streitsachen sind, soweit nichts anderes bestimmt wird, ergänzend heranzuziehen.

3.2. Beantragt eine Partei innerhalb einer verfahrensrechtlichen Notfrist oder einer für eine solche eingeräumten Verbesserungsfrist die Beigebung eines Rechtsanwalts im Wege der Verfahrenshilfe, so beginnt gemäß § 7 Abs 2 AußStrG für sie die Frist mit der Zustellung des Bescheides über die Bestellung des Rechtsanwalts und, wenn ein Schriftstück fristauslösend war, mit Zustellung auch dieses an den bestellten Rechtsanwalt neu zu laufen. Wird der rechtzeitig gestellte Antrag auf Beigebung eines Rechtsanwalts abgewiesen, so beginnt die Frist mit dem Eintritt der Rechtskraft des abweisenden Beschlusses (vgl RIS-Justiz RS0111923; zur Geltung dieser Grundsätze im Grundbuchverfahren bereits vor Inkrafttreten des AußStrG 2003 s 5 Ob 249/02g SZ 2002/174).

3.3. Im vorliegenden Fall hat der Antragsteller mit seinem Verfahrenshilfeantrag gerade nicht (auch) die Beigebung eines Rechtsanwalts begehrt, weshalb die nach § 7 Abs 2 AußStrG damit verbundene Unterbrechungswirkung auch nicht eingetreten und das vom Antragsteller erhobene Rechtsmittel somit verspätet ist.

4. Dass der Antragsteller seinen Revisionsrekurs nach Maßgabe der zuvor dargestellten Rechtslage verspätet überreicht hat, bezweifelt auch er in seinem Rekurs nicht grundsätzlich. Der Antragsteller macht allerdings geltend, dass er bei Erhebung seines Verfahrenshilfeantrags (noch) nicht anwaltlich vertreten gewesen sei und er daher über die Voraussetzungen für die Unterbrechung der Rechtsmittelfrist hätte belehrt werden müssen. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass Säumnisfolgen grundsätzlich ex lege eintreten und unabhängig davon, ob die Partei in diesem Zusammenhang über die Rechtsfolgen belehrt wurde (vgl § 145 Abs 1 ZPO; Gitschthaler in Rechberger³, § 145 ZPO Rz 3). Ob ein Rechtsirrtum des Antragstellers über Lauf und Unterbrechung der Rechtsmittelfrist vorlag und diesem mit einem (anderen) Rechtsbehelf begegnet werden kann, ist hier nicht zu erörtern.

5. Die Zurückweisung des Revisionsrekurses durch das Rekursgericht erfolgt somit ohne Rechtsirrtum; der dagegen erhobene Rekurs des Antragstellers muss daher erfolglos bleiben.

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