OGH 5Ob189/09v

OGH5Ob189/09v19.1.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Dr. Roch in der außerstreitigen Mietrechtssache der Antragsteller 1. Susanne P*****, 2. Mag. Harald P*****, beide *****, beide vertreten durch Mag. Knuth Bumiller, Rechtsanwalt in Wien, sowie 3. Josef B*****, gegen die Antragsgegner 1. E***** GmbH, *****, 2. Eigentümergemeinschaft *****, H*****gasse *****, beide vertreten durch Dr. Eva Maria Hausmann, Rechtsanwältin in Wien, wegen §§ 21 Abs 5 (iVm § 20 Abs 4), 37 Abs 1 Z 11 MRG, über den ordentlichen Revisionsrekurs der Erstantragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 24. März 2009, GZ 40 R 237/08m-15, mit dem infolge Rekurses der Antragsteller der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 25. Juni 2008, GZ 30 Msch 2/08w-11, teilweise abgeändert wurde, den

S a c h b e s c h l u s s

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Sachbeschluss des Erstgerichts wird - ergänzt um den ausdrücklichen Ausspruch, dass die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gegeneinander aufgehoben werden - wiederhergestellt.

Die Erstantragstellerin und der Zweitantragsteller sind schuldig, den Antragsgegnern die mit 371,64 EUR (darin enthalten 61,94 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten ihrer Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Erstantragstellerin und der Zweitantragsteller sind weiters schuldig, der Erstantragsgegnerin die mit 427,25 EUR (darin enthalten 71,21 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten ihres Revisionsrekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Antragsteller sind Mieter im Haus *****, H*****gasse *****.

Die Antragsgegner legten für das Kalenderjahr 2006 eine Bewirtschaftungskostenabrechnung, in welcher - nach noch während des Verfahrens erfolgten Ergänzungen - die Ausgaben nach Grundsteuer, Hausreinigung, Hausstrom, Müllabfuhr, Rauchfangkehrer, Schädlingsbekämpfung, Versicherung, Verwaltungshonorar, Wasser/Abwasser und Winterdienst gegliedert, die einzelnen Vorschreibungen/Rechnungen mit dem jeweiligen Datum angeführt und die einzelnen Rechnungsbeträge ausgewiesen waren.

Weiters übermittelten die Antragsgegner den Antragstellern eine Gegenüberstellung der auf das jeweilige Mietobjekt entfallenden anteilsmäßigen Betriebskosten und der für das jeweilige Mietobjekt geleisteten Vorauszahlungen. Den Antragstellern war auch Belegeinsicht in der Kanzlei der Antragsgegnervertreterin und die Ausfolgung von Belegkopien gegen Kostenersatz angeboten worden. Die Antragsteller haben nie versucht, in die Belege Einsicht bzw Kopien davon zu erhalten.

Das Erstgericht wies die Anträge der Antragsteller, die Antragsgegner unter Androhung einer Ordnungsstrafe

a) zur Auflegung einer den gesetzlichen Vorschriften entsprechenden und daher die Erfordernisse einer ordnungsgemäßen Abrechnung erfüllenden Bewirtschaftungskostenabrechnung für das Kalenderjahr 2006 an einer geeigneten Stelle im Haus zur Einsicht durch die Hauptmieter,

b) zur Gewährung von Einsicht in die Belege in geeigneter Weise, bei Belegen auf Datenträger zur Einsicht in Ausdrucke der Belege, und

c) zur Anfertigung insgesamt je einer Abschrift von in der Folge von den Antragstellern zu bestimmenden Belegen zur Bewirtschaftungskostenabrechnung 2006 Zug um Zug gegen Kostenersatz von 0,36 EUR brutto pro Kopie im Format DIN A4,

zu verpflichten, ab.

Im Kostenpunkt ging das Erstgericht - ohne ausdrücklichen Ausspruch im Entscheidungstenor - davon aus, dass jede Partei ihre Kosten selbst zu tragen habe.

Rechtlich vertrat das Erstgericht den Standpunkt, die Antragsgegner hätten zumindest im Laufe des Verfahrens eine ausreichend detaillierte Bewirtschaftungskostenabrechnung gelegt und den Antragstellern auch nie Belegeinsicht bzw die Ausfolgung von Belegkopien verweigert.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Erstantragstellerin und des Zweitantragstellers teilweise Folge und änderte den Sachbeschluss in seinem Punkt a) dahin ab, dass es den Antragsgegnern unter Androhung einer Ordnungsstrafe von 200 EUR auftrug, „binnen 4 Wochen eine Ergänzung der gelegten Betriebskostenabrechnung für das Kalenderjahr 2006 derart vorzunehmen, dass die pauschal ausgewiesenen Einnahmen (Pauschalvorschreibungen) für das Haus und die jeweiligen Mieter (zB in einem Beiblatt) angeführt werden".

Rechtlich begründete das Rekursgericht diesen Auftrag damit, dass die bloße Angabe eines einzigen Pauschalbetrags nicht zur schlüssigen Darstellung der Einnahmenseite der Jahresbetriebskostenabrechnung ausreiche. Vielmehr seien, etwa in einem Beiblatt zur Abrechnung die monatlichen Pauschalraten für die einzelnen Objekte aufzulisten. Soweit die Pauschalraten unverändert blieben, reiche eine einzige Aufstellung (5 Ob 1045/92 betreffend gleichbleibende Hauptmietzinsbeträge). Auch wenn die Rechtsprechung die Anforderungen an eine Betriebskostenabrechnung reduziert habe (5 Ob 101/91), fordere sie weiterhin die Gegenüberstellung der Pauschalraten und der effektiv aufgelaufenen Kosten (4 Ob 2326/96d). Die vorliegende Abrechung erweise sich daher in diesem Punkt als durch ein Beiblatt ergänzungsbedürftig.

Das Rekursgericht sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige nicht 10.000 EUR und - über Zulassungsvorstellung der Antragsgegner - der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig. Das Rekursgericht sei zwar nach wie vor der Ansicht, dass bei einer Betriebskostenabrechung für das gesamte Haus die Frage der Vorschreibung für andere Hauptmieter bedeutsam sei. Im Fall einer unrichtigen (zu niedrigen) Vorschreibung von Pauschalraten an andere Hauptmieter würde sich nämlich ein höherer Saldo ergeben, der auch bei einem richtigen Betriebskostenschlüssel bei der Saldoverteilung einen Mieter benachteiligen könnte. Bloß die Aufwendungen auf die einzelnen Mieter aufzuteilen und sodann ihre tatsächlichen Zahlungen in Abzug zu bringen, womit es tatsächlich nicht auf die Pauschalraten ankäme, würde gerade dem von den Antragsgegnern selbst betonten Zweck der Gegenüberstellung der Ausgaben und der Gesamteinnahmen für die Liegenschaft widersprechen. Da zu dieser Frage keine eindeutige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege, sei der ordentliche Revisionsrekurs doch zuzulassen gewesen.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs der Erstantragsgegnerin mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses.

Die Erstantragstellerin und der Zweitantragsteller erstatteten eine Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag, den Revisionsrekurs der Erstantragsgegnerin zurückzuweisen, in eventu diesem nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil konkret zur - über den Einzelfall hinaus bedeutsamen - Frage der Darstellung der Einnahmenseite der Bewirtschaftungskostenabrechnung Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehlt; der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

1. Vorauszuschicken ist zunächst, dass die - rechtlich selbstständige - Frage nach der Passivlegitimation der Antragsgegner (zur Zweitantragsgegnerin vgl 5 Ob 6/08f = immolex 2008/105, 246 [Prader]) im Revisionsrekursverfahren nicht aufgegriffen wird. Auf diese Frage ist daher nicht einzugehen (vgl RIS-Justiz RS0065553 [T3]; 5 Ob 54/09s).

2. Gemäß § 21 Abs 3 MRG darf der Vermieter zur Deckung der im Lauf eines Kalenderjahres fällig werdenden Betriebskosten und öffentlichen Abgaben zu jedem Zinstermin einen gleichbleibenden Teilbetrag zur Anrechnung bringen (Jahrespauschalverrechnung), der vom Gesamtbetrag der Betriebskosten und der öffentlichen Abgaben des vorausgegangenen Kalenderjahres zu errechnen ist und im Fall einer zwischenzeitlichen Erhöhung von Betriebskosten oder den öffentlichen Abgaben um höchstens 10 vH überschritten werden darf. Der Vermieter hat die im Lauf des Kalenderjahres fällig gewordenen Betriebskosten und öffentlichen Abgaben spätestens zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres abzurechnen. Die Überprüfung einer solchen Abrechnung ist Gegenstand dieses Verfahrens.

3.1. Der erkennende Senat hat bereits in seiner Entscheidung 5 Ob 83/89 (= ImmZ 1989, 433 = MietSlg 41/31) darauf hingewiesen, dass sich die formellen und inhaltlichen Anforderungen, die an die Abrechnung im Sinn des § 21 Abs 3 MRG zu stellen sind, mangels näherer Umschreibung im Mietrechtsgesetz aus dem Zweck der Abrechnung ergeben. Dieser besteht in der Bekanntgabe und im Nachweis der aufgelaufenen Betriebskosten (Egglmeier/Jäger in Schwimann², § 21 MRG Rz 45). Dabei ist so vorzugehen, dass sich ein Hauptmieter mit durchschnittlicher Auffassungsgabe ein Bild darüber machen kann, welche Rückzahlungsforderungen oder Nachzahlungspflichten ihm aus der Gegenüberstellung von bezahlten Pauschalraten und effektiv aufgelaufenen Bewirtschaftungskosten entstehen (5 Ob 101/91 = WoBl 1992/66, 83 [Würth/Call] = SZ 64/155; 4 Ob 2326/96d = MietSlg 48/40; vgl auch RIS-Justiz RS0070610; RS0070032).

3.2. Dem zuvor genannten Abrechnungszweck entspricht hier die von den Antragsgegnern vorgelegte Jahresabrechnung inbesondere insoweit, als sie eine Gegenüberstellung der auf das Mietobjekt entfallenden anteilsmäßigen Bewirtschaftungskosten und der auf das Mietobjekt geleisteten Vorauszahlungen enthält. Gerade dadurch können die Antragsteller - wie in 5 Ob 101/91 und 4 Ob 2326/96d gefordert - nachvollziehen, in welchem Umfang für sie Rückzahlungsforderungen (§ 27 Abs 3 MRG) oder Nachzahlungspflichten bestehen.

4.1. Das Rekursgericht verlangte die Ergänzung der Abrechnung dahin, dass „die pauschal ausgewiesenen Einnahmen (Pauschalvorschreibungen) für das Haus und die jeweiligen Mieter angeführt werden", worunter es die Auflistung der monatlichen Pauschalraten für die einzelnen Mietobjekte verstanden wissen wollte (S 3 in ON 15). Für die Notwendigkeit einer solchen Aufgliederung findet sich allerdings in der bisherigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs kein Anhaltspunkt, ist doch namentlich den bereits mehrfach zitierten Entscheidungen 5 Ob 101/91 und 4 Ob 2326/96d eine konkrete Forderung nach einer solchen Darstellung der Gesamteinnahmen nicht zu entnehmen. Die vom Rekursgericht bezogene Entscheidung 5 Ob 1045/92 (= WoBl 1993/46, 60 [Call] = MietSlg 44.378 = ImmZ 1992, 442) betraf dagegen - im Unterschied zum vorliegenden Fall - eine Hauptmietzinsabrechung. Eine genaue gesetzliche Regelung wie jene über die detaillierte Aufgliederung der (tatsächlichen bzw fiktiven) Einnahmen, wie sie § 20 Abs 1 MRG für die Hauptmietzinsabrechnung vorsieht, existiert aber für die Bewirtschaftungskostenabrechnung gerade nicht. Deren Saldo ist auch weder auf die folgende Periode übertragbar noch ist eine „Bewirtschaftungskostenreserve" zu bilden.

4.2. Auch im Lichte des zu Punkt 3.1. dargestellten Zwecks der Bewirtschaftungskostenabrechnung besteht kein Bedarf nach der vom Rekursgericht verlangten Ergänzung in Richtung der Auflistung der monatlichen Pauschalraten für die einzelnen Mietobjekte. Ausgehend von den tatsächlich aufgelaufen Ausgaben und dem maßgeblichen Aufteilungsschlüssel, der aus § 17 MRG bzw aus einer abweichenden Vereinbarung folgt, ergeben sich die auf das betreffende Bestandobjekt entfallenden Bewirtschaftungskosten. Aus der hier den Antragstellern übermittelten Gegenüberstellung dieser anteiligen Betriebskosten mit den für das jeweilige Bestandobjekt geleisteten Vorauszahlungen ist dann zweifelsfrei ableitbar, ob eine Betriebskostennachforderung des Vermieters oder ein anteiliger Rückforderungsanspruch des Betriebskostenüberschusses durch den Hauptmieter besteht.

Zusammengefasst folgt daher:

Für die Bewirtschaftungskostenabrechnung nach § 21 Abs 3 MRG ist auf der Einnahmenseite eine Auflistung der monatlichen Pauschalraten für die einzelnen Mietobjekte nicht erforderlich. Es genügt, dass dem betreffenden Mieter ausgehend von den tatsächlichen Bewirtschaftungskosten entsprechend dem Aufteilungsschlüssel nach § 17 MRG bzw jenen aufgrund einer abweichenden Vereinbarung die auf das betreffende Mietobjekt entfallenden Bewirtschaftungskosten ausgewiesen und diesen die darauf geleisteten Vorauszahlungen gegenübergestellt werden. Damit ist klargestellt, ob ein Nach- bzw Rückforderungsanspruch des Vermieters bzw des Mieters besteht. Ein weitergehender Bedarf nach Information des einzelnen Mieters über die für andere Mietobjekte vorgeschriebenen Pauschalraten besteht nicht.

In Stattgebung des Revisionsrekurses war somit der Sachbeschluss des Erstgerichts wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG.

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